Nach einem bis dahin sehr sonnigen und warmen Frühjahr fand Anfang Mai 2011 in Mitteleuropa ein Kälterückfall mit
verbreitetem Nachtfrost besondere Beachtung. Gebietsweise bildete sich auch in tieferen Lagen vorübergehend eine dünne
Schneedecke aus, Tiefsttemperaturen unter dem Gefrierpunkt führten vor allem an Weinreben zu erheblichen Frostschäden.
Wetterlage und Entwicklung
Der Vorstoß kalter Luft polaren Ursprungs aus dem nordosteuropäischen Raum erfolgte am Rande eines umfangreichen und
kräftigen Hochdruckgebietes ("Uta"), das mit seinem Schwerpunkt Anfang Mai 2011 zunächst noch über dem Norden
Skandinaviens positioniert war. Südwestlich dazu verschoben hatte sich ein abgeschlossenes Höhenhoch über dem Nordmeer
platziert. Ausgehend von der Karasee und Nowaja Semlja erstreckte sich ein Höhentrog südwärts Richtung Osteuropa mit einem
darin eingelagerten Höhentief über dem Süden Finnlands. Die Vordergrenze der von Nordosten her einströmenden Kaltluft
markierte eine Luftmassengrenze, die Ende April noch quer über die Mitte Deutschlands verlief und sich später als Kaltfront
von Tief "Manfred" südwärts in Bewegung setzte.
Bodendruckanalysen vom 03. bis 05.05.2011 | Quelle: FU Berlin / DWD |
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03.05.2011, 00 UTC |
04.05.2011, 00 UTC |
05.05.2011, 00 UTC |
850-hPa-Temperatur und -Geopotential vom 03. bis 05.05.2011 | Quelle: Wetterzentrale |
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03.05.2011, 00 UTC |
04.05.2011, 00 UTC |
05.05.2011, 00 UTC |
Die einfließende Kaltluft - über dem Nordosten Deutschlands konnten im 850-hPa-Niveau teilweise unter -5 °C analysiert
werden - ließ erstmals in der Nacht zum 3. im Norden der Bundesrepublik verbreitet Nachtfrost zu. Die bundesweit tiefsten
Temperaturen, Bergstationen ausgenommen, wurden mit -3,9 °C und -3,5 °C in jener Nacht in Quickborn in
Schleswig-Holstein und in Barth in Mecklenburg-Vorpommern gemessen, was an letztgenannter Station einen neuen Rekord für die
erste Maidekade bedeutete. Während der Nacht und in der ersten Tageshälfte schwenkte ein scharfer Randtrog des finnischen
Höhentiefs über Deutschland hinweg ostwärts. Großräumige Hebung auf seiner Vorderseite aktivierte den mittlerweile über dem
Süden des Landes angekommenen Frontenzug, an dem sich eine flache Welle ausbilden konnte. Östlich ihres Scheitels wurde
starke Warmluftadvektion wirksam, die vorübergehend auch den Osten Deutschlands erfasste. So formierte sich einerseits im
Bereich der Front über dem Süden ein lang gezogenes Regenband, andererseits fiel in Sachsen und im Süden Brandenburgs länger
anhaltend Niederschlag.
Niederschlagsradarbilder vom 03.05.2011 | Quelle: DWD |
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03.05.2011, 00:15 MESZ |
03.05.2011, 06:00 MESZ |
03.05.2011, 12:00 MESZ |
Dieser ging zunächst in den Hochlagen von Erzgebirge und Harz, im Laufe der Nacht auch in tieferen Regionen in Schnee über.
