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Samstag, 9. August 2008, 17:30 MESZ


Tornado, Sturm, Starkregen

West-, Mitteleuropa/Ostsee
03.-05.08.2008


Satellitenbild: 05.08.2008, 11:39 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton

Ein kräftiges Tief brachte Anfang August 2008 West- und Mitteleuropa sowie dem Ostseeumfeld nicht nur Sturmböen und viel Regen, sondern der Region Nord-Pas-de-Calais in Nordfrankreich auch einen der verheerendsten Tornados der vergangenen Jahre in Europa. Drei Menschen starben, mehrere wurden teilweise schwer verletzt.


Wetterlage und Entwicklung

Sturm- oder gar schwere Sturmböen treten im Sommer häufig in Verbindung mit kräftigen Gewittern, selten im Bereich intensiver Tiefdruckgebiete auf. Doch wie im vergangenen und im diesjährigen Sommer häufiger zu beobachten war, formierte sich auch Anfang August 2008 ein solches, für Jahreszeit und Breitengrad ungewöhnlich starkes Tief. Dabei hatte sich über Mitteleuropa zunächst eine lebhafte Westströmung etabliert, mit der atlantische Tiefausläufer ostwärts gesteuert wurden. Die recht stramme Frontalzone verlief am 3. vom mittleren Nordatlantik über die Britischen Inseln, Nordfrankreich und Norddeutschland zum Baltikum. Ein umfangreicher Höhentrog reichte von Nordrussland über Skandinavien und die Britischen Inseln bis zum Nordatlantik. Darin eingebettet fand sich ein abgeschlossenes Höhentief mit Zentrum über der nördlichen Nordsee. An dem Frontenzug des korrespondierenden Bodentiefdrucksystems "Amelie" bildeten sich mehrere Wellen aus - eine davon geriet in der Nacht zum 4. über den Benelux-Staaten unter die Vorderseite eines sehr scharf ausgeprägten Randtroges. In Anbetracht dieser günstigen Voraussetzungen entwickelte sich die Welle über dem Norden Deutschlands rapide und reifte am 4. zu einer klassischen Sturmzyklone ("Birgit") mit einem Kerndruck von unter 990 hPa über der Ostsee.

Eine große Zunahme der Windgeschwindigkeit und eine Änderung der Windrichtung mit der Höhe im Umfeld der Kaltfront ließ an dieser ein Band mit schauerartigen und teilweise auch gewittrigen Niederschlägen entstehen. Dramatische Folgen hatte dies in der Nacht zum 4. in Nordfrankreich an der Grenze zu Belgien: In den Städten Maubeuge und Hautmont in der Region Nord-Pas-de-Calais richtete einer der stärksten Tornados der letzten Jahre in Europa - geschätzt ein F3- oder F4-Tornado (das entspricht Windgeschwindigkeiten zwischen 265 und 439 km/h) auf der Skala nach Fujita - schwerste Verwüstungen an. Selbst massive Häuser wurden teilweise völlig zerstört. Drei Menschen starben, mehrere wurden zum Teil schwer verletzt.

Kurz nach Mitternacht erreichte die Kaltfront mit starken Regenfällen und eingelagerten Gewittern die Nordwesthälfte Deutschlands. Regenmengen im hohen zweistelligen Bereich innerhalb von einer Stunde waren dabei keine Seltenheit. Beispielsweise verzeichnete der Flughafen Münster/Osnabrück zwischen 0 und 1 Uhr MESZ 29,1 mm. Bis 8 Uhr MESZ gingen dort 12-stündig sogar 64 mm nieder, in Düsseldorf wurden im selben Zeitraum 42 mm gemessen. In den Mittelgebirgen legte der Wind spürbar zu und wehte in Böen auf vielen Gipfeln in Sturmstärke. Auf dem 1142 Meter hohen Brocken im Harz konnte mit 126 km/h sogar voller Orkan beobachtet werden.
Auf ihrem Weg nach Süden geriet die Kaltfront im Tagesverlauf immer mehr ins Schleifen. Wiederholte schauerartige Regenfällen trugen dann besonders im Südwesten zu hohen 12-stündigen Regenmengen bei. Bis zum Abend summierten sich z.B. in Heidelberg 29 mm. Verbreitet stürmische Böen bliesen in der Nordosthälfte Deutschlands, am Kap Arkona auf Rügen wurden schwere Sturmböen registriert (94 km/h).

Am 5. war in erster Linie noch der äußerste Nordosten (z.B. Kap Arkona 101 km/h) sowie die südliche Ostsee von schweren Sturm- oder orkanartigen Böen betroffen. Ustka an der polnischen Ostseeküste meldete 90 km/h, Hammerodde auf der dänischen Insel Bornholm sogar 119 km/h.

Text: CE

Bodendruckanalysen vom 03. bis 06.08.2008, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
03.08.2008, 00 UTC 04.08.2008, 00 UTC 05.08.2008, 00 UTC 06.08.2008, 00 UTC
500 hPa-Geopotential und Bodendruck vom 03. bis 06.08.2008, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
03.08.2008, 00 UTC 04.08.2008, 00 UTC 05.08.2008, 00 UTC 06.08.2008, 00 UTC


Wetterwerte

Nachstehend eine Auswahl gemessener Spitzenböen in Deutschland vom 04.08.2008 sowie vom Ostseeumfeld und dem östlichen Mitteleuropa vom 04. und 05.08.2008. Dazu ausgewählte 12-stg. Niederschlagsmengen in Deutschland, im Norden Frankreichs sowie in Belgien bis jeweils zum 04.08., 06 UTC. Quellen: DWD, WetterOnline.

Ort Böe, 04.
Brocken
Kap Arkona
Feldberg/Schw.
Zugspitze
Weinbiet/Pf. Wald
Greifwalder Oie
Barth
126 km/h
101 km/h
101 km/h
97 km/h
94 km/h
90 km/h
86 km/h
Ort Böe Datum
Hammerodde (DK)
Rønne (DK)
Kocelovice (CZ)
Ostrava (CZ)
Siedlce (PL)
Mlava (PL)
Ustka (PL)
Łeba (PL)
Hel (PL)
119 km/h
98 km/h
108 km/h
101 km/h
108 km/h
101 km/h
90 km/h
90 km/h
90 km/h
05.08.
05.08.
04.08.
04.08.
04.08.
04.08.
05.08.
05.08.
05.08.

Ort 03./04.
Münster/Osn. Flgh.
Osnabrück
Geilenkirchen
Düsseldorf
Bergen/Hohne
64 mm
58 mm
48 mm
42 mm
41 mm
Ort 03./04.
Cambrai (F)
La Heve (F)
Abbeville (F)
Beauvechain (B)
Kl. Brogel (B)
Schaffen (B)
55 mm
41 mm
34 mm
42 mm
36 mm
35 mm


Radarbilder

Animation der Radarbilder vom 03.08., 21 UTC bis 04.08., 09 UTC. Das zur Kaltfront von Tief "Birgit" gehörende Niederschlagsband überquert West- und Mitteleuropa von Nordwest nach Südost. Quelle der Bilder: DWD. Größe der Animation ca. 1,5 MB.

Radar-Animation vom 03.08., 21 UTC
bis 04.08., 09 UTC; Quelle der Bilder: DWD


Satellitenbilder

03.08., 10:35 UTC, NOAA-17 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
04.08., 05:08 UTC, NOAA-15 IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
05.08., 09:48 UTC, NOAA-17 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
06.08., 09:25 UTC, NOAA-17 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern



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