Samstag, 17. Oktober 2015, 18:00 MESZ aktualisiert am: 18. Okt. 2015, 22:00 MESZ Schneefall, Kälte Deutschland 13.-15.10.2015 Schnee in Altenburg (TH) am Morgen des 14.10.2015 Quelle: Oliver Geister |
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Mitte Oktober 2015 ereignete sich vor allem in der Mitte Deutschlands ein extrem früher Wintereinbruch. Dabei bildete sich zum Teil auch im Flachland eine geschlossene Schneedecke und verbreitet wurden Flocken beobachtet. Frostnächte und sehr niedrige Höchsttemperaturen ließen an einigen Stationen diesen Witterungsabschnitt als einen der kältesten in der ersten Oktoberhälfte in die Wettergeschichte eingehen.
Wetterlage und Entwicklung
Die über Russland nach Westen bzw. Süden strömende Polarluft mit Werten von -5 bis unter -10°C in 850 hPa erreichte am 10.10. mit seiner Vordergrenze auch das Baltikum, Polen und die Ukraine. Bodennah sickerte die kältere Luft auch in den Nordosten Deutschlands ein. Nach ersten Schneefällen z.B. in Moskau und im Norden Rumäniens bildete sich die erste Schneedecke bis zum Morgen des 12.10. auch im Süden Polens wie in Krakau auf rund 200 Metern Höhe. Gleichzeitig wurden besonders im Osten Deutschlands, Westen Polens und Norden Tschechiens nach klarer Nacht sehr tiefe Temperaturen gemessen, die bis auf 1 bis 2 K an die Dekadenrekorde für Mitte Oktober heranreichten (bis -7,5°C in Deutschneudorf-Brüderwiese (SN) und -11°C in 5 cm Höhe in Liberec (CZ)). In den letzten 20 Jahren brachten zu dieser Zeit nur 2003 und 2010 vergleichbare Werte. Die Nacht auf den 29.10.2012 war zum Beispiel in Deutschneudorf-Brüderwiese und Dippoldiswalde-Reinberg noch wesentlich kälter: mit -11,2°C und -10,1°C wurde bereits strenger Luftfrost verzeichnet. Dem gingen ergiebige Schneefälle in der Südosthälfte Deutschlands am 27.10.2012 voraus.
Bereits am 13.10. verharrten die Temperaturen in der Mitte Deutschlands unter der kalten Höhenluft (unter 0°C in 850 hPa, um -25°C in 500 hPa) und dichten Wolkenfeldern selbst im Flachland bei Werten um 5 °C, was besonders im Westen für Kälterekorde in der 1.Oktoberhälfte bzw. 2.Oktoberdekade reichte. In der Nacht auf den 14.10. setzten aus Südosten Regenfälle ein, die im Bereich der nördlichen Mittelgebirge verbreitet bis in tiefere Lagen in Schnee übergingen. Zum einen sanken die Temperaturen auf -2 bis -3°C in 850 hPa über Sachsen und Thüringen bis knapp unter -5°C über Nordrhein-Westfalen sowie in 500 hPa auf bis zu -30°C, zum anderen stellte sich mit den durch PVA und WLA (->großräumige Hebung) ausgelösten Niederschlägen eine isotherme Schichtung ein. In den Gebieten mit starker Niederschlagsintensität und in Mittelgebirgstälern konnten sich durch Niederschlagsabkühlung Schneeflocken auch bis in tiefe Lagen vorarbeiten. So ging der Regen beispielsweise im Bergischen Land, im Thüringer Wald und im Vogtland schon nachts bis in Lagen um 300 bis 400 Meter in Schnee über. Am Morgen des 14.10. lagen dann in Gera-Leumnitz 7 cm Schnee, rund um Zwickau wurde sogar von Schneehöhen um 15 cm berichtet (z.B. in Lichtentanne (SN): 12 cm). Dabei kam es verbreitet zu Verkehrsbehinderungen durch winterliche Straßenverhältnisse und Schneebruch durch den nassen Schnee auf den belaubten Bäumen. In Artern (TH) auf 166 m reichte es für 4 cm Schnee und sogar in Werl (Westfalen) schneite es auf 84 m Höhe. In Ostsachsen fiel aufgrund Temperaturen über 0 °C durchweg Regen, diese mildere Luft wurde weiter nach Nordwesten gelenkt. Mit nachlassenden Niederschlägen zogen sich die Schneefälle allmählich wieder in höhere Lagen zurück.
