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Montag, 12. Oktober 2009, 19:00 MESZ


Rekordwärme / Gewitter, Starkregen

West-, Mitteleuropa
07./08.10.2009


Satellitenbild: 07.10.2009, 09:01 UTC, NOAA-17 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern

Für die Jahreszeit außergewöhnlich warme Luft fand Anfang Oktober 2009 den Weg nach Mitteleuropa. Am 7. stiegen die Temperaturen in der Südhälfte Deutschlands verbreitet auf sommerliche Werte, am Oberrhein örtlich bis über +30 °C. Noch am Abend und in der folgenden Nacht zogen schwere Gewitter vor allem über Nordrhein-Westfalen und das südliche Niedersachsen ostwärts. Vielerorts kam es zu Überschwemmungen.


Wetterlage und Entwicklung

Vor der Iberischen Halbinsel hatte sich zum 6. Oktober 2009 ein hochreichender Tiefdruckkomplex ("Uwe") eingenistet, auf dessen Vorderseite über West- und Mitteleuropa eine südwestliche Strömung in Gang kam. Die langgestreckte Kaltfront von Tief "Sören", das einige Tage zuvor dem Norden Deutschlands teilweise schwere Sturmböen gebracht hatte und zu diesem Zeitpunkt bereits über Finnland auszumachen war, wurde über dem Süden Deutschlands als Warmfront wieder nach Norden rückläufig. Ein weiteres kräftiges Tief ("Tim"), das mit seinem Zentrum von den Färöern bis zum 7. zur Mitte Skandinaviens zog, verstärkte den Warmlufttransport erheblich. So stiegen die Temperaturen im 850-hPa-Niveau (etwa 1500 Meter Höhe) am 6. deutschlandweit bereits über +10, in Alpennähe mit Föhnunterstützung zum Teil sogar über +15 °C. Viele Wolken und etwas Regen im Bereich der rückläufig werdenden Warmfront von "Sören" und der rasch nachfolgenden Warmfront von "Uwe" wirkten sich zunächst aber dämpfend auf die Höchsttemperaturen am Boden aus.

Bodendruckanalysen vom 06. bis 09.10.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
06.10.2009, 00 UTC 07.10.2009, 00 UTC 08.10.2009, 00 UTC 09.10.2009, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 06. bis 09.10.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
06.10.2009, 00 UTC 07.10.2009, 00 UTC 08.10.2009, 00 UTC 09.10.2009, 00 UTC

Erstmals offenbarte die warme und zunehmend auch feuchte Luftmasse subtropischen Ursprungs ihren wahren Charakter in der Nacht zum 7., der an manchen Orten wärmsten Oktobernacht seit Beginn der Messungen. In nahezu ganz Deutschland wurden zweistellige Tiefsttemperaturen registriert, am mildesten verlief die Nacht in Geilenkirchen in Nordrhein-Westfalen. Dort sank das Quecksilber nicht unter +18,1 °C; das waren sechs Zehntel mehr als der bisherige höchste Tiefstwert an dieser Station in einer Oktobernacht vom 04.10.1966. Weitere Rekorde in dieser Rubrik gingen an Bendorf (+17,4 °C) und Bad Hersfeld (+16,5 °C). Der deutschlandweit höchste Tiefstwert im Oktober (+20,5 °C in Wernigerode) blieb aber unberührt.

Mit Annäherung von "Uwe" intensivierte sich die Warmluftzufuhr am 7. weiter, im Alpenvorland wurden in 850 hPa über +20 °C analysiert. Ein solcher Wert gilt in diesen Breiten selbst im Sommer als sehr hoch, Anfang Oktober ist dies absolut außergewöhnlich. Während im Norden mit der nahenden Kaltfront des nordeuropäischen Tiefs "Tim" dichte Wolken, Regen und Höchstwerte unter +20 °C das Wetterbild an diesem Tag bestimmten, wurde es im Süden bei viel Sonnenschein sommerlich, ja sogar noch einmal hochsommerlich warm. Die höchste Temperatur im Messnetz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) wurde im südbadischen Müllheim mit +30,9 °C gemessen - ein neuer bundesweiter Oktoberrekord. Neue Oktoberrekorde für ihren Standort stellten Regensburg (+27,0 °C), München/Flughafen (+26,9 °C) und Straubing (+26,0 °C) auf. Noch wärmer war es an vielen Orten allerdings Anfang Oktober 1985 und 1966. Bis zum 8. verlagerte sich "Uwe" als Gesamtgebilde an der Kaltfront von "Tim" beschleunigt ostwärts. Ein korrespondierender Kurzwellentrog in der Höhe lieferte zudem Antriebe für großräumige Hebungsprozesse, die in der potentiell labil geschichteten Warmluft zum Teil kräftige Gewitter auslösten. Diese griffen am Abend des 7. von Belgien und den Niederlanden her auf das westliche Nordrhein-Westfalen und im Laufe der Nacht zum 8. auf das südliche Niedersachsen und den Norden Brandenburgs über. Auch im südlichen Rheinland-Pfalz und in Baden gab es Gewitter. Die durchaus mit sommerlichen Unwettern zu vergleichenden Gewitter gingen vor allem im Nordwesten Deutschlands mit ergiebigen Regenfällen einher. In Bad Salzuflen fielen 20 mm innerhalb einer Stunde, die zwölfstündigen Mengen bis zum 8., 06 UTC beliefen sich zum Teil auf hohe zweistellige Werte (z. B. Gütersloh 56 mm). Entsprechend kam es vielerorts zu Überschwemmungen und Behinderungen. Besonders betroffen waren Ostwestfalen und dort im Speziellen die Städte Essen, Oberhausen, Bielefeld und Lemgo. Polizei und Feuerwehren mussten zu insgesamt fast 100 Einsätzen ausrücken.

