Montag, 06. Juli 2015, 00:00 MESZ
zuletzt aktualisiert am 14.07., 21:45 MESZ Hitze/heftige Gewitter West- und Mitteleuropa 30.06.-07.07.2015 auf die extreme Hitze folgten heftige Gewitter © Sven Baumstark/Benjamin aus Versmold |
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Zum Monatswechsel Juni/Juli 2015 stellte sich die Großwetterlage in West- und Mitteleuropa um. Ein kräftiger Höhenrücken dominierte über viele Tage das Wettergeschehen und schaufelte sehr heiße Luftmassen über Spanien bis nach Großbritannien und später auch nach Deutschland. Während die Hitzewelle mit Hoch "Annelie" in Frankreich lokal zum Überschreiten der 40-Grad-Marke führte, erlebte Großbritannien den heißesten Julitag seit Aufzeichnungsbeginn. Auch in Deutschland wurde am 05.07. die 40-Grad-Marke geknackt. Mit 40,3 °C stellte Kitzingen (BY) einen neuen Allzeitrekord auf, etliche DWD-Stationen verzeichneten neue Dekaden- und Monatsrekorde. Nachts sanken die Tiefsttemperaturen zum Teil kaum unter 25 °C. Auf die ungewöhnliche Hitze folgten zuerst von Frankreich, Süd-Großbritannien und der Benelux, anschließend auch in Teilen Deutschlands heftige Gewitter mit Sturmböen, Starkregen und Hagelschlag.
Überblick über die Großwetterlage
Es stellte sich eine für den Hochsommer seltene omegaförmige Strömungskonstellation ein, die sich um den 1. Juli gut ausgeprägt auf den Höhenwetterkarten zeigte und eine mehrtägige Hitzewelle in Europa begünstigte. "Quintus" und "Annelie" führten in mehreren Schüben sehr heiße Luft aus Nordwestafrika nordostwärts, besonders in Westeuropa wurden Rekordtemperaturen registriert. Mit langsamer Ostwärtsverlagerung des Atlantiktroges sowie "Kippen" der Rückenachse nach Südosten verstärkte sich der Warmlufttransport am Wochenende 4./5. Juli zwischen dem neuen Zentraltief "Siegfried" westlich Irlands und dem Richtung Südosteuropa abziehenden Hoch "Annelie". Bei 20 bis 24 °C in rund 1550 Metern Höhe registrierten einige Wetterstationen sogar Allzeitrekorde.
Einordnung der Hitze der ersten fünf Julitage 2015 in Deutschland Die ersten fünf Tage des Juli 2015 gehören zu den heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Mit einem Deutschlandmittel von rund 24,7 °C verliefen diese nahezu 8 K wärmer als im langjährigen Mittel 1961-1990. Mit dem angesammelten Temperaturüberschuss am Anfang des Monats kann ungeachtet möglicher kühlerer Phasen im Verlauf des Monats davon ausgegangen werden, dass auch der Gesamtmonat insgesamt zu warm abschließt. Der heißeste Monat der 250-jährigen Aufzeichnungen ist bislang der Juli 2006 mit einem Mittel von 22,0 °C (+5,1 K). In den letzten 20 Jahren warteten der August 2003 und der Juli 2010 mit einem hohen Mittelwert von über 20 °C auf, die ebenfalls zu den heißesten Monaten der letzten Jahrzehnte zählen.
