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Freitag, 13. Juni 2014, 13:40 MESZ


Extreme Hitze / Heftige Gewitter

Mitteleuropa

07.06.-12.06.2014


Shelfcloud bei Swisttal (NW),
am 09.06.2014 gegen 19:40 MESZ
© Daniel Lassahn



Pünktlich zum verlängerten Pfingstwochenende sorgte afrikanische Heißluft für die erste flächendeckende Hitzewelle des Jahres in Mitteleuropa. Höchsttemperaturen von teilweise deutlich über 35 °C führten in Deutschland zu zahlreichen Rekorden für die erste Juni-Dekade und sogar zu ein paar Monatsrekorden für den gesamten Juni. Am höchsten stiegen die Temperaturen am 9. Juni im baden-württembergischen Rheinau-Memprechtshofen mit 37,7 °C. Von Frankreich über den Benelux bis in den Nordwesten Deutschlands bildeten sich jedoch rasch Gewitter, die örtlich mit heftigen Unwettern einhergingen und für schwere Schäden verantwortlich waren. In Nordrhein-Westfalen starben mehrere Menschen, in Düsseldorf traten am Pfingsmontag Gewitterböen bis 144 km/h auf. Später entwickelten sich auch im Süden und Osten Deutschlands örtlich unwetterartige Gewitter mit Starkregen, Sturmböen und Großhagel.



Extreme Hitze und eine Vielzahl neuer Temperaturrekorde

Über 35 °C in Südwestdeutschland
Stuttgart, 09.06., 16:45 MESZ
© Sven Baumstark
Nach eher etwas zu kühlem bis durchschnittlichem Junibeginn machte sich am 05.06. und 06.06. afrikanische Heißluft auf den Weg nach Mitteleuropa. Verantwortlich dafür war ein ausgeprägter Tiefdruckkomplex mit Tiefdruckgebiet "Ela", das vor Westeuropa über dem östlichen Nordatlantik zum Liegen kam und sich kaum verlagerte. Weiter östlich, etwa von Russland über Nordosteuropa bis nach Mitteleuropa und dem westlichen Mittelmeerraum herrschte hoher Luftdruck vor. Von Afrika bis nach Nordeuropa erstreckte sich ein umfangreicher Höhenrücken. Aufgrund dieser Druckkonstellation mit dem Tief im Westen und dem Hoch "Wolfgang" über Polen war der Weg für einen breiten Strom heißer Luft aus Afrika geebnet. Von Südwesten und Süden wurde bereits am 06.06. deutlich wärmere Luft advehiert, sodass die 850-hPa-Temperaturen in Deutschland von 3-8 °C am 05.06. auf 15 °C im Süden Deutschlands kletterten. Am 07.06. arbeitete sich die warme und von Süden zunehmend heiße Luft weiter nach Norden. Sodann stiegen die 850-hPa-Temperaturen auf rund 12 °C im Norden und schon 18 °C im Süden der Republik. Mancherorts überschritten die Temperaturen in zwei Meter im Süden Deutschlands am 07.06. bereits die 30 °C-Marke, in Ohlsbach (BW) wurden bereits 32,8 °C gemessen. Zum Pfingstsonntag (08.06.) übertrafen die Temperaturen des 850-hPa-Niveaus (in rund 1550 m) von Nordafrika über Ostspanien, die Balearen, Südostfrankreich über die Schweiz bis nach Süddeutschland die 20 °C-Marke. Folglich schnellten auch die Höchsttemperaturen am Boden in die Höhe. Bei viel Sonnenschein und stark postitiver Strahlungsbilanz wurden am 08.06. an einigen Stationen, darunter Waghäusel-Kirrlach (BW) über 35 °C erreicht (35,6 °C).

500-hPa-Geopot. mit RETOP, 850-hPa-Temp. mit -Geopot. und 850 hPa pseudopot. Temp. mit Bodendruck | Quelle: Wetter3
07.06.2014, 18 UTC 08.06.2014, 18 UTC 09.06.2014, 18 UTC 10.06.2014, 18 UTC 11.06.2014, 18 UTC

