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Donnerstag, 26. Mai 2011, 12:30 MESZ

Vulkanausbruch auf Island
"Grimsvötn"

seit 21.05.2011


Satellitenbild, 22.05.2011, 13:58 UTC, NOAA19 VIS
Quelle: B.J.Burton

Rund 14 Monate nach dem Ausbruch des Vulkans "Eyjafjallajökull", der den Flugverkehr in weiten Teilen Europas lahmlegte, macht wieder ein isländischer Vulkan von sich Reden: der "Grimsvötn". Bis zu 20 Kilometer hoch in die Stratosphäre schleuderte der Stratovulkan seine Asche, ähnlich gravierende Folgen auf den gesamteuropäischen Flugverkehr wie im letzten Jahr sind aber derzeit nicht zu befürchten; gleichwohl wurden für einige Flughäfen auch in Deutschland am 25.5.2011 wieder Flugverbote verhängt.

Der Vulkan Grimsvötn, 1725 m

Der Vulkan Grimsvötn, einer der aktivsten auf Island, liegt unter der riesigen Gletscherkuppe des Vatnajökull, dessen Eis den Calderasee 200 Meter dick überdeckt. Die Caldera selbst misst 6x8 Kilometer. Vom zentralen Vulkanbereich aus erstreckt sich ein Südwest-Nordost orientiertes Spaltensystem; aus der bekanntesten, der "Laki" Spalte Richtung Südwesten, ergoss sich 1783 der weltweit größte in historischer Zeit bekannt gewordene Lavastrom. Die Eruption dauerte 7 Monate, aus einem 27 Kilometer langen Spaltenabschnitt quollen 15 km³ Lava. Die letzte Eruption des "Grimsvötn" ereignete sich im November des Jahres 2004.
Weitere Infos hier.

Der Ausbruch 21.-25. Mai 2011

Zunächst noch subglazial begann die Eruption des Grimsvötn am 21. Mai 2011 gegen 17:30 UTC. Rasch wurde die Eisdecke durchschmolzen und gegen 21:00 UTC erreichte die Eruptionswolke eine Höhe von 65.000 ft (rund 20 km). In der fogenden Nacht betrug die Höhe der Aschewolke meist 15-19 km, im Laufe des 22. rund 10 km. Der größte Teil der Wolke wurde Richtung Süden verfrachtet, östlich der Stadt Kirkjubaejarklaustur machte der Ascheregen (Fallout) den Tag zur Nacht, die Sichtweite betrug nahezu Null. Die Aschefahne formierte sich zu einer kreisrunden 60 km langen Wolke um den Eruptionsort. Pro Stunde traten etwa 60 bis 70 Blitzentladungen in der Aschewolke auf. Auf dem Höhepunkt der Eruption quoll eine Lavamenge von mehr als 10.000 Tonnen pro Sekunde aus dem Krater hervor, am Nachmittag des 22. waren es noch 2 bis 5.000 Tonnen je Sekunde.
Foto: Ólafur Sigurjónsson, 21. Mai 2011
en.vedur.is

Am 23. konnte kein Lavaausstoß mehr verzeichnet werden, die Aschewolke erreichte Höhen zwischen 8 und 10, später 5-9 km. Zwischen 17 und 18 UTC wurden südlich des Grimsvötn rund 300 Blitzentladungen gezählt.
Die Höhe der Aschewolke betrug am 24. meist weniger als 5 km, nur kurzzeitig schoss sie gegen 14 UTC bis 8 km empor. Schätzungsweise 10 bis 70 Tonnen Asche gelangten pro Sekunde in die Atmosphäre. Satellitenaufnahmen im sichtbaren Kanal zeigten, dass der Höhenwind große Teile der Aschewolke bereits mehr als 800 km nach Süden und Südosten verfrachtet hatte. Am Abend des 24. erreichten nur noch einzelne Explosionswolken aus dem Krater eine Höhe von wenigen Kilometern, gegen 02 UTC am 25. Mai noch einmal kurzzeitig bis 12 Kilometer. Der Ascheregen beschränkte sich auf die unmittelbare Umgebung des Kraters.
Satellitenaufnahmen zufolge schmolz während des Vulkanausbruchs bislang nur wenig Eis, Überflutungen durch Schmelz/Hochwasser führende Flüsse konnten nicht festgestellt werden.
Quelle: en.vedur.is

 Geologische Informationen
von Thomas R. Walter, VolcanoTectonics Research Group, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ), Potsdam

