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Mittwoch, 26. August 2009, 19:15 MESZ


Rekordhitze / Gewitter, Starkregen

West-, Mitteleuropa, Alpen
20.-23.08.2009


Grafik: Höchsttemperaturen in Mitteleuropa am 20.08.2009
Quelle: DWD JavaMAP

Ungewöhnlich spät - erst Mitte August - traten im Sommer 2009 die heißesten Tage des Jahres in West- und Mitteleuropa auf. Verbreitet wurden über +35 °C, örtlich sogar nahe +40 °C gemessen und neue Rekorde aufgestellt. Zum Teil kräftige Gewitter und starke Regenfälle im Alpenraum beendeten den hochsommerlichen Witterungsabschnitt.


Wetterlage und Entwicklung

Heiße Luft subtropischen Ursprungs lagerte bereits am 15. und 16. August über der Iberischen Halbinsel und Südfrankreich. Temperaturen jenseits der +20-Grad-Marke im 850-hPa-Niveau (etwa 1500 Meter Höhe) ließen am Boden Höchstwerte über +35 °C bis zur Mitte Frankreichs zu. Eine quer über den europäischen Kontinent verlaufende und zögernd nach Süden vorankommende Luftmassengrenze drängte die Heißluft am 17. vorübergehend nach Süden ab, ehe die Strömung zum 18. vor einem sich über dem mittleren Nordatlantik neu formierenden Langwellentrog auf Südwest rückdrehte und die Hitze wieder nach Norden an Raum gewann. Im Süden Frankreichs wurden örtlich knapp +40 °C gemessen (z. B. Carpentras +39,5 °C, Orange +39,1 °C). Im klimatologischen Zeitraum 1961 bis 1990 wurde es in Orange in einem August nie so heiß.

Bodendruckanalysen vom 19. bis 21.08.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
19.08.2009, 00 UTC 20.08.2009, 00 UTC 21.08.2009, 00 UTC 22.08.2009, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 19. bis 21.08.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
19.08.2009, 00 UTC 20.08.2009, 00 UTC 21.08.2009, 00 UTC 22.08.2009, 00 UTC

Auf der Vorderseite des in seinem Südteil zunehmend spitzer werdenden Langwellentroges ließ massive Warmluftadvektion am 18. und 19. einen ausgeprägten Hochdruckrücken entstehen, der am 20. über Mitteleuropa bis ins Eismeer südlich von Spitzbergen reichte. Großräumiges Absinken zum einen und Warmluftadvektion zwischen dem Rücken und dem atlantischen Trog zum anderen ließen es bis nach Nordfrankreich, Benelux und Norddeutschland sehr heiß werden. Die Berechnung der Rückwärtstrajektorien für Karlsruhe für den 20., 12 UTC (siehe Grafik unten) zeigt schön die Herkunft der Luftmasse. In den unteren Schichten (500 und 1500 Meter über der Oberfläche) wurde diese innerhalb von 96 Stunden aus Ostspanien, in der mittleren Troposphäre (5000 Meter über der Oberfläche) vom Nordatlantik mit einem kleinen Umweg über Nordostitalien herangeführt. Die höchste Temperatur in Deutschland im Messnetz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) verzeichnete am 20. Rahden-Varl, an der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gelegen, mit +37,8 °C - die bis dato offiziell höchste Temperatur in Deutschland 2009. Noch heißer wurde es mit +38,1 °C in Ihringen am Kaiserstuhl, gemessen von einer privaten Wetterfirma. In Rheinstetten bei Karlsruhe konnten +35,9 °C registriert werden; an der alten Station des DWD in Karlsruhe, wo das Institut für Meteorologie und Klimaforschung der Universität Karlsruhe die Messungen fortführt, waren es +37,5 °C - heißer wurde es dort zuletzt am 13.08.2003, an dem Tag, als mit einem Maximum von +40,2 °C der deutsche Temperaturrekord eingestellt wurde. In nahezu ganz Deutschland wurde die +30-Grad-Marke erreicht und überschritten, in der gesamten Westhälfte lagen die Höchsttemperaturen um +35 °C. Selbst auf dem Brocken im Harz in 1153 Meter Höhe langte es mit 25,5 °C zu einem Sommertag. Zahlreiche neue Dekadenrekorde gab es aus dem Norden zu vermelden; in Westermarkelsdorf (+32,4 °C) wurde ein neuer Monatsrekord für den August, in Lingen (+36,1 °C) sogar ein neuer Rekord für die gesamte Messreihe seit 1951 aufgestellt. Selbiges galt für Rheine-Bentlage mit +36,6 °C, wo die Messreihe ebenfalls seit 1951 besteht. Richtung Süden dagegen waren die Rekordwerte aus dem Jahrhundertsommer 2003 nicht zu überbieten.
Sehr heiß wurde es am 20. auch in anderen Gebieten West- und Mitteleuropas. Während im Westen Frankreichs hinter der Kaltfront von Tief "Eberhard" die Temperaturen bereits deutlich zurückgegangen waren, meldeten Montauban und Albi im Süden ein Maximum von jeweils +39,7 °C. Der französische Hitzerekord für August (Orange mit +42,6 °C im August 2003) geriet aber ebenfalls nicht in Gefahr. Hitzezentrum der Benelux-Staaten war die nordbelgische Kleinstadt Peer, in deren Stadtteil Kleine-Brogel +38,2 °C notiert werden konnten. In Florenz stieg das Quecksilber bis auf +39,6 °C - damit fehlte nur 1 Kelvin zum Augustrekord der Jahre 1961 bis 1990. In der Schweiz wurde im Messnetz von MeteoSchweiz der neue Jahreshöchstwert in Genf mit +36,2 °C gemessen. Basel meldete 34,6 °C - erst zum siebten Mal seit 1901 trat dort laut MeteoSchweiz der Jahreshöchstwert am 20. August oder später auf.

