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Mittwoch, 30. Dezember 2015, 13:50 MEZ

Ungewöhnliche Wärme

Mitteleuropa

Dezember 2015





Kaum Schnee auf den Tannheimer Bergen
Webcam-Bild vom 24.12.2015, 14:32 MEZ
Haldensee mit Köllenspitze (2238 m),
Gimpel (2176 m) und Rote Flüh (2111 m)
© Feratel


Die Monate November und Dezember gehen mit neuen Rekordtemperaturen in Deutschland in die Annalen der Temperaturaufzeichnungen ein. Beide Monate waren die wärmsten seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881. Etliche neue Monats- und Dekadenrekorde wurden aufgestellt. Nachdem die Temperaturen im November nochmals bis 24 Grad gestiegen waren, wurden selbst an den Weihnachtstagen Höchstwerte bis nahe 18 Grad gemessen.



Rekordwärme im November

Bereits der November konnte mit warmer Luft aufwarten und ließ einige Monatsrekorde purzeln. Im Norden zogen von Westen vielfach Tiefausläufer durch, im Süden dominierte oftmals Hochdruckeinfluss mit Zufuhr sehr milder Luftmassen. Erst in der letzten Novemberdekade drehte die Strömung vorübergehend und Tiefdruckgebiete sorgten für Abkühlung und reichlich Niederschlag.
Temperaturanomalie in Europa,
November 2015
© NOAA CPC/NCEP
Mit einer Mitteltemperatur von 7,5 °C betrug die positive Abweichung 3,5 K gegenüber 1961-1990 (bzw. 3,1 K verglichen mit 1981-2010). Damit war der November 2015 der wärmste seit Aufzeichnungsbeginn. Die Rangliste der wärmsten Novembermonate führten bis dato die Jahre 2009 und 1963 an. Noch bis rund um den 20. November lag die Mitteltemperatur bei etwa 10 °C, sodass die ersten drei Novemberwochen wärmer ausfielen als ein durchschnittlicher Oktober. Lediglich die letzte Novemberwoche, die ihrerseits der Jahreszeit entsprach, verhinderte eine noch größere Wärmeanomalie. Trotz der durchschnittlichen oder leicht zu kühlen Monate September und Oktober schloss der Herbst 2015 am Ende mit einem Temperaturüberschuss von 0,8 K (Referenz 1961-1990) bzw. 0,6 K (Referenz 1981-2010) ab. Für den Herbst 2015 bedeutet dies Platz 18 in der Rangliste der wärmsten Monate September bis November.

Zu Monatsbeginn wurden vor allem im Bergland neue Monatsrekorde aufgestellt. Eine kräftige Inversion sorgte dafür, dass sich die Warmluft zunächst nicht bis zum Boden durchsetzen konnte. Beispiel: Tiefsttemperaturen am 2.11. in Zwiesel (615 m ü. NN) -5,0 °C, auf dem Großen Arber (1436 m ü. NN) hingegen +10,6 °C.
Auf dem Brocken im Harz (1134 m ü. NN) wurde beispielsweise der alte Novemberrekord von 18,9 °C vom 6.11.2011 in der 64-jährigen Zeitreihe um 0,9 K übertroffen. Auf der Wasserkuppe (921 m ü. NN) wurde der alte Rekord von 17,2 °C vom 04.11.2011 (Messungen seit 1936) gleich um 2,7 K überboten. Hier sind die Rekorde der Novemberdekaden zu finden.
Mit Auflösung von Nebel- und Hochnebel stieg die Temperatur im Flachland gebietsweise stark an. Zum Beispiel in Mühlacker (zw. Karlsruhe und Stuttgart) wurden am 3.11. nur maximal 4,5 °C, am 4.11. lag die Höchsttemperatur mit 19,7 °C gleich über 15 K höher. An der nicht mehr offiziell vom DWD betriebenen, aber vom KIT-IMK fortgeführten Wetterstation in Karlsruhe wurden am 7.11. sogar 24,3 °C gemessen. Den offiziellen Höchstwert in Deutschland verzeichnete Emmendingen-Mundingen im Breisgau mit 23,8 °C.