In den verschneiten Regionen schafften es die Temperaturen kaum über den Gefrierpunkt, unter der dichten Wolkendecke mit zeitweisem Regen und Schnee reichte es verbreitet erneut für Höchsttemperaturen im rekordkalten Bereich für Mitte Oktober. Zum Teil wurden die vor allem im Westen Deutschlands und in den tiefsten Lagen zahlreich und mit Abstand aufgestellten Rekorde nochmals unterboten. In der Folgenacht zogen aus Südosten erneut kräftige Niederschläge auf. Bei Temperaturen über 0°C in 850 hPa fiel dabei allerdings bei ähnlich tiefen Bodentemperaturen wie zuvor meist Regen, im Westen (NW, HE) lag noch die kältere Luft und somit schneite es dort während der stärksten Niederschläge erneut bis unter 400 Meter herab, oberhalb von 500-600 Metern waren winterliche Straßenverhältnisse anzutreffen. Lüdenscheid (392 m) meldete 2 cm Schnee, am Morgen lag noch etwas Schnee bspw. in Erfurt (322 m): 2 cm, Braunsroda (287 m): 4 cm und Ponitz (222 m): 4 cm. Köln-Bonn unterbot den am Vortag aufgestellten Kälterekord von 5,2°C mit 5,0°C als Höchsttemperatur erneut. Das für den außergewöhnlich frühen ersten Wintereinbruch verantwortliche Höhentief führte auch an den Folgetagen immer wieder viele Wolken und Regengebiete um sich herum. Dabei überstiegen die Temperaturen zunächst nur sehr zögerlich wieder die 10-Grad-Marke.
Einordnung Besonders im Flachland in Nordrhein-Westfalen und Thüringen war es in der 1.Oktoberhälfte seit Aufzeichnungsbeginn noch nie kälter als während dieser Witterungsphase 2015 (z.B. in Köln seit 1881, Quelle: DWD). Zum Beispiel lag in Gera noch nie so früh so viel Schnee als am 14.10.2015 (Schneehöhenmessung seit 1952), in Artern sogar noch nie im Oktober (seit 1954). Insgesamt wurde an 43 Stationen Schnee gemeldet. Früheren Schnee in höheren Mittelgebirgslagen gab es z.B. nur am 4.10.1994 (Wasserkuppe) und am 1.10.2007 (Braunlage). In Städten wie Köln, Essen, Bochum und Wuppertal wurden alte Negativ-Dekadenrekorde deutlich unterboten. In Aachen standen in der 2.Oktoberdekade seit 1891 5,8 °C (17.10.2010) und in der 1.Oktoberhälfte 5,4 °C (03.10.1902) zu Buche. Aachen-Orsbach registrierte an drei Tagen in Folge kältere Temperaturen als diese beiden Werte: 4,3°C am 13.10.2015, 2,8°C am 14.10.2015 und 4,0°C am 15.10.2015. In der Region Karlsruhe wurden folgende Werte gemessen: Rheinstetten 14.10.: 5,8°C 15.10.: 6,5°C Karlsruhe 14.10.: 6,3°C 15.10.: 7,1°C An der Station Karlsruhe (Messreihe 1876-2008) stehen als niedrigste Maxima bis 15.Oktober 6,0°C (15.10.1887) und 6,3°C (09.10.1888) zu Buche. Demnach war es auch hier seit über 100 Jahren Mitte Oktober nicht mehr so kalt. Die Kombination aus genügend Feuchtigkeit sowie ausreichend kalter Luft für Schneefall benötigt eine außergewöhnliche Wetterlage. Wie aus den Rückwärtstrajektorien ersichtlich ist, strömte die einbezogene Luft zwischen 950 und 700 hPa zum Teil tagelang aus Sibirien südwestwärts bzw. von Grönland, dem Nordpol und Novaja Semlja nach Europa. An der Ostflanke des Skandinavienhochs konnten diese Luftmassen etwas erwärmt nach Deutschland gelangen. Um diese Jahreszeit liegt im europäischen Teil Russlands sowie im östlichen Mitteleuropa noch nicht großflächig Schnee. Feuchtigkeit lenkte der Kaltlufttropfen vom Atlantik nach Mitteleuropa. Eine Kombination verschiedener Faktoren ermöglichte dann den frühen ersten Schnee in Deutschland. Text: FB 17. Oktober 2015 aktualisiert: FB, 18. Oktober 2015 |