Zu Beginn der dritten Maidekade stellte sich in Mitteleuropa die erste sommerliche Gewitterlage mit vereinzelten Unwettern ein.
Zugleich stieg die Temperatur in Deutschland am 22.05. zum ersten Mal in diesem Jahr über die 30 °C-Marke. In einer südwestlichen
Strömung gelangte subtropische Warmluft in Richtung Mitteleuropa und im Vorfeld einer Kaltfront entstanden am 21.05. zunächst über
Frankreich, am 22.05. auch über Deutschland zum Teil heftige Gewitter. Während im Südwesten bereits kühlere Luft einfloss, gingen
am 23.05. über dem Nordosten Deutschlands erneut heftige Gewitter nieder. Hagel, Starkregen, Sturm und Blitzschlag verursachten
lokal schwere Schäden.
500 hPa-Geopot. und SLP, Bodendruck und Fronten, 850 hPa-pseudopot. Temp. und SLP, Cape und Lifted Index, |
Quelle: Wetter3
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21.05.2016, 18 UTC |
22.05.2016, 18 UTC |
23.05.2016, 18 UTC |
Wetterlage und Entwicklung
Am 21.05. war die Großwetterlage über Europa bestimmt von einem Rücken, der sich vom westlichen Mittelmeer bis zum
Baltikum erstreckte und einem Trog über dem östlichen Nordatlantik. Mit einer südwestlichen Strömung, die sich zwischen
hohem Luftdruck über dem westlichen Mittelmeerraum und dem östlichen Mitteleuropa und dem Tiefdruckkomplex "Barbara" mit
seinem Zentrum nördlich der Britischen Inseln einstellte, gelangte zunehmend wärmere Luft in Richtung Mitteleuropa. Am
22.05. lagen die Temperaturen im 850 hPa-Niveau (etwa 1500 m) über dem Osten Deutschlands zum Teil über 15 °C, sodass
von Bayern über Thüringen und Sachsen-Anhalt bis ins östliche Niedersachsen zum ersten Mal in diesem Jahr örtlich
Höchstwerte über 30 °C gemessen wurden. An der Station Jena (Sternwarte) stieg die Temperatur bis auf 31,4 °C.
Von Westen kam der Höhentrog jedoch langsam ostwärts voran und am Boden erfasste die Kaltfront von Tief "Barbara" im Laufe
des 21.05. von Westen zunächst Frankreich, am 22.05. lag die Front etwa unmittelbar vor der Westgrenze Deutschlands. Vor
der Front labilisierte sich die Atmosphäre zunehmend und am 21.05. entstanden zunächst über Frankreich, am 22.05. auch
über Deutschland vereinzelt heftige Gewitter. Zum 23.05. schloss sich der Höhentrog über Frankreich in seinem Südteil ab
und das resultierende Höhentief verlagerte sich bis zum 24.05. über den Alpenraum hinweg Richtung Balkan. Die Kaltfront
kam in ihrem Südteil rasch ostwärts voran, sodass im Südwesten Deutschlands kaum noch Höchstwerte über 15 °C erreicht
wurden. Im Norden blieb die Front dagegen nahezu stationär und der Nordosten Deutschlands blieb im Bereich einer
Tiefdruckrinne weiterhin im Zustrom warmer und zunehmend feuchter Luft aus Südosten. Ein weiteres Tief bildete sich
im Lee der Alpen über dem Golf von Genua und im Bereich großräumiger Hebung induziert durch das Höhentief stellten
sich im Alpenraum länger anhaltende Regenfälle ein. In der kalten Luft sank die Schneefallgrenze dort vorübergehend
zum Teil unter 1500 Meter, sodass es sogar in höher gelegenen Tälern wieder weiß wurde.