850-hPa-Geopotential u. -Temperatur | Quellen: Wetter3
02.11.2015, 12 UTC 08.11.2015, 12 UTC 15.11.2015, 12 UTC 23.11.2015, 12 UTC
03.12.2015, 12 UTC 10.12.2015, 12 UTC 17.12.2015, 12 UTC 26.12.2015, 12 UTC

Laue Nächte

Die vorübergehende Abkühlung in der letzten Novemberdekade war nur von kurzer Dauer. Denn schon Anfang Dezember wurde von Westen während eines windigen Witterungsabschnitts sehr milde Luft nach Mitteleuropa gelenkt. Nachts kühlte es dabei mancherorts nicht einmal unter die 10-Grad-Marke ab, wie beispielsweise in Köln-Bonn mit 10,2 °C als Tiefswert vom 2. Dezember.


Begünstigte Warmluftzufuhr

Kälter als im langjährigen Mittel war es dabei nur in Nordkanada und Westgrönland. Die dort auf den relativ gesehen warmen Atlantik strömende Kaltluft führte zu erhöhter Baroklinität und Labilität und fachte die Produktion ausgeprägter Tiefdruckgebiete an, die auf ungewöhnlich nördlicher Bahn nach Europa zogen.
Südlich davon befand sich über Wochen hinweg ein kräftiges Hochdruckgebiet (abgesehen von der letzten Novemberdekade) über fast dem gesamten Mittelmeerraum. Im Ergebnis stellte sich über Mitteleuropa ein zonales Strömungsmuster ein und an der Nord- bzw. Nordwestflanke des Hochs wurde für die Jahreszeit ungewöhnlich warme Luft in Teile West- und Mitteleuropas geschaufelt.
Im 850-hPa-Niveau (rund 1500 Meter Höhe) stieg die Temperatur gebietsweise mehrmals über die 10-Grad-Marke. Beispielsweise bis 11 °C am 3.12., 10 °C am 5./6.12., 12 °C am 20.12. und 28.12.. Durchschnittlich werden in dieser Höhe im Dezember -2 bis 0 °C erreicht. Die positiven Abweichungen beliefen sich somit auf bis zu 15 K.


Frühlingshaft zu Weihnachten

Am Boden lagen die Höchsttemperaturen am 17.12. bei 18,0 °C in Emmendingen, am zweiten Weihnachtstag (26.12.) bei 17,5 °C in Köln-Stammheim. Sowohl an Heiligabend (24.12.) als auch an den Weihnachtstagen (25./26.12.) erreichten die Spitzenwerte der Höchsttemperaturen in Deutschland über 16 °C. Auch in anderen Regionen Europas zeigte das Thermometer ungewöhnlich hohe Werte an. Im südfranzösischen Pau nördlich der Pyrenäen wurde am 19.12. mit 25,4 °C sogar nochmals ein Sommertag (mindestens 25,0 °C) registriert. In Deutschland wurden in der zweiten Monatshälfte mehrere neue Dekaden- und sogar einzelne Monatsrekorde aufgestellt.


Schneemangel und Rekorde

Bis zum Jahresende hielt die Großwetterlage mit Zufuhr sehr milder Luft an. Der Dezember 2015 überbietet damit mit Leichtigkeit die bisher wärmsten Dezember aus den Jahren 1934 und 1974 (Mitteltemperaturen von 4,8 °C bei einer Abweichung von +4,0 K). Bis einschließlich 29.12. wies der Dezember 2015 eine Mitteltemperatur von 6,5 °C auf - positive Abweichung gegenüber 1961-1990: sage und schreibe +5,9 K.
Südschwarzwald mit Feldberg (1493 m),
kaum Schnee am 23.12.2015
© B. Baumstark
Damit einher gingen einerseits weniger Niederschläge (unter 60 % im Flächenmittel) als üblich und andererseits mehr Sonnenstunden (mancherorts sogar mehr als das Doppelte der üblichen Sonnenscheindauer). Entsprechend fielen die ohnehin geringen Niederschlagsmengen meist bis weit hinauf als Regen. Die Mittelgebirge waren lange Zeit komplett schneefrei (z.B. Schwarzwald oder Erzgebirge). Im Zentralmassiv fiel bis dato im Dezember 2015 keine einzige Schneeflocke. Selbst auf der Zugspitze herrschte zeitweise Tauwetter bei Rekordtemperaturen von bis zu 3 °C. Für einige Skiliftbetreiber (etwa auf der Schwäbischen Alb) steht bereits jetzt fest, dass der Winter 2015/16 aufgrund des Schneemangels erhebliche finanzielle Einbußen mit sich bringt.
Klimatologisch ließe sich der Dezember 2015 damit zwischen einem durchschnittlichen März und einem durchschnittlichen April einordnen.

