Banner
Der Internet Explorer bietet nur eine eingeschränkte Funktionalität. The browser you're using is only limited functionable.


Donnerstag, 11. Oktober 2012, 17:15 MESZ


Starkregen mit Überflutungen

Südliches Mitteleuropa und Alpenraum

07.-10.10.2012


Hochwasser führender Fluss
in den Schwyzer Voralpen
Quelle: MeteoSchweiz


Ein quasistatioärer Frontenzug quer über dem südlichen Mitteleuropa und dem Alpenraum brachte im Oktober 2012 ergiebigen Dauerregen im Nordosten Frankreichs, in der Schweiz, in Westösterreich und im äußersten Süden Deutschlands. Teilweise traten Überschwemmungen auf, manche Flüsse führten 2- bis 10-jähriges Hochwasser.



Großräumige Wetterlage, Luftmassengrenze und ergiebiger Dauerregen

Grund für die Ausbildung der ergiebigen Regenfälle war ein so genanntes Viererdruckfeld im großräumigen Strömungsmuster über dem nahen Ostatlantik und über dem europäischen Kontinent. Dabei ordnen sich die großen Drucksysteme so an, dass in jedem Quadrant eines gedachten Vierecks kreuzweise gegenüber Hoch- und Tiefdruckgebiete positioniert sind. Zum 08.10. befand sich südlich von Island ein Hochdruckkeil, in abnehmender geographischer Breite gefolgt von einem Tiefdruckgebiet, das achsensenkrecht mit einem langwelligen Höhentrog über dem Ostatlantik korrespondierte. Unter leicht antizyklonalem Einfluss standen weiter östlich große Teile Mitteleuropas, über der Nordsee und vor allem über dem Nordpolarmeer sowie über Skandinavien regierte schließlich ein großer Tiefdruckkomplex. Das Besondere an dieser Druckkonstellation ist eine durch Deformation hervorgerufene Verschärfung der Temperaturgegensätze im Zentrum des Vierecks, welches im aktuellen Fall im südlichen Mitteleuropa lag.

500-hPa-Geopotential, 850-hPa-Temperatur, 850-hPa-pseudopotentielle Temperatur | Quelle: wetter3.de
08.10.2012, 12 UTC 09.10.2012, 00 UTC 09.10.2012, 12 UTC 10.10.2012, 00 UTC

Beide beteiligte Tiefdruckgebiete agieren bei solch einer Wetterlage als Gegenspieler. Zum einen wird auf der Vorderseite des Ostatlantiktiefs warme und feuchte Luft suptropischen Ursprungs nordwärts geführt, zum anderen stößt auf der Rückseite des skandinavischen Tiefdruckkomplexes subpolare Kaltluft mit einer kräftigen Nordwestströmung weit südwärts vor. Im Übergangsbereich beider herangeführter Luftmassen bauen sich starke Temperaturgegensätze auf. Es kommt zur Ausbildung einer Frontalzone, einem langgestreckten, meist wellenden und quasistationären Frontenzug, in dessen Umfeld durch Hebungsprozesse kräftige und langanhaltende Regenfälle entstehen. Die kontinuierliche Konfrontation beider Luftmassen und damit die Aufrechterhaltung der Temperaturgegensätze wirkt stark frontogenetisch, so dass die Wetteraktivität an der Front lange erhalten bleibt oder im Verlauf sogar noch verstärkt wird. Dies zeigen auch die dicht gedrängten Isothermen der pseudopotentiellen Temperatur quer über Süddeutschland und über dem Alpenraum.

Satellitenbilder MSG VIS | Quelle: Geogr. Institut Universität Bern
07.10.2012, 12 UTC 08.10.2012, 12 UTC 09.10.2012, 12 UTC 10.10.2012, 12 UTC

Niederschlagsradarbilder Nordostfrankreich und Deutschland | Quellen: DWD, infoclimat
08.10.2012, 23:30 MESZ 09.10.2012, 06:00 MESZ 09.10.2012, 12:00 MESZ 09.10.2012, 18:00 MESZ

Das Resultat der meteorologischen Vorgänge war ein langer, von Nordostfrankreich über Süddeutschland und die Schweiz bis nach Westösterreich nahezu zonal angeordneter Frontenzug, der parallel zu der westnordwestlichen Höhenströmung positioniert war und sich vom 08. bis 10.10. über mehrere Tage hinweg kaum oder nur marginal nach Südosten verlagerte. In den stark orographisch gegliederten Gebieten wurden die kräftigen Niederschläge durch die westliche Anströmung an den Westhängen der Gebirgszüge zusätzlich verstärkt, so vor allem im Südschwarzwald, in den Allgäuer, Lechtaler und Appenzeller Alpen, in der zentralen Ostschweiz sowie am Französischen und am Schweizer Jura. Die Schneefallgrenze lang mit 2400 bis 2900 Metern sehr hoch, so dass die Niederschläge größtenteils sofort abflossen und kaum als Schnee konserviert wurden.