Vulkanüberwachung
Auf globaler Ebene sind mehr als 1500 Vulkane als potenziell aktiv einzuschätzen. In Europa sind Auswirkungen auf die Gesellschaft durch verschiedene Vulkane unterschiedlicher Zusammensetzung, Tephra-Verteilung, Explosivität und zeitlichem Verhalten historisch belegt. In den vergangenen 200 Jahren sind in Europa Vulkanausbrüche mit einer Stärke VEI > 3 (VEI-Vulkan Explosivität Index) alle 4 Jahre aufgetreten. In dieser Größenordnung erreichen Eruptionen eine Höhe von mehr als 5 km und haben daher auch Auswirkungen auf den Luftverkehr. Auswirkungen wie jetzt bei Grimsvötn oder vergangenes Jahr bei Eyjafjallajökull sind nicht durch eine verstärkte Vulkanaktivität, sondern eher durch eine zunehmende Empfindlichkeit der Gesellschaft (z.B. Zunahme Flugverkehr) begründet.
Um schnell, wirksame und nachvollziehbare Luftverkehrsmaßnahmen nach einem Vulkanausbruch einzuleiten, müssen zuverlässige Daten aus Vulkanologie, atmosphärischen Wissenschaften und Flugzeugbau vorhanden sein oder kurz nach Beginn eines Ausbruchs erhoben werden. Am Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ wird daher an neuen Methoden der Bestimmung von Eruptionsvolumen und Eruptionsgeschwindigkeit geforscht, und diese derzeit auch auf Island erprobt. Die Verformung der Erdkruste wird gemessen, um dann mit Hilfe von Computermodellen indirekte Aussagen zu den Prozessen im System Erde anzustellen.

Grimsvötn
Grimsvötn ist der aktivste Vulkan Islands und vollständig durch den Vatnajökull Gletscher bedeckt. Historische Aufzeichnungen zeigen, dass Vulkaneruptionen des Grimsvötn sich sehr unterschiedlich entwickeln können. Wäm;hrend die Eruptionen 1938, 1954, 1983 relativ klein waren, zeigten sich die Eruptionen von 1998, 2004 und nun 2011 bereits auf der Stufe 3 oder gar 4 der Explosivitätsskala VEI. Jedoch hat Grimsvötn Potential für wesentlich größere Eruptionen, wie 1783 bei der sogenannten Lakigigar Eruption geschehen, in deren Verlauf über 15 Kubikkilometer (!) Lava gefördert wurde und in deren Folge ein Fünftel der isländischen Bevölkerung - meist an indirekten Folgen - starb. Daher ist eine allzu frühe Prognose über den Eruptionsverlauf mit Vorsicht zu betrachten.
Die seismische Aktivität am Grimsvöötn hat seit etwa 5 Jahren zugenommen. Dies interessanterweise nicht nur dort, sondern auch an den Vulkanen Hamarinn, Bardabunga, Kistufell und Esjufjöll, d.h. fast allen Vulkanen die unter dem Eisschild des Vatnajökull Gletschers liegen. GPS Messungen zeigen eine graduelle Aufwölbung des Vulkans seit 2004, was auf die Platznahme von Magma in der flachen Erdkruste hindeutet. Die 2011er Eruption ereignete sich nun im Umfeld der vorangegangenen Eruption von 2004; somit war an dieser Stelle der Eispanzer noch relativ dünn, was eher positive Folgen hat: die gefürchteten Überschwemmungen blieben weitgehend aus.


 Ausbreitungsrechnungen des Volcanic Ash Advisory Centers, VAAC

Für den europäischen Flugverkehr relevante Modellrechnungen über die Aschekonzentration im Luftraum führt das Volcanic Ash Advisory Center, VAAC, durch:
Europa und Nordatlantik/Asien
5-Tage-Vorhersage
Weitere Infos: hier
 Am KIT durchgeführte Berechnungen
Um die Auswirkungen zB auf den Flugverkehr beurteilen zu können, sind auch Kenntnisse über die Eigenschaften der Asche- und Rußpartikel (Größe, Masse, Schmelzpunkt...) erforderlich. Diese Eigenschaften bestimmen auch über die Transportfähigkeit der Teilchen; weitere wichtige Faktoren sind die Menge des vom Vulkan ausgestoßenen Materials sowie die Eruptionshöhe. Ausbreitungsrechnungen gibt es seit dem 24.5.2011 beim Deutschen Wetterdienst mit dem am KIT entwickelten Modell COSMO-ART.
Die Simulationen basieren auf einer Online-Kopplung des operationellen DWD-Wettervorhersagemodells COSMO mit den am KIT (Karlsruher Institut für Technologie) entwickelten ART-Modulen zur Behandlung von Aerosolprozessen und Gasphasenchemie. Sie werden mehrmals täglich gerechnet und zeigen die Aschekonzentration im Höhenbereich zwischen 0 und 6100 Metern (entsprechend Flight Level 0 bis 200)


Weitere Infos: Deutscher Wetterdienst


Am KIT werden in Zusammenarbeit mit wetter3.de auf Grundlage von Daten des US-amerikanischen globalen Wettervorhersagemodells GFS sog. Vorwärtstrajektorien berechnet.
Bezogen auf einen Ausgangsort - hier der Vulkan Grimsvötn auf Island - zeigen die Trajektorien den Weg, den ein modellhaftes Luftpaket und mit ihm Aschebeimengungen in den nächsten Tagen voraussichtlich einschlägt. Die Trajektorien stellen eine gute Näherung für die zeitliche und räumliche Verlagerung einer möglichen Aschewolke dar und erlauben zumindest grobe Aussagen über eine mögliche Gefährdung umliegender Regionen und Länder um den Vulkan. Aussagen über die Aschekonzentration und den Gefährdungsgrad bestimmter Regionen können daraus aber keinesfalls abgeleitet werden. Dazu bedarf es spezieller Ausbreitungsrechnungen!
Die Zahlen an den Trajektorien markieren jeweils den Ort, bis zu dem das Luftpaket nach der entsprechenden Anzahl an Tagen gelangen könnte.

