Mittwoch, 30. März 2016, 22:20 MESZ Sturmtief "Jeanne" Mitteleuropa 27.03.-28.03.2016 Satellitenbild (vis) von "Jeanne" 28.03.2016, 12:00 UTC Quelle: F. Valk |
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Am 27. und 28.03.2016 fegte Orkantief "Jeanne" über Westeuropa hinweg und sorgte vor allem im Norden Frankreichs, sowie im Süden Englands und Wales für Sturmschäden. Es kam zu Beeinträchtigungen im Straßen-, Flug-, Schienen-, und Fährverkehr. Das gleiche Tief, jedoch unter dem Namen "Selene" bekannt, brachte zuvor in den USA in einem Streifen von Colorado über die Großen Seen bis nach Neuengland bereits heftige Schneefälle mit sich. Weiter südlich entluden sich von Texas bis nach Missouri heftige Gewitter.
Sturmtief "Jeanne"/"Selene" über dne USA Tief "Jeanne" tauchte erstmals am 21.03. vorderseitig eines Ostpazifischen Höhentroges über dem Nordwesten der USA auf den Wetterkarten auf. Große Temperaturgegensätze über dem nordamerikanischen Kontinent zwischen kontinentaler kanadischer Kaltluft im Norden und feuchtwarmer Subtropenluft im Süden, sowie die Lage vorderseitig des Höhentroges begünstigten "Jeannes" Entwicklung, sodass das Tief, in den USA unter dem Namen "Selene" bekannt, bereits am 23.03. als ausgewachsenes Sturmtief mit einem Kerndruck von unter 995 hPa über Kansas zu finden war. Vorderseitig des Tiefs strömte feucht-warme Luft aus dem Golf von Mexiko nach Norden während rückseitig die Kaltluft aus Kanada nach Süden vorstieß. Im Vorfeld der Kaltfront entwickelten sich am 23.03. besonders von Texas bis nach Missouri schwere Gewitter mit Sturmböen und vereinzelt golfballgroßen Hagelkörnern, wie zum Beispiel in Gordoville (Texas). Weiter nördlich in der kalten Luftmasse an der Nord und Westflanke des Tiefs sorgten starke Winde sowie heftige Schneefälle für blizzardartige Verhältnisse. Am meisten Schnee fiel mit bis zu 83 cm in Kittredge (Colorado) westlich von Denver, am Ostrand der Rockey Mountains. Straßen, sowie der Flughafen Denver mussten vorübergehend gesperrt werden. Am 24.03. brachte Tief "Jeanne" der Region um die Großen Seen sowie den Neuenglandstaaten noch weitere Schneefälle, bevor es sich unter vorübergehender Abschwächung über Neufundland ostwärts auf den Atlantik hinaus verlagerte.
Weitere Entwicklung Über dem Atlantik fügte sich Tief "Jeanne" am 27.03. als Randtief an Tief "Irmgard" bei den Britischen Inseln an. Rückseitig des Tiefs stieß über dem Atlantik erneut ein Schwall arktischer Kaltluft aus dem kanadisch-grönländischen Raum nach Süden vor, wodurch sich über dem verhältnismäßig warmen Atlantik erneut sehr große Temperaturgegensätze aufbauten. Die Temperaturgegensätze resultierten in der oberen Troposphäre in einem Jetmaximum (Jetstreak) mit Geschwindigkeiten bis 250 km/h, an dessen linken Ausgang sich erneut ideale Entwicklungsbedingungen für das Tief einstellten. Am Jetausgang erfährt die Luft eine Reduktion der Geschwindigkeit. Um dies zu erreichen, stellt sich eine ageostrophische Windkomponente in Richtung des Geopotentialgradienten, also nach rechts ein. Die Luftsäule linksseitig des Jetausgangs wird dadurch evakuiert und am Boden fällt der Druck. Zudem wurde die Entwicklung durch das Zusammenwirken von positiver Schichtdickenadvektion (Warmluftadvektion) und mit der Höhe zunehmender Vorticityadvektion begünstigt. Beide Prozesse dienen als Antrieb für Hebung und damit für weiteren Druckfall am Boden. Tief "Jeanne" traf etwa zum 00 UTC-Termin am 28.3. an der Küste von Wales auf den europäischen Kontinent und erreichte mit einem Kerndruck von etwa 973 hPa über dem Süden Englands ihren Höhepunkt. Im weiteren Verlauf des Tages zog das Tief weiter über die Nordsee bis vor die Küste Norwegens.
Auswirkungen und Schäden Der Sturm sorgte besonders im Norden Frankreichs, sowie im Süden Englands für umgestürzte Bäume sowie Schäden an Gebäuden. Strommasten knickten um, sodass in Frankreich etwa 60.000 Haushalte, in Großbritannien bis zu 100.000 Haushalte vorübergehend ohne Strom waren. Am Flughafen Gatwick wurden 26, am Flughafen Heathrow sogar 61 Flüge gestrichen. Auf den Fernverkehrsstraßen mussten im Süden Englands einzelne Brücken vorübergehend gespert werden. Auch der Bahnverkehr sowie der Fährverkehr waren vorübergehend beeinträchtigt. Betroffen davon waren auch die Fähren zwischen Calais und Dover. (Quellen: CANAL TOGO, Mirror)
Text: MB, 30. März 2016 |