Seinen Höhepunkt erreichte die Hitzewelle am Pfingstmontag (09.06.), als der Allzeit-Junirekord vom 27.06.1947 mit 38,2 °C in Frankfurt am Main nur ganz knapp verfehlt wurde. Die 850-hPa-Temperaturen wurden mit 23 °C im Süden Deutschlands analysiert und waren damit die höchsten Europas. Auf dem fast 1500 Meter hohe Feldberg im Schwarzwald wurde mit einer Höchsttemperatur von 24,7 °C am 09.06. der alte Dekadenrekord um 2,6 Kelvin übertroffen. Im Südwesten Deutschlands betrugen die Höchsttemperaturen verbreitet über 35 °C, die höchste Temperatur erzielte Rheinau-Memprechtshofen (BW) mit 37,7 °C. Das Wetterdienst-Unternehmen Meteomedia maß in Ihringen (BW) 38,2 °C. Dieser Wert ist allerdings kein offizieller, da die Station nicht dem DWD-Messnetz angehört. Das Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK), das dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) angehört, maß an der Karlsruher Wetterstation an der Hertzstraße (ehemals DWD-Station) sogar 39,4 °C. Dieser Wert erscheint wegen mikroskaligen Vorgängen und Strahlungsfehlern allerdings etwas zu hoch.

Höchsttemperaturen Zentraleuropa | Quelle: DWD JavaMap
08.06.2014 09.06.2014 10.06.2014


Am 10.06. verlagerte sich der Schwerpunkt der extremen Hitze weiter in den Osten und schwächte sich zugleich etwas ab. Nur noch selten wurden über 35 °C gemessen, die höchste Temperatur maß der bayerische Ort Schwandorf mit 35,7 °C. Von Sonntag, 08.06. bis Dienstag, 10.06. wurden an fast der Hälfte aller auf Wettergefahren-Frühwarnung gelisteten Stationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) neue Juni-Dekadenrekorde für das erste Junidrittel aufgestellt - fast alle in der Südhälfte Deutschlands. In Öhringen (BW) übertraf der neue Höchstwert den 67 Jahre alten Rekord gleich um 3 K. Auch Stationen mit über 100 Jahren langen Messreihen stellten neue Dekadenrekorde auf. Etwa in Stuttgart/Echterdingen (BW) mit einer 114-jährigen Messreihe wurde die alte Höchsttemperatur der ersten Junidekade um gleich 2,2 K überboten. Auf dem höchsten Berg Deutschlands, der 2963 m hohen Zugspitze (Messungen seit 1901), steht nun mit 13,8 °C ein 0,5 K höherer Rekord für die erste Junidekade.

Höchsttemp. (alle am 09.06.), Auswahl höchster Tiefsttemp., Rekorde der ersten Junidekade und Monatsrekorde in Deutschland
Datenquelle: DWD
Ort Tmax
Rheinau-Memprechtshofen (BW)
Waghäusel-Kirrlach (BW)
Kitzingen (BY)
Ohlsbach (BW)
Emmendingen-Mundingen (BW)
Rheinfelden (BW)
Rheinstetten (BW)
Lahr (BW)
Sachsenheim (BW)
Bad Dürkheim (RP)
Saarbrücken-Burbach (SL)
37,7 °C
37,3 °C
37,3 °C
37,1 °C
36,9 °C
36,7 °C
36,7 °C
36,6 °C
36,5 °C
36,5 °C
36,5 °C
Ort/Nacht auf Tmin
Feldberg/Taunus (HE)/09.06.
Holzdorf (Flugplatz) (BB)/10.06.
Berlin-Tegel (BE)/11.06.
Wittenberg (ST)/11.06.
Bad Bergzabern (RP)/10.06.
Hoherodskopf/Vogelsberg (HE)/09.06.
Stuttgart (Schnarrenberg) (BW)/10.06.
21,9 °C
21,8 °C
21,3 °C
21,1 °C
21,1 °C
21,0 °C
21,0 °C

