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Montag, 18. März 2013, 22:30 MEZ


Starkschneefall, Sturm

Südost- und Osteuropa

14.03. - 16.03.2013


Tief "Xaver" über Osteuropa
15.03.2013, 12 UTC
Quelle: F. Valk / Eumetsat


Mitte März 2013 ereignete sich eine kräftige Zyklogenese über Osteuropa. Tief "Xaver" brachte vom zentralen Mittelmeerraum bis in den Süden der Ukraine mit Gewittern durchsetzte Starkregenfälle. Weiter nördlich schneite es in einem Streifen vom Balkan über Osteuropa bis nach Westrussland ergiebig. Die Schneefälle verursachten massive Verkehrsbehinderungen und Stromausfälle. Unwetter in Südosteuropa deckten Hausdächer ab und riefen größere Sturmschäden hervor.



Wetterlage und Entwicklung

Nahezu der gesamte europäische Kontinent befand sich Mitte März 2013 unter einem ausgedehnten und stark amplifizierten Langwellentrog. Seine Achse erstreckte sich zum 13.03. von Skandinavien über Mitteleuropa bis nach Südspanien und weiter nach Marokko. Nahe der Trogachse bildete sich im Umfeld der Straße von Gibraltar im Bereich großer Temperaturgegensätze ein Starkwindband in der oberen Troposphäre aus. Der Jetstreak erreichte in 9 Kilometer Höhe maximale Windgeschwindigkeiten um 150 Knoten (278 km/h). Die Initialzündung für die kräftige Zyklogenese gab ein massiver Kaltlufteinbruch über dem westlichen Mittelmeerraum, welcher zuvor über West- und Mitteleuropa einen außergewöhnlich kalten und schneereichen Spätwintereinbruch auslöste (siehe auch Artikel). Die einbrechende Kaltluft rief in Südfrankreich einen kräftigen Mistral und Tramontane hervor. Nach dem strömungsverengten Gebiet zwischen den Pyrenäen und den Westalpen konnte sich das Tiefdruckgebiet "Xaver" in dem von Geschwindigkeitskonvergenz geprägten Gebiet über dem Löwengolf reintensivieren. Zudem kam die Kaltluft über Südwesteuropa trogrückseitig wesentlich schneller voran als im Lee des blockierenden Alpenbogens. Somit bauten sich im westlichen Mittelmeerraum große Temperaturgegensätze auf. Die Troposphäre wurde stark baroklin - ein atmosphärischer Zustand, der eine Tiefdruckentwicklung generell möglich macht und begünstigt.

500-hPa-Geopotential und 850-hPa-Temperatur | Quelle: Wetterzentrale
14.03.2013, 00 UTC 15.03.2013, 00 UTC 16.03.2013, 00 UTC 17.03.2013, 00 UTC

