Anfang März 2015 bildete sich über dem zentralen Mittelmeerraum Sturmtief
"Anton" aus, das von Südfrankreich über Italien bis nach Tunesien sowie auf dem Balkan für
turbulente Wettererscheinungen verantwortlich war. Heftige Niederschläge hatten besonders in
der westlichen Balkanregion lokale Überflutungen und Erdrutsche zur Folge. In Bosnien und
Herzegowina kam ein Mann durch einen Erdrutsch ums Leben. In höheren Lagen machten starke
Schneefälle Straßen unpassierbar. Von Südfrankreich bis zur Adria traten verbreitet Orkanböen
auf, wodurch in Italien zwei Menschen ihr Leben verloren. An der kroatischen Küste brachte die
Bora örtlich Windgeschwindigkeiten über 200 km/h hervor.
Wetterlage und Entwicklung
Die Großwetterlage über Europa zu Beginn des Monats März war geprägt von einem umfangreichen
Tiefdruckkomplex über dem Nordmeer und hohem Luftdruck von den Azoren bis in den Mittelmeerraum.
Zwischen den Beiden Druckgebilden stellte sich über Europa eine lebhafte westliche Strömung ein.
Ab dem 3. März baute sich über der Biskaya ein Hochdruckgebiet auf, an dessen Ostseite hinter der
Kaltfront eines Ablegers von Tief "Zacharias" in einer nordwestlichen Strömung kalte Meeresluft
nach West- und Mitteleuropa strömte. Die Kaltfront erreichte am 04. März die Alpen und das
westliche Mittelmeer. Die im breiten Strom agierende Kaltluftadvektion amplifizierte über
Frankreich einen Höhentrog, dessen Achse am 5. März bis nach Algerien und Tunesien reichte.
Während die Kaltluft ungehindert über Frankreich in den westlichen Mittelmeerraum strömte wurde
sie weiter östlich von den Alpen zurückgehalten, was über dem Golf von Genua ein baroklines und
zugleich zyklonal rotierendes Umfeld schuf und zur Ausbildung eines neuen Tiefdruckgebietes
führte. Zusätzliche Antriebe auf der Vorderseite des über dem westlichen Mittelmeerraum
liegenden Troges durch die Advektion mit der Höhe zunehmender positiver Vorticity begünstigten
eine rasche Intensivierung des Tiefs sowie die Ausbildung kräftiger Niederschläge. Das Tief
erhielt den Namen "Anton" und erreichte über dem Tyrrhenischen Meer am 5. März, 06 UTC einen
Kerndruck von 997 hPa.
Höhenwetterkarten zur Großwetterlage und Bodendruckanalysen
500 hPa-Geopotential/Bodendruck, 850 hPa-Geopotential/Temperatur und Bodendruckanalyse |
Quellen: wetter3.de, FU Berlin/DWD
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04.03.2015, 00 UTC |
05.03.2015, 00 UTC |
06.03.2015, 00 UTC |
07.03.2015, 00 UTC |
Satellitenbilder
Satellitenbilder Meteosat 8 (vis) |
Quellen:
F. Valk
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04.03.2015, 12 UTC |
05.03.2015, 12 UTC |
06.03.2015, 12 UTC |
07.03.2015, 12 UTC |
Heftige Schnee- und Regenfälle auf dem Balkan
Am 4. März bildeten sich im Bereich der Balearen kräftige Niederschläge mit zum Teil eingelagerten
Gewittern aus, die sich in der Folge ostwärts über Sardinien und Korsika sowie über die Mitte
Italiens hinweg bis zum Balkan verlagerten.
Am 5. März war besonders der westliche Balkan vom Süden Kroatiens über Montenegro bis nach
Albanien von starken Niederschlägen betroffen. Dort fielen örtlich über 100 mm innerhalb 24 Stunden
In Dubrovnik (HR) gingen bis zum 6. März, 06 UTC 226 mm innerhalb 48 Stunden nieder.
Durchschnittlich fallen dort im gesamten März nur 102.2 mm. Somit fiel dort mehr als
das doppelte des üblichen Monatssolls in nur 2 Tagen. Am 06. März verlagerte sich der
Niederschlagsschwerpunkt Richtung Griechenland und Bulgarien. In Kurdjali (BG) fielen bis zum
07. März, 06 UTC 94,1 mm innerhalb 24 Stunden. In Folge der heftigen Regenfälle kam es
vielerorts zu Überflutungen und Erdrutschen. In Bosnien und Herzegowina verlor ein Mann durch
einen Erdrutsch sein Leben (Quelle: Sofia News Agency). In Montenegro waren Straßen aufgrund von Erdrutschen und
Überflutungen zum Teil unpassierbar, einige Menschen mussten ihre Häuser verlassen.
Rückseitig des Tiefdruckgebietes strömten aus
nordöstlichen Richtungen kontinentale Kaltluftmassen in den westlichen und zentralen
Mittelmeerraum. Auf der Vorderseite wurden dagegen warme und feuchte Luftmassen nach Norden
in die Schwarzmeerregion transportiert. Auf der kalten Seite fielen die Niederschläge auf dem
Balkan zum Teil bis in tiefe Lagen als Schnee. An der Grenze zur warmen Luft schneite es in den
Hochlagen Italiens sowie auf den Bergen der Balkanhalbinsel zum Teil kräftig.
