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Donnerstag, 9. Dezember 2010, 17:30 MEZ


Starkniederschläge/Glätte/Hochwasser

West-, Mitteleuropa
05.-09.12.2010


Satellitenbild: 08.12.2010, 13:35 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern

Unmittelbar im Anschluss an die erste längere frühwinterliche Witterungsphase (siehe Artikel) stellte sich Anfang Dezember 2010 über West- und Mitteleuropa die nächste prekäre Wettersituation ein. Starker Regen und Tauwetter ließen im Süden Bäche und Flüsse über die Ufer treten, Richtung Norden sorgten erneut kräftige Schneefälle und teilweise gefrierender Regen für Behinderungen.


Wetterlage und Entwicklung

Die Niederschläge fielen entlang einer Luftmassengrenze, die sich über einen Zeitraum von etwa 72 Stunden quer über die Mitte Frankreichs und Deutschland hinweg erstreckte und dabei nur wenig Verlagerungstendenz zeigte. Sie resultierte einerseits aus der Zufuhr milder, zuweilen sogar sehr milder Luft subtropischen Ursprungs von Südwesten her; zum anderen lagerte über dem nördlichen Mitteleuropa polare Kaltluft, die auf der Rückseite eines zur Ostsee ziehenden Tiefdruckgebietes ("Liane") zum 6. Dezember kurzzeitig nochmals wenige hundert Kilometer nach Süden vorankam. Über der Südhälfte Frankreichs, den Alpen und Süddeutschland bis nach Tschechien und zur Slowakei konnten im 850-hPa-Niveau - in diesem Fall etwa 1.300 Meter Höhe entsprechend - Temperaturen von mehr als +5 °C analysiert werden. Entlang der Luftmassengrenze liefen flache und stabile Wellen ostwärts ab, die im Zusammenspiel mit kurzwelligen Trog-Rücken-Strukturen in der südwestlichen Höhenströmung zu einer zeit- und gebietsweisen Intensivierung der Niederschläge beitrugen.

Bodendruckanalysen vom 06. bis 09.12.2010 | Quelle: FU Berlin / DWD
06.12.2010, 00 UTC 07.12.2010, 00 UTC 08.12.2010, 00 UTC 09.12.2010, 00 UTC
850-hPa-Temperatur und -Geopotential vom 06. bis 09.12.2010 | Quelle: Wetterzentrale
06.12.2010, 00 UTC 07.12.2010, 00 UTC 08.12.2010, 00 UTC 09.12.2010, 00 UTC

Erste nennenswerte Niederschläge in Form von Schnee und Regen gab es - noch unabhängig von der sich erst später ausbildenden Luftmassengrenze - bereits am 5. in Zusammenhang mit Tief "Liane" sowie großräumigen Hebungsvorgängen auf der Vorderseite des zugehörigen Höhentroges in der Nordhälfte Deutschlands. Vor allem im Mittelgebirgsraum schneite es zum Teil intensiv, Braunlage im Harz meldete bis zum Abend 15 cm Neuschnee innerhalb von zwölf Stunden. Selbst im Rheinland fiel der ein oder andere Zentimeter, zum Beispiel am Flughafen Köln/Bonn 4.
Im Laufe des Abends verlagerten sich die Niederschläge mit aufkommender Warmluftadvektion auf der Vorderseite eines umfangreichen Tiefdrucksystems ("Monika") mit Zentrum bei den Azoren mehr und mehr in die Südhälfte des Landes. Mit Ausnahme der tiefen Lagen am Rhein schneite es zunächst verbreitet, in der Nacht zum 6. ging der Schnee südlich der Donau in Regen über. Größere Neuschneemengen wurden im Norden Bayerns verzeichnet (z. B. Gelbelsee 10 cm in zwölf Stunden).

IR-Satellitenbilder und signifikantes Wetter in Europa vom 06. bis 09.12.2010, jeweils 12 UTC | Quelle: DWD JavaMAP
06.12.2010, 12 UTC 07.12.2010, 12 UTC 08.12.2010, 12 UTC 09.12.2010, 12 UTC

Tagsüber verschob sich die Grenze zwischen Schnee und Regen allmählich nordwärts und verlief am Abend über die Südpfalz und Nordbaden nach Nordbayern, 24 Stunden später vom nördlichen Rheinland-Pfalz über Hessen nach Thüringen und in ihrer nördlichsten Ausdehnung am 8. von Nordrhein-Westfalen über das südliche Niedersachsen bis nach Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Hinter der letzten Welle bzw. mit Durchzug des Tiefs "Monika" selbst drang die Kaltluft am Abend des 8. und in der Nacht zum 9. rasch bis zu den Alpen südwärts vor und die Niederschläge gingen überall wieder in Schnee über. Dabei traten örtlich sogar Gewitter auf.