Ein große Rolle spielt auch die Höhe, bis in welche Schadstoffe am Vulkan freigesetzt werden; deshalb stehen mehrere Trajektorien mit unterschiedlichen Ausgangsniveaus zur Verfügung:
800 hPa-Niveau (entspricht ca. 2000 m)
700 hPa-Niveau (entspricht ca. 3000 m)
500 hPa-Niveau (entspricht ca. 5500 m)
400 hPa-Niveau (entspricht ca. 7000 m)
300 hPa-Niveau (entspricht ca. 9000 m)
200 hPa-Niveau (entspricht ca. 12000 m)
Das Diagramm im jeweils unteren Bilddrittel gibt Auskunft über die Höhenänderung des Luftpakets, wie also im Laufe der Zeit durch vertikale Bewegungsvorgänge in der Strömung eine vertikale Auslenkung erfolgt.
Die jeweils rechten Bilder zeigen das Verhalten der Aschewolke, wenn sie den Vulkankrater 36 Stunden in der Zukunft verlässt.

Auswaschungs- oder Depositionsvorgänge (z.B. durch Niederschlag) müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Modellrechnungen, die am IMK in Zusammenarbeit mit www.wetterzentrale.de mit dem hochauflösenden WRF-Modell durchgeführt werden (siehe weiter unten), zeigen hier zusätzlich den simulierten vorhergesagten Niederschlag und die Windverhältnisse in 700 hPa (rund 3000 Meter) über Island.

Aktualisierung: Alle 6 Stunden - zum Vergrößern bitte Anklicken

Trajektorien für 200, 300, 400 hPa
GFS - Modellrechnungen, aktueller Modelllauf
©: KIT/wetter3.de
Trajektorien für 200, 300, 400 hPa
GFS - Modellrechnungen, Zeitpunkt: aktueller Modelllauf + 36 Stunden
©: KIT/wetter3.de
Trajektorien für 800, 700, 500 hPa
GFS - Modellrechnungen, aktueller Modelllauf
©: KIT/wetter3.de
Trajektorien für 800, 700, 500 hPa
GFS - Modellrechnungen, Zeitpunkt: aktueller Modelllauf + 36 Stunden
©: KIT/wetter3.de

 WRF-Modellrechnungen für Island

Auflösung: 5 km
Vorhersagezeitraum: 72 Stunden
Vorhersagezeitschritt: 3 Stunden

Dargestellt werden hier der 24-Stunden-Gesamtniederschlag und die 12-Stunden-Prognose des Mittelwindes in 700 hPa (rund 3000 Meter). Weitere Vorhersagetermine und Vorhersagegrößen gibt es hier.

24-Stunden Gesamtniederschlagsmenge
WRF - Modellrechnung, aktueller Modelllauf
©: KIT/wetterzentrale.de
700 hPa-Mittelwind
WRF - Modellrechnung, aktueller Modelllauf
© KIT/wetterzentrale.de

GFS-Prognosen

Stand: 24. Mai 2011, 14:30 UTC
Heute, morgen und am Donnerstag könnten Aschepartikel mit einer kräftigen Strömung zumindest in einigen Höhenbereichen rasch auch Richtung Schottland, Skandinavien und Norddeutschland, zum Donnerstag hin auch über Irland Richtung Biskaya/Bretagne und im weiteren Verlauf auch Richtung Mitteleuropa verfrachtet werden. Andere betroffene Gebiete sind Südgrönland, Ostkanada und Russland.

GFS-Prognose Mittelwind 300 hPa
für Mittwoch, 25. Mai 2011, 18 UTC
Quelle: Wettergefahren-Frühwarnung
GFS-Prognose Stromlinien 300 hPa
für Donnerstag, 26. Mai 2011, 06 UTC
Quelle: wetterzentrale.de

Satellitenbilder
Satellitenbild, 22.5., 12:08 UTC
NOAA19 VIS
Quelle: Universität Bern
Satellitenbild, 22.5., 14:09 UTC
NOAA18 VIS
Quelle: Universität Bern
Satellitenbild, 24.5., 11:10 UTC
TERRA VIS
Quelle: NASA
Satellitenbild, 22.5., 05:15 UTC
AQUA VIS
Quelle: NASA
Satbild, 23.5., 14:00 UTC
AQUA VIS
Quelle: NASA

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