Ein bemerkenswertes Schneesturmereignis suchte vom 26.01.- bis 28.01.2015 den Nordosten der USA heim. Starke Schneefälle
kombiniert mit heftigen Windböen führten in den Bundesstaaten New York, Connecticut, Rhode Island, Massachusetts, New Hampshire
und Maine zu chaotischen Zuständen. Betroffen davon war auch der Großraum Boston. In Massachusetts fielen bis zu 91 cm Neuschnee.
An den Küsten verursachte eine Sturmflut Schäden an Straßen und Gebäuden. Großteils wurde der Schienen- und Flugverkehr komplett eingestellt.
Auf den Straßen wurden in einigen Regionen, darunter auch in Boston und New York City Fahrverbote verhängt.
Wetterlage und Entwicklung
Die Großwetterlage über dem Nordamerikanischen Kontinent war zur Mitte der dritten Januardekade von einem mächtigen Rücken
über dem Westen der USA geprägt, während über dem Osten der USA ein Langwellentrog seine Amplitude bis in den Golf von Mexiko
ausbreitete. Rückseitig des Troges strömten in der Höhe kalte Luftmassen polaren Ursprungs in den Osten Kanadas, wo hingegen
in den westlichen Bundesstaaten unter dem Rücken extrem milde Luft vorherrschte. In den Staaten Kalifornien, Oregon und
Washington erreichte die Temperatur am 24.- und 25. Januar an 7 Stationen neue Rekordwerte für den Monat Januar.
Beispielsweise stieg die Temperatur im Death Valley (CA) am 25.01. auf 30,5 °C. Zwischen den unterschiedlich Temperierten
Luftmassen entstand am 24.01.2015 vorderseitig eines in den Langwellentrog einlaufenden Kurzwellentroges im Lee der Rockey
Mountains Tief "Juno", das nur 2 Tage später in den Staaten Neuenglands ein bemerkendes Schneesturmereignis hervorrief.
Vorderseitig des Kurzwellentroges verlagerte sich "Juno" unter zunächst nur geringer Intensivierung südostwärts und
erreichte am 26.01. etwa bei North Carolina den Atlantik. Dort wurden schließlich sehr warme und feuchte Luftmassen aus
dem Golf von Mexiko in die Zirkulation mit einbezogen, was starke Hebungsprozesse und somit eine rasche Intensivierung
des Tiefs zur Folge hatte. Dabei nahm "Juno" eine Zugbahn parallel zur Ostküste der USA ein und erreichte am 27.01. mit
einem Kerndruck von unter 985 hPa etwa im Seegebiet vor der Küste Connecticuts und Massachusetts seinen Höhepunkt. Unter
zunehmender Abschwächung zog "Juno" bis zum 28.01. weiter nach Neufundland.
Während "Juno" an seiner Vorderseiten die feuchtwarmen Luftmassen aus dem Golf von Mexiko über dem Atlantik nach Norden
transportierte, zapfte das Tief auf seiner Rückseite zumindest in den bodennahen Luftschichten die über dem Osten Kanadas
liegende Kaltluftmasse an. Unter großräumiger Hebung der warmen Luftmasse bildeten sich ergiebige Niederschläge aus, die auf
der warmen Seite des Tiefs über dem Meer als Regen niedergingen. Rückseitig des Tiefs wurde über dem Festland die warme Luft
aus Nordosten um das Tief herumgeführt und glitt auf die bodennah vorherrschende Kaltluft auf. Damit stellten sich entlang
der Küste Neuenglands ergiebige Schneefälle ein. An der Nordwestflanke des Tiefs baute sich zudem im Zusammenspiel mit einem
mächtigen Kältehoch von über 1035 hPa über Québec ein starker Druckgradient auf, womit sich an der Ostküste ein strammer
Nordostwind einstellte, der in Böen örtlich Orkanstärke erreichte. Tiefdruckgebiete, die wie "Juno" eine Zugbahn parallel
zur Ostküste einnehmen und somit an der Ostküste einen Nordoststurm zur Folge haben werden in den USA auch als Nor'easter
bezeichnet.