Die Julimonate 2006 und 2010 zeichneten sich hauptsächlich durch eine lange Andauer hochsommerlicher Temperaturen aus, weniger durch extreme Hitzespitzen. Häufig regenerierte sich der Atlantiktrog und die korrespondierenden Tiefdruckgebiete zogen dort ihre Kreise, sodass eine dauerhafte südwestliche Strömung mit Warmluftzufuhr und nur kurzen Unterbrechungen durch Gewitter zustande kam. Der Juli 2015 geht bereits mit seinen zahlreichen aufgestellten Monatsrekorden der Höchsttemperatur in die Klimageschichte ein, die an einigen Stationen auch deren Allzeitrekorde bedeuteten. In diesem Fall war also kein Tag seit Messbeginn der Stationen heißer als der 4. oder 5. Juli 2015. Hamburg-Fühlsbüttel konnte am 4. Juli einen Dekadenrekord in der Messreihe seit 1891 verbuchen, Bremen-Flughafen sogar einen Monatsrekord seit 1890. Allzeitrekorde fielen beispielsweise an der seit 1947 bestehenden Station Gardelegen (ST). Häufig wurden dabei bestehende Werte vom 20.07.2006 und 09.08.1992 - vor allem in Norddeutschland - eingestellt oder übertroffen. Vergleichbare Hitzetage traten auch am 02.07.1952 und 10.07.2010 in Süddeutschland auf. Kitzingen (Bayern) registrierte am 5. Juli 2015 40,3 °C - damit die höchste je gemessene Temperatur in Deutschland, die auch nie zuvor so früh im Jahr erreicht wurde. Bislang kam von allen Hitzelagen seit 2003 der 27.07.2013 in Süddeutschland den Rekordwerten am nächsten (Rheinstetten 38,1 °C). Die nach Rheinstetten verlegte, ehemalige DWD-Station an der Karlsruher Hertzstraße, deren Messungen seit 2009 vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) weitergeführt werden, stellte am selben Tag den Wert von 40,2 °C ein. Der 05.07.2015 brachte in Rheinstetten einen neuen Stationsrekord mit 38,4 °C, ebenso an der Hertzstraße mit sogar einem neuen Höchstwert von 40,8 °C! Die Vergleichbarkeit ist allerdings wegen veränderter Umgebungsbedingungen zu 2003 eingeschränkt. Es ist davon auszugehen, dass dort zunächst weiter der 08. und 13.08.2003 die heißesten Tage in der Messreihe bleiben. 2003 lagen die Temperaturen in 850 hPa (über 1500 Meter Höhe) bei 22 - 23 °C, 2015 bei 21 - 22 °C am 4.7. und bei 23 - 24 °C am 5.7. im Südwesten Deutschlands. Bei trockenheißer Luftmasse und starker Sonneneinstrahlung ist eine Temperaturzunahme von 1 K pro 100 m anzunehmen (trockenadiabatisch), sodass zu den Werten in 850 hPa gut 15 K addiert werden können, bei zusätzlicher bodennaher Überhitzung auch um 17 K. Auch in diesem Jahr verliefen die Vormonate regional deutlich zu trocken, Anfang Juli sind Sonnenstand und Tageslänge noch ein Stück höher als um den 10.August. So war nach knapp 12 Jahren ein neuer Deutschlandrekord möglich. Zuletzt kam Dresden-Hosterwitz diesem am 19.08.2012 mit 39,8 °C am nächsten. Eine Inversion verhinderte an diesem Tag bei rekordverdächtigen 26 °C in 850 hPa ein deutliches Übertreffen des bestehenden Rekords. CHRONOLOGIE DER EREIGNISSE VOM 28.06.- 08.07.2015 Sonntag, 28.06.2015 und Montag 29.06.2015: Bereits extreme Hitze über Spanien Bereits am letzten Juniwochenende baute sich über der Iberischen Halbinsel extreme Hitze mit Temperaturen vielerorts jenseits der 40-Grad-Marke auf. Großräumiges Absinken unter einem Höhenrücken, die Advektion heißer Luftmassen aus Nordafrika, sowie die kräftige Sonneneinstrahlung Ende Juni kurz nach der Sommersonnenwende, ließen die Temperaturen in der Atmosphäre über der Iberischen Halbinsel kontinuierlich ansteigen. Während am 25.06. im 850 hPa-Niveau (etwa 1520 - 1600 m) über Spanien noch Temperaturen etwa zwischen 15 °C und 20 °C analysiert wurde, waren es am 28.06. abgesehen vom äußersten Norden des Landes verbreitet bereits über 25 °C. Am Boden ergab dies verbreitet Temperaturen über 40 °C. Sogar in Santa Elena, auf 770 m ü. NN stieg die Temperatur am 28.06. auf 42,3 °C.
