Banner
Der Internet Explorer bietet nur eine eingeschränkte Funktionalität. The browser you're using is only limited functionable.

Donnerstag, 2. August 2012, 23:15 MESZ


Kräftige Gewitter

Mitteleuropa

27.-30.07.2012


Satellitenbild NOAA VIS vom 27.07., 15:26 UTC:
Erste Gewitter über West- und Mitteleuropa

Eine klassische Gewitterlage zeichnete sich Ende Juli 2012 über Mitteleuropa ab. Von West nach Ost vollzog sich über mehrere Tage ein Luftmassenwechsel, mit dem teilweise kräftige Gewitter zunächst über Frankreich, Belgien, Deutschland und der Schweiz sowie später auch über Österreich, Tschechien und Polen einhergingen. Größere Schäden wurden vor allem aus Osteuropa gemeldet.



Radiosonde Wroclaw
28.07., 12 UTC
© University of Wyoming
Ende Juli 2012 stand in Mitteleuropas Wetterküche ein für das Sommerhalbjahr klassischer Luftmassenwechsel auf dem Programm. Nach ein paar vorangegangenen, überwiegend freundlichen und trockenen Sommertagen, kam zum 26.07. eine zunehmend feucht-warme Südwestströmung über dem zentralen europäischen Kontinent in Gang. Gleichzeitig näherte sich von Westen her ein Höhentrog, der samt großräumige Hebungsgebiete in den darauffolgenden Tagen nur langsam nach Osten durchschwenkte. Mit einfließender Höhenkaltluft oberhalb der bodennahen feucht-warmen Luftmasse wurde die Troposphäre kräftig labilisiert. Stellvertretend zeigt dies auch ein Radiosondenaufstieg von Wroclaw in Westpolen am Nachmittag des 28.07., wo eine potentiell verfügbare konvektive Energie von über 1.500 J/kg bereitstand (siehe Grafik). Ab dem 27.07. entwickelten sich entlang der Luftmassengrenze zunächst über Westeuropa Gewitter, die im Laufe des 28., 29. und bis in den 30.07. hinein, dem großräumigen Strömungsmuster folgend, über Mitteleuropa hinweg und weiter bis nach Osteuropa zogen.

500-hPa-Geopotential/Bodendruck und 850-hPa-Temperatur | Quelle: wetter3.de
26.07.2012, 12 UTC 27.07.2012, 12 UTC 28.07.2012, 12 UTC 29.07.2012, 12 UTC


Maximaler 24-h-Niederschlag
27.07. bis 30.07.

Quelle: ogimet.com
Ort Regen/24 h
Robiei (CH)
Swinoujscie (PL)
Hoherodskopf (D)
Möhlin (CH)
Pec Pod Snezkou (CZ)
Messstetten (D)
Eisenstadt (A)
Kalkar (D)
Hupsel (NL)
Beitem (B)
78 mm
66 mm
59 mm
51 mm
49 mm
48 mm
45 mm
42 mm
32 mm
32 mm
Am 27.07. wurde die gewitterträchtige Luft im Bereich eines ausgedehnten, flachen Bodentiefs über weiten Teilen des westeuropäischen Kontinents aktiviert. Strömungskonvergenzen ließen teilweise kräftige Gewitter entstehen, die von Frankreich aus bis in die Nacht hinein nach Benelux und Deutschland nordostwärts zogen. Auch weiter südwestlich über der Iberischen Halbinsel konnten kräftige Gewitter beobachtet werden, in Katalonien teilweise mit größerem Hagel bis 4 cm Korngröße. In Mitteleuropa war als Begleiterscheinung besonders der Wind bis Sturmstärke ein Thema, dies vor allem bei Durchzug eines langlebigen, linienartigen Gewitterverbandes von Nordfrankreich über Ostbelgien und Rheinland-Pfalz bis nach Nordrhein-Westfalen. Durch die Alpen hervorgerufen gewitterte es auch in der Schweiz. Dort betroffen waren die Kantone Bern und Zürich sowie die Region um den Thuner See, wo Hagelkörner bis 4 cm Durchmesser niedergingen. Vor Eintreffen der Gewitter erlebte Mitteleuropa und Deutschland die bisher heißesten Tage des Jahres. In Würzburg kletterte das Quecksilber auf hochsommerliche 35,2 °C, zuvor erreichte Bernburg an der Saale am 26.07. dieselbe Höchsttemperatur.

