Sonntag, 22. November 2015, 09:00 MESZ aktualisiert am: 23. Nov. 2015, 22:00 MESZ Starkregen, Starkschneefall, Sturm Deutschland 19.-21.11.2015 Satellitenbild, 20.11.2015, 13:00 MEZ Quelle: Sat24 |
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Ende der 2.Novemberdekade folgte auf die Sturmserie u.a. mit "Heini" und "Iwan" eine Dauerregenlage durch Tief "Kunibert" über Süddeutschland und dem westlichen Alpenraum. Gleichzeitig nahm der Luftdruckgradient zu Hoch "Viva" erneut stark zu, mit Tief "Jürgen" erreichte polare Meereskaltluft Mitteleuropa. Diese beendete die mehr als zwei Wochen lange, extrem milde Witterungsphase im November 2015. Im Bergland kehrte der Winter ein.
Wetterlage und Entwicklung Nach einem geringfügig kühleren Oktober zum Mittel 1961-1990 (-0,5 K), der lokal frühe Schneefälle zustande brachte, setzte sich im November extrem mildes Wetter durch (bis zu 23,8°C in Emmendingen-Mundingen (BW) und etliche Monatsrekorde, siehe auch: Facebook). Bis zum 20. November summierte sich der Temperaturüberschuss zum Mittel auf extreme 6,2 K, damit war der November 2015 bis zu diesem Zeitpunkt wärmer als ein durchschnittlicher Oktober! Zudem war regional der Sonnenscheindurchschnitt schon erreicht und der Monat mit nur wenigen mm Niederschlag viel zu trocken. Zur Monatsmitte zog ex-Hurrikan "Kate" von Irland nach Norwegen, gleichzeitig sorgte Tief "Gunwald" über Norddeutschland für eine besonders nasse Wetterphase: 104 mm kamen auf dem Brocken von 15.11. 00 UTC bis 16.11. 00 UTC zusammen. Die Sturmtiefs "Heini" und "Iwan" bildeten den Höhepunkt einer stürmischen Wetterlage mit Orkanböen bis 170 km/h auf dem Brocken am 18.11., sowie 120 km/h in Glücksburg am 19.11. Östlich von Grönland nach Süden strömende arktische Kaltluft bildete am 19.11. einen umfangreichen Trog über dem Nordmeer und Skandinavien, die Vordergrenze der Kaltluft in Bodennähe stellte das Frontensystem des neuen Tiefs "Jürgen" bei Dänemark dar. Zunächst bildete sich aber an der wellenden Kaltfront von "Iwan" das Randtief "Kunibert". Durch großräumige Hebung entstanden umfangreiche Regengebiete, die verbreitet für große Regenmengen und lokal den nassesten 48-Stunden-Zeitraum seit Jahren sorgten. Zudem nahm der Luftdruckgegensatz zu Hoch "Viva" erneut deutlich zu und damit auch der Wind: auf dem Feldberg wurden am 20.11. Orkanböen bis 158 km/h registriert.
Die Luftmassengrenze mit einem hohen Gradienten der äquivalentpotentiellen Temperatur auf engem Raum sowie Vorticityadvektion zeigte sich prädestiniert für eine Dauerregenlage. Mancherorts regnete es in Süddeutschland von Donnerstag Abend bis Samstag früh in 48 Stunden mehr als normalerweise im ganzen Monat November, z.B. in Stuttgart-Echterdingen mit 57 mm (Novembermittel: 55 mm).
Der größte Teil des Niederschlags fiel bis in die höchsten Lagen als Regen. Die Pegel kleinerer Flüsse stiegen dabei von einem sehr niedrigen Pegel ausgehend - durch das Niederschlagsdefizit der vergangenen Wochen und Monate - rasant an und überschritten z.B. im Schwarzwald die Marke eines zweijährigen Hochwassers.
Später zum Teil kräftige Schneefälle Hoch "Viva" bildete am 20.11. mit einem Hoch bei Neufundland eine Brücke, im Gegenzug nahm der Trog über West- und Mitteleuropa deutlich an Amplitude zu und reichte ab dem 22.11. bis nach Nordafrika. In der Nacht auf den 21.11. drang die Kaltluft allmählich weiter nach Süden vor, der Regen ging bis in Lagen von 800 m Höhe in Schnee über. Oberhalb 1200 m Höhe kamen im Schwarzwald und Erzgebirge rund 10 cm Neuschnee zusammen. Auf der Rückseite der Tiefs "Kunibert" und "Jürgen" folgten weitere schauerartige Schneefälle mit einigen cm Neuschnee, die Schneefallgrenze sank auf 500 bis 200 m.
Ein kleinräumiges Schneetief, das am 22. November für die ersten Schneefälle beispielsweise in Hamburg und Berlin sorgte, brachte in Teilen Dänemarks noch wesentlich intensivere Schneefälle. In einem schmalen Streifen zwischen Nordsjælland, den Vororten von Kopenhagen und westlich von Køge bildeten sich sehr kräftige, schauerartige Schneefälle bei Temperaturen knapp unter 0°C. Kaltluftadvektion aus Nordskandinavien und Aufnahme von Feuchte aus dem noch vergleichsweise warmen Skagerrak führten vom Nachmittag des 21. bis zum Morgen des 22. November verbreitet zu 20 bis 50 cm Neuschnee, bei Roskilde auch rund 60 cm. Das eher seltene Phänomen, vergleichbar mit dem "Lake Effect" in den USA, war auch an der deutschen Ostseeküste im Frühwinter 2010 oder im März 2013 (mit lokal mehr als 50 cm Neuschnee in Lübeck) zu beobachten. Unter klarem Himmel und in Verbindung mit der Schneedecke sanken die Temperaturen stark ab und erreichten die kältesten Novembertemperaturen seit 2010, als ein strenger Frühwinter begann. Kopenhagen/Roskilde meldete -8,8°C, Aarhus-Süd -9,7°C (bis 06 UTC), 2010 wurden -11,8°C erreicht.
Einordnung der Niederschlagsmengen Verbreitete 24-Stunden-Niederschlagsmengen von 50-80 mm sind ein seltenes Ereignis. Beispielsweise kamen am 20.11.2015 in Rheinstetten bei Karlsruhe 51,6 mm zusammen (in 36 Stunden 66,9 mm). Zuletzt war der 31.05.2013 ähnlich nass (44,8 mm), welcher im Zusammenhang mit dem in Teilen Deutschlands schweren Hochwasser Ende Mai/Anfang Juni stand (70,8 mm in 48h, 90,2 mm in 72 h). An der ehemaligen DWD-Station Karlsruhe lässt sich für den November seit Aufzeichnungsbeginn 1876 keine höhere Niederschlagsmenge finden (Vergleichbarkeit eingeschränkt), in den Aufzeichnungen von Rheinstetten stehen 52,0 mm am 18.11.1971 als minimal höhere Regensumme zu Buche. Auf dem Feldberg im Schwarzwald waren nur fünf Tage seit Aufzeichnungsbeginn 1941 nasser als der 20.11.2015 (93,6 mm), klimatologisch von 06 UTC bis 06 UTC des Folgetages aufgezeichnet:
Der 24-Stunden-Zeitraum von 00 bis 00 UTC liefert sogar 116 mm. In Simonswald-Obersimonswald sind 115 mm Rekord für ein 24-Stunden-Zeitraum seit Aufzeichnungsbeginn 1951. Text: FB 22. November 2015 |