Dienstag, 30.06.2015: Extreme Hitze mit Temperaturen bis 40 °C erreicht den Südwesten Frankreichs Der Höhenrücken dehnte am 30.06. seine Amplitude nach Norden aus und unter großräumigem Absinken zeigten sich von Spanien und Portugal bis nach Dänemark und England nur wenige Wolken. Zwischen Hoch "Amelie" über Mitteleuropa und dem Tiefdruckkomplex Quintus über dem Nordatlantik setzte sich die extrem warme Luft, die bereits über Spanien lagerte über Westeuropa nach Norden in Bewegung. So kam die 20 °C-Isotherme im 850 hPa-Niveau im Laufe des Tages über dem Westen Frankreichs bis zur Kanalküste voran, im Südwesten Frankreichs wurden sogar Werte über 25 °C analysiert. Korrespondierend dazu wurden in dieser Region tagsüber auch die höchsten Temperaturen des Landes verzeichnet. In der Spitze waren es 40,2 °C an der Station Cazaux im Departement Gironde. Sowohl diese, als auch zahlreiche andere Stationen bevorzugt im Westen Frankreichs verzeichneten neue Rekordtemperaturen für den Monat Juni. Eine Liste neuer Monatsrekorde in Frankreich ist unten angehängt. Auch in Deutschland wurde die 30-Grad-Marke in der Westhälfte bereits vielerorts geknackt. Spitzenreiter hierzulande war mit 31,8 °C die Station im badischen Wolfach.
Mittwoch, 01.07.2015: Rekordhitze in Großbritannien und im Norden Frankreichs Der Höhenrücken über dem europäischen Kontinent wölbte sich weiter nach Norden auf und verlagerte sich sehr langsam ostwärts. Der korrespondierende Höhentrog vergrößerte ebenfalls seine Amplitude und reichte mit seiner Achse bis zu den Kanaren. In einer südlichen Strömung wurde weiterhin sehr heiße Luft über Frankreich bis nach Großbritannien transportiert. Die 20 °C Isotherme stieß im 850-hPa-Niveau etwa bis in die Mitte Englands vor, in der Mitte Frankreichs wurden zum Teil Werte bis 24 °C analysiert. Etwas kühlere Luft vom Atlantik erreichte dagegen die westliche Iberische Halbinsel sowie den Westen Frankreichs. Somit verlagerte sich der Hitzeschwerpunkt am 01.07. vom Südwesten Frankreichs in die zentralen und Nördlichen Landesteile. Mit 40,1 °C an der Station Vichi-Charmel wurde in Frankreich erneut die 40 Grad-Marke genknackt. Neue Monatsrekorde für den Monat Juli wurden besonders in den zentralen und nördlichen Landesteilen geknackt. An folgenden Stationen wurde sogar ein neuer Allzeitrekord aufgestellt: Neue Allzeitrekorde in Frankreich (bisheriger Rekord / aus dem Jahr): Chapet: 40,8 °C (40,0 °C / 2003) Melun: 39,4 °C (38,9 °C / 2003) Dieppe: 38,3 °C (37,0 °C) Boulogne-sur-Mer: 35,4 °C (34,8 °C / 2003) (Datenquelle: Meteociel) So heiß wie noch nie zuvor war es am 01.07. auch in Großbritannien. Mit 36,7 °C stellte die Station Heathrow den alten Landesrekord von 36,5 °C am 19 Juli 2006 in Wisley, Surrey in den Schatten. Weitere Allzeitrekorde in Großbritannien sind in der Tabelle unten aufgelistet. Auch in Deutschland stieg das Thermometer im äußersten Westen vereinzelt über 35 °C. Spitzenreiter war Saarbrücken-Burbach mit 35,7 °C. In der Nordosthälfte Deutschlands blieb es dagegen mit Temperaturen zwischen 25 °C und 30 °C noch etwas kühler. Erste Gewitter im Westen Frankreichs und in Großbritannien
