Banner
Der Internet Explorer bietet nur eine eingeschränkte Funktionalität. The browser you're using is only limited functionable.


Dienstag, 9. April 2013, 23:00 MESZ


Ungewöhnlich kalter März und Aprilbeginn

Deutschland

März/April 2013



Abweichung der Monatsmitteltemperatur
im März 2013 über Europa
Quelle: CPC


Einen ungewöhnlich kalten März erlebte vor allem der Norden, der Osten und die Mitte Deutschlands im Jahr 2013. Nordostlagen mit einströmender sehr kalter Polarluft führten zu etlichen neuen Dekadenrekorden der Tiefsttemperatur. Mehrere Tiefdruckgebiete ließen den Monat dazu gebietsweise rekordverdächtig schneereich ausfallen. Bundesweit gemittelt wurde eine monatliche Durchschnittstemperatur von +0,2 °C analysiert. Das entspricht dem sechstkältesten März seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1881.



Gewöhnlich kann man sich in Mitteleuropa im Laufe des März mit steigendem Sonnenstand, mit der Nordwärtsverlagerung der Frontalzone und mit dem nahenden Frühjahr vor allem gegen Ende des Monats auf steigende Temperaturen einstellen. Zwar gibt es oft noch bis in den April hinein teilweise strenge Nachtfröste, besonders tagsüber machen sich aber von Süden und Südwesten her normalerweise nach und nach mildere Luftmassen bemerkbar. Gegenüber der vorangegangenen Wintermonate, deren Durschnittstemperaturen um den Gefrierpunkt liegen, steigt im März das deutschlandweite Monatsmittel der Lufttemperatur auf +3,5 °C an. So aber nicht in diesem Jahr, als der März außergewöhnlich kalt ausfiel und mit einer Monatsmitteltemperatur von gerade einmal +0,2 °C als sechstkältester März seit Aufzeichnungsbeginn in Jahr 1881 in die Klimaarchive eingeht. Ähnlich unterkühlt verlief der März der Jahre 1987 oder 1958, als eine Monatsmitteltemperatur von -0,4 °C bzw. -0,3 °C analysiert werden konnte. Der in Deutschland mit Abstand kälteste März datiert im Jahr 1881 mit einer Mitteltemperatur von -1,7 °C.

NAO- und AO-Index sowie Geopot./Temp.-abweichungen zur Diagnose der großräumigen Zirkulation über Europa
Quellen: CPC, Wetterzentrale
NAO-Index (Nordatlantische Oszillation) AO-Index (Arktische Oszillation)
500-hPa-Geopotentialabweichung vom 30-jährigen Mittel 850-hPa-Temperaturabweichung vom 30-jährigen Mittel

Grund der außergewöhnlichen Kälte waren mehrere und beständige Nordostwetterlagen in der zweiten und dritten Märzdekade, die sehr kalte Kontinentalluft polaren Ursprungs bis nach Mitteleuropa führten und vor allem im Norden, in der Mitte und im Osten der Republik strenge Nachtfröste und mitunter rekordkalte Tiefsttemperaturen verursachten. Für Nordostwetterlagen in Mitteleuropa günstig ist hoher Luftdruck über Nordeuropa von Grönland über das Nordmeer bis nach Skandinavien und tiefer Luftdruck weiter südlich von den Azoren bis in den Mittelmeerraum. An der Süd- und Südostflanke des Nordeuropahochs kann idealerweise sehr kalte Polarluft aus arktischen Gefilden mit Nordostwinden via Westrussland und über das Baltikum auf direktem Wege nach Mitteleuropa und nach Deutschland gelangen. Die dabei weit nach Süden gedrängte Frontalzone hält wärmere Luftmassen subtropischen Ursprungs fern. Diese großräumige Druckkonstellation traf auch im März 2013 mehrmals ein, so beispielsweise zum 22.03. (siehe Karten oben).

Quantitativ greifbar werden solche Druckverteilungen über dem europäischen Raum mit dem Index der Nordatlantischen Oszillation (NAO) oder der Arktischen Oszillation (AO). Formal beschreibt der Index der Nordatlantischen Oszillation die Differenz der standardisierten Luftdruckanomalien zwischen Reykjavik auf Island und Ponta Delgada auf den Azoren. Zeigt der Index positive Werte, so fällt die für die mittleren Breiten charakteristische zonale Westwinddrift stärker aus als gewöhnlich. Gerät der Index ins Negative, so ist er Ausdruck für eine so genannte gestörte Zirkulation, bei der meridionale Wetterlagen sowie Ost- und Nordostwetterlagen begünstigt vorkommen. Ähnlich dazu beschreibt die Arktische Oszillation den nordhemisphärischen Luftdruckunterschied zwischen den hohen und mittleren Breiten. Kennzeichnend für den März 2013 war nun ein deutlich negativ ausschlagender Index, sowohl bei der Nordatlantischen als auch bei der Arktischen Oszillation. Der NAO-Index war praktisch über den gesamten Monat hinweg negativ. Noch stärker nach unten schlug der AO-Index aus, der zu Beginn der dritten Märzdekade ein Minimum unter -5 ansteuerte; ein Wertebereich, der in den Aufzeichnungen bis jetzt nur einmal eingenommen wurde, und zwar im Februar 2010.

