Freitag, 28. November 2014, 02:00 MEZ zuletzt aktualisiert am 03.12.2014, 19:45 MEZ Starkniederschlag Nordwestafrika, Spanien, Südfrankreich 19.-30.11.2014 Satellitenbild (vis) am 22.11.2014, 14:24 UTC Quelle: B.J. Burton |
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Außergewöhnlich heftige Niederschläge sorgten vom 19.11. bis 23.11. in Teilen Marokkos und auf den Kanarischen Inseln für Überschwemmungen. Auch in Teilen der Westsahara sowie im Norden Mauretaniens, wo üblicherweise kaum Niederschlag fällt, regnete es. Ursache dafür war der Einfluss eines außergewöhnlich weit nach Süden vorstoßenden Höhentroges. Bislang starben in Marokko in Folge der Überflutungen mindestens 36 Menschen. Auch auf der Insel Teneriffa kam eine Frau ums Leben. Update am 02. Dezember 2014, 23:45 MEZ: Ab dem 27.11. war Tief "Xandra" verbunden mit einem weteren weit nach Süden vorstoßenden Höhentrog für erneut heftige Regenfälle in Marokko verantwortlich. Dabei kamen erneut 11 Menschen ums Leben. Bis zum 29.11. schnürte sich der Trog in seinem Südteil ab und zog als eigenständiges Höhentief in den westlichen Mittelmeerraum, was auch dort heftige Gewitter und starke Regenfälle zur Folge hatte. Im Süden Frankreichs starben bei Überschwemmungen 5 Menschen. Neben heftigen Regenfällen verursachte "Xandra" auch zum Teil schwere Sturmböen, vereinzelt sogar Orkanöen.
Zwischen einem ausgeprägten Hochdruckgebiet über dem westlichen Nordatlantik und Tief "Uschi", das aus einer Zyklogenese vor Neufundland hervorging machte sich ab dem 16.11. polare Kaltluft aus dem kanadischen Raum südostwärts auf den Weg über den Atlantik. Die im breiten Strom ausfließende Kaltluft amplifizierte über dem Nordatlantik einen Höhentrog, dessen Trogachse sich am 20.11. sehr weit nach Süden bis Mauretanien erstreckte. Vorderseitig der Trogachse bildete sich durch Hebungsvorgänge in Folge der Advektion mit der Höhe zunehmender Vorticity (Wirbelgröße) am 18.11. im Bereich der Azoren ein neues Tief aus, das sich bis zum 21.11. bis zu den Kanaren und vor die Küste Marokkos verlagerte. Vorderseitig des Tiefs wurde aufgrund der außergewöhnlich südlichen Lage der Druckgebilde sehr feuchte und warme Luft tropischen Ursprungs in die Zirkulation des Tiefs mit einbezogen, was in Verbindung mit dynamischen Hebungsvorgängen vorderseitig des Höhentroges, hervorgerufen durch mit der Höhe zunehmende Vorticityadvektion, die Ausbildung von zum Teil intensiven Niederschlagsgebieten hervorrief. Der mit Höhenkaltluft angereicherte Trog generierte im Zusammenspiel mit den feuchtwarmen Luftmassen bodennah zusätzliche Labilität in der Atmosphäre was örtlich zur Ausbildung konvektiv verstärkten Niederschlagsereignissen führte.
Am 19.11. wurden zunächst die kanarischen Inseln von starken Regenfällen erfasst. Besonders schwer betroffen war die Insel Teneriffa. Große Niederschlagsmengen innerhalb kurzer Zeit verursachten Erdrutsche und überfluteten Straßen. Einige Flüge auf die Insel mussten gestrichen werden oder wurden umgeleitet. Mancherorts fiel vorübergehend der Strom aus. In Folge der Überflutungen auf Teneriffa kam eine Frau ums Leben (Quelle: The Weather Network). Ab dem 20.11 griffen die Frontensysteme des Tiefs, dessen Zentrum sich zu diesem Zeitpunkt noch nördlich der Kanarischen Inseln befand, auch auf den afrikanischen Kontinent über. Damit gingen auch in Marokko, in Teilen der Westsahara sowie auch im Norden Mauretaniens für diese Regeionen außergewöhnlich starke Niederschläge nieder. Besonders in der Westsahara sowie in Mauretanien fallen im Mittel nur sehr geringe Niederschlagsmengen, denn großräumiges Absinken innerhalb des subtropischen Hochdruckgürtels unterbindet in diesen Regionen gewöhnlich die Ausbildung von Niederschlägen. An der Station Dakhla Airport (Westsahara) fielen bis zum 22.11., 06 UTC 14 mm innerhalb 48 Stunden, in Zouerate (Mauretanien) gingen bis zum gleichen Zeitpunkt 16 mm in nur 24 Stunden nieder. Das entspricht etwa den durchschnittlichen Jahresniederschlagsmengen in diesen Gebieten.
