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Mittwoch, 30. November 2011, 00:30 MEZ


Stürme

Nordeuropa
24.-28.11.2011


Satellitenbild: 27.11.2011, 18:37 UTC, NOAA-16 IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern

Gleich zwei schwere Herbststürme suchten in der letzten Novemberdekade 2011 Nordeuropa heim. Orkan "Xaver" beziehungsweise "Berit" sorgte auf den Färöern für Spitzenwindgeschwindigkeiten bis 165 km/h und an der Westküste Norwegens für eine Sturmflut mit Rekordwasserständen; nur drei Tage später richtete der Sturm "Yoda" im Süden Skandinaviens und in Nordpolen Schäden an. Mindestens zwei Menschen kamen ums Leben.


Wetterlage und Entwicklung

Ein in weiten Teilen Europas wettertechnisch ruhiger Novembermonat 2011 brachte in seinen letzten Tagen doch noch zwei markante Tiefdruckentwicklungen hervor; die resultierenden Sturm- respektive Orkantiefs zogen über Nordwesteuropa und Skandinavien hinweg. Tief "Xaver" ging am 22. aus Überresten eines tropischen Systems hervor, das bei seiner Eingliederung in die Westwindzone der nördlichen Breiten unter die Vorderseite eines von Neufundland heranschwenkenden Höhentroges geriet. Am 22. und 23. fiel der Luftdruck im Zentrum des sich rasch nordostwärts verlagernden Tiefs um etwa 5 hPa innerhalb von sechs Stunden, zum 24. und 25. betrug die Fallrate teilweise sogar mehr als 10 hPa in einem sechsstündigen Zeitintervall. Den Höhepunkt seiner Entwicklung erreichte Tief "Xaver" das in Norwegen auf den Namen "Berit" getauft wurde, am 25. um 6 UTC. Zu diesem Zeitpunkt lag das Zentrum wenige hundert Kilometer östlich von Island und der Kerndruck unter 940 hPa. Das Starkwindfeld auf seiner Süd- und Südwestseite traf am späten Abend des 24. und in der Nacht zum 25. mit voller Wucht die Färöer, am 25. und 26. die Westküste Norwegens inklusive der Lofoten. Am 26. und 27. zog das Orkantief unter Abschwächung über den Norden Skandinaviens nach Nordosten ab.

Bodendruckanalysen vom 24. bis 27.11.2011 | Quelle: FU Berlin / DWD
24.11.2011, 00 UTC 25.11.2011, 00 UTC 26.11.2011, 00 UTC 27.11.2011, 00 UTC
500-hPa-Geopotential und Bodendruck vom 24. bis 27.11.2011 | Quelle: Wetterzentrale
24.11.2011, 00 UTC 25.11.2011, 00 UTC 26.11.2011, 00 UTC 27.11.2011, 00 UTC

Die Spitzenböe in Zusammenhang mit "Xaver" meldete in der Nacht zum 25. die Hauptstadt der Färöer, Tórshavn, mit 165 km/h. Verbreitet Orkanböen traten tagsüber auch an der mittelnorwegischen Küste auf. Am Leuchtturm in Nordøyan auf der kleinen Insel Sunøya erreichten die Windgeschwindigkeiten Spitzenwerte bis 155 km/h, am Leuchtturm Sklinna wurden 148 km/h gemessen. Insbesondere entlang eines schmalen Küstenstreifens, wo der Westwind ungehindert vom freien Meer her wehte, konnten an vielen Orten schwere Sturm- und Orkanböen registriert werden. Richtung Landesinnere, vor allem in den geschützten Fjorden und Tälern des Skandinavischen Gebirges, lagen die kräftigsten Böen dagegen nurmehr im starken bis stürmischen Bereich.

Nachstehend ausgewählte Spitzenböen in Nordeuropa am 25.11.2011 (links)
sowie eine Auswahl an Rekordpegelständen an Orten in Norwegen (rechts).

Quellen: WetterOnline, NRK
Ort Böe
Tórshavn (FO)
Nordøyan Fyr (N)
Sklinna (N)
Myken (N)
Halten Fyr (N)
165 km/h
155 km/h
148 km/h
137 km/h
133 km/h
Ort Pegel alt Jahr
Bodø
Tromsø
Hammerfest
Honningsvåg
Harstad
413 cm
383 cm
380 cm
379 cm
335 cm
404 cm
367 cm
376 cm
369 cm
309 cm
1979
1993
1993
1993
1983

Der Orkan hinterließ einige Schäden, insbesondere auf den Lofoten. Die der Inselgruppe vorgelagerte Insel Værøy war zeitweilig völlig von der Außenwelt abgeschnitten, nachdem die Fährverbindung eingestellt werden musste und der Hubschrauberlandeplatz durch den Sturm zerstört wurde. Neben Schäden durch Sturm und Wellenschlag an den Küsten gab es auch Schäden durch Blitzschläge; unter anderem schlugen Blitze in zwei Flugzeuge ein. Daneben kam es zu einer Sturmflut, an einigen Orten stiegen die Pegel auf neue Rekordwerte (s. Tabelle oben). Insgesamt beliefen sich die Schäden an der westnorwegischen Küste ersten Schätzungen zufolge auf 200 Millionen Euro.