Dekadenrekorde Tmax (Tmax alt) Datum 2014 (Datum alt)
Marnitz
Berlin-Tempelhof
Brocken
Meiningen
Erfurt/Flh.
Gera-Leumnitz
Fichtelberg
Trier
Würzburg
Bamberg
Hof
Weiden/Opf
Saarbrücken/Flh.
Rheinstetten*
Mannheim
Stuttgart/Flh.
Öhringen
Nürnberg
Regensburg
Lahr
Freudenstadt
Stötten
Augsburg
München/Flh.
Feldberg/Schw.
Konstanz
Oberstdorf
Zugspitze
33,3 °C (33,1 °C)
34,1 °C (34,0 °C)
24,4 °C (23,6 °C)
32,4 °C (30,6 °C)
32,0 °C (32,0 °C
32,7 °C (32,2 °C)
25,7 °C (25,4 °C)
34,8 °C (32,8 °C)
35,0 °C (33,5 °C)
35,5 °C (33,7 °C)
32,2 °C (31,8 °C)
33,9 °C (32,3 °C)
34,0 °C (31,4 °C)
36,7 °C (31,1 °C)
35,9 °C (35,2 °C)
34,6 °C (32,4 °C)
35,8 °C (32,8 °C)
34,7 °C (34,1 °C)
35,6 °C (34,1 °C)
36,6 °C (33,6 °C)
31,5 °C (29,1 °C)
31,8 °C (29,7 °C)
33,6 °C (32,4 °C)
32,5 °C (32,1 °C)
24,7 °C (22,1 °C)
34,9 °C (33,3 °C)
32,5 °C (30,7 °C)
13,8 °C (13,3 °C)
08.06. (08.06.1996)
08.06. (08.06.1889)
08.06. (10.06.2000)
09.06. (05.06.1982)
08.06. (03.06.1982)
08.06. (05.06.1982)
09.06. (07.06.1996)
09.06. (07.06.1996)
09.06. (03.06.1947)
09.06. (06.06.1998)
09.06. (06.06.1998)
10.06. (08.06.1996)
09.06. (10.06.2003)
09.06. (10.06.2010)
09.06. (10.06.1937)
09.06. (10.06.2003)
09.06. (03.06.1947)
09.06. (06.06.1998)
10.06. (06.06.1998)
09.06. (10.06.2003)
09.06. (06.06.1998)
09.06. (06.06.1998)
09.06. (04.06.1947)
10.06. (06.06.1998)
09.06. (05.06.1998)
09.06. (06.06.1998)
09.06. (06.06.1998)
08.06. (06.06.1998)
      *seit 01.11.2008
Ort Monatsrekord (alt) Datum 2014 (alt)
Bamberg
Rheinstetten*
Saarbr./Flh.
Öhringen
Lahr
35,5 °C (35,2 °C)
36,7 °C (34,9 °C)
34,0 °C (33,3 °C)
35,8 °C (35,5 °C)
36,6 °C (36,2 °C)
09.06. (19.06.2013)
09.06. (28.06.2011)
09.06. (18.06.2002)
09.06. (19.06.2013)
09.06. (12.06.2003)



An ein paar Stationen wurden sogar neue Rekorde für den Gesamtmonat Juni gebrochen, wie beispielsweise in Bamberg (BY), wo der 2013 aufgestellte Junirekord (35,2 °C) nicht einmal ein Jahr währte und um 0,3 K übertroffen wurde. In den kurzen Sommernächten sanken die Temperaturen stellenweise nicht unter 20 °C. Derart warme Nächte nennt man in der Meteorologie Tropennächte. Auf dem Feldberg im Taunus fielen die Temperaturen in der Nacht zum 09.06. nicht unter 21,9 °C. Von Nordwesten machte sich am 10.06. und 11.06. kühlere Luft bemerkbar und die Hitze schwächte sich ab.

Von Frankreich erste teils schwere Gewitter

Mammatus bei Swisttal (NW)
09.06. gegen 19 MESZ
© Daniel Lassahn
Während der größten Hitze an den Pfingstfeiertagen verhinderte der weit nach Norden vorgedrungene Höhenrücken die verbreitete Entstehung von konvektiven Niederschlagsereignissen in weiten Teilen Deutschlands. Absinkvorgänge im Bereich des Höhenrückens wirkten wie ein Deckel, den es zu überwinden galt, um die Gewitteraktivitäten aufleben zu lassen. Zudem lagen große Teile Mitteleuropas unter nur geringen Luftdruckgegensätzen. Insgesamt herrschte daher wenig Dynamik und die großräumigen Antriebe für mesoskalige Konvektion waren gering. Gleichwohl entstanden bevorzugt über dem Bergland einzelne unwetterartige Hitzegewitter. War die konvektive Hemmung einmal überwunden, bildeten sich in hochlabiler und sehr energiereicher Luft durchaus heftige Gewittererscheinungen, die mit Starkregen, Sturmböen und Hagel einhergingen.


