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Freitag, 13. Oktober 2006, 15:00 MESZ


Starkregen und Sturm


Mitteleuropa
1.-3.10.2006


Satellitenbild: 2.10.2006, 10:27 UTC, NOAA17 VIS
Quelle: Geog. Inst. Uni Bern


Wetterlage und Entwicklung
Der "Tag der Deutschen Einheit", der 3. Oktober, wird in diesem Jahr 2006 in der Südhälfte Deutschlands als einer der regenreichsten Feiertage in die meteorologischen Aufzeichnungsbücher eingehen. Vor allem in Baden-Württemberg summierten sich die Niederschlagsmengen bis zum Abend verbreitet auf 30 bis 40 Liter pro Quadratmeter. Zusammen mit den Regenfällen des Tages zuvor ergaben sich insgesamt Summen von häufig über 50 Millimeter. Zudem sorgten Sturm-, an einigen Orten auch schwere Sturmböen am Abend des 3. für Sachschäden.
Die großräumige Wetterlage zeigte am 2. ein ausgeprägtes Tiefdrucksystem mit Zentrum bei den Britischen Inseln. Dieses lag inmitten eines umfangreichen langwelligen Höhentroges, dessen Hauptachse etwa von Spitzbergen über Großbritannien hinweg bis zu den Azoren verlief. Auf der Vorderseite dieses Troges hatte sich eine gut ausgeprägte Südwestströmung eingestellt, mit der feuchtwarme Luftmassen nach Nordosten transportiert wurden. Die okkludierte Front des Tiefdruckgebietes erstreckte sich in einem Bogen über Südnorwegen und -schweden, Teile Polens und Tschechiens, Süddeutschland und Frankreich hinweg und von dort Richtung Südwesten auf den Atlantik. Aufgrund ihrer Lage parallel zur Höhenströmung kam sie nur langsam südostwärts voran und neigte zur Ausbildung von Wellen und kleinen Randtiefs, die an ihr nach Nordosten abliefen. Eine dieser Wellen konnte am Abend des 2. vor der Nordwestküste Spaniens analysiert werden. Sie befand sich in günstiger Entwicklungsposition vorderseitig eines Kurzwellentroges im 500 hPa-Niveau, der mit der Strömung den Langwellentrog durchlief. Diese Gegebenheiten hatten eine rasche Intensivierung der Welle zu einem markanten Randtief zur Folge, das mit einem Kerndruck von zeitweise unter 995 hPa am 3. Deutschland von Südwest nach Nordost überquerte und am späten Abend des 3. bereits über Polen auszumachen war.
An der Ostflanke des Tiefs wurde von Südwesten her subtropische Warmluft bis in den Süden Deutschlands geführt. Entsprechend der dadurch ausgelösten Hebungsvorgänge setzten bereits in den Nachmittagsstunden des 2. Regenfälle ein, die sich auf einen Streifen über der südlichen Mitte des Landes konzentrierten. Bis zum Morgen des 3., 06 UTC (08 Uhr MESZ) konnten in Karlsruhe bereits 34, in Mühlacker 31, in Saarbrücken 25 und in Mannheim 22 l/m² registriert werden. Mit weiterer Annäherung des Tiefs intensivierte sich der Regen am 3. und erfasste zunehmend die gesamte Südhälfte. Aber auch im Osten kamen gebietsweise bis knapp 40 l/m² zusammen (zB Chemnitz). Durch die west-südwestliche Anströmung ging der meiste Regen in Weststaulagen des Schwarzwaldes nieder. In Baden-Baden meldete die Station einer privaten Wetterfirma im Zeitraum vom 3., 00 bis 24 Uhr MESZ eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 73 l/m² . Im Lee des Schwarzwaldes hingegen, Richtung Schwaben, waren die Summen nicht ganz so hoch. So verzeichnete beispielsweise Stuttgart im 48-Stunden-Zeitraum vom 2., 06 UTC bis 4., 06 UTC lediglich 27 l/m². An vielen Orten war mit diesem Niederschlagsereignis bereits das Monatssoll erfüllt. So sind in Karlsruhe, zieht man den Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990 als Vergleich heran, im gesamten Monat Oktober sonst nur 58 mm zu erwarten.
Rückseitig des nach Nordosten abgezogenen Tiefs bewegte sich die Luftmassengrenze schließlich nach Süden und von Nordwesten floss frische Meeresluft ein, in den Alpen gingen die Niederschläge bis unter 2000 m herab in Schnee über. Dieser Vorgang war verbunden mit einem raschen Druckanstieg, wodurch sich auf der südwestlichen Seite des Tiefkerns ein kleinräumiges Sturmfeld entwickeln konnte. Im süddeutschen Flachland traten gebietsweise Sturm-, örtlich auch schwere Sturmböen auf. Aus Freiburg wurden am Abend des 3. 101 km/h gemeldet. Höhere Windgeschwindigkeiten verzeichneten Freudenstadt mit 111 und Geislingen/Stötten mit 107 km/h . Auf den Berggipfeln des Schwarzwaldes und der Alpen blies der Wind in Orkanstärke. Der Feldberg registrierte 161, die Zugspitze 137 km/h. Wie eng das Sturmfeld tatsächlich begrenzt war zeigt auch die Tatsache, dass einige Kilometer Richtung Norden die Spitzenböen lediglich noch Stärke 9 und weniger erreichten. Konnten am Baden-Airport und in Lahr noch 80 bzw. 79 km/h notiert werden, wurden in Karlsruhe gerade noch 65 km/h gemessen. Selbst auf dem 557 m hoch gelegenen Weinbiet im Pfälzer Wald reichte es 'nur' für eine Böe in Sturmstärke.
Durch den ergiebigen Regen und die Sturmböen entstand in erster Linie Sachschaden. Zahlreiche umgestürzte Bäume behinderten vor allem in Freiburg, im Ortenaukreis, in Lörrach und in Emmendingen den Verkehr, beschädigten Häuser sowie parkende Autos. Einige Bahnstrecken waren ebenfalls betroffen. So musste die Strecke zwischen Himmelreich und Neustadt/Schw. sowie zwischen Himmelreich und Seebrugg im Schwarzwald gesperrt werden. Ebenfalls gesperrt werden musste die Autobahn 8 zwischen Stuttgart und Ulm am Drackensteiner Hang, um abgeknickte Baumkronen zu entfernen. In Freiburg wurde zudem ein großes Baugerüst vor einem Elektromarkt zerstört. Glück hatten dort eine Frau und ein Kind, die durch einen umstürzenden Baum nur leicht verletzt wurden. Ein herabfallender Ast verletzte in Eislingen eine 65 Jahre alte Frau. Im Kreis Rastatt und Baden-Baden bereiteten dagegen hauptsächlich die großen Regenmengen Probleme. In Gernsbach war der Kurpark überflutet, in Baden-Baden pumpte die Feuerwehr zahlreiche voll gelaufene Keller aus. An den Flüssen Rhein, Murg, Alb und Oos kam es infolge der Niederschläge zu vorübergehend erhöhten Wasserständen, die am 4. allerdings meist wieder zurückgingen.
Auch in der benachbarten Schweiz sowie im südlichen Elsass richteten Windböen Schäden an. In Verbindung mit einer Gewitterlinie erreichten die Böen in Teilen der Schweiz gar Orkanstärke bis 140 km/h. In Zürich wurde eine Frau von einem umstürzenden Baum verletzt, im Elsass fiel in tausenden Haushalten zeitweise der Strom aus. Zudem ließen anhaltende Regenfälle auch dort Flüsse über die Ufer treten, in Rambervillers in den Vogesen stand das Wasser bis zu einem Meter hoch in den Straßen.
Text: Christian Ehmann

