Banner
Der Internet Explorer bietet nur eine eingeschränkte Funktionalität. The browser you're using is only limited functionable.

Samstag, 11. Juni 2011, 02:30 MESZ


Gewitter, Starkregen

Schwerpunkt Mitteleuropa
04.-08.06.2011


Foto: Wie im Winter sah es nach einem heftigen Hagelgewitter
am 06.06.2011 gebietsweise im Ostallgäu aus.
Quelle: Feuerwehr Obergermaringen

Anfang Juni, zwischen dem 4. und dem 8., stellte sich in weiten Teilen Europas die erste ausgeprägte Gewitterlage der Sommersaison 2011 ein. Über mehrere Tage hinweg kam es jeweils bevorzugt ab den Mittagsstunden verbreitet zur Ausbildung teilweise unwetterartiger Gewitter mit großen Regenmengen innerhalb kurzer Zeit, Hagel und Sturmböen. Einigerorts gab es Überflutungen und schwere Schäden.


Wetterlage und Entwicklung

Nach einem markanten Kaltluftvorstoß mit starken Schneefällen in den höheren Lagen der Alpen (siehe Artikel) hatte sich das Geschehen in Mitteleuropa unter einem zonal ausgerichteten Höhenhoch mit Schwerpunkt über der südlichen Nordsee zum 2. und 3. Juni zunächst beruhigt. Zu dem Hoch in der Höhe korrespondierte am Boden das Hoch "Christiane", sodass bei gegenüber den Vortagen rasch ansteigenden Temperaturen zunächst häufig die Sonne schien. An der Ostflanke von Höhen- bzw. Bodenhoch jedoch kam Mitteleuropa in einer östlichen, mit Verlagerung der Druckgebilde Richtung Baltikum zum 5. und 6. zunehmend südöstlichen bis südlichen Strömung zum Liegen. Damit wurde warme, im weiteren Verlauf aber auch immer feuchtere Luft advehiert.

Bodendruckanalysen vom 04. bis 06.06.2011 | Quelle: FU Berlin / DWD
04.06.2011, 00 UTC 05.06.2011, 00 UTC 06.06.2011, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 04. bis 06.06.2011 | Quelle: Wetterzentrale
04.06.2011, 00 UTC 05.06.2011, 00 UTC 06.06.2011, 00 UTC

Höhen- und Bodenhoch verloren zunehmend an Kontur; übrig blieb ein Bereich hohen Geopotentials über Osteuropa, dem ein zum Monatswechsel über Frankreich abgetropftes und sich dann über dem westlichen Mittelmeerraum aufhaltendes Höhentief gegenüberstand. Großräumige Hebungsprozesse im Umfeld des Höhentiefs ließen den Luftdruck am Boden über West- und Mitteleuropa sinken, entsprechend konnte sich eine zuvor schon das Mittelmeer überspannende flache Tiefdruckzone ("Aram") nach Norden ausweiten. Diese verlief am 4. von Südfrankreich nach Südostdeutschland und verlagerte sich am 5. und 6. allmählich nordwärts. Das ihr eigene konfluente Strömungsmuster begünstigte die Entstehung kräftiger Gewitter in der recht feuchten Luft mit Taupunkten nahe +20 °C und Werten des ausfällbaren Wassers von teilweise über 35 kg/m³.

Bodendruckanalysen vom 07. bis 09.06.2011 | Quelle: FU Berlin / DWD
07.06.2011, 00 UTC 08.06.2011, 00 UTC 09.06.2011, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 07. bis 09.06.2011 | Quelle: Wetterzentrale
07.06.2011, 00 UTC 08.06.2011, 00 UTC 09.06.2011, 00 UTC

Am 6. und 7. wanderte das Höhentief, mittlerweile als kurzwelliger Anteil einem mächtigen, von Spitzbergen bis nach Nordafrika reichenden Langwellentrog angegliedert, über die Alpen und Südostdeutschland nach Nordosten. Am 8. schließlich beendete die von West nach Ost über West- und Mitteleuropa hinwegziehende Kaltfront des dem neuen Höhentrog unterlegenen Tiefs ("Balthasar") mit Zentrum über den Britischen Inseln die Gewitterlage und drängte die feuchtwarme Luft nach Osten ab.



Am 4. traten kräftige Gewitter über weiten Teilen Frankreichs, der Südhälfte Deutschlands, Süd- und Südosteuropa auf. Zwei besonders intensive Gewitter entluden sich am frühen Abend über Oberbayern im Fünfseenland. In Vilgertshofen-Pflugdorf fielen 58 mm Niederschlag innerhalb von einer Stunde, wobei neben Regen auch Hagel beobachtet wurde (siehe Bericht, Bilder und Video auf sturmwetter.de).