Die verheerendsten Niederschläge gingen im Laufe des 22.11. über Marokko nieder. In der Touristenhochburg Agadir beispielsweise fielen bis zum 23.11. 115 mm innerhalb 72 Stunden, davon 80 mm in den letzten 24 Stunden. In einem durchschnittlichen November fallen dort nur knapp unter 30 mm Niederschlag. Aufgrund des nur sehr dünnen Messnetzes in Marokko ist davon auszugehen, dass lokal noch deutlich mehr Niederschlag fiel was vielerorts Überschwemmungen zur Folge hatte. Besonders betroffen war die Provinz Guelmim im Süden des Landes. Ausgetrocknete Flussbette verwandelten sich in reißende Ströme. Straßen und Häuser wurden überspült. In Folge der Überflutungen starben bislang mindestens 36 Menschen, einige werden noch vermisst (Quelle: Euronews).
Update am 02. Dezember 2014, 23:45 MEZ Weitere Entwicklung Vom 24.11.-26.11. beruhigte sich das Wetter im Nordwesten Afrikas vorübergehend, bevor ab dem 27.11. ein weiterer weit nach Süden vorstoßender Höhentrog von Marokko über Spanien bis nach Südfrankreich erneut für zum Teil heftige Wettererscheinungen sorgte. Bereits am 24.11. konnte der Trog mit seinem korrespondierenden Bodentief "Xandra" über dem Nordosten der USA analysiert werden, wo starke Warmluftadvektion an seiner Vorderseite massives Tauwetter im Bereich der großen Seen verursachte. (Mehr dazu finden Sie auch auf unserer Facebookseite.) Zusammen mit Tief "Xandra" verlagerte sich der Trog ostwärts über den Atlantik und vergrößerte über dem östlichen Nordatlantik seine Amplitude, so dass die Trogachse am 28.11 bis nach Mauretanien reichte. Als Gegenspieler wölbte großräumige Warmluftadvektion zwischen Tief "Xandra" über dem Ostatlantik und einem blockierenden Hoch über dem Nordosten Europas einen mächtigen Rücken bis in den Norden Skandinaviens auf.
Angetrieben durch großräumige Hebungsvorgänge im Bereich des Höhentiefs gingen ab dem 28.11. auch im Bereich des westlichen Mittelmeers, besonders von Spanien bis in den Süden Frankreichs zum Teil ergiebige Regenfälle nieder. Kalte Luft im Bereich des Höhentiefs in der mittleren und oberen Troposphäre erzeugte über dem immer noch fast 20 Grad warmen Wasser große Labilität in der Atmosphäre. Im 500 hPa-Niveau (etwa 5500 m) wurden -20 Grad analysiert, was einer Temperaturdifferenz von etwa 40 K im Vergleich zur Temperatur am Boden entspricht. Heftige von Starkregen begleitete Gewitter waren die Folge. Besonders heftig traf es unter anderem am 29.- und 30.11. die Gebiete nördlich der Pyrenäen im französischen Département Pyrénées-Orientales. Am Cap Bear nahe der spanischen Grenze gingen bis 30.11., 06 UTC 166 mm in nur 12 Stunden nieder. Flüsse und Bäche traten über die Ufer und verwandelten sich in reißende Ströme. Etwa 3000 Menschen mussten in Frankreich ihre Häuser verlassen. Seit dem 27.11. starben in Südfrankreich bislang 5 Menschen an den Überschwemmungen (Quelle: dw). Große Verwüstungen richtete am 28.11. ein Tornado an, der über den Ort Sérignan-Plage im französischen Département Hérault zog. Im Ausgang des Jetsteaks setzte über dem westlichen Mittelmeer am 30.11. durch das Auseinanderströmen der Luft bevorzugt auf der linken Seite des Jets Divergenz in der oberen Troposphäre ein, die die Luftsäule in diesem Bereich evakuierte. Somit konnte sich Tief "Xandra" über dem westlichen Mittelmeerraum weiter vertiefen. Die Freisetzung latenter Wärme durch konvektive Prozesse in der labil geschichteten Atmosphäre trug ebenfalls zur Intensivierung des Tiefs bei. Auf dem Satellitenbild vom 30.11. ist zu sehen, wie sich die Wolkenbänder spiralförmig in das Zentrum des Tiefs eindrehten und um die Mittagszeit war im Bereich der Balearen kurzzeitig ein wolkenfreies geschlossenes Auge zu erkennen. Man spricht in solchen Fällen deshalb auch von einem "Medicane" (aus engl. "mediterranean" und "hurricane") Länger anhaltend und in einer deutlich ausgeprägteren Form konnte das in diesem Jahr bereits auch bei Tief "Quendresa I" beobachtet werden, das Anfang November vor der Küste Siziliens seine Kreise zog. Aufgrund starker vertikaler Windscherung im Bereich des Jetstreams und vergleichsweise geringen Wassertemperaturen nehmen "Medicanes" weitaus geringere Ausmaße als die eines tropischen Wirbelsturms an, dennoch sind in ihrem Umfeld besonders im Bereich heftiger Gewitter Sturm-, zum Teil auch Orkanböen anzutreffen. Orkanartige Böen wurden am 30.11. mit 111 km/h in Le Dramont (Südfrankreich) registriert. In Leucate (Südfrankreich) traten mit 133 km/h sogar Orkanböen auf.
Text: MB 28. November 2014 aktualisiert am 02.12.2014 aktualisiert am 03.12.2014 |