Nachstehend links die höchsten Temperaturen in Deutschland am 20.08.2009 im Messnetz des Deutschen Wetterdienstes. Rechts eine Übersicht über die am 20.08.2009 eingestellten und neu aufgetretenen Dekadenrekorde der Höchsttemperatur an deutschen Stationen sowie die bisherigen Rekordwerte mit Datum. Datenquelle: DWD


Ort 20.
Rahden-Varl (NRW)
Waghäusel-Kirrlach (BW)
Werl (NRW)
Bad Kreuznach (RP)
Münster/Osnabrück Flgh. (NRW)
Barsinghausen-Hohenbostel (NDS)
Heidelberg (BW)
Mannheim (BW)
Gütersloh (NRW)
Ohlsbach (BW)
Rheinstetten (BW)
37,8 °C
37,5 °C
37,1 °C
37,0 °C
37,0 °C
36,9 °C
36,7 °C
36,7 °C
36,7 °C
36,6 °C
35,9 °C
Ort neu alt Datum
Kiel
Westermarkelsdorf
Norderney
Bremerhaven
Cuxhaven
Lübeck
Boltenhagen
Schwerin
Oldenburg
Lüchow
Lingen
Magdeburg
32,7 °C
32,4 °C
32,7 °C
34,7 °C
33,6 °C
34,5 °C
33,2 °C
33,2 °C
35,9 °C
35,3 °C
36,1 °C
35,5 °C
31,7 °C
31,2 °C
31,9 °C
32,1 °C
32,4 °C
34,5 °C
32,3 °C
33,2 °C
35,5 °C
35,3 °C
36,0 °C
35,5 °C
11.08.1975
16.08.1974
13.08.1953
15.08.2001
12.08.1995
11.08.2003
16.08.1974
12.08.2003
12.08.2003
12.08.2003
12.08.2003
16.08.1989

Weitere Höchsttemperaturen und Rückwärtstrajektorien:

Höchsttemperaturen an deutschen Stationen am 20.08.2009.
Quelle: IMK, Uni Karlsruhe
Höchsttemperaturen an deutschen Stationen am 21.08.2009.
Quelle: IMK, Uni Karlsruhe

Höchsttemperaturen in der Schweiz am 20.08.2009.
Quelle: MeteoSchweiz
96-stg. Rückwärtstrajektorien für
Karlsruhe, Endzeit 20.08.2009,
12 UTC. Quelle: NOAA



