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Dienstag, 28. Dezember 2010, 23:45 MEZ


Schnee, Kälte

Mitteleuropa
23.-26.12.2010


Satellitenbild: 24.12.2010, 13:01 UTC, NOAA-19 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton

Die schneereiche Witterung in weiten Teilen West- und Mitteleuropas im Dezember 2010 setzte sich auch an Weihnachten fort. Neben dem Norden bekam nun vor allem der Süden Deutschlands kräftige Schneefälle ab, sodass sich auch hier verbreitet eine stattliche Schneedecke ausbilden konnte. Dem Schnee folgten eisig kalte Nächte mit Tiefsttemperaturen von örtlich unter -20 °C.


Wetterlage und Entwicklung

"Scarlett", das für die Kapriolen verantwortliche Tiefdruckgebiet, wurde bereits am 19. zum ersten Mal auf den Bodenwetterkarten des atlantisch-europäischen Raumes analysiert; zu diesem Zeitpunkt noch als unscheinbar flaches Gebilde etwas südwestlich der Azoren. Es verlagerte sich zunächst nur langsam ostwärts und platzierte sich zum 21. und 22. vor der portugiesischen Küste. Auf seiner Vorderseite lenkte es mit einer südlichen Strömung milde Luft nach Mitteleuropa, sodass eine zuvor über der Mitte Deutschlands verweilende Luftmassengrenze (siehe Artikel) in den äußersten Norden zurückgedrängt wurde. In ihrem Umfeld fiel am 22. noch etwas Schnee und gefrierender Regen. Derweil kamen in Verbindung mit der Warmfront von "Scarlett" zum 23. von Südwesten her verstärkt und großflächig Niederschläge auf, die in den südlichen und mittleren Landesteilen als Regen, nach Norden hin - in der dort lagernden, flachen Kaltluftschicht - überwiegend als Schnee fielen. Am Südrand des Niederschlagsstreifens, etwa vom nördlichen Rheinland-Pfalz über Nordhessen, Sachsen-Anhalt und das nördliche Brandenburg bis zum südlichen Mecklenburg-Vorpommern, fiel gefrierender Regen.

Bodendruckanalysen vom 23. bis 26.12.2010 | Quelle: FU Berlin / DWD
23.12.2010, 00 UTC 24.12.2010, 00 UTC 25.12.2010, 00 UTC 26.12.2010, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 23. bis 26.12.2010 | Quelle: Wetterzentrale
23.12.2010, 00 UTC 24.12.2010, 00 UTC 25.12.2010, 00 UTC 26.12.2010, 00 UTC

Die Warmfront, die immer mehr als weitere quasistationäre Luftmassengrenze in Erscheinung trat, lag eingebettet in einer von "Scarlett" ausgehenden und sich bogenförmig über Ost- und Nordfrankreich sowie Benelux und das nördliche Deutschland nach Osteuropa erstreckenden Tiefdruckrinne. "Scarlett" selbst zog bis Heiligabend über Südfrankreich und das westliche Mittelmeer nach Norditalien und verweilte dort nahezu ortsfest. Auf ihrer Rückseite kam im Übergangsbereich zu einem sich bei den Britischen Inseln etablierenden Hoch ("Yannick") bodennah eine kräftige Nordostströmung in Gang, mit der die polare Kaltluft rasch wieder nach Süden geführt beziehungsweise frische skandinavische Kaltluft angezapft wurde. Der Nordostströmung am Boden überlagert war eine südwestliche Höhenströmung vorderseitig eines Langwellentroges über Westeuropa. Dieser spaltete sich in zwei Anteile auf, wobei der nördliche Part zurückhing und erst im Laufe des 25. über Mitteleuropa hinweg ostwärts schwenkte. Dieses Konstellation induzierte einerseits durch dynamische Vorgänge, andererseits durch anhaltende Warmluftadvektion vor allem in den mittleren Schichten der Troposphäre großräumige Hebungsprozesse.