Satellitenbilder und Niederschlagsradarbilder

Satellitenbilder und -animationen: Europa (MET10 RGB-Airmass) [für Animation anklicken], Frankreich (MET10 RGB HRV), Deutschland (VIS) sowie Europa (MSG) | Quellen: EUMETSAT, Sat24.com, WOKSAT.info
08.06., 18 UTC - 10.06., 21 UTC 09.06., 10-18 UTC 09.06., 17-19:15 UTC 11.06., 09-15 UTC

Niederschlagsradarbilder Frankreich, 08.06. (17-21 UTC), 09.06. (21 UTC) und 10.-11.06. (15-01 UTC) | Quelle: Infoclimat.fr

Radarbilder Deutschland [für Animation anklicken] | Quellen: DWD
09.06., 14-17:30 MESZ 09.-10.06., 21-04 MESZ 10.06., 16-23 MESZ 11.06., 08-16 MESZ


Anders gestaltete sich die Situation im Westen, etwa von Frankreich über den Benelux bis in den Nordwesten Deutschlands. Diese Gebiete zeichneten sich durch ihre Nähe zum Höhentief vor Westeuropa aus. Vorderseitig dieses Troges sorgten kurzwelligere Tröge, die im Bereich der Frontalzone durchschwenkten, für die nötgie Hebung, die zur Bildung organisierter Gewittersysteme vonnöten ist. Von Frankreich über Belgien bis in die Niederlande entwickelten sich schon am 07.06. die ersten Gewitter. Die Luftmassen waren in diesen Regionen zwar nicht ganz so heiß und energiereich wie etwa im Südwesten Deutschlands und später über Südostdeutschland, für teils heftige Gewitter reichte es dennoch. Am 08.06. schwächte sich das Höhentief etwas ab, machte sich mit seinem Zentrum aber allmählich auf den Weg Richtung Osten. Dies verschärfte im Zusammenspiel mit dem sich weiter aufwölbenden Hoch über dem östlichen Mitteleuropa die Geopotentialgegensätze. Über dem nordöstlichen Frankreich, den Benelux-Staaten und dem Nordwesten Deutschlands entstanden am 08.06. besonders in den Nachmittag- und Abendstunden nach kräftiger solarer Einstrahlung zum Teil schwere Gewitter. Begünstigt wurde die Gewitterbildung durch eine vor der Kaltfront des Tiefs "Ela" verlaufenden Konvergenzlinie. Westlich der Konvergenzlinie wehten südwestliche Winde, östlich davon wehte der Wind aus südöstlichen Richtungen. Im Bereich, wo die Winde aufeinander trafen, wurde die Luft zum Aufsteigen gezwungen und löste Gewitter aus. Heftige fielen die Gewitter vor allem in den östlichen Landesteilen Frankreichs aus, wo Großhagel mit einem Durchmesser von 7 cm vom Himmel fiel. In Reims (FR) bildete sich beispielsweise eine Superzelle (siehe Bilder unten). Wenn die Windscherung in Richtung und Geschwindigkeit ausreichend groß, die Luftmassen feucht-warm und labil geschichtet sind, bilden sich nicht selten von rotierendem Aufwindbereich charakterisierte Superzellen, die oft unwetterartige Erscheinungen wie Großhagel, heftigen Böen und Sturzregen hervorbringen.

Superzelle bei Reims (FR) am 08.06. | Quelle: Bart De Bruyn


Schwere Unwetter in Nordrhein-Westfalen

Am 09.06. kam das Tiefdrucksystem langsam weiter nach Osten voran. Damit verlagerten sich auch die zugehörige Kaltfront und die vorgelagerte Konvergenzlinie. Über Deutschland lag die pseudopotentielle Temperatur im 850-hPa-Niveau bei 60 °C.
Der Gewitterschwerpunkte lagen sodann einerseits entlang der Konvergenzlinie, die sich weiter östlich vor der Kaltfront befand, andererseits an der über den Südwesten bis in den Norden Frankreichs befindlichen Kaltfront. An der Kaltfront formierte sich eine Gewitterlinie mit teils heftigen Gewittern (siehe Radarbild Frankreich). In Cognac (FR) traten in Gewitternähe Orkanböen von 130 km/h auf.
Radiosonde, Meiningen
10.06., 12 UTC
© weather.uwyo.edu
Wenn sich einige Gewitterzellen zusammenschließen, spricht man oft von einem Mesoscale Convective System (MCS), einem mesoskaligen konvektiven System. Ist ein MCS kreisförmig angeordnet und besitzt bei einer Mindestlebensdauer von sechs Stunden eine unter -32 °C kalte Wokenoberkante auf einer Fläche von 100.000 Quadratkilometern sowie unter -52 °C auf 50.000 Quadratkilometern, so handelt es sich nach der Definition von Maddox (1980) um einen Mesoscale Convective Complex (MCC). Die kleine Horizontalachse des Systems muss zur großen Horizontalachse mindestens ein Verhältnis von 0,7 aufweisen.
Ein solches MCC entwickelte sich am Abend des 09.06. über Nordost-Frankreich und zog über das südliche Belgien nach Nordrhein-Westfahlen.