Donnerstag, 02.07.2015: Rekordtemperaturen nun auch in Deutschland Die Kaltfront von Tief Reinhard überquerte bis zum 02.07. die Britischen Inseln und beendete dort vorerst die extreme Hitze. Der Hitzeschwerpunkt vorlagerte sich im Vergleich zum Vortag weiter nach Osten und lag am 02.07. etwa über dem Osten Frankreichs, dem Westen Deutschlands und den Benelux-Ländern. Von Südwestfrankreich bis in den Westen Deutschlands war die Nacht zum 02.07. zum Teil tropisch warm. Das bedeutet, dass die Temperatur nachts nicht unter 20 °C sank. An der Station Gevelsberg-Oberbröking und Düsseldorf ging die Temperatur nur auf 24,7 °C zurück, was in Gevelsberg-Oberbröking (Aufzeichnungen seit 2008) einem neuen Rekordwert entspricht. In Düsseldorf wurde der alte Rekord von 24,9 °C am 09.08.1992 nur knapp verfehlt. Jedoch überbot die Station Düsseldorf (Aufzeichnungen seit 1969) ihren alten Monatsrekord für den Monat Juli von 23,5 °C am 7.7.1989) Während die Spitzenwerte der Vortage von über 40 °C in Frankreich nicht mehr erreicht wurden stiegen die Temperaturen nun auch im Westen Deutschlands in den Rekordbereich. Vom Oberrhein bis nach Ostfriesland wurden verbreitet über 35 °C gemessen. In der Spitze stieg die Temperatur in Deutschland auf 38,7 °C in Duisburg-Baerl (NW). An zahlreichen Stationen wurden bereits neue Dekadenrekorde für die erste Julidekade aufgestellt. An einigen Stationen wurde sogar der bisherige Monatsrekord übertroffen. Auswahl neuer Monatsrekorde in Deutschland (bisheriger Rekord / aus dem Jahr / Stationsbeginn): Bocholt: 38,6 °C (36,3 °C / 09.07.1959 / 1947) Düsseldorf/Flughafen: 37,2 °C (36,6 / 03.07.1976 / 1969) Münster-Osnabrück/Flughafen: 37,1 °C (35,9 °C / 10.07.2010 / 1990) Lingen: 36,4 °C (35,7 °C / 19.07.2006 / 1951) Saarbrücken/Flughafen: 35,6 °C (34,9 °C / 10.07.2010 / 1951) Tholey: 35,0 °C (34,8 °C / 10.07.2010 / 1975) Essen: 36,1 °C (34,8 °C / 16.07.2003 / 1935) (Datenquelle: DWD)
Im Westen Frankreichs machte sich derweil weiterhin der nahende Höhentrog über dem Atlantik bemerkbar. Vorderseitig einer durchschwenkenden Kurzwelle bildete sich über der Iberischen Halbinsel erneut ein flaches Bodentief, das sich bis zur Nacht auf den 03.07. in den Nordwesten Deutschlands verlagerte. Hebungsprozesse auf der Trogvorderseite, verstärkt durch lokale Bodenkonvergenzen im Bereich des flachen Bodentiefs bildeten in der sehr warmen, feuchten und instabilden Luftmasse, die nun auch den Westen Deutschlands erfasst hatte beste Bedingungen für die Auslöse von Gewittern.