Weniger intensiv als "Xaver", aber noch immer kräftig genug für einen Sturm entwickelte sich das nachfolgende Tief, "Yoda". Anders als sein Vorgänger ging es nicht aus einem tropischen System hervor, sondern reifte innerhalb der nordatlantischen Frontalzone heran. "Yoda" konnte bereits am 24. über Neufundland analysiert werden und überquerte den Nordatlantik binnen 72 Stunden ostwärts. Dabei bildete sich zeitweise eine dipolartige Struktur mit zwei zusammenhängenden Kernen aus, "Yoda I" und "Yoda II". Während sich das vorgeschobene östliche Tiefzentrum unter einer leicht antizyklonal gekrümmten Höhenströmung nicht recht vertiefen konnte, profitierte der westliche Kern von großräumigen dynamischen Hebungsantrieben auf der Vorderseite eines korrespondierenden Kurzwellentroges. Am 27. zog dieser knapp nördlich an Schottland vorbei und über die nördliche Nordsee hinweg nach Südskandinavien, der Luftdruck im Innern des Tiefs betrug zu dieser Zeit etwas weniger als 970 hPa. Über Südschweden bildete sich dann erneut ein dipolartiges Tiefzentrum aus, vermutlich spielten hierbei Lee-Effekte am Skandinavischen Gebirge eine Rolle. Das Hauptsturmfeld formierte sich in der Nacht zum 28. an der Südflanke von "Yoda I", der zu dieser Zeit als scharfer Bodentrog in Erscheinung trat, über Südschweden und der Ostsee.

Bodendruckanalysen vom 26. bis 29.11.2011 | Quelle: Met. Office / Wetterzentrale
26.11.2011, 00 UTC 27.11.2011, 00 UTC 28.11.2011, 00 UTC 29.11.2011, 00 UTC
500-hPa-Geopotential und Bodendruck vom 26. bis 29.11.2011 | Quelle: wetter3.de
26.11.2011, 00 UTC 27.11.2011, 00 UTC 28.11.2011, 00 UTC 29.11.2011, 00 UTC

Neben Südnorwegen waren bei "Yoda" insbesondere Dänemark, Südschweden und Nordpolen von Sturm- und Orkanböen betroffen. 133 km/h in Böen wurden am 27. an den Stationen Slétterøy und Utsira gemessen, 130 km/h auf der dänischen Insel Bornholm. Auch Aalborg im Norden Dänemarks verzeichnete mit 124 km/h eine Orkanböe. In der Nacht zum 28. traten im Norden Polens und in den baltischen Staaten verbreitet schwere Sturm- und orkanartige Böen auf (z. B. Kaliningrad 108 km/h). Im Norden Deutschlands reichte es meist nur für Sturmböen, als einzige Flachlandstationen (neben Brocken und Fichtelberg) verbuchten List auf Sylt mit 126 und Kap Arkona auf Rügen mit 119 km/h Orkanböen.

Nachstehend ausgewählte Spitzenböen in Nordeuropa am 27.11.2011.
Quelle: WetterOnline
Ort Böe
Utsira (N)
Hammerodde (DK)
Aalborg (DK)
Nordkoster (S)
Klaipėda (LT)
133 km/h
130 km/h
124 km/h
122 km/h
112 km/h

Obwohl absolut und auch in der Fläche weniger hohe Geschwindigkeiten als bei "Xaver" erreicht wurden, richtete "Yoda" im wesentlich dichter besiedelten Süden insgesamt größere Schäden an der Infrastruktur an als sein Vorgänger. In Südschweden waren 80.000 Haushalte, in Polen 130.000 Menschen ohne Strom, nachdem Bäume auf Hochspannungsleitungen gestürzt waren. In Dänemark mussten die Brücken über den Großen Belt und den Öresund vorübergehend gesperrt werden, in allen drei Ländern kam der Bahnverkehr vorübergehend zum Erliegen. Mindestens zwei Menschen verloren infolge des Sturms ihr Leben: Bei Leiervik ertrank ein Mann bei einem Bootsunglück, in Bergen wurde ein Spaziergänger von einem Baum erschlagen. Zwei weitere Personen, Mitarbeiter eines norwegischen Filmteams, galten zunächst noch als vermisst, nachdem ihr Boot bei hohem Wellengang vor der südwestnorwegischen Küste gekentert war. Im Norden Deutschlands waren abgesehen von einzelnen umgeknickten Bäumen und losen Dachziegeln keine größeren Schäden zu beklagen.


Text: CE



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