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Mittwoch, 16. Juli 2008, 23:00 MESZ


Starkregen

Alpenraum
12.-15.07.2008


Satellitenbild: 13.07.2008, 12:18 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton

Ergiebige Regenfälle haben Mitte Juli 2008 im Alpenraum stellenweise zu Überschwemmungen geführt. Der meiste Regen fiel im Schweizer Kanton Tessin, in der Gegend um Lugano zum Teil über 150 mm in 48 Stunden. Es entstanden Schäden von umgerechnet mehreren hunderttausend Euro.


Wetterlage und Entwicklung

Nach einer kurzen stabilen Wetterphase am 9. und 10.07.2008, die dem Alpenraum viel Sonnenschein brachte, verlagerte sich der dafür verantwortliche Hochdruckrücken samt Bodenhoch am 11. nach Osten. Von Westen her näherte sich ein langwelliger Höhentrog an mit einem darin eingebetteten Bodentief ("Viola") über der Nordsee. Die zugehörige Kaltfront zog im Tagesverlauf über Deutschland hinweg südostwärts und erreichte in der Nacht zum 12. die Alpen, wo sie als quasistationäre Luftmassengrenze bis zum 14. verweilte. Unterdessen befand sich der Höhentrog noch immer über Westeuropa, auf seiner Vorderseite liefen kurzwellige Anteile nach Nordosten ab. Im Bereich eines solchen Kurzwellentroges formierte sich an der Luftmassengrenze über den Pyrenäen Tief "Wolfhilde", das bis zum 13. über die Alpen nach Polen wanderte. Neben dynamischen Prozessen führte zusätzlich Warmluftadvektion zu Hebungsvorgängen, die ausgedehnte Wolken- und Niederschlagsgebiete entstehen ließen. So war die Pause nach dem Regen an der eigentlichen Kaltfront am Alpenrand auch nur von kurzer Dauer. Schon am Nachmittag des 12. begann es von der Schweiz her in Verbindung mit einem Kurzwellentrog wieder zu regnen. Diesem folgten am Abend und am frühen Morgen des 13. weitere Kurzwellentröge mit Regen nach; dem dritten Kurzwellentrog in dieser Serie konnte am Boden Tief "Wolfhilde" zugeordnet werden. Bis 6 UTC fielen beispielsweise in Oberreute im südwestlichsten Zipfel Bayerns 31 mm, in Waging am See im Landkreis Traunstein 30 mm Regen.
Deutlich mehr hatte es bis dahin in den südlichen Teilen der Schweiz geregnet, z.B. im Tessin. Die Station Locarno-Monti meldete 80 mm in 24 Stunden - das sind immerhin 41 Prozent der durchschnittlichen Menge im Monat Juli - St. Moritz (Kanton Graubünden) verzeichnete sogar 94 mm.
Während der Nordteil des umfangreichen Langwellentroges am 13. nordostwärts schwenkte, zeigte der Südteil Abschnürungstendenzen und kam bis zum Abend des 14. nur langsam über Frankreich und den Alpenraum nach Osten voran. Vorderseitig entwickelte sich über Oberitalien ein weiteres und noch kräftigeres Tief als "Wolfhilde", das allerdings namenlos blieb. So regnete es vor allem im Süden der Schweiz kräftig weiter (z.B. Lugano 93 mm/24 h), am Alpennordrand stellte sich durch bodennahe Nord- bis Nordostanströmung Stau ein. Im Oberallgäu gingen binnen 24 Stunden bis zum 14., 06 UTC verbreitet um 50 mm nieder. Erst mit Abzug von Höhentrog und Bodentief am Abend hörte der Regen langsam auf.
Doch nicht nur in der Schweiz und im Süden Deutschlands, auch in Teilen Österreichs und im östlichen bzw. südöstlichen Mitteleuropa waren hohe Niederschlagssummen in diesen Tagen keine Seltenheit. In Slowenien entluden sich am Abend des 13. heftige Gewitter, die z.B. in der Hauptstadt Ljubljana am Flughafen Brnik bis zum 14., 06 UTC 74 mm Regen innerhalb von 24 Stunden brachten. In Szentgotthárd im Westen Ungarns fielen im gleichen Zeitraum 50 mm, in Lučenec im Süden der Slowakei 44 mm. In Feldkirch (Vorarlberg) summierten sich binnen 12 Stunden bis zum 14., 06 UTC 47 mm.