Der extrem tiefe Index im März 2013 bildete eine zum langjährigen Mittel völlig konträre Luftdruckkonstellation ab, die zu außergewöhnlich hohen Geopotential- und Temperaturabweichungen im europäischen Raum und darüber hinaus führte. So schuf das im Vergleich sehr warme Gebiet vom Nordpolarmeer über Grönland bis Nordostkanada eine positive Geopotentialanomalie in Form eines kräftigen Hochdruckgebietes, das weite Teile Nordeuropas vereinnahmte. Gleichzeitig fielen das Azorenhoch und das Islandtief über dem Ostatlantik schwächer aus als sonst, zu sehen auch auf den Karten zum 22.03. als blaue und rote Einfärbung (siehe oben). Über dem Atlantik kam derweil die Westwinddrift phasenweise völlig zum Erliegen. Als eine mögliche Ursache im komplexen Klimasystem für das Auftreten vergleichsweise hohen Luftdrucks über dem Nordmeer, über Nordeuropa, Grönland und über Nordostkanada wird häufig das Schmelzen der Eisflächen in der Arktis angeführt. In der Tat fand Petoukhov im Jahr 2010 heraus, dass schwindende Eisflächen den Strahlungshaushalt in diesen Gebieten zugunsten eines gehäuften Auftretens starker Hochdruckgebiete modifizieren. Damit würde in Europa und Mitteleuropa im Winterhalbjahr die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten sehr kalter Nordostlagen steigen. Ob das Rekordeisminimum in der Arktis vom vorangegangenen Herbst zu dem nun außergewöhnlich kalten März direkt beigetragen hat, bleibt fraglich. Zudem muss gesagt werden, dass auch schon früher ähnlich kalte oder sogar noch kältere Märzmonate verbucht werden konnten, weit vor dem Eisrückgang in der Arktis während der letzten Jahre und Jahrzehnte.

Tiefsttemperatur und 850-hPa-Temperatur in Deutschland/Mitteleuropa zu ausgewählten Terminen
Quellen: wetter3.de, IMK, Universität Karlsruhe
13.03.2013 14.03.2013 23.03.2013 24.03.2013

Verläufe der Minimumtemperatur an Wetterstationen in der Nordosthälfte Deutschlands | Datenquelle: DWD

Zu der sehr verhaltenen Monatsmitteltemperatur beigetragen haben maßgeblich zwei außerordentlich starke Kaltlufteinbrüche in der zweiten und dritten Märzdekade. Besonders in der Nordosthälfte Deutschlands gestalteten sich die Zeiträume 12.-16.03. und 22.-25.03. bitterkalt mit verbreitet strengen Nachtfrösten und mitunter rekordkalten Tiefsttemperaturen (siehe auch obige Schaubilder sowie Rekorde zweite Märzdekade oder Rekorde dritte Märzdekade). Das absolute Temperaturminimum des Monats erreichte am 16.03. der Ort Deutschneudorf-Brüderwiese im Erzgebirge mit -21,3 °C. Quickborn in Schleswig-Holstein maß am 12.03. mit -18,8 °C einen neuen Märzrekord. Wiesenburg südwestlich von Potsdam registrierte im März ganze 15 Eistage. In Sachsen-Anhalt fiel der März mit einem Gebietsmittel von -1,2 °C kälter aus als jeder vorangegangene Wintermonat. Deutschlandweit am kältesten schnitten die Bundesländer Sachsen und Thüringen ab mit einem Monatsmittel von jeweils -1,3 °C, was gegenüber dem langjährigen Durchschnitt einer negativen Abweichung über 4 Kelvin gleichkommt. An einigen Orten in Nordostdeutschland nahm der März 2013 den Spitzenplatz unter den bisher kältesten aufgezeichneten Märzmonaten ein (siehe Tabelle). Darunter sind auch Wetterstationen, deren jahrhundertalte Messreihen bis in das Jahr 1889 zurückreichen. Eindrucksvoll ist auch der Dekadenrekord der Tiefsttemperatur am 13.03. in Düsseldorf mit -11,9 °C und am Köln-Bonner Flughafen mit -12,5 °C. Nur eine Woche zuvor wurden an diesen zwei Stationen während des milderen Märzbeginns vorübergehend noch Temperaturen um +20 °C gemessen. Am 06.03. stellten Düsseldorf und Köln-Bonn mit +20,2 °C bzw. +19,8 °C jeweils Rekorde der Höchsttemperatur für die erste Märzdekade auf.

