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Montag, 16. Januar 2017, 12:00 MEZ



Kälte, Starkschneefall, Starkregen

Mittel-, Südosteuropa, Türkei
04.-10.01.2017


Schneemassen in Agnone, Italien, 08.01.2017
Quelle: YouReporter

Anfang Januar 2017 brachte Sturmtief "Axel" regional schneesturmartige Witterungsbedingungen und ein sehr kaltes Dreikönigs-Wochenende nach Mitteleuropa. Die Frostluft strömte an den Folgetagen bis zum östlichen Mittelmeer und löste dort einige markante Wettererscheinungen aus. Tiefsttemperaturen von -20 bis unter -30 °C waren die Folge, regional fiel Schnee in Massen an der Mittelmeerküste (z.B. Bandirma/Türkei mit 92 cm Schnee auf 51 m Höhe). In Mitteleuropa hingegen wurde die kälteste Luft durch das Frontensystem von Tief "Benjamin" rasch wieder verdrängt. Die Folge war mancherorts gefährliches Glatteis.


Sturmflut an der Ostsee durch Sturmtief "Axel" am 04.01.

Anfang Januar 2017 stellte sich über Mitteleuropa die Wetterlage allmählich um. Nach einem von wenig Niederschlägen und Kaltluftvorstößen geprägten Dezember, kam am 02.01. des neuen Jahres ein erster Schwall arktischer Luftmassen in die Mitte Europas voran. Nachdem sich Hoch "Zhygimont" westlich von Irland etabliert hatte und sich das Hoch über Mitteleuropa abschwächte, drehte die Strömung mehr und mehr auf nordwestliche Richtungen. An der Ostküste Grönlands kam es am 02.01. zu der Entstehung eines Bodentiefs, welches den Namen "Axel" erhielt. Daraufhin verlagerte sich "Axel" vom Nordmeer über den Süden Norwegens und Schwedens zur Ostsee. Hebungsvorgänge an der Vorderseite eines Kurzwellentroges führten dazu, dass der Bodendruck im Zentrum von Tief "Alex" auf seinem Weg zur Ostsee auf unter 978 hPa fiel. Eine Druckdifferenz von 52 hPa auf ca. 1400 km vom Südosten Schwedens bis zur Mitte Frankreichs resultierte in einem starken Nordwestwind, der im Norden Deutschlands an der Küste in Böen teilweise mit Orkanstärke wehte.
An der deutschen Ostseeküste kam es am 04.01. durch Orkantief "Axel" zur stärksten Sturmflut seit 10 Jahren. Sehr heftig traf es die Insel Usedom, wo zwischen Zempin und Koserow zahlreiche Steilufer-Abbrüche beobachtet wurden. Auch in Lübeck, Rostock, Flsenburg, Kiel und Stralsund gab es Schäden durch die Sturmflut. Autos mussten aus überfluteten Flächen gezogen werden. In Lübeck beispielsweise stand das Wasser noch bis zum Morgen des 05.01. in den Straßen der Stadt. In Hamburg stieg der Wasserstand am 04.01. auf 2,10 m über dem normalen Hochwasser. Der Fischmarkt der Stadt wurde überflutet (Quelle: NDR).

500-hPa-Geopotential mit Bodendruck, 850 hPa-pseudopotentielle Temperatur, Bodendruck mit Fronten und 300 hPa Wind u. Divergenz Europa | Quellen: Wetter3, FU Berlin
03.01.2017, 00 UTC 03.01.2017, 12 UTC 04.01.2017, 00 UTC 04.01.2017, 12 UTC

Satellitenbilder | Quelle: Sat24,
03.01.2017, 12:00 UTC 04.01.2017, 00:00 UTC 04.01.2017, 06:00 UTC 04.01.2017, 12:00 UTC

Ausgewählte Spitzenböen (Flachland bis 700 m) in Deutschland am 04.01.
Datenquelle: DWD Java Map
Ort Bundesland Spitzenböe
List auf Sylt (26 m)
Leuchtturm Alte Weser (32 m)
Norderney (11 m)
Cuxhaven (5 m)
Helgoland (4 m)
Glücksburg-Meierwik (27 m)
Rostock-Warnemünde (4 m)
Fehmarn (3 m)
Sankt Peter-Ording (5 m)
Bremerhaven (7 m)
Nordholz (Flugplatz) (25 m)
Leuchtturm Kiel (5 m)
Schleswig-Holstein
Niedersachsen
Niedersachsen
Niedersachsen
Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein
Mecklenburg-Vorpommern
Mecklenburg-Vorpommern
Schleswig-Holstein
Bremen
Niedersachsen
Schleswig-Holstein
124 km/h
119 km/h
108 km/h
106 km/h
106 km/h
104 km/h
104 km/h
101 km/h
101 km/h
101 km/h
98 km/h
97 km/h


Glatteis in Deutschland am 07.01.