Satellitenbilder (RGB Airmass) |
Quelle: Eumetsat
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22.05.2016, 00 UTC |
22.05.2016, 18 UTC |
23.05.2016, 19 UTC |
Gewitter über Frankreich am 21.05.2016
Bereits am 21.05. entwickelten sich in Frankreich zahlreiche Gewitter. Die Kaltfront von Tief "Barbara" erreichte am
Nachmittag die Bretagne und kam im Laufe des Abends und der Nacht langsam ostwärts voran. Vor der Kaltfront wurde die
Schichtung der Atmosphäre mit Annäherung des Höhentroges am Nachmittag und Abend zunehmend instabil. Verbreitet bauten
sich CAPE-Werte um 1000 J/kg auf. Die Auslöse begünstigte schließlich eine Konvergenzlinie im Vorfeld der Kaltfront. Eine
kräftige Höhenströmung vorderseitig des Troges sorgte zudem für vertikale Windscherung, die organisierte Konvektion
begünstigt. Die ersten Gewitter entstanden am Abend über dem Ärmelkanal, sowie im Südwesten Frankreichs. Von dort aus
breiteten sich die Gewitter nordostwärts aus und überquerten unter anderem in der Nacht auch den Großraum Paris. Durch
die Konvektion wurden die starken Höhenwinde örtlich bis zum Boden herunter gemischt, sodass lokal schwere Sturmböen
auftraten. In Avord, bei Bourges wurden Böen bis 102 km/h registriert.
Radarbilder |
Quelle: Infoclimat
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21.05.2016, 16 UTC |
21.05.2016, 18 UTC |
21.05.2016, 22 UTC |
22.05.2016, 01 UTC |
Spitzenböen am 21. Mai in Frankreich
Datenquellen: Meteociel
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Station |
Windböe |
Avord
Montemboeuf
Tusson
Poitiers
Royan
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102 km/h
87 km/h
86 km/h
83 km/h
81 km/h
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Gewitter über Deutschland am 22.05.2016
In der immer wärmeren Luftmasse war die Atmosphäre am 22.05. auch über Deutschland zunehmend labil geschichtet. Der
Radiosondenaufstieg München verzeichnete bereits zum 12 UTC-Termin einen CAPE-Wert von über 500 J/kg. Großräumiges Absinken
verhinderte zunächst noch die Ausbildung von Konvektion und vom äußersten Westen abgesehen, wo bereits dichtere Wolken
aufzogen, schien noch vielerorts die Sonne. Erst am späten Nachmittag setzte entlang einer Konvergenzlinie vorderseitig
der Front Konvektion ein. Die ersten Zellen entstanden etwa ab 16 Uhr westlich von Stuttgart. Im Laufe des Abends bildete
sich über Westfahlen ein Multizellencluster aus, der sich im weiteren Verlauf zu einer Gewitterlinie zusammenschloss und
nordostwärts über Niedersachsen hinweg bis ins westliche Mecklenburg-Vorpommern zog. Eine dieser Zellen sorgte besonders in
Ostwestfahlen für schwere Schäden durch Sturm Starkregen und Hagel. Durch einen Downburst wurden in Minden ganze Dächer
abgedeckt, bei Paderborn wurde eine Windkraftanlage komplett zerstört. Analog zu starken Aufwinden kommt es in einer
Gewitterwolke auch zu starken Abwinden. Ist die Atmosphäre labil geschichtet und ein Luftpaket kühlt sich etwa durch
Niederschlagsverdunstung ab, erfährt es durch seine höhere Dichte im Vergleich zur Umgebungsluft eine Beschleunigung
nach unten. Erreicht der Abwind den Boden, breitet er sich als Böenfront horizontal aus und sorgt hier lokal für sehr
hohe Windgeschwindigkeiten.
