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Freitag, 8. Januar 2016, 10:00 MEZ



Gefrierender Regen

Deutschland
03.-07.01.2016


Satellitenbild, 06.01.2016, 11 UTC
Quelle: Sat24

Anfang Januar 2016 setzte sich nach zwei rekordwarmen Monaten in weiten Teilen Mitteleuropas im Nordosten Europas der Winter durch. Russische Frostluft erreichte auch die Nordosthälfte Deutschlands. Milde Atlantikluft hielt jedoch von Südwesten dagegen. Es bildete sich eine scharfe Luftmassengrenze aus, an der es neben Schneefällen im Übergangsbereich der Luftmassen auch zu gefrierendem Regen kam. Dort stellte sich eine gefährliche und folgenreiche Glatteislage ein.


Wetterlage und Entwicklung

Nach Wochen mit vorherrschender westlicher und südwestlicher Strömung über Europa bildete sich am 1. Weihnachtsfeiertag 2015 bei Island eine Hochdruckzelle und hochreichende arktische Kaltluft strömte an den Folgetagen auf der Rückseite des Tiefs "Chuck" von Ostgrönland nach Skandinavien und Russland. Vorderseitig des Tiefdruckkomplexes über dem Atlantik, wo später Tief "Eckard" die Rolle des steuernden Zentraltiefs übernahm, kam ein massiver Warmlufttransport nach Norden in Gang. Dadurch entstand ein extrem weit nach Norden ausgedehnter Höhenrücken, der vom westlichen Mittelmeer bis in die Nordpolregion reichte. Im Bodendruckfeld entstand Hoch "Christine" über Skandinavien und verlagerte sich weiter zum Baltikum. Im Zusammenspiel mit Tief "Daniel" strömte kontinentale Polarluft (-10 bis unter -15°C in 850 hPa) über Russland bis zum Balkan und zum östlichen Mittelmeer. Bodennah und mit der Nordverlagerung von "Christine" konnte die Frostluft besonders ab Neujahr auch westwärts vordringen.

Vom 1. auf den 2. Januar kühlte es sich mit auffrischendem Ostwind auch im Nordosten Deutschlands stark ab, von Werten um den Gefrierpunkt auf unter -5°C. Atlantische Tiefausläufer schafften jedoch noch den Weg nach Westeuropa, Tief "Gerd" hielt mit milder Atlantikluft dagegen. Es stellte sich genau über Deutschland eine Grenzwetterlage ein, an der entlang der Luftmassengrenze zwischen kaltem Nordosten und milderem Südwesten Niederschläge in Form von Regen, gefrierendem Regen und Schnee (von der warmen zur kalten Seite) auftreten. Im Nordosten trat bei zeitweise auch klarem Himmel mehrere Nächte in Folge (v.a. in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg) strenger Frost bis -14°C auf, tagsüber stiegen die Temperaturen nur auf -10 bis -7°C. Im Westen und Südwesten blieb es durchweg wesentlich milder bei +6 bis +9°C. Der Temperaturunterschied auf rund 600 km Luftlinie zwischen West und Ost betrug rund 20 Kelvin. Eine ähnliche Wetterlage herrschte Ende Januar 2014, als sich die Vordergrenze der Frostluft bis einer Linie Emsland-Ostwestfalen-Nordhessen-Thüringen-Nordbayern vorarbeiten konnte. Bei strengem Dauerfrost im Nordosten und Tiefstwerten bis -18°C war es noch etwas kälter als 2016.

Der Kältepol verlagerte sich unterdessen von der Ukraine (am 3.1. unter -20°C in 850 hPa und -27°C auf Stationshöhe) nach Skandinavien (unter -25°C in 850 hPa und knapp -43°C auf Stationshöhe) am 6.1., wo Hochableger "Alf" zu liegen kam. Niederschläge von Tief "Gerd" erreichten Deutschland schon am 3.1. in Form von Regen, Schnee und gefrierendem Regen vor allem im Emsland. Bis zum 6.1. schickte Tief "Helmut" weitere Niederschlagsgebiete ins Land, die zögerlich die Grenze der Frostluft nach Norden verschoben. Im Übergangsbereich stellte sich regional extreme Straßenglätte durch gefrierendem Regen zwischen Ostwestfalen und Ostbayern ein. Mit Tief "Britta" überschritten die Temperaturen am 8.1. wieder überall den Gefrierpunkt.