Zwischen Tief "Axel" und Hoch "Zhygimont" drehte die Strömung über Mitteleuropa ab dem 05.01. auf Nord. Polare Luftmassen strömten von Finnland über das Baltikum in die Osthälfte Mitteleuropas. Die -20 °C - Isotherme in 850 hPa befand sich am 06.01. über Polen und Tschechien. Absinken an der Vorderseite des Höhenrückens resultierte in klaren Nächten in weiten Teilen von Deutschland, dem Alpenraum, Polen, der Slowakei und Tschechien am 06.01. und 07.01. Am 06.01. sank die Temperatur auf -22,1 °C in Schorndorf-Knöbling im Osten Bayerns. Noch kälter war es am Folgetag unter anderem in Teilen der Slowakei (Dudince: -27,3 °C), sowie in Reit im Winkl am Alpenrand (-26,3 °C). Am Münchener Flughafen bedeuteten die -21,7 °C am Morgen des 07.01. einen neuen Dekadenrekord (seit 1993) für die erste Januardekade. Der Allzeitrekord im Januar aus dem Jahr 2000 wurde lediglich um 0,1 K verpasst.
Dauerfrost trat am 06.01. und 07.01. in weiten Teilen Deutschlands auf. Von Westen her kam am 07.01. ein Randtrog in den Norden und Westen Deutschlands voran. Dabei wurden wärmere Luftmassen von Frankreich und England in mittleren Höhen in die Westhälfte advehiert. Temperaturen knapp über 0 °C in 850 hPa standen frostigen Temperaturen am Boden gegenüber. Am Nachmittag und Abend des 07.01. fiel der Niederschlag so im Norden und Westen meist als Regen und gefror beim Auftreffen auf den kalten Boden. Dadurch kam es zu gefährlich glatten Straßen, was zahlreiche Unfälle zur Folge hatte. Auch die Großstädte Hamburg und Hannover waren vom Glatteis betroffen. In Hannover waren die Rettungskräfte bei mehr als 250 Einsätzen unterwegs, aus Hamburg gab es Meldungen von mehr als 450 Unfällen. Mehrere Menschen wurden bei den Unfällen verletzt, ein Mann starb in der Nähe von Hannover, nachdem sein Auto ins Schleudern geriet und gegen einen Baum prallte.

Radarbilder mit Temperaturen Deutschland und 850 hPa Geopotential und Temperatur Mitteleuropa am 07.01. (Gebiete mit Glatteis: rote Markierung) | Quelle: DWD Java Map, Wetter3,
07.01.2017, 12:00 UTC 07.01.2017, 18:00 UTC 07.01.2017, 22:00 UTC
07.01.2017, 12:00 UTC 07.01.2017, 18:00 UTC 08.01.2017, 00:00 UTC

Tiefsttemperaturen Mitteleuropa (bis 700 m) am 06.01. (links) und 07.01. (rechts)
Datenquelle: DWD Java Map
Ort Bundesland/Land TN
Schorndorf-Knöbling (399 m)
Merklingen (685 m)
Kronach (386 m)
Waldmünchen (499 m)
Heinersreuth-Vollhof (350 m)
Suwalki (184 m)
Markt Erlbach-Mosbach (362 m)
Eichstätt-Landershofen (384 m)
Veilsdorf (397 m)
Nürnberg-Netzstall (368 m)
Gollhofen (308 m)
Amerang-Pfaffing (515 m)
Tann/Rhön (395 m)
Bayern
Baden-Württemberg
Bayern
Bayern
Bayern
Polen
Bayern
Bayern
Thüringen
Bayern
Bayern
Bayern
Hessen
-22,1 °C
-20,8 °C
-20,6 °C
-20,2 °C
-20,0 °C
-19,3 °C
-19,0 °C
-18,6 °C
-18,6 °C
-18,5 °C
-18,4 °C
-18,4 °C
-18,2 °C
Ort Bundesland/Land TN
Dudince (139 m)
Liesek (692 m)
Reit im Winkl (685 m)
Schorndorf-Knöbling (399 m)
Suwalki (184 m)
Katowice (Kattowitz) (278 m)
Poprad (Tatry Airp.) (694 m)
Zilina-Hricov (310 m)
Rzeszow-Jasionka (212 m)
Kepmten (705 m)
Kielce-Sukow (260 m)
Piding (458 m)
Poprad/Ganovce (700 m)
Slowakei
Slowakei
Bayern
Bayern
Polen
Polen
Slowakei
Slowakei
Polen
Bayern
Polen
Bayern
Slowakei
-27,3 °C
-26,4 °C
-26,3 °C
-25,8 °C
-25,7 °C
-25,6 °C
-25,4 °C
-24,4 °C
-24,0 °C
-23,5 °C
-23,5 °C
-23,3 °C
-23,3 °C