Was um diese Jahreszeit an Kälte möglich ist, wird mit einem Rückblick das Jahr 2009 deutlich. Am 19. und 20. Dezember 2009 war es mit Höchsttemperaturen unter -10 °C und Tiefsttemperaturen um -20 °C bitterkalt und vielerorts über 20 K kälter als in diesem Jahr. Beispiel Mühlacker: Höchsttemperaturen am 19.12.2009 -12,4 °C und am 19.12.2015 +13,5 °C (Differenz: 25,9 K).


Temperaturanomalie, 30.12.2015
© Climate Reanalyzer/University of Maine
Über 30 K wärmer in der Arktis

Eine kräftige Zyklogenese sorgte zunächst für Sturm und Starkregen auf Teilen der Britischen Inseln. Sich weiter vertiefend zog Tief "Eckard" Richtung Island und verstärkte sich am 30.12. zu einem ungewöhnlch intensiven Tiefdruckgebiet (am 30.12. 928 hPa). Den bisher niedrigsten Luftdruck eines außertropischen Tiefdruckgebiets im Atlantik liegt bei 914 hPa (10.1.1993). Dieser Wert wird zwar nicht erreicht, Prognosen gingen aber von einer Kerndruck von rund 925 hPa aus. Auf seiner Vorderseite führte "Eckard" außergewöhnlich milde Luftmassen subtropischen Ursprungs bis in die Arktis. Wo sonst rund -30 °C innerhalb des Polarwirbels üblich sind, stieg die Temperatur vorübergehend sogar leicht ins Plus (+1 °C). Anomalien von über 30 K sind bemerkenswert und äußerst ungewöhnlich. Auf Spitzbergen in 80 Grad nördlicher Breite wurden +8,1 °C aufgezeichnet - die höchste Temperatur zwischen Dezember und März seit Beginn der Messungen.


2015 so warm wie nie zuvor

Die Temperatur im gesamten Jahr 2015 wird in Deutschland nach dem wärmsten Jahr 2014 seit Aufzeichnungsbeginn ebenfalls einen Position in den vordersten Plätzen einnehmen. In Europa wird die Temperatur des Jahres 2015 auf dem zweiten Platz der wärmsten Jahre liegen. Global gesehen waren die Monate Januar-November 2015 0,87 K wärmer gegenüber dem Mittelwert des 20. Jahrhunderts. Im ebenfalls wärmsten Jahr 2014 lag die Abweichung von Januar-Dezember bei 0,74 K. Angesichts des in vielen Regionen der Welt ebenfalls deutlich zu warm verlaufenen Dezember 2015 schickt sich 2015 bereits als zweites Jahr in Folge an, als das wärmste seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen in die Geschichte einzugehen.

Mitteltemperaturen und Anomalien (oben), Temperaturanomaliekarten (unten) | Quellen: NOAA CPC/NCEP
30d bis 25.12.2015, Magdeburg 30d bis 25.12.2015, Bremen 90d bis 25.12.2015, Nürnberg
Europa, 13.-19.12.2015 Europa, 20.-16.12.2015 Deutschland, Dez. 2015 (bis 29.12.)


Höchsttemperaturen in Deutschland am 17.12. (links) und am 26.12. (rechts)
Datenquelle: DWD JavaMap
Ort Tmax
Emmendingen-Mundingen (BW)
Müllheim (BW)
Freiburg (BW)
Lahr (BW)
Rheinau-Memprechtshofen (BW)
Geilenkirchen (Flugplatz) (NW)
Nörvenich (Flugplatz) (NW)
Weilerswist-Lommersum (NW)
Neuenahr, Bad-Ahrweiler (RP)
Waltrop-Abdinghof (NW)
18,0 °C
17,6 °C
17,4 °C
16,9 °C
16,6 °C
16,6 °C
16,3 °C
16,3 °C
16,3 °C
16,3 °C
Ort Tmax
Köln-Stammheim (NW)
Nörvenich Flugplatz (NW)
Dresden-Strehlen (SN)
Dresden-Hosterwitz (SN)
Köln-Bonn (NW)
Magdeburg (ST)
Bernburg/Saale (Nord) (ST)
Bevern, Kr. Holzminden (NI)
Hameln-Hastenbeck (NI)
17,5 °C
16,8 °C
16,7 °C
16,5 °C
16,0 °C
15,9 °C
15,8 °C
15,8 °C
15,8 °C




Text: SB
30. Dezember 2015


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