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Satellitenbild (vis), 22.05., 18 UTC | Quelle: Eumetsat |
24 h Blitze bis 23.05., 06 UTC |
Radarbilder |
Quelle: DWD
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22.05.2016, 16:35 UTC |
22.05.2016, 18:35 UTC |
22.05.2016, 20:35 UTC |
22.05.2016, 22:35 UTC |
1-stündige Neiderschlagsmengen und Spitzenböen am 21. Mai
Datenquellen: DWD JavaMap
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Station |
Niederschlagsmenge |
bis (MESZ) |
Rehburg-Loccum (NI)
Soltau (NI)
Bad-Salzuffeln (NW)
Bad-Lippspringe (NW)
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22,0 mm
17,1 mm
17,0 mm
13,4 mm
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21 Uhr
22 Uhr
20 Uhr
20 Uhr
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Station |
Windböe |
Bückeburg (NI)
Bad-Salzuffeln (NW)
Wunstorf (NI)
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90 km/h
88 km/h
76 km/h
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Gewitter im Osten und Nordosten Deutschlands am 23.05.2016
Am 23. Mai beschränkte sich die Gewittertätigkeit auf den Osten und Nordosten Deutschlands. Diese Gebiete lagen weiterhin
im Zustrom warmer und feuchter labil geschichteter Luft und die Temperatur stieg Richtung Oder erneut an die 30 °C
(Manschnow: 30,0 °C). Erste kräftige Gewitter entwickelten sich am Nachmittag zuerst über Tschechien sowie über dem
Osten Bayerns, die sich schnell zu einem größeren Gewitterkomplex, einem mesoscale convective system (MCS)
zusammenschlossen. Dieser zog in den Abendstunden Nordwärts über Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg
hinweg bis in den Westen Mecklenburg-Vorpommerns. Weitere einzelne Gewitter entwickelten sich zuvor auch noch über
Schleswig-Holstein, Hamburg und dem Nordosten Niedersachsens. Starkregen sorgte lokal für Überflutungen und Erdrutsche.
Vielerorts liefen in der Nordosthälfte zahlreiche Keller voll. Davon betroffen war auch die Stadt Hamburg. Die Bahnstrecke
Dresden - Prag wurde von einem Erdrutsch erfasst und musste vorübergehend gesperrt werden. Schäden durch Hagel traten vor
allem im Raum Bautzen auf. Im Salzenforst nahe Bautzen wurden bis zu 5 cm große Hagelkörner beobachtet. Im Landkreis
Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern brannte ein Haus nach einem Blitzschlag komplett nieder. In Dresden fiel
durch das Gewitter vorübergehend der Strom aus.
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Satellitenbild (vis), 23.05., 18 UTC | Quelle: Eumetsat |
24 h Blitze bis 24.05., 06 UTC |
Radarbilder |
Quelle: DWD
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23.05.2016, 16:35 UTC |
23.05.2016, 18:35 UTC |
23.05.2016, 20:35 UTC |
23.05.2016, 22:35 UTC |
1-stündige Neiderschlagsmengen und Spitzenböen am 21. Mai
Datenquellen: DWD JavaMap
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Station |
Niederschlagsmenge |
bis (*: Folgetag) |
Husinec (CZ)
Wusterwitz (BB)
Usti Nad Labe (CZ)
Hoyerswerda (SA)
Doberlug-Kirchhain (BB)
Langenlipsdorf (BB)
Walternienburg-Ronney (SA)
Magdeburg (SA)
Langenlipsdorf (BB)
Walternienburg-Ronney (SA)
Baruth (BB)
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43,0 mm
31,7 mm
30,7 mm
30,2 mm
29,8 mm
28,8 mm
27,3 mm
27,2 mm
23,5 mm
23,0 mm
23,0 mm
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18 Uhr
00 Uhr *
20 Uhr
22 Uhr
22 Uhr
00 Uhr *
01 Uhr *
00 Uhr *
23 Uhr
00 Uhr *
23 Uhr
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Station |
Windböe |
Berlin-Dahlem (BE)
Berlin-Schönefeld (BB)
Hoyerswerda (SN)
Cottbus (BB)
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90 km/h
83 km/h
81 km/h
80 km/h
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Text: MB 26. Mai 2016
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