Bis zum 17.03. verlagerte sich der umfangreiche und weit nach Süden ausgreifende Höhentrog über den gesamten Mittelmeerraum ostwärts bis zum Kaspischen Meer. Vorderseitig des Langwellentroges fand "Xaver" ideale Entwicklungsbedingungen vor. Das Heranführen positiver Wirbelgröße, die sogenannte mit der Höhe differentielle positive Vorticityadvektion, sowie kräftige Warmluftadvektion sorgten für Druckfall. Außerdem wurde in der Höhe im Bereich des linken Jetauszuges durch sogenannte ageostrophische Querbewegungen zusätzlich Masse aus der darunter liegenden Luftsäule evakuiert. Dies verstärkte den Druckfall am Boden und "Xaver" entwickelte sich zu einem ausgedehnten Sturmtief über Osteuropa mit einem Kerndruck unter 985 hPa. Niedertroposphärisch gelangte auf der Rückseite des Systems labil geschichtete polare Kaltluft in den Mittelmeerraum, in der von Spanien über Italien bis zum südlichen Balkan Schauer und Gewitter entstanden. Weitaus imposanter war aber ein massiver Warmluftvorstoß auf der Vorderseite von "Xaver", der subtropische Luftmassen nordafrikanischen Ursprungs vor allem in der Höhe weit nordwärts bis zum Nordrussischen Landrücken und bis zum Ural führte. Im 850-hPa-Niveau, etwa 1.500 Meter entsprechend, zeigte sich die +20 °C-Isotherme als breite Zunge von Ägypten bis zur Südtürkei und bis in den Nahen Osten. Über 20 °C tauchten in numerischen Analysen sogar weiter nördlich im Lee des Kaukasus auf. Weite Teile der Ukraine und Südrusslands lagen unter der +15 °C-Isotherme, was die Mächtigkeit des Warmlufttransportes unterstreicht. Demgegenüber stand polare Kaltluft, im 850-hPa-Niveau zwischen -10 und -15 °C temperiert, die rückseitig von Tief "Xaver" in die Zirkulation miteinbezogen wurde. Im Übergangsbereich beider extremen Luftmassen sorgten großräumige Hebungsprozesse für ergiebige Schneefälle, dies vor allem auf der Vorderseite der Warmfront und im Bereich der Okklusion. Im Vorfeld der Kaltfront, die aufgrund strömungsparalleler Ausrichtung kaum nach Osten vorankam, entluden sich im instabilen Warmsektor von der Adria bis in die Ukraine teilweise kräftige Gewitter. Die Satellitenbilder zeigen die große Ausdehnung von "Xaver" über Osteuropa. Am deutlichsten ist das Frontensystem am Mittag des 15.03. zu erkennen. Östlich und nördlich des Drehzentrums über der Ukraine zeigt der Wolkenschirm die Umgebung der Warmfront, die Okklusion reicht südwestwärts bis zur Adriaküste. Schmäler und linienförmiger erstreckt sich die Kaltfront nach Süden bis zur Ägäis.

Meteosat-10 Satellitenbilder sichtbarer Kanal (VIS) | Quelle: F. Valk / Eumetsat
14.03.2013, 12 UTC 15.03.2013, 12 UTC 16.03.2013, 12 UTC 17.03.2013, 12 UTC



Unwetter mit Starkschneefällen und Sturm in Osteuropa

Zum Reifestadium des Tiefs entluden sich zunächst kräftige Gewitter mit ergiebigen Regenfällen vor allem in Süditalien, auf Sizilien und über dem südlichen Balkan. In Bar an der montenegrinischen Küste kamen im Luv der Dinariden am 14.03. in nur 6 Stunden 56 mm zusammen. Einen Tag später verlagerten sich die Gewitter gekoppelt an die Kaltfront ostnordostwärts und fielen in einem Korridor von Serbien über Bulgarien und Rumänien bis in den Süden der Ukraine teilweise unwetterartig aus. Bei Durchzug der Gewitter wurden in Kordjali und in Veliko Tarnovo, beide Orte in Bulgarien gelegen, jeweils Orkanböen bis 122 km/h registriert. Andernorts reichte es für schwere Sturmböen (siehe Tabelle). Weiter im Osten sorgte die angezapfte Nordafrikaluft für hohe Temperaturen. Auf der Halbinsel Sinai stieg das Quecksilber in der nordägyptischen Stadt El Arish am 15.03. auf +38,5 °C. Ähnlich heiß wurde es Beirut im Libanon mit +36,1 °C. Für die Region und Jahreszeit außergewöhnlich warm wurde es in der Nordtürkei in Carsamba. Dort konnte im föhnigen Lee des Pontischen Gebirges eine Tageshöchsttemperatur von +32,0 °C verbucht werden. Auch im Osten der Ukraine machte sich die Warmluft mit zweistelligen Plusgraden deutlich bemerkbar. Wärmster Ort des Landes war Simforopol am Schwarzen Meer mit einem Tagesmaximum von +19,2 °C. In der Nacht zum 16.03. vermochte die Temperatur im georgischen Kutaisi nicht unter +20,6 °C zu sinken. Damit erlebte die Stadt im Kaukasus mit Föhnunterstützung eine tropische Nacht (Tagestiefsttemperatur größer gleich +20,0 °C).