Am 28.07. zog am Morgen zunächst ein mesoskaliges konvektives System mit regional kräftigem Regen über Nordostfrankreich und Südwestdeutschland hinweg. Nach dessen Auflösung über der Mitte Deutschlands zeichnete sich an diesem Tag der Gewitterschwerpunkt im Bereich eines gut ausgeprägten Bodentroges über dem östlichen Mitteleuropa ab, der am Nachmittag von Österreich über Tschechien nordwärts über Polen bis zur Ostsee reichte. Die vorherrschende energiereiche Luftmasse (feucht und bis zu 20 °C im 850-hPa-Niveau) gelangte im Bodentrog in eine ausgedehnte (mesoskalige) Konvergenzzone, in der die Luft nachhaltig zum vertikalen Ausweichen gezwungen wurde. Das Resultat waren in mehreren Linien angeordnete und verbreitete Gewitterzellen, die häufiger ihr Unwetterpotential in Form von schweren Sturmböen und heftigen Niederschlägen entfalteten. Über Österreich ging bis zu 5 cm großer Hagel nieder. Die Wetterstation im tschechischen Bahno meldete 78 mm Niederschlag in nur 6 Stunden. Auch über Deutschland, Ostfrankreich und Benelux entluden sich nochmals Gewitter, die jedoch nicht mehr so heftig ausfielen wie am Vortag.

Am 29.07. und 30.07. verlagerten sich die kräftigsten Gewitter mit der energiereichsten Luftmasse weiter ostwärts und wüteten noch über dem Südosten Österreichs, über Ungarn und über Ostpolen. Größerer Hagel beschäftigte Österreich (Steiermark, Grazer Becken) und auch Teile Ungarns, Kroatiens und Serbiens. Weiter nördlich traten über Ostpolen verbreitet heftige, schadenbringende Windböen auf. Über Ungarn fegten lokal orkanartige Böen bis 113 km/h hinweg. Während über Osteuropa in der schwül-heißen Luft nochmals Temperaturen über 35 °C vorherrschten, floss derweil in West- und Mitteleuropa bereits deutlich kühlere Atlantikluft ein, in der die Temperatur nur noch Werte zwischen 20 und maximal 25 °C annahm.

Niederschlagsradarbilder Deutscher Raum | Quelle: DWD
27.07., 23:00 MESZ 28.07., 16:00 MESZ 28.07., 21:00 MESZ 29.07., 05:00 MESZ

Satellitenbilder NOAA VIS/IR | Quelle: Geogr. Institut Universität Bern
27.07., 15:26 UTC 28.07., 11:31 UTC 28.07., 18:10 UTC 29.07., 14:39 UTC

Schäden wurden vor allem aus Osteuropa gemeldet. Zunächst traf es das niederösterreichische Pöchlarn, wo bei Gewitterdurchzug ein Mann von herabfallenden Ästen erschlagen wurde und dutzende Besucher eines Stadtfestes verletzt wurden. Desweiteren mussten aufgrund eines Notstops etwa 60 Passagiere aus einer Gondelbahn evakuiert werden. In Polen, Tschechien und in der Slowakei sorgten Starkregen und Sturm für Verkehrsbeeinträchtigungen und Überflutungen. Auch in Deutschland gab es Schäden und vollgelaufene Keller durch ergiebigen Regen, so in Darmstadt, Hanau, oder im Vogelsbergkreis. In Dieburg musste nach Überflutungen ein großer Zeltplatz mit rund 2000 Festival-Besuchern geräumt werden.


Text: DK
2. August 2012


Visit us at
Facebook:

Information on warning levels and icons used
Information on meteoalarm.eu