In Sarajewo (638 m), der
Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina, lagen am 05. März, 18 UTC 39 cm Schnee. In Kolasin
(ME) wuchs die Schneedecke von 19 cm am 05. März auf 80 cm am 06. März an. Viele Straßen
waren in den Bergregionen um Sarajewo unpassierbar und somit einzelne Dörfer von der
Außenwelt abgeschlossen.
24-h-Niederschlagskarten |
Quellen:
modellzentrale.de
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bis 05.03.2015, 06 UTC |
bis 06.03.2015, 06 UTC |
bis 07.03.2015, 06 UTC |
24-h-Niederschlagssummen > 50 mm bis 05.03.2015, 06 UTC
24-h-Niederschlagssummen > 50 mm bis 06.03.2015, 06 UTC
24-h-Niederschlagssummen > 50 mm bis 07.03.2015, 06 UTC
Datenquellen: Meteo.hr,
Meteo.co.me
DWD/ Javamap
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Ort |
Niederschlagssumme |
H. Novi (ME)
Dubrovnik (HR)
Dubrovnik-aer (HR)
Civitavecchia (IT)
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89,0 mm
67,4 mm
63,8 mm
55,0 mm
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Ort |
Niederschlagssumme |
H. Novi (ME)
Dubrovnik (HR)
Ulcinj (ME)
Dubrovnik-aer (HR)
Bar (ME)
Kolasin (ME)
Podgorica (ME)
Bjelasnice (BA)
Zlatibor (RS)
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178,0 mm
158,6 mm
149,0 mm
144,2 mm
140,0 mm
83,0 mm
81,0 mm
68,7 mm
56,7 mm
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Ort |
Niederschlagssumme |
Kurdjali (BG)
Limnos Airport (EL)
Alexandroupolis (EL)
Skyros (EL)
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91,5 mm
68,9 mm
50,5 mm
50,0 mm
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Sturm- und Orkanböen in weiten Teilen des zentralen Mittelmeerraums
Mit der Intensivierung "Antons" und dem nachrückenden Hochdruckgebiet über der Biskaya baute sich
an der Nord- und Westflanke des Tiefs ein starker Druckgradient auf, der großen Teilen des
westlichen und zentralen Mittelmeerraums verbreitet Sturm- und Orkanböen bescherte. Betroffen
waren besonders die Gebiete rund um die Adria, sowie von Südfrankreich über Korsika und Sardinien
bis nach Tunesien. In Südfrankreich verursachte der Mistral Windgeschwindigkeiten bis knapp
150 km/h. Verantwortlich für solch hohe Windgeschwindigkeiten sind während eines
Mistralereignisses neben einem sehr hohen Druckgradient Kanalisierungseffekte zwischen
den Gebirgszügen des Massif central und den Alpen, wodurch die nördliche Strömung zusätzliche
Beschleunigung erfährt.
Auch in Italien verursachten Orkanböen zahlreiche Schäden.
Besonders betroffen war die Toskana, wo vorübergehend der Notstand ausgerufen wurde.
Auf dem Giogo-Pass (880 m) nahe Florenz wurden Böen bis 160 km/h gemessen. Umstürzende
Bäume blockierten Straßen und beschädigten Autos, zahlreiche Dächer wurden abgedeckt.
In einigen Regionen blieben die Schulen geschlossen und am Flughafen Florenz mussten
mehrere Flüge gestrichen werden. In Italien kamen 2 Menschen durch den Sturm ums Leben
(Quellen: toskana-magazin, Stern).
Die stärksten Böen traten jedoch in Verbindung mit der Bora an der kroatischen Adriaküste auf.
Die Bora zählt zu den katabatischen Winden, kalte Fallwinde, die aufgrund der höheren Dichte der
aus Nordosten eingeflossenen Kaltluft im Vergleich zur wärmeren Luft über der Adria an den
Berghängen entlang der Adriaküste beschleunigt werden. Zusammen mit dem ohnehin schon sehr
hohen Druckgradient an der Nordflanke von Tief "Anton" wurden an exponierten Stellen lokal
über 200 km/h gemessen. Mit der außergewöhnlich starken Bora kam es auch an der sturmerpropten kroatischen Küsten zu
Schäden an Gebäuden oder durch umgestürzte Bäume. Ganze LKWs wurden zum Teil von der Straße
geweht. Auf der Insel Pag fiel vorübergehend der Strom aus und die Fähren mussten ihren Betrieb
einstellen. (Quelle: Kroatien news)
Ort |
Spitzenböe |
La Chiappa
Cap Béar
Mont-Aigoual
Cap Corse
Alistro
Avignon
Orange
Nîmes-Garons
Ile Rousse
Formiguères
Istres
Solenzara
Leucate
Bastia
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172 km/h
148 km/h
148 km/h
146 km/h
135 km/h
126 km/h
122 km/h
120 km/h
119 km/h
119 km/h
117 km/h
115 km/h
113 km/h
109 km/h
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Ort |
Spitzenböen |
Promina
Split (Marjan)
Rijeka, GF
Makarska
Rijeka, Pehlin
Doricici
Split (Resnik Airport)
Zavižan
Krvavica, marina Ramova
Brela
Krk, Treskavac
Susak
Roc
Resnik
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252 km/h
166 km/h
166 km/h
151 km/h
137 km/h
137 km/h
133 km/h
130 km/h
130 km/h
127 km/h
127 km/h
127 km/h
123 km/h
121 km/h
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Text: MB 08. März 2015
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