Bodendruckanalysen vom 1. bis zum 4.10.2006, jeweils 00 UTC:
Quelle: FU Berlin / DWD
1.10.2006, 00 UTC 2.10.2006, 00 UTC 3.10.2006, 00 UTC 3.10.2006, 00 UTC
Radarbilder vom 2. und 3.10.2006:
Quelle: DWD
2.10.2006, 15 UTC 2.10.2006, 21 UTC 3.10.2006, 03 UTC
3.10.2006, 09 UTC 3.10.2006, 15 UTC 3.10.2006, 21 UTC

Niederschlagsmengen

Karlsruhe Baden-Baden Rastatt

Regenmenge, 2.-3-10-2006, 17 bis 17 MESZ Pegel Rhein, Karlsruhe-Maxau

Nachstehend eine Auswahl an gemessenen Tages-Regenmengen in Südwestdeutschland und in Epinal (F) vom 2.-4.10.2006, jeweils 06-06 UTC:

Ort 2./3. 3./4. Summe
Epinal (F)
Baden-Baden
Baiersbronn-Ruhestein
Karlsruhe
Pforzheim
Lahr
Neunkirchen/Saarland
Feldberg/Schw.
42 mm
44 mm
30 mm
34 mm
31 mm
18 mm
22 mm
4 mm
72 mm
48 mm
54 mm
38 mm
44 mm
52 mm
45 mm
59 mm
114 mm
92 mm
84 mm
76 mm
75 mm
70 mm
67 mm
63 mm
Ort Spitzenbö
Feldberg/Schw.
Jungfraujoch
Patscherkofel
Zugspitze
Chasseral
Wendelstein
Moleson
Gütsch
Hörnli
Sonnblick
Napf
Freudenstadt
Zürich
Basel
Stötten
Freiburg
161 km/h
157 km/h
152 km/h
137 km/h
131 km/h
130 km/h
126 km/h
124 km/h
122 km/h
119 km/h
119 km/h
111 km/h
111 km/h
111 km/h
107 km/h
100 km/h

2.10.06., 13:49 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton
3.10.06, 12:04 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton
3.10.06, 10:04 UTC, N17 VIS
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
1.10.06., 21:00 UTC, MET8 IR
Quelle: B. J. Burton
2.10.06., 18:00 UTC, MET8 IR
Quelle: B. J. Burton
3.10.06., 15:00 UTC, MET8 VIS
Quelle: B. J. Burton



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