500-hPa-Geopotential und Bodendruck vom 03. bis 07.01.2016 | Quelle: Wetter3
03.01.2016, 12 UTC 04.01.2016, 12 UTC 05.01.2016, 12 UTC 06.01.2016, 12 UTC 07.01.2016, 12 UTC


850 hPa äquivalentpotentielle Temperatur vom 03. bis 07.01.2016 | Quelle: wetter3.de
03.01.2016, 12 UTC 04.01.2016, 12 UTC 05.01.2016, 12 UTC 06.01.2016, 12 UTC 07.01.2016, 12 UTC


Auswirkungen

Gefrierender Regen entsteht, wenn eine ausreichend dicke Schicht wärmerer Luft (über 0°C) über kalter Luft (unter 0°C) liegt. In der warmen Schicht schmelzen Schneeflocken zu Regentropfen, die in der kälteren Schicht nicht erneut gefrieren (unterkühlen), bevor sie am Boden ankommen. Liegt die Temperatur am Boden bzw. von Gegenständen unter 0°C, können die Tropfen dort spontan gefrieren und extreme Glätte auslösen. Bei einem winterlichen Kältehoch sickert die Kaltluft meist bodennah ein, während in höheren Luftschichten noch milde Luft liegt. Dann geht leichter Sprühregen oder Regen in gefrierenden Regen über. Zum anderen kann in höheren Luftschichten wärmere Luft herangeführt werden (z.B. über 0°C im 850-hPa-Niveau), während darunter Temperaturen unter 0°C herrschen. Erst wenn die Schicht wärmerer Luft so dünn wird, dass die Schneeflocken nicht mehr schmelzen oder die Schicht kalter Luft so dick ist, dass Regentropfen wieder zu Eiskörnern oder Schneeflocken gefrieren, hört der gefrierende Regen auf.

Am 2.1. wurde in den südwestlichen Mittelgebirgen bzw. im ostdeutschen Flachland bereits gefrierender Regen gemeldet, abends bildete sich von Niedersachsen bis nach Bayern eine Schneefallzone. Am Morgen des 3.1. stellte sich vom Norden Hollands über das Emsland nach Ostwestfalen an der Grenze zur milderen Luft eine erste gefährliche Glatteislage ein (zeitweise reichte diese auch bis nach Nordbayern). Beispielsweise regnete es auf der Nordseeinsel Norderney bei -3°C, in Bremen fiel bei -4°C Schnee. In Ostfriesland blieben zwei IC-Züge (Köln-Emden bzw. Norddeich-Köln) auf offener Strecke wegen vereister Weichen und Oberleitungen stehen. Hunderte Fahrgäste des IC nach Köln mussten die Nacht im beheizten Zug oder in einer nahe gelegenen Halle verbringen. In Niedersachsen und Bremen ereigneten sich zudem rund 300 Unfälle auf den Straßen.

Radarbilder und Temperaturen, Glatteiszone: rot markiert | Quelle: DWD JavaMap
04.01.2016, 12 UTC 04.01.2016, 19 UTC 04.01.2016, 22 UTC 05.01.2016, 04 UTC


In der Nacht auf den 4.1. zog ein Ausläufer des Tiefs "Helmut" nach Deutschland, im Südwesten fiel anfangs oberhalb 400-600 m Schnee, nordöstlich anschließend bis in tiefe Lagen. Während die Schneefälle weiter nordostwärts vorankamen, bildete sich diagonal etwa zwischen NRW und Bayern (siehe Grafiken) eine weitere Glatteiszone. In der Nacht auf den 5.1. waren Nordholland, Niedersachsen, Thüringen und Westsachsen besonders betroffen. Bis zum Mittag des 6.1. herrschte auf der A2 Glatteis auf 50 Kilometern Länge (sowie im Raum Osnabrück und Göttingen). Unterdessen kamen die Schneefälle etwas weiter nach Nordosten voran.

Tief "Britta" verdrängte ab dem Abend des 7.1. mit auffrischendem Südwestwind die Frostluft dann zunehmend nach Nordosten. Zwischen dem Emsland und Westsachsen fiel erneut gefrierender Regen, nordöstlich davon Schnee. In den Frühstunden des 8.1. gingen die Schneefälle dann auch zwischen Hamburg und Berlin in Regen über, der auf gefrorenen Boden fiel. Bis zum Abend hatte sich dann auch die Glättesituation in Mecklenburg-Vorpommern wieder weitgehend entspannt.

Radarbilder und Temperaturen, Glatteiszone: rot markiert | Quelle: DWD JavaMap
06.01.2016, 09 UTC 07.01.2016, 18 UTC 08.01.2016, 03 UTC 08.01.2016, 12 UTC




Text: FB
7.-9. Januar 2016


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