Niederschlagsradarbilder vom 23.12.2010 | Quelle: DWD
23.12.2010, 00:15 MEZ 23.12.2010, 06:00 MEZ 23.12.2010, 12:00 MEZ 23.12.2010, 18:00 MEZ

Während die Schneefälle im Laufe des 23. im Norden Deutschlands allmählich nachließen - binnen 24 Stunden kamen verbreitet zwischen 5 und 10 cm, örtlich (z. B. Greifswald/MV 21 cm und Aachen/NRW 17 cm) auch deutlich mehr Neuschnee zusammen - setzten in Baden-Württemberg und Bayern in der Nacht zum 24. von Süden her Niederschläge ein. Diese fielen anfangs als Regen, gefrierender Regen und Eiskörner, gingen mit Einfließen der hochreichend kalten Luft von Nordwesten her aber rasch in Schnee über. Zur Mittagszeit bereits schneite es verbreitet, Regen und gefrierender Regen trat dann nur noch im Osten Bayerns und in Teilen Sachsens auf. Am Abend fiel überall Schnee, vielerorts hatte sich bis dahin schon eine mehr oder wenige dicke Neuschneedecke ausgebildet (z. B. Niederstetten/BW 20 cm). Bis zum Morgen des 25. summierten sich in der Südhälfte Deutschlands - mit Ausnahme der Gebiete zwischen Donau und den Alpen - zweistellige Neuschneemengen, selbst die ansonsten mit wenig Schnee bedachten Regionen am Oberrhein verwandelten sich in ein weißes Winter-Wunderland (z. B. Rheinstetten 20 cm, Lahr 18 cm, Mannheim 15 cm). Die Schneefälle hielten bis zum Nachmittag an und zogen sich dann unter Abschwächung nach Südosten zurück.

Niederschlagsradarbilder vom 24. und 25.12.2010 | Quelle: DWD
24.12.2010, 00:00 MEZ 24.12.2010, 06:00 MEZ 24.12.2010, 12:00 MEZ 24.12.2010, 18:00 MEZ
25.12.2010, 00:15 MEZ 25.12.2010, 06:00 MEZ 25.12.2010, 12:00 MEZ 25.12.2010, 18:00 MEZ

Die größten Schneehöhen wurden sodann auch zum Mittags- und Abendtermin des 25. respektive am Morgen des zweiten Weihnachtsfeiertages gemessen. In Rheinstetten konnten 23 - maximal sogar 24 - cm verzeichnet werden; die höchste Schneedecke seit dem 4. Januar 1985, nimmt man als Vergleich die Karlsruher Zeitreihe hinzu (siehe auch Tabelle unten). Aber auch andernorts geriet man ob der teilweise enormen Schneemengen ins Staunen: Aachen (Nordrhein-Westfalen) 37, Öhringen (Baden-Württemberg) 32 oder Düsseldorf/Flgh. (Nordrhein-Westfalen) 27 cm, um nur eine kleine Auswahl zu nennen - nie zuvor lag Deutschland an Weihnachten flächendeckend unter einer solch dicken Schneedecke. Relativ schneearm verliefen die Feiertage lediglich und ausgerechnet im Süden Bayerns, München/Stadt beispielsweise konnte nur mit 5 cm aufwarten.

Winterliche Verhältnisse in Rheinstetten bei Karlsruhe am 25.12.2010 ...
... und winterliche Idylle am 26.12.2010 | Fotos: Christian Ehmann

Nach dem Schnee kam die große Kälte: Die ohnehin kalte Polarluft, der viele frische Schnee und ein aufklarender Himmel kurz nach dem astronomischen Sonnentiefststand schufen ideale Voraussetzungen für strenge Fröste auch im Südwesten der Bundesrepublik: In Mannheim (-18,3 °C) und Lahr (-17,9 °C) wurden in der Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag neue Dezemberrekorde registriert, in Pforzheim-Ispringen sank das Quecksilber gar auf -22,1 °C. Selbst in Rheinstetten war die -20-°C-Marke nicht fern (-18,7 °C). Die kälteste Station im Messnetz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war Bad Königshofen in Nordbayern mit -24,0 °C. Fast in ganz Deutschland - Teile des Nordostens, Westens und Südens ausgenommen - zeigten die Thermometer in dieser Nacht zweistellige Minusgrade an.