Auch in anderen Regionen Mitteleuropas sorgte der sommerliche Einschub für neue Temperaturrekorde und heftige Gewitter. Im Nordosten Frankreichs beispielsweise erzielten Colmar und Besançon mit Höchstwerten von +30,7 °C und +30,1 °C jeweils einen heißen Tag. Im Zeitraum zwischen 1961 bis 1990 wurde es an diesen beiden Stationen im Oktober nie so warm. MeteoSchweiz vermeldete ebenfalls zahlreiche neue Oktoberrekorde, ebenso wie die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien für Österreich (siehe Wetterwerte).
Berichte über kräftige Gewitter und überflutete Straßen lagen aus Belgien vor. In Ell, an der niederländisch-belgischen Grenze gelegen, fielen 60 mm innerhalb von zwölf Stunden bis zum 8., 06 UTC. Nicht verschont wurde auch die Hauptstadt Brüssel, wo es aufgrund der Unwetter im Flugverkehr zu vorübergehenden Behinderungen kam.



Wetterwerte Temperatur

Nachstehend eine Auswahl gemessener Höchsttemperaturen in Deutschland vom 07.10.2009. Dazu einige Stationen mit neuen Rekordtemperaturen für Oktober in der Schweiz und in Österreich vom 07. bzw. 08.10.2009. Quellen: DWD, MeteoSchweiz und ZAMG

Orte Deutschland 07.
Müllheim (BW)
Freiburg (BW)
Lahr (BW)
Stuttgart/Schnarrenberg (BW)
Mühlacker (BW)
Rheinstetten (BW)
30,9 °C
29,8 °C
28,9 °C
27,5 °C
27,4 °C
27,0 °C

Orte Schweiz neu (07.) alt Datum
Payerne (VD)
Scuol (GR)
Wynau (BE)
Zürich-Kloten (ZH)
27,7 °C
27,0 °C
25,8 °C
25,8 °C
26,7 °C
23,9 °C
25,6 °C
25,6 °C
04.10.1985
05.10.1997
04.10.1985
04.10.1985
Orte Österreich neu (08.) alt Jahr
Neusiedl am See (BGL)
Schwechat (NÖ)
Pottschach (NÖ)
Mönichkirchen (NÖ)
28,8 °C
28,2 °C
28,2 °C
23,9 °C
27,2 °C
27,8 °C
28,0 °C
22,7 °C
2006
2006
2001
1976


Weitere Höchsttemperaturen

Höchsttemperaturen an deutschen (links) und Schweizer Stationen (rechts) am 07.10.09.
Quellen: IMK (Uni Karlsruhe) und MeteoSchweiz


Rückwärtstrajektorien

Rückwärtstrajektorien zeigen die Herkunft der Luftmassen in unterschiedlichen Höhen für einen bestimmten Ort und einen bestimmten Zeitpunkt. In der untersten Schicht (hier 500 Meter über Grund) gelangte die Luft binnen vier Tagen bis zum 07.10.2009 aus dem nördlichen Afrika nach Karlsruhe. In höheren Schichten stammte die Luft dagegen aus dem ostatlantischen Raum.

96-stg. Rückwärtstrajektorien für Karlsruhe,
Endzeit 07.10.09, 12 UTC. Quelle: NOAA


Wetterwerte Niederschlag

Nachstehend die größten 24-stündigen Niederschlagsmengen in Deutschland bis zum 08.10.2009, 06 UTC (soweit verfügbar). Quelle: DWD

Ort 07./08.
Nettetal-Hülst (NRW)
Verden (NDS)
Drensteinfurt (NRW)
Gütersloh (NRW)
Bückeburg (NDS)
Rheinstetten (BW)
70 mm
59 mm
59 mm
57 mm
51 mm
3 mm


Radarbilder/Blitzkarten

Nachfolgend jeweils oben Radarbilder (Quelle: DWD) sowie unten Blitzkarten (Quelle: BLIDS) von Deutschland vom 07. und 08.10.2009.

07.10., 21 MESZ (oben)
07.10., 19 bis 21 MESZ (unten)
08.10., 00 MESZ (oben)
07., 22 bis 08., 00 MESZ (unten)
08.10., 03 MESZ (oben)
08.10., 01 bis 03 MESZ (unten)
08.10., 06 MESZ (oben)
08.10., 04 bis 06 MESZ (unten)


Satellitenbilder

07.10., 12:00 UTC, MSG-2 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
08.10., 00:00 UTC, MSG-2 IR
Quelle: B. J. Burton
08.10., 12:00 UTC, MSG-2 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton


Text: CE


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