Gleichzeitig setzten zum 15.03. in der tiefrückseitig einfließenden Kaltluft kräftige Schneefälle ein. Am meisten Schnee gab es in einem Streifen von der Ostküste der Adria über Ungarn und den Westen Rumäniens bis in den Südosten Polens und den Westen der Ukraine. Ebenso in Weißrussland sowie im Westen Russlands schneite es ergiebig. Verbreitet wurden Neuschneesummen zwischen 10 und 30 cm beobachtet. In Gorki im Osten Weißrusslands fiel allein in 12 Stunden bis zum 15.03., 18 UTC 26 mm Niederschlag durchweg als Schnee. Das macht einen Neuschneezuwachs von rund 30 cm während eines halben Tages. Durch die markante Tiefdruckentwicklung vergrößerte sich der Druckgradient und der Wind lebte im gesamten Osteuropa kräftig auf. Sturmböen wie beispielsweise in Baranovici in Weißrussland führten zu starken Schneeverwehungen (siehe auch Tabelle). In Westrussland kamen zu der schon bestehenden Schneedecke etwa 20 bis 30 cm Neuschnee hinzu. Am 17.03. erreichte Vjazma eine Schneehöhe von 79 cm, in Moskau lagen 60 cm. Ähnlich ergiebige Schneefälle in einem März gab es dort das letzte Mal vor etwa 50 Jahren. Auf den Satellitenbildern vom 16. und 17.03. treten die schneebedeckten Gebiete in Osteuropa abseits der Wolkenfelder weiß-grau hervor.

WETTERWERTE:
Links: Schneehöhen Osteuropa am 16.03.2013, 06 UTC
Mitte: Schneehöhen Westrussland am 17.03.2013, 06 UTC
Rechts: Maximale Windböen Osteuropa am 14./15.03.2013

Datenquelle: DWD
Ort 16.03.2013 Schnee
Pinsk (BY)
Miskolc (H)
Rzeszow (PL)
Lviv (UA)
Shepetivka (UA)
Kiew (UA)
Stropkow (SK)
Szolnok (H)
Elhovo (BG)
38 cm
35 cm
30 cm
29 cm
23 cm
20 cm
18 cm
15 cm
9 cm
Ort 17.03.2013 Schnee
Vjazma
Tver
Pudoz
Klin
Smolensk
Kasin
Belyj
Ostaskov
Moskau
79 cm
75 cm
73 cm
71 cm
70 cm
69 cm
64 cm
61 cm
60 cm
Ort 14./15.03. Böe
Veliko Tarnovo (BG)
Kordjali (BG)
Vrsak (SRB)
Stip (SRB)
Rousse (BG)
Burgas (BG)
Varna (BG)
Vinuytsia (UA)
Baranovici (BY)
122 km/h
122 km/h
101 km/h
101 km/h
101 km/h
97 km/h
90 km/h
86 km/h
83 km/h

Schneehöhen Osteuropa [cm] | Quelle: DWD
16.03.2013, 06 UTC 17.03.2013, 06 UTC

Die ergiebigen Schneefälle stürzten vor allem Ungarn in ein Verkehrschaos. Meterhohe Schneeverwehungen und Schneemassen blockierten Straßen und Autobahnen. Für die Bergung der Autos rückten schweres Gerät und Panzer an. Tausende Haushalte waren ohne Strom, für eingeschlossene Autofahrer und Reisende wurden Notunterkünfte eingerichtet. Im Südosten Polens legte der Schneesturm komplett das öffentliche Leben lahm. Im gesamten Schneefallgebiet gab es beträchtliche Behinderungen im Bahnverkehr. In Bulgarien deckten die Unwetter Hausdächer ab und riefen größere Sturmschäden in der Forstwirtschaft hervor. Betroffen waren vor allem die Regionen Gabrowo und Triawna. Ausläufer von Tief "Xaver" beschäftigte mit kräftigen Regen- und Schneefällen auch Kasachstan. Der dorthin geplante Rückflug von drei ISS-Raumfahrern musste aufgrund des schlechten Wetters kurzfristig verschoben werden.

Bilder und Auswirkungen von Tief "Xaver" in Bulgarien | Quelle: btv.bg
Bei Tryavna, 16.03. | © btv.bg Ort Boriki, 16.03. | © btv.bg Sturmschaden, 16.03. | © btv.bg


Text: DK
18. März 2013


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