Eine außergewöhnlich lang andauernde Gewitterlage und wochenlang weit über dem jahreszeitlichen Mittel liegenden Temperaturen
ging mit den jüngsten Unwettern und Starkregenfällen an den Alpen um den 12. Juni vorerst zu Ende.
Die Extremlage zeigte sich in der äußerst stabilen Anordnung der Langwellen in der Höhenströmung (Jetstream) und der
enormen Persistenz von Hochdruckgebieten über Skandinavien, welche Tiefausläufer mit kühlerer Atlantikluft aus Westen blockierten.
Daraus resultierte, verstärkt vom anthropogenen Erwärmungstrend, der europaweit wärmste April und Mai seit Aufzeichungsbeginn,
besonders ausgeprägt in Teilen Mittel-, Südost- und Nordeuropas, auch bei Zeitreihen die mancherorts fast bis 1700 zurückreichen (z.B. Niederlande: Mai-Rekord seit 1706).
Die blitzreichen Gewitter brachten nahezu täglich in energiereicher Luft bei schwacher Höhenströmung Starkregenfälle, welche mehrfach
Städte und Orte unter Wasser setzten, Schlamm hinterließen und große Schäden anrichteten. Lokal und zeitweise mussten Autobahnabschnitte gesperrt
werden und Flüge fielen aus.
Um den 1. und 11. Juni erhöhte dynamischer Antrieb auch ein weiter verbreitetes Risiko von Schäden durch schwere Sturmböen und Hagelschlag.
Es ergaben sich enorme Unterschiede bei den verzeichneten Regenmengen: Während in Niedersachsen örtlich kaum ein Tropfen Regen fiel, waren es
an den wiederholt von Starkregen getroffenen Orten über 200 mm.
Während des gesamten Zeitraums wurden in Europa täglich deutlich über 100.000 Blitze registriert und summierten sich über die betrachteten 20 Tage
auf 5,5 Millionen Blitze. Rund 1 Million Blitze brachten jeweils zusammen die Tage von 30. Mai bis 1. Juni und von 8. bis 9. Juni.
Wetterlage und Entwicklung
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500 hPa Geopotential-Anomalien 14.05.-13.06.18
© ESRL
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Durch einen sich ständig regenerierenden Höhenrücken über Skandinavien stellte sich eine sogenannte Omega-Wetterlage ein,
welcher erst gegen Ende des betrachteten Zeitraums etwas abflachte und sich nach Westen zurückzog.
Mit der Nordostwärtsverlagerung von Hoch "Sven" um den 20. Mai sowie häufigem Tiefdruckeinfluss am Boden und in der Höhe vor und über der Iberischen Halbinsel
gelangten aus südöstlichen Richtungen zunehmend schwülwarme Luftmassen aus dem Mittelmeerraum nach Mitteleuropa.
Die Luftdruckgegensätze sowie die Höhenwinde waren über weiten Teilen Europas nur schwach ausgeprägt, in Bodennähe herrschte leichter Tiefdruckeinfluss.
Die Tiefs "Wilma" und "Xisca", welche nur sehr langsam nach Mitteleuropa vorankamen und sich dort auflösten, verstärkten zusätzlich zur vorhandenen energiereichen Luft
die Bildung täglicher Gewitter und die Entwicklung zu Unwettern.
Erst Tief "Yvonne" im Zusammenspiel mit einem Keil des Azorenhochs "Alessandro" schaffte mit trockenkühler Nordmeerluft die feuchtwarmen Luftmassen vorerst aus Deutschland
zu vertreiben.
Bodendruck und Fronten, CAPE, 500 hPa Geopotential und Bodendruck, 850 hPa-Temperatur | Quelle: Wetter3 |
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22.05.2018, 00-18 UTC |
25.05.2018, 00-18 UTC |
27.05.2018, 00-18 UTC |
29.05.2018, 00-18 UTC |
Am 22. Mai kam es im Kraichgau, bei Heilbronn, Gießen und Duisburg durch Starkregen während Gewittern zu Überschwemmungen, Schlamm auf den Straßen und vollgelaufenen Kellern.
Örtlich kombinierte sich stärkerer Hagelschlag mit den Wassermassen.
Neben weiteren Ereignissen in Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen wurde am 24. Mai mit Regensummen bis über 150 mm Regen in wenigen Stunden das Vogtland schwer getroffen.
Bäche und kleine Flüsse überschritten Hochwasserstufe 4 in wenigen Stunden und wurden zu reißenden Fluten. In Großen-Linden (Hessen) ereignete sich ein Tornado.
Am 27. Mai ereigneten sich die schwersten Überschwemmungen bei Hetzerode (Hessen), Fischbach und Herrstein (Rheinland-Pfalz).
Zwei Tage später gingen insbesondere Bilder aus Wuppertal durch die Medien, wo schwere Sturmböen und Wassermassen u.a. Unigebäude und ein Tankstellendach schwer beschädigten.
Ein ähnliches Bild zeigte sich tags darauf in Magdeburg, wo Straßen und Unterführungen einen halben bis ganzen Meter unter Wasser standen.
Vom 31. Mai auf den 1. Juni zog durch vorhandene dynamische Antriebe in der Höhe ein größerer Gewitterkomplex von Baden-Württemberg bis ins Saarland. Die blitzreichen Gewitter hatten schwere Sturmböen, Hagel
und neue Wassermassen im Gepäck, welche in Kraichtal (Baden-Württemberg) und Bliesransbach (Saarland) immense Schäden anrichteten.
Bodendruck und Fronten, CAPE, 500 hPa Geopotential und Bodendruck, 850 hPa-Temperatur | Quelle: Wetter3 |
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31.05.2018 |
05.06.2018 |
07.06.2018 |
09.06.2018 |
Nach kurzer Wetterberuhigung lebte die Gewittertätigkeit ab dem 6. Juni wieder deutlich auf.
Am 7. Juni wurden Mannheim, Frankfurt und Stuttgart fast gleichzeitig von schweren Gewittern getroffen.
Sie entstanden häufiger an der Grenze zwischen feuchtwarmer Luft im Süden und trockenerer Luft im Norden, sowie an einer Konvergenzlinie von südwestlichen und östlichen Winden.
Am 9. Juni war Dudeldorf in der Eifel am schwersten betroffen.
Die warme gewittrige Lage neigte sich ab dem 10. Juni allmählich ihrem Ende zu. Sehr blitzreiche Gewitter waren am 10. Juni abends im Südwesten anzutreffen,
am nächsten Tag entstand ein größerer Gewitterkomplex (MCS) im Alpenvorland, vorlaufend entwickelten sich durch vorhandene günstige Parameter (Hebung, Scherung) in sehr energiereicher
Luft (hohe CAPE-, Theta-E-Werte) mehrere Superzellen mit großem Hagel um 5 cm.
Radarfilm vom 29.05.2018 | Quelle: DWD |
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Radarfilm vom 31.05.2018 | Quelle: DWD |
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Text: FB 13. Juni 2018
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