Niederschlagsradaranimation Süddeutschland, Nordostfrankreich und Alpenraum | Quelle: MeteoSchweiz



Regensummen über 100 mm und 2- bis 10-jähriges Hochwasser

Die höchste Niederschlagssumme in 72 Stunden (07.10., 6 UTC bis 10.10., 6 UTC) registrierte mit 124 mm der rund 2.500 Meter hohe Säntis in den Appenzeller Alpen in der Schweiz. Auf deutschem Boden kamen in Balderschwang im Allgäu 118 mm zusammen, gefolgt vom Feldberg im Südschwarzwald (1.493 Meter) mit 111 mm. Betrachtet man den 72-stündigen Zeitraum bis 09.10., 18 UTC regnete es dort sogar 133 Liter pro Quadratmeter. Das entspricht nahezu der durchschnittlichen Niederschlagshöhe für den gesamten Oktober (147 mm). Kräftige Niederschläge ereigneten sich auch in der Ostschweiz (Glarus mit 100 mm) und in Westösterreich im Bregenzerwald und in den Lechtaler und Allgäuer Alpen (Warth mit 108 mm, siehe auch Tabelle).

Niederschlagssummen 24-stündig | Quelle: DWD JavaMAP
bis 07.10.2012, 06 UTC bis 08.10.2012, 06 UTC bis 09.10.2012, 06 UTC bis 10.10.2012, 06 UTC

Niederschlag: Tagessummen bis Folgetag 06 UTC und 72-h-Gesamtsumme
(07.10., 6 UTC bis 10.10., 6 UTC)
| Quelle: DWD
Ort 07.10. 08.10. 09.10. 72-h
Säntis (CH)
Balderschwang (BY)
Feldberg/Schwarzwald (BW)
Warth (A)
Glarus (CH)
Engelberg (CH)
Bregenz (A)
Oberstdorf (BY)
Chateau d'Oex (CH)
Breitnau (BW)
Malsburg-Marzell (BW)
Baiersbronn-Ruhestein (BW)
Bullet (CH)
Besancon (F)
Rheinstetten (BW)
30 mm
31 mm
3 mm
29 mm
19 mm
26 mm
17 mm
22 mm
9 mm
7 mm
2 mm
19 mm
8 mm
1 mm
7 mm
14 mm
22 mm
47 mm
20 mm
10 mm
37 mm
28 mm
13 mm
52 mm
24 mm
29 mm
26 mm
49 mm
30 mm
1 mm
80 mm
65 mm
61 mm
59 mm
71 mm
36 mm
45 mm
53 mm
23 mm
49 mm
44 mm
25 mm
7 mm
11 mm
2 mm
124 mm
118 mm
111 mm
108 mm
100 mm
99 mm
90 mm
88 mm
84 mm
80 mm
75 mm
70 mm
64 mm
42 mm
10 mm

Niederschlagssummenkarten Baden-Württemberg, Bayern und Schweiz | Quellen: HVZ, HND, MeteoSchweiz
BW, 24-stündig bis 09.10., 17 UTC BY, 24-stündig bis 10.10., 06 UTC CH, 48-stündig bis 10.10., 12 UTC

Niederschlagsverlauf an einzelnen Stationen | Quellen: HVZ, HND, Wasserwirtschaft Vorarlberg
Schauinsland (BW) Feldberg/Schwarzwald (BW) Oberstdorf-Rohrmoos (BY) Schönenbach, Vorarlberg (A)

Infolge der ergiebigen Niederschläge führten in den betroffenen Gebieten etliche Flüsse Hochwasser. Die Dreisam, welche große Gebiete des Südschwarzwaldes entwässert, kratzte am Pegel Freiburg-Ebnet an der 10-jährigen Hochwassermarke von 150 cm. Der mittlere Wasserstand beträgt dort nur 45 cm. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei Friedrichshafen an der Rotach, die auf über 200 cm anschwoll. Normalpegel ist hier lediglich 32 cm. In Wiblingen an der Iller, kurz vor deren Mündung in die Donau, zeigte der Pegel mehrere Stunden Werte über der Meldestufe 2 (525 cm). Auch viele Flüsse in der Schweiz schwollen stark an und traten über die Ufer.

Überschwemmungen gab es im Süden Baden-Württembergs, vor allem im Raum Freiburg. Die Feuerwehren zählten im Landkreis Freiburg und Breisgau-Hochschwarzwald insgesamt 60 Einsätze. In der Stadt Freiburg liefen zahlreiche Keller voll, im östlichen Bodenseekreis mussten Straßen wegen Überflutungen gesperrt werden. Zwischen Kembs (F) und Rheinfelden (BW) war der Rhein aufgrund zu hoher Pegel für die Schifffahrt zeitweise gesperrt. Erdrutsche und Überschwemmungen mit vollgelaufenen Kellern traten in den Schweizer Kantonen Glarus, Schwyz, Zug und St. Gallen auf. In Zürich musste die Feuerwehr in nur 3 Stunden rund 50 Mal ausrücken.

Pegelverläufe | Quellen: HVZ, HND, BAFU, Hydrodaten Schweiz
Dreisam, Freiburg-Ebnet (BW) Rotach, Friedrichshafen (BW) Iller, Wiblingen (BY) Sense, Thörishaus (CH)


Text: DK
11. Oktober 2012


Visit us at
Facebook:

Information on warning levels and icons used
Information on meteoalarm.eu