Zum morgendlichen Beobachtungstermin um 8 Uhr MESZ meldeten selbst der Flughafen Erfurt auf 323 und Görlitz auf 238 Meter
Höhe mäßigen Schneefall und Schneeregen. Auch in Dresden mischten sich Flocken unter die Tropfen. Am Vormittag konzentrierten
sich die Niederschläge auf das unmittelbare Erzgebirgsumfeld, in Görlitz fiel bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bis zum
frühen Nachmittag anhaltend Schnee. Dort bildete sich bis 14 Uhr MESZ eine immerhin 3 cm mächtige Schneedecke aus, die
allerdings bis zum Abend bis auf Reste wieder abgetaut war. Nur wenig mehr Schnee (6 cm) lag auf dem 1.215 Meter hohen
Fichtelberg.
Für Anfang Mai sehr kalt mit großflächigem Nachtfrost verliefen dann die meist sternenklaren Nächte zum 4. und 5. Die
tiefsten Werte, wiederum von den Bergen abgesehen, meldeten am Morgen des 4. Deutschneudorf-Brüderwiese in Sachsen mit
-6,1 °C und Bad Königshofen in Bayern mit -5,8 °C. An 6 von 118 Stationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) konnten
an diesem Morgen neue Rekorde für das erste Monatsdrittel, an 5 von ihnen für den Mai insgesamt registriert werden. Besonderen
Eindruck hinterließ hierbei die Station am Augsburger Flughafen, wo der bisherige Rekord aus dem Jahre 1957 gleich um mehr
als 1 Kelvin unterboten wurde. An allen drei Tagen zusammen (3., 4. und 5.) wurden an insgesamt elf Stationen neue
Dekadenrekorde registriert (siehe Tabelle).
Stationen mit Frost (Tiefsttemperatur kleiner 0,0 °C) in Mitteleuropa vom 03. bis 05.05.2011 | Quelle: DWD
JavaMAP |
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03.05.2011 |
04.05.2011 |
05.05.2011 |
Ort |
Tmin |
Datum |
alt |
seit |
Teterow (MV) Barth (MV) Leinefelde (TH) Erfurt/Flgh. (TH)
Zinnwald (SN) Rheinstetten (BW) Gr. Arber (BY) Augsburg/Flgh. (BY) Seehausen (SA) Gardelegen (SA)
Oschatz (SN) Rheinstetten (BW) |
-1,7 °C -3,5 °C -3,3 °C
-1,9 °C -2,6 °C 1,2 °C -6,4 °C -3,9 °C -2,8 °C -4,1 °C
-0,4 °C -0,9 °C |
03.05.2011 03.05.2011 04.05.2011 04.05.2011 04.05.2011
04.05.2011 04.05.2011 04.05.2011 05.05.2011 05.05.2011 05.05.2011 05.05.2011 |
-1,3 °C -2,0 °C -3,0 °C
-1,8 °C -1,5 °C 1,5 °C -6,0 °C -2,8 °C -2,2 °C -3,6 °C
0,0 °C 1,2 °C |
1947 1967 1957 1967 1991 2008 1982 1947
1991 1947 1991 2008 |
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Übersicht über die vom 03. bis 05.05.2011 in Deutschland aufgetretenen Rekordtemperaturen für die erste Maidekade.
Datenquelle: DWD |
Die Kälte führte insbesondere in den Weinanbaugebieten des Südwestens zu größeren Schäden. Besonders in der Main-Tauber-Region
und in der Pfalz setzte der Frost den Reben schwer zu. Wegen des warmen Frühjahres waren die Triebe hier schon sehr weit
entwickelt. Allein in der Pfalz waren etwa 10 bis 20 Prozent der insgesamt 23.000 Hektar Rebfläche betroffen.
Kälteeinbrüche im Mai sind in Mitteleuropa nicht ungewöhnlich und kommen in regelmäßigen Abständen immer wieder vor. Bevorzugt
ereignen sich diese unter dem Begriff "Eisheilige" weithin bekannten Kaltluftvorstöße um die Monatsmitte. Auch im
Vorjahr 2010 gab es Anfang Mai einen kalten Witterungsabschnitt mit letzten Schneefällen in den höheren Lagen vor allem der
westlichen Mittelgebirge; verbreiteter Nachtfrost trat damals jedoch nicht auf.
Text: CE
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