Niederschlagsradarbilder vom 05. bis 09.12.2010 | Quelle: DWD
05.12.2010, 00:00 MEZ 05.12.2010, 12:00 MEZ 06.12.2010, 00:15 MEZ 06.12.2010, 12:00 MEZ 07.12.2010, 00:00 MEZ
07.12.2010, 12:00 MEZ 08.12.2010, 00:00 MEZ 08.12.2010, 12:00 MEZ 09.12.2010, 00:30 MEZ 09.12.2010, 12:00 MEZ

Innerhalb von drei Tagen - bis zum Morgen des 9. - kamen insbesondere in Baden-Württemberg und Bayern große Regenmengen zusammen. In Rheinstetten fielen in dieser Zeitspanne 66 mm, mehr als drei Viertel der nach dem klimatologischen Mittel im gesamten Monat Dezember zu erwartenden Menge. In Laupheim summierten sich 63, in Konstanz 61 mm. Ein Großteil dieser Mengen fiel bis in höchste Lagen als Regen, was speziell im Schwarzwald massives Tauwetter zur Folge hatte. Dort lag noch eine mehrere Dezimeter dicke Schneedecke. In Südbaden und Südbayern stiegen die Temperaturen am 8. örtlich über die +15-°C-Marke (München/Stadt +15,4 °C). In einem Streifen über der südlichen Mitte fielen gleichzeitig bis zu 20 cm Neuschnee (z. B. Darmstadt/HE).

Höchsttemperaturen Deutschland,
08.12.2010 | Quelle: IMK, KIT
Niederschlagsmengen Rheinstetten/BW,
06.-09.12.2010 | Quelle: HVZ BW
24-stg. Niederschlagsmengen bis 09.12.2010,
6 UTC | Quelle: DWD

Das Tauwetter hatte im Süden Deutschlands vielerorts Überschwemmungen und steigende Flusspegel zur Folge. Am Pegel Maxau erreichte der Rhein einen Stand von mehr als 7,30 Meter; auch an Neckar und Donau sowie an zahlreichen kleineren Flüssen in Baden-Württemberg und Bayern wurden Hochwassermeldemarken überschritten. Die Werte blieben jedoch unterhalb kritischer Marken. In Freiburg wurde ein Mann von den Fluten der Dreisam mitgerissen und galt seitdem als vermisst.
Die heftigen Schneefälle zu Beginn und am Ende des Ereignisses zogen zahlreiche Probleme vor allem auf den Verkehrswegen nach sich. Besonders dramatisch stellte sich die Lage am 7. im Osten Bayerns dar; durch nassen, schweren Schnee und einsetzendes Tauwetter kam es beispielsweise im Landkreis Cham zu Schneebruch. In 20.000 Haushalten fiel der Strom, in sämtlichen Schulen der Unterricht aus. Am 8. und 9. führten Schnee, in der Mitte teilweise auch gefrierender Regen zu einer Vielzahl von Behinderungen. Der Flughafen Frankfurt am Main musste nach 13 cm Neuschnee mehrere Stunden lang komplett gesperrt werden, ankommende Flugzeuge wurden nach Hannover und München umgeleitet. Bei der Bahn fielen etliche Züge aus oder hatten Verspätungen. Alleine in Nordrhein-Westfalen gab es mehr als 800 Unfälle, wobei rund 70 Menschen verletzt wurden. In Thüringen und Rheinland-Pfalz starben zwei Menschen bei Unfällen.


Nicht nur in Deutschland bedingten Schnee und Eis schwierige Straßenverhältnisse. In Trappes, einer französischen Kleinstadt im Umland von Paris, wurden am Morgen des 9. 15 cm gemessen. In Paris selbst waren die beiden Großflughäfen Charles-de-Gaulle und Orly vorübergehend geschlossen. Auch aus Luxemburg und Belgien lagen Berichte über teilweise chaotische Zustände auf den Straßen vor.



Wetterwerte

Nachstehend links eine Auswahl gemessener Niederschlagsmengen im Süden Deutschlands vom 05. bis 09.12.2010, jeweils 24-stündig bis zum angegebenen Tag, 6 UTC. Dazu rechts einige bemerkenswerte Schneehöhen vom 09.12.2010, 6 UTC. Quelle: DWD

Ort 06. 07. 08. 09. Summe
Konstanz (BW)
Laupheim (BW)
Rheinstetten (BW)
Feldberg/Schw. (BW)
Weinbiet/Pf. Wald (RP)
19 mm
11 mm
4 mm
2 mm
1 mm
28 mm
45 mm
20 mm
32 mm
19 mm
12 mm
11 mm
12 mm
15 mm
6 mm
21 mm
7 mm
34 mm
16 mm
32 mm
80 mm
74 mm
70 mm
65 mm
58 mm
Ort Schnee
Bad Nauheim (HE, 142 m)
Darmstadt (HE, 162 m)
Bonn-Roleber (NRW, 159 m)
Rheinstetten (BW, 116 m)
28 cm
20 cm
11 cm
1 cm


Satellitenbilder

06.12.2010, 12 UTC, MSG-2 IR
Quelle: B. J. Burton
07.12.2010, 12 UTC, MSG-2 IR
Quelle: B. J. Burton
08.12.2010, 12 UTC, MSG-2 IR
Quelle: B. J. Burton
09.12.2010, 12 UTC, MSG-2 IR
Quelle: B. J. Burton


Text: CE



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