Höhenwetterkarten zur Großwetterlage
500-hPa-Geopotential und Bodendruck, 850-hPa-Temperatur vom 25.01. bis 28.01.2015 | Quelle: wetter3.de |
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25.01.2015, 00 UTC |
26.01.2015, 00 UTC |
27.01.2015, 00 UTC |
28.01.2015, 00 UTC |
Bodendruckanalysen
Bodendruckanalysen vom 07.02. bis 10.02.2013 | Quelle: HPC NOAA |
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25.01.2015, 01:36 UTC |
26.01.2015, 01:36 UTC |
27.01.2015, 01:26 UTC |
28.01.2015, 01:25 UTC |
Satellitenbilder
GOES-13 Satellitenbilder IR-Kanal vom 25.01. bis 27.01.2015 | Quelle: GOES NASA NOAA |
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25.01.2015, 05:45 UTC |
25.01.2015, 17:45 UTC |
26.01.2015, 05:45 UTC |
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26.01.2015, 17:45 UTC |
27.01.2015, 05:45 UTC |
27.01.2015, 17:45 UTC |
Niederschlagsradarbilder
Niederschlagsradarbilder staatenweit | Quelle: NCAR |
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26.01.2015, 06:00 UTC |
26.01.2015, 18:00 UTC |
27.01.2015, 06:00 UTC |
27.01.2015, 18:00 UTC |
Ergiebiger Schneefall, Orkanböen, und Auswirkungen
Am 26.01. schneite es zunächst von Ohio über Pennsylvania bis nach New York leicht. Am Abend des 26.01. setzten aus Südosten
neue intensive Schneefälle ein, die sich im Laufe des 27.01. auf den Süden New Yorks, Connecticut, Rhode Island,
Massachusetts, New Hampshire, Vermont und Main ausbreiteten. Zum Teil schneite es mehr als 10 cm in nur einer Stunde.
Insgesamt fielen vielerorts über 80 cm Neuschnee. Am meisten schneite es in Teilen Massachusetts wo sich die Neuschneehöhe in
Lunenburg, Hudson und Auburn auf 91 cm summierten. Mit einer Neuschneehöhe von 66 cm wurde auch der Großraum Boston schwer
getroffen. Neben den Schneefällen erreichte der Wind zum Teil Orkanstärke und türmte somit enorme Schneeverwehungen auf. In
Nantucket (MA) und auf dem Mount Washington (NH) wurden Böen bis 126 km/h gemessen. Die U-Bahnen in Boston und New York City
stellten vorübergehend ihren Betrieb ein. Bahnverbindungen, darunter auch die Strecke zwischen Boston und New York waren
unterbrochen. Schulen blieben geschlossen. In Massachusetts waren mindestens 16.500 Menschen vorübergehend ohne Strom. Entlang
der Ostküste fielen tausende Flüge aus und in Massachusetts, Rhode Island und New York City wurden Fahrverbote verhängt.
An den Küsten verursachte der stramme Nordostwind eine Sturmflut. Straßen und Gebäude entlang der Küste Massachusetts wurden
in Folge der Flut beschädigt. In Nantucket Downtown (MA) stand das Wasser über einen Meter hoch.