24-stündige Niederschlagsmengen in Deutschland bis zum 03.07., 6 UTC: Borkum-Flugplatz: 23.5 mm Dörpen: 19.9 mm Castrop-Rauxel-Habinghorst: (WV NRW) 19.4 mm Belm: 18.7 mm Lienen-Kattenvenne: 17.1 mm (Datenquelle: DWD/Javamap)
Freitag, 03.07.2015: Erneut 40 °C in Frankreich Auch am 03.07. dominierte weiterhin der mächtige Höhenrücken, dessen Achse sich nun vom westlichen Mittelmeer bis zum weißen Meer östlich von Finnland erstreckte, das Wettergeschehen in Europa. Über Mitteleuropa lagerte weiterhin sehr heiße Luft mit Temperaturen bis knapp 20 °C im 850 hPa-Niveau, wenngleich sich im Nordwesten Deutschlands und den Benelux-Ländern hinter der Konvergenzlinie im Vergleich zum Vortag vorübergehend etwas weniger heiße Luft bemerkbar machte. Über Spanien, Südfrankreich und dem westlichen Mittelmeer brachte sich jedoch erneut sehr heiße Luft in Stellung, die mit einer südlichen Strömung auf der Vorderseite von Tief "Siegfried" bis zum 04.07. auch nach Mitteleuropa transportiert wurde. Die Nacht zum 03.07. war besonders im Südwesten Deutschlands wieder eine Tropennacht. Stuttgart/Schnarrenberg stellte mit der Tiefsttemperatur von 22,6 °C einen neuen Allzeitrekord auf (bisherige höchste Tiefsttemperatur: 22,2 °C am 5.8.2003, Messbeginn: 1958). In der wieder zunehmend heißen Luft über Frankreich knackten die Temperaturen dort mit 40,2 °C an der Station Vichy wieder die 40-Grad-Marke. Wiederholt verzeichneten zahlreiche französische Stationen neue Monatsrekorde. Auswahl neuer Monatsrekorde in Frankreich (bisheriger Rekord / aus dem Jahr / Stationsbeginn): Romorantin (Loir-et-Cher): 38,2 °C (37,9 °C / 17.07.1964 / 1921) Guéret (Creuse): 36,0 °C (35,8 °C / 26.07.2006 / 1975) Autun (Saône-et-Loire): 36,5 °C (36,3 °C / 14.07.2003 / 1990) Mouthe (Doubs, 940m): 33,0 °C(31,8 °C / 27.07.2013 / 1970) l'Alpe d'Huez (1860 m):27,7 °C (27,3 °C / 19.08.2012 / 1989) (Datenquelle: Meteociel) In Deutschland lagen die Spitzenwerte zwischen 37 °C und 38 °C im Südwesten. Spitzenreiter war Bad Mergentheim-Neunkirchen (BW) mit 37,8 °C. Dekadenrekorde wurden in Deutschland an diesem Tag nur an einzelnen Stationen gebrochen, etwa mit 33,0 °C an der Station Vielbrunn/Odenwald (alter Rekord: 32,1 °C am 10.07.2010 / 1987) oder mit 33,9 °C am Flughafen Erfurt (alter Rekord: 33,5 °C am 04.07.1994 / 1967).
Samstag, 04.07.2015: Über 39 °C und einige Allzeitekorde In der Nacht zum Samstag kühlte es mancherorts kaum unter 25 °C ab. Die höchsten Tiefsttemperaturen wurden mit 20 bis nahe 25 °C vom Südwesten über den Westen bis in die Mitte Deutschlands gemessen. Örtlich blieben die Temperaturen in Frankreich und Italien sogar oberhalb der 25-Grad-Marke. Kräftige Sonneneinstrahlung und 850-hPa-Temperaturen (rund 1600 Meter Höhe) von verbreitet 20-22 °C über Deutschland ließen die Temperaturen am Boden fast im gesamten Bundesgebiet über die 35-Grad-Marke steigen. Nur an den Küsten bließ ein frischerer Wind. Spitzenreiter war das rheinland-pfälzische Bad Dürkheim mit 39,2 °C. Einige Stationen verbuchten neue Allzeitrekorde der Höchsttemperatur, zahlreiche DWD-Stationen neue Monatsrekorde und noch mehr stellten Dekadenrekorde für die ersten 10 Julitage auf. Vor allem von Niedersachsen, über Sachsen-Anhalt und Brandenburg bis nach Thüringen entwickelten sich in energiereicher Luft im Tagesverlauf lokal heftige Gewitter mit heftigem Starkregen und Sturmböen (z.B. Warburg 76 km/h und Soltau 86 km/h). Die Schauer- und Gewitteraktivität ließ in der Nacht wieder nach.