Schäden des Unwetters am 09.06.2014
Wanne (NW) | © Timo Albert Gelsenkirchen (NW) | © Timo Albert

Dieser Gewitterkomplex zeichnete sich durch extreme Windböen aus. Im niedersächsischen Fürstenau fielen am Abend binnen einer Stunde über 37 mm Starkregen. In Düsseldorf (NW) betrug die stärkste Böe 144 km/h - ab 118 km/h ist volle Orkanstärke (Windstärke 12 auf der Beaufortskala) erreicht. Entsprechend kam es beim heftigsten Unwetter seit Jahren zu schweren Schäden: Zahlreiche Bäume knickten um, jeder vierte Baum nahm in Düsseldorf Schaden. Auf den Straßen bildeten sich Staus von 300 Kilometer Länge, der Bahnverkehr kam zeitweise in ganz NRW zum Erliegen. Noch Tage später waren Bahnstrecken gesperrt, unzählige Züge fielen aus. Dutzende Schulen blieben am Folgetag geschlossen. Die Polizei und Feuerwehr verzeichnete über 20.000 Einsätze. Zig Menschen wurden verletzt, mindestens sechs Menschen kamen allein bei den Unwettern in Nordrhein-Westfalen ums Leben.

24-h-Blitzkarten Westeuropa | Quelle: Lightningmaps.org
08.06.2014 09.06.2014 10.06.2014 11.06.2014

In der Folge auch im Süden und Osten Deutschlands unwetterartige Gewitter

Hagel in Niedersorpe
am 10.06.
© Kevin aus Niedersorpe
Am 10.06. wurde die heiße Luft von Nordwesten durch kühlere Luft ersetzt und die Kaltfront mit vorausgehender Konvergenzlinie kam weiter südostwärts voran. Bei sehr labiler Schichtung der unteren Troposphäre und hohen konvektiv verfügbaren potentiellen Energien (CAPE) türmten sich im Verlauf des Nachmittags und am Abend dann auch in den mittleren und südwestlichen Landesteilen Deutschlands Gewitterwolken auf, die zu einigen Superzellen fürhten. In Kassel (HE) kam es am Abend des 10.06. nach heftigem Starkregen zu Überflutungen.
Der Flughafen Kassel musste vorübergehend geschlossen werden. In Teilen des Stadtgebiets fiel zeitweise der Strom aus. In Schmallenberg (siehe Foto und Video) fielen rund 5 cm große Hagenkörner vom Himmel. Auch bei Rottweil (BW) bildete sich am Abend ein Hagelgewitter mit Korngrößen bis 7 cm Durchmesser (siehe Video). Rheinhardshagen-Vaake (HE) meldete eine Regenmenge von 47,6 mm innerhalb einer Stunde. Die Station Aachen-Orsbach (NW) registrierte mit 130 km/h Orkanböen.


Hagelunwetter bei Rottweil (BW) am 10.06. (© Marco Kaschuba)




Hagelunwetter in Niedersorpe (NW) am 10.06.