Verlauf: Schneehöhenanalysen zum Termin (links) und 24-h-Schneefallmengen bis zum Termin (rechts) | Quelle: NOHRSC |
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26.01.2015, 06 UTC |
28.01.2015, 06 UTC |
27.01.2015, 06 UTC |
28.01.2015, 06 UTC |
Gesamtneuschneesummen von "Juno" in cm (links) und Spitzenböen während des Ereignisses (rechts)
Datenquelle: HPC NOAA |
Ort |
Neuschnee |
Hudson (MA)
Auburn (MA)
Lunenburg (MA)
Clinton (MA)
Winthrop (CO
Thompson (CO
Nashua (NH)
Worcester (MA)
Hudson (NH)
North Waterbord (ME)
Hampton (NH)
Southhampton (NY)
Boston (MA)
Islip Airport (NY)
Portland (ME)
NYC Central Park (NY)
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91 cm
91 cm
91 cm
87 cm
86 cm
85 cm
84 cm
81 cm
81 cm
80 cm
79 cm
74 cm
66 cm
63 cm
46 cm
25 cm
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Ort |
Windböe |
Nantucket (MA)
Mount Washington (NH)
Chatham (MA)
Aquinnah (MA)
Humarock (MA)
Centerville (MA)
Edgartown (MA)
Rockport (MA)
Eastport (ME)
Westhampton Airport (NY)
Brooklin (ME)
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126 km/h
126 km/h
121 km/h
119 km/h
119 km/h
116 km/h
108 km/h
103 km/h
98 km/h
97 km/h
89 km/h
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Historische Einordnung
Aufgrund großer Luftmassengegensätze zwischen kalten kontinentalen Luftmassen über Kanada und feuchtwarmen Luftmassen über
dem Golf von Mexiko ist der Nordosten der USA prädestiniert für heftige Schneesturmereignisse. Blizzards stellen somit im
Nordosten der USA keine Seltenheit dar. Schneesturm "Juno" wurde dennoch häufig als historisches Ereignis bezeichnet. Die Messstation
Worcester Airport stellte mit einer Neuschnee von 88 cm einen neuen Rekord auf. Der bisherige Rekord von 84 cm stammt vom
01. April 1997. Auch damals legte ein Schneesturm große Teile Neuenglands, darunter auch die Metropolregion Boston lahm. Am
Flughafen Boston geht "Juno" mit einer Neuschneehöhe von 62 cm als sechstgrößtes Blizzardereignis in die Geschichte ein. Der
letzte Schneesturm vergleichbarer Stärke traf den Nordosten im Februar 2013. Damals zog Tief "Nemo" ebenfalls als Nor'easter
über den Nordosten der USA hinweg und brachte in der Spitze bis zu einem Meter Neuschnee. Einer der verheerendsten Schneestürme
in der Geschichte der USA ereignete sich im März 1888. In Saratoga Springs (NY) türmte sich der Schnee 150 cm hoch. Insgesamt
kamen damals etwa 400 Menschen in Folge des Blizzards ums Leben.
Fehlvorhersage für New York City
Während weite Teile Neuenglands mit den Schneemassen die Tief "Juno" mit sich brachte, zu kämpfen hatte, fiel in New York City vergleichsweise wenig Schnee.
Entgegen der Vorhersagen am Vortag, wonach in der Metropolregion New York City zwischen 50 und 75 cm Neuschnee hätte fallen
sollen, meldete die Staton im Central Park einen Neuschneezuwachs von nur 25 cm, NYC/La Guardia verzeichnete 29 cm Neuschnee.
Auf Basis der Vorhersagen wurde für New York City vorsorglich ein Fahrverbot verhängt, auch der Betrieb der U-Bahn wurde
eingestellt. Die Schwierigkeit der genauen Vorhersage der Schneemengen für New York City lag darin, dass sich die
Metropolregion genau am Rand der heftigsten Niederschläge befand. Nur geringe Änderungen in der Zugbahn des Tiefs
können dann große Auswirkungen auf die Neuschneemenge haben. Dem zur Folge zeigten die Modelle noch am Vortag eine
große Spannbreite der zu erwartenden Neuschneemenge für New York City auf. Viele Modellläufe, darunter auch der
Hauptlauf des europäischen EZMWF-Modells berechneten am 26.01. noch eine etwa 160 Kilometer westlichere Zugbahn von
"Juno", was auch für New York City deutlich größere Schneemengen zur Folge gehabt hätte.
Text: MB 29. Januar 2015
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