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Mittwoch, 22. Dezember 2010, 21:30 MEZ


Schnee, Sturm

West-, Mitteleuropa
19.-21.12.2010


Satellitenbild: 20.12.2010, 12:02 UTC, NOAA-19 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton

Heftige Schneefälle, Regen und Tauwetter bestimmten am und über den vierten Advent 2010 hinaus das Wetter in weiten Teilen Mitteleuropas. Im Westen, Norden und Osten Deutschlands wurden teilweise rekordverdächtige Schneehöhen gemessen. Zu großen Problemen kam es im Flugverkehr; tausende Reisende saßen allein an den Flughäfen Frankfurt/Main und London-Heathrow fest.


Wetterlage und Entwicklung

Zum wiederholten Male (siehe vorangegangene Artikel) im kalendarisch bis dato noch gar nicht begonnenen Winter 2010/11 gingen Mitte Dezember in weiten Teilen Mitteleuropas heftige Schneefälle nieder. Diese ereigneten sich im Wesentlichen im Bereich einer ausgeprägten Luftmassengrenze, welche die zuvor (siehe Artikel) eingeströmte Kaltluft polaren Ursprungs von aus Südwesten vordringender wärmerer Luft trennte.
Am 18. Dezember wies die großräumige Situation einen umfangreichen, hochreichend kalten Tiefdruckkomplex ("Petra") mit Zentrum über den Britischen Inseln aus. Das aus einem massiven Kaltluftvorstoß hervorgegangene Höhentief nahm allmählich eine zonale, also west-ost-orientierte Lage ein. An seiner Südflanke etablierte sich über West- und Mitteleuropa eine kräftige Westströmung; die daraus sowie aus den großen Temperaturgegensätzen resultierenden, kräftigen Hebungsprozesse initiierten die Bildung kleiner Rand- und Teiltiefs, die auf leicht versetzten Bahnen über Frankreich und Deutschland ostwärts zogen.

Bodendruckanalysen vom 18. bis 21.12.2010 | Quelle: FU Berlin / DWD
18.12.2010, 00 UTC 19.12.2010, 00 UTC 20.12.2010, 00 UTC 21.12.2010, 00 UTC
500-hPa-Geopotential und Bodendruck vom 18. bis 21.12.2010 | Quelle: Wetterzentrale
18.12.2010, 00 UTC 19.12.2010, 00 UTC 20.12.2010, 00 UTC 21.12.2010, 00 UTC

Bereits in der Nacht zum 19. überquerte das Frontensystem eines solchen, sich allerdings über dem Ärmelkanal auflösenden Randtiefs ("Petra III") die Südhälfte Deutschlands. Dabei kamen verbreitet einige Zentimeter Neuschnee zusammen (z. B. Frankfurt/Main Flgh. 8 cm innerhalb von sechs Stunden); mit einem böig auffrischenden Südwestwind machte sich am Oberrhein zum Morgen jedoch schon mildere Luft mit Temperaturen über dem Gefrierpunkt und beginnendem Tauwetter bemerkbar.

850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 19.12.2010 | Quelle: wetter3.de
19.12.2010, 00 UTC 19.12.2010, 06 UTC 19.12.2010, 12 UTC 19.12.2010, 18 UTC
Niederschlagsradarbilder vom 19.12.2010 | Quelle: DWD
19.12.2010, 01:00 MEZ 19.12.2010, 07:00 MEZ 19.12.2010, 13:00 MEZ 19.12.2010, 19:00 MEZ