Satellitenfilm
Deutschland
11.6., 12-14:15 UTC
[Klicken für Animation]
© Sat24.com
Am 11.06. organisierten sich die in der Nacht über dem Westen Deutschlands aufgetretenen Gewitter zu einem umfangreichen Gewitterkomplex, der bis zum Mittag in den Nordosten Deutschlands vorankam. Damit ging vor allem Starkregen einher, der trotz relativ zügiger Verlagerungsgeschwindigkeit des Gewittersystems für stellenweise ergiebige Regenmengen mit über 60 mm sorgte. In Langelsheim/Innerstetalsperre (NI) fielen bis 12.06., 06 UTC 72,6 mm Niederschlag, Krümmel (MV) meldete bis 11.06., 12 UTC eine stündliche Regensumme von 48,6 mm. Das brandenburgische Kyritz registrierte am 11.06. mit 112 km/h orkanartige Böen.
Zum Mittag bildeten sich vor allem über den Bergen erneut Gewitter. Über dem Schwarzwald entstand eine Superzelle, die dem Ort Simmersfeld (BW) in wenigen Stunden 62,4 mm Niederschlag brachte. Neben dem heftigen Starkregen waren auch hier Sturmböen und Hagel mit von der Partie. Am 12.06. und 13.06. zog sich die Gewitteraktivität in den äußersten Süden zurück. Besonders vom Schwarzwald bis zum Alpenrand traten nochmals teils heftige Schauer und Gewitter auf, die lokal mit Starkregen, Hagel und Sturmböen einhergingen.
Sonst gelangte Mitteleuropa in den Einflussbereich des Hochdruckgebiets "Xerxes", das sich von den Azoren bis zur Nordsee erstreckte und im Zusammenspiel mit dem inzwischen über Skandinavien befindlichen Tief "Ela" von Nordwesten kühlere Luftmassen advehierte.


1-h-Niederschlagsmengen > 30 mm und Auswahl 24-h-Niederschlagssummen > 50 mm | Datenquelle: DWD
Ort 1-h-Summe (Datum)
Krümmel (MV)
Reinhardshagen-Vaake (HE)
Höhr-Grenzhausen (RP)
Demker (ST)
Trollenhagen (MV)
Alsdorf-Bettendorf (NW)
Fürstenau (NI)
Neuruppin (BB)
Langelsheim-Astfeld (NI)
Simmersfeld (BW)
Essel (NI)
Neuruppin-Gühlen Gl. (BB)
Eisenbach (BW)
Northeim-Imbshausen (NI)
Coschen (BB)
48,6 mm (11.6., 12 UTC)
47,6 mm (10.6., 20 UTC)
44,4 mm (10.6., 17 UTC)
40,6 mm (11.6., 11 UTC)
40,4 mm (11.6., 13 UTC)
38,2 mm (10.6., 10 UTC)
37,3 mm (09.6., 22 UTC)
36,2 mm (11.6., 12 UTC)
34,0 mm (11.6., 08 UTC)
32,0 mm (11.6., 14 UTC)
31,8 mm (08.6., 19 UTC)
31,4 mm (11.6., 12 UTC)
31,1 mm (12.6., 15 UTC)
30,6 mm (10.6., 22 UTC)
30,1 mm (11.6., 17 UTC)
Ort 24-h-Summe (Datum bis 6 UTC)
Langelsheim (Innerstetsp.) (NI)
Franzburg (MV)
Simmersfeld (BW)
Süderholz-Neuendorf (MV)
Groß Kiesow-Schlagtow (MV)
Vehlow (BB)
Hungen-Rabertshausen (HE)
Stüdenitz (BB)
Reinhardshagen-Vaake (HE)
Medebach-Berge (NW)
Wolgast (MV)
Fürstenau (NI)
Greifswald (MV)
Alsdorf-Bettendorf (NW)
Löningen (NI)
72,6 mm (12.6.)
64,3 mm (12.6.)
62,4 mm (12.6.)
61,2 mm (12.6.)
61,0 mm (12.6.)
60,4 mm (12.6.)
60,3 mm (12.6.)
60,1 mm (12.6.)
57,9 mm (11.6.)
57,0 mm (11.6.)
56,4 mm (12.6.)
55,7 mm (10.6.)
55,4 mm (12.6.)
53,4 mm (11.6.)
51,9 mm (10.6.)

Spitzenwindböen | Datenquelle: DWD
Ort Datum Spitzenböen (Beaufort)
Düsseldorf (NW)
Cognac (FR)
Aachen-Orsbach (NW)
Kyritz (BB)
Kall-Sistig (NW)
Florennes (FR)
Essen (NW)
09.06.2014
09.06.2014
10.06.2014
11.06.2014
09.06.2014
09.06.2014
09.06.2014
144 km/h (12 Bft.)
130 km/h (12 Bft.)
130 km/h (12 Bft.)
112 km/h (11 Bft.)
104 km/h (11 Bft.)
101 km/h (10 Bft.)
101 km/h (10 Bft.)



Text: SB
13. Juni 2014


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