Nicht nur in Mitteleuropa drehte der Spätwinter im März 2013 noch einmal kräftig auf. Auch andernorts in Europa
schneite es in der zweiten Märzhälfte gebietsweise rekordverdächtig viel. Besonders in Großbritannien und in Teilen
Osteuropas gingen kräftige Schneefälle nieder. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew sprach man von einem Jahrhundertereignis.
An nur einem Tag gab es dort 30 cm Neuschnee.
Wetterlage und Entwicklung
Zwei kräftige Tiefdruckgebiete zeichneten sich verantwortlich für die ergiebigen Schneefälle in West- und Osteuropa
in der zweiten Märzhälfte 2013. Eingebettet in die planetarische Frontalzone befanden sich über europäischem Gebiet
zum 21.03. zwei markante Höhentröge, einer über dem nahen Ostatlantik und einer über dem zentralen Mittelmeerraum.
Beide Tröge schufen auf ihrer Vorderseite günstige Bedingungen für die Entwicklung umfangreicher Tiefdruckgebiete.
In Westeuropa erreichten die Frontensysteme von Tief "Christian" zum 22.03. die Britischen Inseln. Auf der Vorderseite
advehierte "Christian" feuchtmilde Meeresluft nordwärts, die über Großbritannien auf die in Nordeuropa seit Wochen
lagernde und sehr kalte Polarluft traf. Im Bereich großer Temperaturgegensätze bildete sich eine Luftmassengrenze aus,
entlang derer die Front reintensiviert und die Niederschlagstätigkeit verstärkt wurde. Bis zum 24.03. gingen auf der
kalten Seite der Luftmassengrenze über Großbritannien gebietsweise ergiebige Schneefälle nieder. Dazu wehender kräftiger
Ost- bis Südostwind sorgte für Schneeverwehungen und komplettierte dort die hochwinterlich anmutenden Wetterverhältnisse
in der dritten Märzdekade.
500-hPa-Geopotential/Bodendruck und 850-hPa-Temperatur vom 21.03. bis 24.03.2013 |
Quelle: Wetterzentrale |
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21.03.2013, 00 UTC |
22.03.2013, 00 UTC |
23.03.2013, 00 UTC |
24.03.2013, 00 UTC |
Gleichzeitig intensivierte sich auf dem Balkan und über Osteuropa ein weiteres und namensloses Tiefdruckgebiet, dessen
Ausgangspunkt ursprünglich am 18.03. im Seegebiet bei den Azoren war.
Vorderseitig des recht scharfen Höhentroges über dem zentralen Mittelmeerraum und über Südosteuropa bezog das Tief
vor allem viel Krümmungsvorticity, die weiteren Druckfall erzeugte und die Genese des Tiefs maßgeblich förderte. Auf der Ostseite gelangte
feuchtwarme Mittelmeerluft in höheren Luftschichten bis nach Westrussland. Auf der Nordwestseite zapfte das Tief
kontinentale Kaltluftmassen an.
Im Übergangsbereich kam es in Teilen Rumäniens, vor allem aber in der Ukraine, im Süden Weißrusslands und in Westrussland
zu ergiebigen Schneefällen. Auch hier sorgten stürmische Windböen für Schneeverwehungen und für tiefwinterliche Verhältnisse.
Zwischen den beiden großräumigen Tiefdruckgebieten verweilte besonders das nördliche Mitteleuropa unter
Zwischenhocheinfluss, der vorderseitig eines Höhenrückens für klare, windschwache und außerordentlich kalte Nächte
verantwortlich war. Über noch liegendem Schnee wurden in der für Ende März sehr kalten sowie trockenen und kontinentalen Subpolarluft
bevorzugt im Osten und in der Mitte Deutschlands zahlreiche neue Dekadenrekorde der Tiefsttemperatur aufgestellt.
MSG-Satellitenbilder sichtbarer Kanal (VIS) vom 21.03. bis 24.03.2013 |
Quelle: F. Valk / Eumetsat |
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21.03.2013, 12 UTC |
22.03.2013, 12 UTC |
23.03.2013, 12 UTC |
24.03.2013, 12 UTC |
Ergiebige Schneefälle in Großbritannien und in der Ukraine
Die Luftmassengrenze über Großbritannien brachte vielen Gebieten Mittelenglands zwischen 10 und knapp 30 cm Neuschnee. Die größte
Schneehöhe verbuchte der Ort Bingley in der Grafschaft West Yorkshire. Dort lagen am 24.03. für Ende März außergewöhnliche
28 cm. Weiter im Süden registrierte Wittering in der Grafschaft Cambridgeshire 24 cm Schnee. Dazu kam verbreitet
starker Wind, der teilweise meterhohe Schneeverwehungen verursachte. Schwere Sturmböen bis 98 km/h fegten über Shap
(Cumbria) hinweg. Sturmböen gab es beispielsweise auch in Machrihanish (Argyll), wo eine Spitzenböe von 77 km/h
aufgezeichnet wurde. Die spätwinterliche Witterung sorgte auf der Straße, auf der Schiene und in der Luft für massive Verkehrsbehinderungen.
Die Flughäfen Leeds-Bradford im Norden Englands und der Humberside Airport im Nordosten wurden komplett geschlossen.
Am East-Midlands-Flughafen nahe Nottingham mussten zahlreiche Flüge annuliert werden. Auch der Flughafen in Manchester
hatte mit Verspätungen zu kämpfen. Zahlreiche Haushalte waren ohne Elektrizität, davon betroffen waren besonders
etwa 200.000 Menschen in Nordirlands Hauptstadt Belfast. Vielerorts blieben die Schulen geschlossen.
Auch in der Ukraine hat es in diesem Winter einmal mehr kräftig geschneit. Die Hauptstadt Kiew beobachtete allein vom
22. auf den 23.03. einen Neuschneezuwachs von 30 cm. Am Morgen des 24.03. lagen dort 56 cm. Die Schneefälle
waren im Umkreis von Kiew die kräftigsten seit langer Zeit. Die Behörden vor Ort sprachen sogar von einem Jahrhundertereignis.
Über drei Millionen Einwohner in der Agglomeration waren von den extremen Neuschneemengen betroffen. Stürmische Windböen
verursachten meterhohe Schneeverwehungen. Über eine Woche galt der Ausnahmezustand mit teilweise chaotischen Verhältnissen.
Auch weiter nördlich in Weißrussland und in Westrussland schneite es erneut kräftig, nachdem dort etwa eine Woche zuvor
Tief "Xaver" bereits ergiebige Schneefälle brachte
(siehe Artikel).
WETTERWERTE:
Links: Gesamtschneehöhe Großbritannien am 24.03.2013
Rechts: Gesamtschneehöhe Osteuropa (Ukraine, Weißrussland) am 24.03.2013, 06 UTC
Datenquelle: DWD, Met Office |
GB 24.03. |
Schnee |
Bingley (West Yorkshire) Wittering (Cambridgeshire) Wattisham (Suffolk) Nottingham (Nottinghamshire)
Shawburry (Shropshire) Andrewsfield (Essex) |
28 cm 24 cm 20 cm
19 cm 14 cm 12 cm |
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Osteuropa 24.03. |
Schnee |
Kiew (UA) Shepetivka (UA) Vinnytsia (UA) Chernihiv (UA) Bragin (BY)
Ivano (UA) |
56 cm 48 cm 38 cm
37 cm 35 cm 33 cm |
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Leeds in England/Yorkshire and the Humber im März 2013 | © Christian Weder |
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Text: DK 26. März 2013
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