Während sich das Frontensystem und die damit verbundenen Schneefälle auf dem Weg nach Osten abschwächten, setzten nach kurzer Pause im Südwesten von Frankreich her bereits neue Niederschläge ein. Diese standen mit der Warmfront einem sich zu einer kleinräumigen Sturmzyklone intensivierenden Tief ("Petra IV") in Verbindung, das sich im Tagesverlauf via Nordfrankreich, Belgien und Norddeutschland nach Polen verlagerte. Auf seiner Südseite stiegen die Temperaturen im 850-hPa-Niveau, in diesem Fall etwa 1.300 Metern Höhe entsprechend, über dem Süden Deutschlands bis +3 °C an. Der in der Nacht zum 20. in der Mitte Deutschlands verbreitet Sturm-, auf dem Feldberg im Schwarzwald noch am Abend des 19. sogar Orkanböen (130 km/h) erreichende Südwestwind durchmischte die Luft und räumte die noch vorhandene Kaltluftschicht in den tiefen Lagen des Südwestens - insbesondere im Oberrheingraben - rasch aus. So meldete die Station Freiburg/Flugplatz um 20 Uhr MEZ bereits +9,7 °C, weiter nördlich in Rheinstetten bei Karlsruhe wurde zwischen 18 und 19 Uhr MEZ ein Temperaturanstieg von +1,4 auf +7,0 °C verzeichnet. Gleichzeitig zeigte das Thermometer in Ueckermünde (Mecklenburg-Vorpommern) -16,6 °C an, das machte einen Temperaturunterschied von über 25 K quer durch die Bundesrepublik. Die kräftigen Niederschläge im Umfeld der Warmfront fielen in der weiter nördlich nach wie vor lagernden Kaltluft fast ausschließlich als Schnee. Innerhalb von zwölf Stunden kamen vielfach zwischen 10 und 15 cm Neuschnee zusammen, beispielsweise erhöhte sich die Schneedecke im hessischen Gießen von 10 cm am Mittag auf 21 cm am Abend. Mit Passage der Kaltfront am späten Abend, bei der im Süden Belgiens und in Rheinland-Pfalz sogar einzelne Blitzentladungen registriert wurden, ging der Schneefall auch im südlichen Rheinland-Pfalz und in Südhessen in Regen über - nördlich davon blieb es bei Schnee. Neuschneezuwächse gab es bis zum Morgen des 20. dann vor allem aus dem Nordosten zu vermelden, rund um Berlin etwa meist 5 bis 10 cm. In Potsdam lagen am Mittag 33 cm, das bedeutete einen neuen Dezemberrekord in der Messreihe seit 1893. Den gab es auch am Flughafen Köln/Bonn, der am Morgen mit einer Schneehöhe von 24 cm aufwartete und damit nur 1 cm unter seinem bisherigen Rekord vom 10. Januar 1985 blieb.

850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 20.12.2010 | Quelle: wetter3.de
20.12.2010, 00 UTC 20.12.2010, 06 UTC 20.12.2010, 12 UTC 20.12.2010, 18 UTC
Niederschlagsradarbilder vom 20.12.2010 | Quelle: DWD
20.12.2010, 01:00 MEZ 20.12.2010, 07:00 MEZ 20.12.2010, 13:00 MEZ 20.12.2010, 19:00 MEZ

Auf der Rückseite von "Petra IV" kam die Kaltluft vor allem in den unteren Schichten wieder nach Süden voran, die -5-°C-Isotherme in 850 hPa verlief am Mittag des 20. entlang der Mainlinie und markierte in etwa die Lage der Luftmassengrenze. An dieser lief ein weiteres, unbenanntes und in dieser Form zuvor nicht prognostiziertes Tief nach Osten ab, das einmal mehr kräftige Niederschläge auslöste. Diese fielen dann auch wieder in Nordbaden als Schnee (z. B. Rheinstetten 8 cm am Abend), während es gleichzeitig vom mittleren Oberrhein und Schwarzwald südwärts nahezu durchweg regnete - so zum Beispiel auch in Freudenstadt. Der Flughafen Basel-Mühlhausen meldete um 13 Uhr MEZ +11,0 °C.

Blick von der Hornisgrinde (1.164 m) im Nordschwarzwald in die Rheinebene am 21.12.2010. Schön zu erkennen ist die Grenze zwischen Schnee und Regen am 20.: Nach Süden hin (links) liegt kaum Schnee, die Gegend Richtung Rastatt und Karlsruhe (rechts) zeigt sich dagegen verschneit. Fotos: Christian Ehmann

Zum 21. schließlich wurde die Luftmassengrenze ein weiteres Mal nach Norden rückläufig, diesmal als Warmfront von "Petra II" mit Zentrum über dem Süden Englands. Damit einher gingen ab den Nachtstunden kräftige Schneefälle, die sich vom Saarland und Rheinland-Pfalz nordostwärts ausbreiteten. Später verwandelte sich der Schnee südlich des Mains in Regen und bildete stellenweise gefährliches Glatteis auf den noch gefrorenen Böden aus.