Sonntag, 05.07.2015: Allzeit-Temperaturrekord: 40,3 °C in Bayern! Der 5. Juli 2015 geht als heißeste Tag seit Aufzeichungsbeginn in die Wetterannalen ein. In der Südhälfte betrugen die 850-hPa-Temperaturen (rund 1570 Meter Höhe) 20-23 °C, lokal sogar bis 25 °C. Während die Temperaturen im Nordwesten langsam zurückgingen, wurden von Südwest- bis Ostdeutschland erneut über 35 °C gemessen. Vielerorts betrugen die Höchsttemperaturen sogar 37-40 °C. Spitzenreiter und neuer Rekordhalter ist die Station des Deutschen Wetterdienstes in Kitzingen (BY), wo die Temperatur erst bei 40,3 °C Halt machte. Wie schon an den Vortagen wurden unzählige Rekorde gebrochen (Dekaden-, Monats- Allzeitrekorde). Nach Angaben von Wunderground.com wurden im Zeitraum von 2. bis 5. Juli an 131 von 492 DWD-Stationen neue Allzeit-Rekorde der Höchsttemperatur aufgestellt. Entsprechend energiegeladen waren die Luftmassen: Analysierte CAPE-Werte von über 2500 J/kg und Lifted-Index-Werte bis -9 K von Rheinland-Pfalz über Baden-Württemberg bis nach Bayern boten eine ausgezeichnete Grundlage zur Entwicklung zum Teil schwerer Gewitter. Zunächst entluden sich von Nordwest-Frankreich über die Benelux bis in den Nordwesten Deutschlands Gewitter. Unwetterartige Gewitter bildeten sich im Tagesverlauf auch in der Mitte und im Osten Deutschands. Mancherorts konnte Großhagel mit mehreren Zentimetern Korndurchmesser beobachtet werden. Beispielsweise im nordrhein-westfälischen Freudenberg, wo Hagelgeschosse um 5 cm vom Himmel prasselten. Außerdem traten zum Teil heftige Gewitterböen auf, wie beispielsweise in Braunschweig mit Spitzenwindböen bis 102 km/h (orkanartige Böen, Bft. 11). Aber auch an vielen anderen Stationen wurden am Nachmittag und Abend Sturmböen registriert. Im Süden gingen nur lokale Gewitter nieder, erst in der zweiten Nachthälfte entwickelten sich im Süden Baden-Württembergs und Bayerns gewittrige Regenfälle.
Montag, 06.07.2015: Heißluftzufuhr reißt nicht ab Vorderseitig des nach Irland ziehenden Tiefs "Thompson" machte sich nochmals sehr heiße Luft mit 20-26 °C im 850 hPa-Niveau auf den Weg in die Südhälfte Frankreichs und viel Sonnenschein durch Hoch "Bigi" ließ dort die Temperaturen erneut stark ansteigen. Eine Station im Zentrum von Saint-Étienne registrierte mit 41,3 °C eine noch höhere Temperatur in Frankreich als an den Tagen zuvor (Allzeitrekord z.B. Issoire mit 40,3 °C). Seit Sonntag verschärfte sich auch wieder die Hitze in Spanien (z.B. 42,6 °C in Granada) und erreichte bei zum Teil über 28 °C in 850 hPa noch höhere Werte als Ende Juni. Andalusien erlebte den bislang heißesten Tag des Jahres mit 45,2 °C in Córdoba und 45,1 °C in Montoro. Während den Hitzewellen im August 2003 und 2012 verzeichneten Córdoba mit 46,2 °C bzw. Montoro mit 46,1 °C die höchsten Werte. Dienstag, 07.07.2015: Nochmals Temperaturrekorde An der langgestreckten Kaltfront von Tief "Siegfried" entstand ein Randtief, das von Frankreich her quer über Deutschland zur Ostsee weiterzog. In seinem Warmsektor erreichte die 20 °C-Isotherme nochmals Süddeutschland mit 37,6 °C