Wetterlage und Entwicklung der Kältewelle

Rückwärtstrajektorien Rom,
Zielzeitpunkt 07.01.2017, 00 UTC.
Quelle: wetter3.de
Zum Jahreswechsel 2016/2017 strömten rückseitig der Tiefdruckgebiete "Corinna" und "Axel" eisige Luftmassen aus Sibirien nach Skandinavien. Von 4. bis 6.  Januar sanken die Temperaturen in Nordskandinavien und Nordrussland nachts auf -30 bis unter -40 °C (z.B. Moseevo -48,4 °C am 06.01.). An der Ostflanke der Hochs "Zhygimont" und "Angelika" strömte die Frostluft über das Baltikum und das östliche Mitteleuropa bis zu den Balkanländern und ans östliche Mittelmeer. Am 5. Januar entstand ein neues Tiefdruckgebiet über dem Ionischen Meer, welches sich Richtung Griechenland und der Türkei verlagerte und häufig kräftige Regen- und Schneefälle mit sich führte (z.B. Arpacik/Türkei: 170,9 mm in 24 h). Eine stürmische und niederschlagsreiche Wetterlage hatte sich dort erst Ende Dezember eingestellt. Infolge des zunehmenden Luftdruckgradienten zu Hoch "Angelika" setzte in Kroatien eine heftige Bora ein, welche extreme Orkangeschwindigkeiten bis 218 km/h (Paski most, 6. Januar) erreichte. Am 7. Januar wurde eine -20 °C-Isotherme im 850 hPa-Niveau über Serbien analysiert. Die -10 °C-Isotherme kam bis nach Sizilien voran, die -5 °C-Isotherme am 8. Januar vorübergehend sogar bis nach Kreta. An der italienischen Adriaküste und am türkischen Marmarameer sowie dem angrenzenden Bergland waren die Verhältnisse für enorme Neuschneemengen günstig, die beim Überstreichen des deutlich wärmeren Meerwassers durch die Frostluft zustandekommen. Von dem markanten Langwellentrog, der zeitweise bis nach Libyen und Ägypten reichte, schnürte sich am 8. Januar ein Höhentief ab. Dieses blieb zunächst noch über dem Balkan liegen und verlagerte sich zum 10./11. Januar nordwestwärts. Dort wurde es einem neuen Atlantiktrog eingefangen und unter Abschwächung nach Nordosten abgelenkt.

500 hPa-Geopot. und SLP, 850 hPa-Temp. und SLP, Bodendruck und Fronten, Satellitenbilder | Quelle: Wetter3, DWD, Sat24
05.01.2017, 12 UTC 06.01.2017, 12 UTC 07.01.2017, 12 UTC 08.01.2017, 12 UTC 09.01.2017, 12 UTC

Daten und Auswirkungen der Kälte

Die beschriebene Wetterlage zeichnete sich in Südosteuropa durch rekordverdächtig kalte Temperaturen und enorme Schneemengen aus. Direkt und indirekt kamen durch die Kältewelle mindestens 60 Menschen ums Leben. Die Temperaturen in 850 hPa lagen verbreitet zwischen Polen, Italien, Rumänien und der Türkei über 12 K unter dem langjährigen Mittel. Sehr strenger Nachtfrost von -15 bis unter -20 °C trat in Osteuropa in den Nächten vom 7. bis 13. Januar verbreitet auf. Gebietsweise waren auch -30 °C zu verzeichnen, wie zum Beispiel am 8. Januar in Weißrussland und der Slowakei sowie am 10. Januar in Rumänien. Bis zum 11. Januar herrschte meist Dauerfrost von -5 bis -15 °C.
Sarajevo (Bosnien-Herzegowina) und Pristina (Kosovo) registrierten am 8. Januar -26 °C, nur wenige Zehntelgrade von den Allzeitrekorden entfernt. Ähnliches galt für Tirana (Albanien) mit -10 °C, Podgorica (Montenegro) mit -8 °C sowie Zadar, Split und Dubrovnik (Kroatien) an der dalmatinischen Küste mit rund -7 °C. Die Schifffahrt auf der Donau und über den Bosporus wurden zeit- und streckenweise eingestellt. In Italien und der Türkei war Schnee das Hauptthema, teilweise kamen in den Bergdörfern über 1 m Neuschnee zusammen. Campobasso/Italien (793 m) erreichte eine maximale Schneehöhe von 98 cm sowie Bandirma/Türkei (51 m) am Marmarameer enorme 92 cm. Sogar auf Kreta, nahe der Städte Heraklion und Chania waren Flocken und Tiefsttemperaturen von 0 °C zu beobachten - dort ein äußerst seltenes Ereignis.

Fotos aus Italien | Quelle: YouReporter
Agnone, Molise Venezia Lago di Bolsena, Latium Taormina, Sizilien



Text: JW, FB
14.-15. Januar 2017


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