Niederschlag | Quelle: DWD JavaMAP
24-stg. Nds.-menge (>= 25 mm),
04./05.06.2011, 6 bis 6 UTC
Ort 4./5.
Vilgertshofen-Pflugdorf (BY)
Steingaden-Lauterbach (BY)
Bonn-Roleber (NRW)
Wielenbach/Demollstr. (BY)
Montabaur (RP)
Rheinstetten (BW)
61 mm
30 mm
28 mm
23 mm
22 mm
-

Übersicht über die größten gemessenen 24-stündigen
Niederschlagsmengen in Deutschland vom 4., 6 UTC
bis zum 5., 6 UTC. Datenquelle: DWD

Blitzkarten vom 04.06.2011 | Quelle: DWD
04.06.2011, 13-15 MESZ 04.06.2011, 16-18 MESZ 04.06.2011, 19-21 MESZ

Einen Tag später hatte die gewitterträchtige Luftmasse ganz Deutschland erfasst. 87 mm im 24-stündigen Zeitraum von 6 bis 6 UTC (5./6.) kamen in Lennestadt-Theten im Kreis Olpe in Nordrhein-Westfalen zusammen, 65 mm - davon 55 mm innerhalb einer Stunde - waren es im hessischen Alsfeld-Eifa. Die dort in unmittelbarer Nähe verlaufende Autobahn 5 musste wegen der Wassermassen zeitweise gesperrt werden, im Ort selbst liefen 100 Keller voll Wasser. Ein ansonsten beschauliches Flüsschen schwoll innerhalb von Minuten zu einem 60 Meter breiten Strom an und riss Autos und eine Brücke mit. Niederschlagsmengen über 50 mm innerhalb des genannten Zeitraums von 24 Stunden hatten daneben auch Fritzlar (Hessen) mit 57 mm und Bonn-Roleber (Nordrhein-Westfalen) mit 68 mm zu bieten. Der relativ weit gefasste Zeitraum dient nur der Übersichtlichkeit und darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Niederschlagsmengen bei solchen Wetterlagen meist innerhalb kürzester Zeit summieren. So fielen 66 der 68 mm in Bonn binnen zwei Stunden.

Niederschlag | Quelle: DWD JavaMAP
24-stg. Nds.-menge (>= 25 mm),
05./06.06.2011, 6 bis 6 UTC
Ort 5./6.
Lennestadt-Theten (NRW)
Bonn-Roleber (NRW)
Michelstadt (HE)
Alsfeld-Eifa (HE)
Wabern-Hebel (HE)
Rheinstetten (BW)
87 mm
68 mm
67 mm
65 mm
63 mm
-

Übersicht über die größten gemessenen 24-stündigen
Niederschlagsmengen in Deutschland vom 5., 6 UTC
bis zum 6., 6 UTC. Datenquelle: DWD

Blitzkarten vom 05.06.2011 | Quelle: DWD
05.06.2011, 13-15 MESZ 05.06.2011, 16-18 MESZ 05.06.2011, 19-21 MESZ

Am Vormittag des 6. zog, getriggert durch dynamische Hebungsvorgänge auf der Vorderseite des über die Alpen schwenkenden Kurzwellentroges, ein auf seiner Ostseite mit Gewittern durchsetztes Starkregengebiet über Baden-Württemberg nordwärts. Dabei fielen an der Station Stuttgart/Neckartal 57 mm. Am Nachmittag bildeten sich dann wieder verbreitet unwetterartige Gewitter; mit Ausnahme weiter Teile Baden-Württembergs, wo das vormittägliche Niederschlagsgebiet eine ausreichende Aufheizung im Tagesverlauf verhinderte, war davon quasi ganz Deutschland betroffen. Die stärksten Entwicklungen konnten generell im Osten und Nordosten beobachtet werden, auf der Ostseeinsel Poel wurden in Kirchdorf 73 mm registriert. Auch die Metropolen Hamburg und Berlin blieben nicht verschont: Ganze Straßenzüge wurden überschwemmt, in Hamburg fielen inoffiziellen Messungen zufolge lokal mehr als 80 mm innerhalb von einer Stunde. Dort rückte die Feuerwehr zu 1.500 wetterbedingten Einsätzen aus. Die Wassermassen drangen in U-Bahn-Stationen, Keller und Tiefgaragen ein, selbst das Einkaufszentrum "Europapassage" wurde in Mitleidenschaft gezogen und musste evakuiert werden. Im Ostallgäu bildete sich gebietsweise eine 20 cm mächtige Hageldecke aus, ganze Landstriche sahen danach aus wie im Winter (siehe Titelbild). Schwere Sturmböen traten unter anderem in Neuruppin (Brandenburg, 90 km/h) und Straubing (Bayern, 86 km/h) auf.