in Ohlsbach als deutschlandweite Höchsttemperatur. Genf stellte mit 39,7 °C einen Allzeitrekord für die Schweizer Alpennordseite auf, in Grono (Graubünden) wurden am 11. August 2003 sogar 41,5 °C gemessen. Wie bei der Hitzewelle Anfang Mai kommt die heißeste Station Spaniens aus der Provinz Valencia: Xàtiva meldete 45,9 °C. In den iberischen Klimaaufzeichnungen lassen sich allerdings immer noch zwei höhere Temperaturwerte finden: den höchsten offiziell bestätigten Landesrekord hält Murcia mit 47,2 °C, am 1. August 2003 machte das Thermometer in Alentejo (Portugal) erst bei 47,3 °C Halt. Aus Westen näherte sich nun jedoch der Atlantiktrog mit dem korrespondierenden Bodentief "Thompson", das eine weitere Unwetterlage einleitete und die große Hitze mit deutlich über 35 °C in weiten Teilen Mitteleuropas vorerst beendete. CAPE-Werte um 1500 J/kg und starke Scherungswerte begünstigten die Entstehung schwerer Gewitter. Mehrere Gewitterlinien formierten sich über zwei Dritteln der Fläche Deutschlands und hinterließen Schäden durch großen Hagel und Orkanböen (z.B. 126 km/h in Nürnberg). Ein lineares Starkwindereignis (sog. "Downburst") verursachte im rheinland-pfälzischen Framersheim Schäden im Wert von rund fünf Millionen Euro. Auch einige Tornadoverdachtsfälle werden überprüft.
Mittwoch, 08.07.2015: Unwetter in Österreich und Italien Es folgte die wärmste Nacht und der wärmste Tagesbeginn in der Geschichte Österreichs (tags zuvor Rekord in Innsbruck mit 38,2 °C). Am 8. Juli 2015 überschritten nach Angaben der ZAMG die Temperaturen erstmals schon kurz vor 8 Uhr in Niederösterreich die 30-Grad-Marke (z.B. Seibersdorf um 8 Uhr 30,4 °C). Die Tiefsttemperatur in der Wiener Innenstadt lag bei 26,9 °C (Stationsrekord seit 1985) und auf der Hohen Warte bei 24,3 °C (Stationsrekord seit 1872(!)). Nachmittags beendeten dort Unwetter die Rekordjagd mit 8 cm großen Hagelgeschossen sowie schweren Überflutungen in Kärnten und Südtirol (Italien). Ein schwerer Tornado verwüstete die Stadt Mirano bei Venedig. Dieser soll noch stärker als die Tornados im Mai in Deutschland gewesen sein, riss Autos in die Luft und zerstörte Gebäude. Weitere Entwicklung Auf der Rückseite von Sturmtief "Thompson" floss am 9. Juli noch kühlere Polarluft vom Nordmeer nach Mitteleuropa. Herbstlich anmutendes Schauerwetter mit schweren Sturmböen bis 96 km/h in Glücksburg (SH) bedeuteten einen markanten Wetterwechsel. Das von Frankreich über Deutschland ostwärts ziehende Hoch "Clara" ließ die Temperaturen in den zwei Folgenächten trockene Kaltluft bei klarem und schwachwindigem Wetter vor allem in Bodennähe stark abkühlen. Die Frühwerte lagen verbreitet im einstelligen Bereich und in Bendorf (6,1 °C, Messbeginn 1951) oder Neuhaus am Rennsteig (3,8 °C) wurden nun sogar Rekorde der Tiefsttemperatur für den Monat Juli aufgestellt. Zwei weitere Julirekorde folgten in der Nacht auf den 11. Juli in Manschnow (5,3 °C) und 4,0 °C in Barth an der Ostsee (Messbeginn 1967). Vor allem im Süden setzte sich jedoch rasch wieder wärmere Luft durch. Text: MB, FB, SB 05.-14. Juli 2015 |