850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 21.12.2010 | Quelle: wetter3.de
21.12.2010, 00 UTC 21.12.2010, 06 UTC 21.12.2010, 12 UTC 21.12.2010, 18 UTC
Niederschlagsradarbilder vom 21.12.2010 | Quelle: DWD
21.12.2010, 01:00 MEZ 21.12.2010, 07:00 MEZ 21.12.2010, 13:00 MEZ 21.12.2010, 19:00 MEZ

Die neuerlichen Schneefälle setzten insbesondere dem Flugverkehr mächtig zu. Am größten deutschen Flughafen, Frankfurt/Main, kam es in einer Warteschlange sogar zu Handgreiflichkeiten, bei denen die Polizei aufgebrachte Passagiere beruhigen musste. Mehrere hundert Flüge wurden bereits am Wochenende des 18. und 19. gestrichen; und als sich die Lage etwas entspannte, musste der Flughafen am Morgen des 21. erneut wegen Schneefalls gesperrt werden. Passagiere von Inlandsflügen wurden von einer großen deutschen Fluggesellschaft gebeten, auf die Bahn umzusteigen - die wiederum riet ihren Fahrgästen, auf Bahnfahrten zu verzichten. Mehrere hundert Menschen übernachteten in eigens dafür aufgestellten Feldbetten am Flughafen. Die Lage war auch aufgrund von großen Problemen an anderen internationalen Großflughäfen angespannt; so waren am 19. in London-Heathrow den gesamten Tag über keine Landungen möglich, wenngleich die maximale Schneehöhe dort lediglich 8 cm betrug. Auch auf den Pariser Flughäfen Charles de Gaulle und Orly ging zeitweise nichts mehr. Zu witterungsbedingten Flugausfällen kam es unter anderem auch in Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Brüssel und Amsterdam.



Wetterwerte

Nachstehend eine Auswahl gemessener Schneehöhen vom 19. bis 21.12.2010 (größte jeweils in blau), jeweils für drei Termine. Quelle: DWD

Ort 19. 20. 21.
Uhrzeit (MEZ) 07 13 19 07 13 19 07 13 19
Potsdam (BB, 81 m)
Düsseldorf/Flgh. (NRW, 37 m)
Köln/Bonn Flgh. (NRW, 92 m)
Bad Hersfeld (HE, 272 m)
Frankfurt/Main Flgh. (HE, 112 m)
Saarbrücken/Flgh. (SL, 320 m)
Rheinstetten (BW, 116 m)
London-Heathrow Flgh. (GB, 25 m)
Paris Charles de Gaulle (F, 109 m)
24 cm
19 cm
13 cm
13 cm
24 cm
33 cm
11 cm
7 cm
9 cm
25 cm
19 cm
13 cm
12 cm
24 cm
39 cm
11 cm
6 cm
15 cm
25 cm
22 cm
23 cm
15 cm
22 cm
35 cm
7 cm
6 cm
5 cm
31 cm
22 cm
24 cm
12 cm
12 cm
25 cm
3 cm
5 cm
3 cm
33 cm
22 cm
22 cm
11 cm
11 cm
28 cm
6 cm
5 cm
9 cm
33 cm
20 cm
18 cm
11 cm
12 cm
27 cm
8 cm
5 cm
-
33 cm
20 cm
17 cm
10 cm
17 cm
20 cm
6 cm
4 cm
1 cm
31 cm
18 cm
17 cm
12 cm
17 cm
18 cm
6 cm
4 cm
-
30 cm
16 cm
16 cm
12 cm
15 cm
15 cm
4 cm
3 cm
-


Satellitenbilder

19.12.2010, 12 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
20.12.2010, 12 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
21.12.2010, 12 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk


Text: CE



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