Niederschlag | Quelle: DWD JavaMAP
24-stg. Nds.-menge (>= 25 mm),
06./07.06.2011, 6 bis 6 UTC
Ort 6./7.
Kirchdorf/Poel (MV)
Stuttgart/Neckartal (BW)
Strausberg (BB)
Baumgarten (MV)
Mamming-Schneiderberg (BY)
Rheinstetten (BW)
73 mm
57 mm
45 mm
45 mm
42 mm
6 mm

Übersicht über die größten gemessenen 24-stündigen
Niederschlagsmengen in Deutschland vom 6., 6 UTC
bis zum 7., 6 UTC. Datenquelle: DWD

Blitzkarten vom 06.06.2011 | Quelle: DWD
06.06.2011, 13-15 MESZ 06.06.2011, 16-18 MESZ 06.06.2011, 19-21 MESZ

Am 7. wurden tagsüber zunächst nur wenige Gewitter vor allem in Ostdeutschland beobachtet; am Nachmittag jedoch formierte sich, an eine der abschließenden Kaltfront vorgelagerte Konvergenz bzw. flache Tiefdruckrinne ("Christian") gekoppelt, über dem Osten Frankreichs ein mit Gewittern durchsetztes Starkniederschlagsgebiet. Es schob sich in der Nacht zum 8. in den Südwesten Deutschlands, auf dem Mainzer Lerchenberg (Rheinland-Pfalz) summierten sich innerhalb von zwölf Stunden bis 6 UTC 43 mm. Einige weitere Stationen in Rheinhessen meldeten Niederschlagsmengen von mehr als 30 mm in diesem Zeitraum. Während die Gewitterlage für den Westen damit beendet war, entwickelten sich später am Tag über dem Osten Deutschlands und den östlich benachbarten Staaten an der Kaltfront noch einmal zum Teil kräftige Gewitter. So verzeichnete beispielsweise Carlow in Mecklenburg-Vorpommern 65 mm.

Niederschlag | Quelle: DWD JavaMAP
24-stg. Nds.-menge (>= 25 mm),
07./08.06.2011, 6 bis 6 UTC
Ort 7./8.
Mainz-Lerchenberg/ZDF (RP)
Kl. Feldberg / Taunus (HE)
Waldems-Reinborn (HE)
Newel (RP)
Alzey (RP)
Rheinstetten (BW)
43 mm
41 mm
41 mm
35 mm
34 mm
8 mm

Übersicht über die größten gemessenen 24-stündigen
Niederschlagsmengen in Deutschland vom 7., 6 UTC
bis zum 8., 6 UTC. Datenquelle: DWD

Blitzkarten vom 07.06.2011 | Quelle: DWD
07.06.2011, 13-15 MESZ 07.06.2011, 16-18 MESZ 07.06.2011, 19-21 MESZ

Außerhalb von Deutschland konnten ebenfalls zum Teil beachtliche Niederschlagsmengen gemessen werden. In der Wiener Innenstadt fielen am 8. innerhalb von zwölf Stunden 82 mm - deutlich mehr als die im klimatologischen Mittel im gesamten Monat Juni zu erwartenden Menge von 63 mm. Dabei kamen zwei Mal rund 40 mm innerhalb von 30 Minuten zusammen, zuvor war eine solche Menge in diesem Zeitraum dort noch nie gemessen worden. Nach Informationen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) ereignen sich solche Niederschläge nur etwa alle 30 Jahre. Auch aus Frankreich und Norditalien lagen Meldungen über Regensummen von örtlich mehr als 50 mm vor, zum Beispiel aus Cannes (Frankreich, 54 mm am 5.).

Niederschlag | Quelle: DWD JavaMAP
24-stg. Nds.-menge (>= 25 mm),
08./09.06.2011, 6 bis 6 UTC
Ort 8./9.
Carlow (MV) [fehlt auf Karte]
Bad Schwartau-Groß Parin (SH)
Berlin-Kaniswall (B)
Köhn (SH)
Leck (SH)
Rheinstetten (BW)
65 mm
52 mm
48 mm
42 mm
39 mm
9 mm

Übersicht über die größten gemessenen 24-stündigen
Niederschlagsmengen in Deutschland vom 8., 6 UTC
bis zum 9., 6 UTC. Datenquelle: DWD

Blitzkarten vom 08.06.2011 | Quelle: DWD
08.06.2011, 13-15 MESZ 08.06.2011, 16-18 MESZ 08.06.2011, 19-21 MESZ



Satellitenbilder

Nachstehend VIS/IR-Satellitenbilder (Meteosat-8) von Europa vom 04. bis zum 09.06.2011.
Quelle: F. Valk


04.06.2011, 12 UTC 05.06.2011, 12 UTC 06.06.2011, 12 UTC
07.06.2011, 12 UTC 08.06.2011, 12 UTC 09.06.2011, 12 UTC


Text: CE



Visit us at
Facebook:

Information on warning levels and icons used
Information on meteoalarm.eu