Mächtige Gewitterwolke über dem nördlichen Schwarzwald,
fotografiert am 20.08.2009 um kurz nach 18 Uhr MESZ von
Rheinstetten bei Karlsruhe aus. Fotos: Christian Ehmann
Doch die Hitzewelle währte insgesamt nur kurz, in Deutschland ganze zwei Tage. Dann wurde mit der Kaltfront von Tief "Eberhard", das inzwischen an der Ostküste Grönlands angekommen war, die heiße Luft nach Südosten abgedrängt und durch deutlich kühlere Meeresluft ersetzt. Mancherorts lagen die Höchsttemperaturen am 21. rund 15 Kelvin tiefer als am 20. (z. B. Offenbach +20,7 °C gegenüber +36,0 °C am Vortag). Der markante Luftmassenwechsel ging örtlich mit kräftigen Gewittern einher. Die ersten Gewitter zogen bereits am Abend des 20. im Vorfeld der Kaltfront in den Westen Deutschlands, in Lüdenscheid fielen 17 mm innerhalb einer Stunde bis 23 Uhr MESZ. An und vor der langsam südostwärts vorankommenden Front bildeten sich in der Nacht und am 21. vor allem in der Mitte und im Osten Deutschlands starke Gewitter, die beiden thüringischen Stationen Schleiz und Leinefelde verbuchten mit 14 mm und 16 mm jeweils zweistellige Stundensummen. Örtlich kam es auch zu Sturmböen (z. B. Bremen/Flughafen 76 km/h).

Während sich die kühlere Luft rasch bis zu den Alpen durchsetzte, gelang ihr dies im Alpenraum nur nach und nach. Im Umfeld der Luftmassengrenze, die vorübergehend eine quasistationäre Lage einnahm, regnete es dort und im bayerischen Alpenvorland länger anhaltend, teilweise schauerartig verstärkt und gewittrig weiter. In Mühldorf am Inn fielen bis zum 22., 18 UTC innerhalb von zwölf Stunden 33 mm, in Arriach in Kärnten 36 mm. Generell summierten sich in Österreich am 22. zwischen 06 und 18 UTC flächendeckend um 10 mm, teilweise aber auch deutlich über 20 mm - dies vor allem Richtung Süden und Südosten.
Rascher als erwartet ließ der Regen dann bereits in der Nacht zum 23. nach. An nur noch wenigen Stationen wurden am Morgen zwölfstündige Mengen über 10 mm gemessen, zum Beispiel in Graz (14 mm).


Nachstehend die größten 24-stündigen Niederschlagsmengen in Deutschland bis zum 21.08.2009, 06 UTC sowie eine Auswahl 48-stündiger Regenmengen in Österreich vom 21., 06 UTC bis zum 23., 06 UTC. Quelle: DWD

Ort 21.
Kirchdorf (NDS)
Schmalkalden (TH)
Waltershausen (TH)
Hamburg-Neuwiedenthal (HH)
Wipperfürth-Gardeweg (NRW)
Rheinstetten (BW)
21 mm
20 mm
20 mm
20 mm
19 mm
0 mm
Ort Nds.
Graz Universität (STM)
Arriach (KTN)
Klagenfurt (KTN)
Villach (KTN)
Zell am See (SBG)
Dellach/Drautal (KTN)
71 mm
46 mm
44 mm
40 mm
39 mm
27 mm


Radarbilder/Blitzkarten

Nachfolgend jeweils oben Radarbilder (Quelle: DWD) sowie unten Blitzkarten (Quelle: BLIDS) von Deutschland vom 20. und 21.08.2009.

20.08., 22 MESZ (oben)
20.08., 20 bis 22 MESZ (unten)
21.08., 04 MESZ (oben)
21.08., 02 bis 04 MESZ (unten)
21.08., 10 MESZ (oben)
21.08., 08 bis 10 MESZ (unten)
21.08., 16 MESZ (oben)
21.08., 14 bis 16 MESZ (unten)


Satellitenbilder

20.08., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
21.08., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
22.08., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk


Text: CE


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