Aufgrund der heftigen Schneefälle, aber auch wegen des zuvor aufgetretenen gefrierenden Regens kam es wie schon in den Tagen und Wochen zuvor einmal mehr zu Behinderungen im Straßen-, Schienen- und Luftverkehr. Weihnachtsurlauber mussten zum Teil erhebliche Verspätungen in Kauf nehmen. Der Düsseldorfer Flughafen war zeitweise komplett gesperrt, vor allem im Fernverkehr der Deutschen Bahn kam es zu massiven Störungen. In einigen Städten - darunter auch Karlsruhe - fuhren vorübergehend keine Straßenbahnen. Besonders auf den Autobahnen 3 zwischen Würzburg und Passau und 45 bei Aschaffenburg verwandelten sich die Fahrbahnen nach gefrierendem Regen in spiegelglatte Rutschbahnen. Die Ostseeinseln Rügen und Fehmarn waren wegen Schneeverwehungen zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten. In Zwickau fiel nach einem technischen Defekt in einem Heizwerk in rund 5.000 Haushalten die Heizung aus. Im belgischen Lutselus stürzte das Flachdach einer Kirche wenige Stunden nach der Mitternachtsmesse ein. Auch in Nordrhein-Westfalen und Thüringen brachen Hallendächer unter der Schneelast zusammen, verletzt wurde - wie auch in Lutselus - niemand. Winterliche Probleme gab es auch in Frankreich und in den Niederlanden.



Wetterwerte

Nachstehend eine Auswahl gemessener Schneehöhen vom 24. bis 26.12.2010 (größte jeweils in blau), jeweils für drei Termine. Quelle: DWD

Ort 24. 25. 26.
Uhrzeit (MEZ) 07 13 19 07 13 19 07 13 19
Berlin-Dahlem (B, 51 m)
Hannover/Flgh. (NDS, 55 m)
Aachen (NRW, 202 m)
Rheinstetten (BW, 116 m)
Stuttgart/Flgh. (BW, 371 m)
Lahr (BW, 155 m)
Freiburg/Flugplatz (BW, 236 m)
Kempten (BY, 705 m)
Oberstdorf (BY, 806 m)
Garmisch-Partenkirchen (BY, 719 m)
22 cm
28 cm
35 cm
Re
2 cm
-
-
9 cm
20 cm
17 cm
22 cm
28 cm
36 cm
4 cm
7 cm
3 cm
4 cm
11 cm
20 cm
17 cm
22 cm
28 cm
37 cm
12 cm
9 cm
9 cm
9 cm
13 cm
20 cm
21 cm
31 cm
28 cm
37 cm
20 cm
14 cm
18 cm
13 cm
16 cm
21 cm
22 cm
33 cm
27 cm
37 cm
24 cm
16 cm
19 cm
15 cm
16 cm
23 cm
24 cm
32 cm
25 cm
35 cm
23 cm
16 cm
19 cm
12 cm
18 cm
28 cm
26 cm
32 cm
26 cm
36 cm
23 cm
16 cm
19 cm
11 cm
21 cm
31 cm
27 cm
32 cm
26 cm
35 cm
22 cm
15 cm
19 cm
12 cm
20 cm
30 cm
26 cm
32 cm
26 cm
34 cm
22 cm
15 cm
19 cm
12 cm
20 cm
29 cm
26 cm


Nachstehend Top-Schnee-Ereignisse in Karlsruhe bzw. Rheinstetten seit 31.12.1946, jeweils zum Morgentermin (6 UTC). Bei einer ähnlich hohen Schneedecke über mehrere Tage ist jeweils nur der Tag mit der höchsten Schneedecke aufgeführt.

Datum Schnee
10.01.1982
02.01.1969
16.02.1969
19.12.1981
08.02.1958
09.02.1969
04.01.1985
15.01.1959
26.12.2010
31 cm
29 cm
28 cm
26 cm
26 cm
25 cm
24 cm
24 cm
23 cm


Satellitenbilder

24.12.2010, 12 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
25.12.2010, 12 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
26.12.2010, 12 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk


Text: CE



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