Nicht nur außergewöhnlich kalt, sondern gebietsweise auch sehr schneereich fiel der März vor allem in der Nordosthälfte Deutschlands aus. Mehrere Tiefdruckgebiete brachten beachtliche spätwinterliche Schneefälle (siehe "Yorick" und "Xaver" oder "Birk"), die in Verbindung mit der Kälte einen für März langanhaltenden und ungewöhnlichen Schneereichtum brachten. Dennoch ging der Monat bundesweit bis auf wenige Ausnahmen örtlich deutlich zu trocken über die Bühne. Berlin beobachtete mit 20 cm die höchste Schneedecke in der dritten Märzdekade seit Erhebung der Messungen im Jahr 1892. Chemnitz kam auf insgesamt 29 Schneetage, Lüchow im Wendland sah an 20 Tagen eine geschlossene Schneedecke. Lübeck-Blankensee registrierte am 12.03. nach ergiebigen Schneeschauern eine Gesamtschneehöhe von 36 cm. Für einen März rekordhoch lag der Schnee gleich an mehreren Orten. Der Hamburger Flughafen verbuchte am 12.03. mit 28 cm einen neuen Märzrekord, ebenso der Frankfurter Flughafen am 13.03. mit 18 cm. Am selben Tag wurden in Geilenkirchen in Nordrhein-Westfalen 14 cm Schnee gemessen, so viel wie noch nie in einem März. Am 20.03. komplettierte Laage in Mecklenburg-Vorpommern mit 27 cm Schnee die Liste neuer Schnee- und Temperaturrekorde, die im rekordreichen März 2013 aufgestellt wurden.

Der außergewöhnlich kalte Spätwinter zeigte sich bis über den Monatswechsel hinaus hartnäckig und veranlasste Anfang April erneut sämtliche neue Temperaturrekorde, dieses Mal für die erste Aprildekade. Rekordkalte Temperaturminima erlebten beispielsweise Lübeck mit -8,1 °C, Greifswald oder Magdeburg mit -6,7 °C, Bad Lippspringe mit -7,6 °C, der Flughafen Köln-Bonn mit -7,5 °C und auch die Bergstation auf dem Kahlen Asten mit -8,8 °C. Ab dem 08.04. hielten in Mitteleuropa nach längerer Zeit wieder beständige Westwinde Einzug, die mit milderer Atlantikluft den langen, kalten Witterungsabschnitt beendeten.

Mitteltemperatur der kältesten Märzmonate verglichen mit dem März 2013 an ausgewählten Wetterstationen in Nordostdeutschland
Datenquelle: DWD
Görlitz (seit 1947)
Jahr Tmittel
2013
1958
1987
1964
1969
-1,5 °C
-1,3 °C
-1,1 °C
-0,9 °C
-0,8 °C

Hamburg (seit 1891)
Jahr Tmittel
2013
1942
1917
1969
1955
-0,4 °C
-0,4 °C
-0,2 °C
-0,2 °C
+0,1 °C
Lindenberg (seit 1906)
Jahr Tmittel
2013
1917
1942
1969
1964
-1,2 °C
-1,1 °C
-0,8 °C
-0,7 °C
-0,4 °C

Angermünde (seit 1947)
Jahr Tmittel
2013
1969
1987
1964
1955
-1,6 °C
-1,1 °C
-0,9 °C
-0,6 °C
-0,3 °C
Berlin-Tegel (seit 1963)
Jahr Tmittel
2013
1969
1964
1987
1996
-0,5 °C
-0,2 °C
+0,2 °C
+0,4 °C
+1,0 °C

Cottbus (seit 1889)
Jahr Tmittel
2013
1969
1917
1964
1958
-1,1 °C
-0,5 °C
-0,2 °C
-0,1 °C
0,0 °C

Monatsmittelwerte der Temperatur (links) und des Niederschlags (rechts) für März 2013 | Quelle: IMK, Universität Karlsruhe
Monatsmitteltemperatur März 2013 Monatsniederschlagssumme/-abweichung März 2013

Text: DK
9. April 2013


Visit us at
Facebook:

Information on warning levels and icons used
Information on meteoalarm.eu