Durch die anhaltenden und ergiebigen Regenfälle traten besonders im Tessin Bäche und kleinere Flüsse über die Ufer. Die Schäden beliefen sich umgerechnet auf mehrere hunderttausend Euro. Ein Teil der Gotthardlinie war infolge von Erdrutschen blockiert, 14 Fernverkehrszüge mussten umgeleitet werden. In der Lombardei kamen zwei Menschen ums Leben, im Veltlin wurden 300 Menschen wegen Überschwemmungen und Erdrutschen evakuiert.
Weitaus weniger dramatisch stellte sich die Situation an der Alpennordseite dar. Zwar führten auch im Süden Bayerns einige Donauzuflüsse leichtes Hochwasser, Berichte über größere Schäden lagen von dort aber nicht vor. Für Aufsehen sorgte der Tod zweier Extremsportler bei einem Berglauf auf die Zugspitze, die sich leicht bekleidet auf den Weg zum Gipfel machten und bei mit zunehmender Höhe in Schnee übergehenden Niederschlägen vor Unterkühlung und Erschöpfung zusammenbrachen.

Text: CE

Bodendruckanalysen vom 12. bis 15.07.2008, jeweils 00 UTC
Quellen: FU Berlin / DWD
12.07.2008, 00 UTC 13.07.2008, 00 UTC 14.07.2008, 00 UTC 15.07.2008, 00 UTC
500 hPa-Geopotential und Bodendruck vom 12. bis 15.07.2008, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
12.07.2008, 00 UTC 13.07.2008, 00 UTC 14.07.2008, 00 UTC 15.07.2008, 00 UTC


Wetterwerte

Nachstehend die höchsten gemessenen Regenmengen in der Schweiz vom 12.07., 06 UTC bis 14.07., 06 UTC sowie ein Vergleich mit den langjährigen Mittelwerten für Juli (soweit vorliegend). Dazu die nassesten Orte (DWD-Stationen) in Baden-Württemberg und Bayern vom 12./13.07. und vom 13./14.07. (jeweils 06 UTC bis 06 UTC). Quellen: DWD, klimadiagramme.de

Ort 12./13. 13./14. Summe Mittel %
Lugano
Locarno-Magadino
San Bernadino
St. Moritz
Locarno-Monti
65 mm
75 mm
71 mm
94 mm
80 mm
93 mm
66 mm
53 mm
28 mm
22 mm
158 mm
141 mm
124 mm
122 mm
102 mm
181 mm
-
192 mm
-
194 mm
87%
-
65%
-
53%
Ort 12./13.
Oberreute (BY)
Waging am See (BY)
Sigmarszell-Zeisertsweiler (BY)
Laupheim (BW)
Balderschwang (BY)
31 mm
30 mm
30 mm
27 mm
26 mm
Ort 13./14.
Oberstdorf-Rohrmoos (BY)
Oberstdorf (BY)
Seeg (BY)
Ottobeuren (BY)
Balderschwang (BY)
58 mm
56 mm
48 mm
48 mm
48 mm


Radarbilder

Nachstehend Niederschlagsradarbilder vom Alpenraum und Süddeutschland vom 12.07., 12 UTC bis 14.07., 12 UTC in jeweils 6-stündigem Abstand. Quelle: DWD.

12.07.2008, 12 UTC 12.07.2008, 18 UTC 13.07.2008, 00 UTC
13.07.2008, 06 UTC 13.07.2008, 12 UTC 13.07.2008, 18 UTC
14.07.2008, 00 UTC 14.07.2008, 06 UTC 14.07.2008, 12 UTC


Niederschlag

Nachstehend interpoliere Niederschlagsmengen in Bayern vom 13.07., 16 Uhr MESZ bis 14.07., 16 Uhr MESZ. Ganz links als Übersicht, rechts davon mit Zoom auf das Iller-Lech-Gebiet. Weiter rechts stündliche Niederschlagssummen an der Station Oberstdorf-Rohrmoos und ganz rechts aufsummierter Niederschlag an der Station Fraxern (Vorarlberg/A), jeweils vom 11. bis 14.07. Quelle: HND Bayern.



Satellitenbilder

12.07., 11:45 UTC, MSG IR
Quelle: EUMETSAT
13.07., 11:45 UTC, MSG IR
Quelle: EUMETSAT
14.07., 11:45 UTC, MSG IR
Quelle: EUMETSAT
15.07., 11:45 UTC, MSG IR
Quelle: EUMETSAT



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