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Montag, 1. August 2005, 10:00 MESZ


Gewitter


Deutschland / Frankreich
28./29.7.2005


Satellitenbild: 29.7.2005, 15:50 UTC, NOAA 12 VIS
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern


Wetterlage und Entwicklung
Die bisher heißesten Tage in Mitteleuropa gingen spektakulär zu Ende mit golfballgroßen Hagelkörnern in Südfrankreich, Windböen bis fast 200 km/h im Erzgebirge oder Niederschlagsmengen bis 77 mm!.
Am 28.7.2005, 00 UTC, reichte ein mächtiger Höhentrog mit seiner Achse etwa von Irland bis nach Marokko; für die zentralen Teile Europas resultierte daraus eine kräftige südwestliche Höhenströmung, in die teilweise sogar extrem heiße kontinentale Tropikluft (cT) mit einbezogen wurde. Über den Alpen und über der Südhälfte Deutschlands lagen die Temperaturen im 500 hPa-Niveau bei -9°C!. Die Zugspitze verfehlte ihren Rekord der 3. Julidekade mit 16.9°C am 28.7.1983 nur um wenige Zehntel Grad (16.3°C). So stiegen die Temperaturen zumindest in Teilen Baden-Württembergs und von Rheinland-Pfalz auf die bislang höchsten Werte in diesem Jahr: Niederstetten im Norden Baden-Württembergs maß 36.7°C, nur unwesentlich kühler war es in Karlsruhe mit 36.3°C oder in Mannheim mit 36.2°C. Das Bodentief "Gerrit" lag mit seinem Zentrum zu diesem Zeitpunkt noch über der Bretagne, seine Warmfront über dem Norden Deutschlands. In der Höhe überwog in Deutschland noch der antizyklonale Einfluss, der die Gewittertätigkeit weitgehend unterdrückte. Allerdings bildete sich in einem breiten Streifen vom Osten Spaniens, quer durch Frankreich bis nach Deutschland ein Gewitterband, das sich zB auf dem zweiten Satellitenbild unten oder auf der entsprechenden Blitzkarte eindrucksvoll abzeichnet. In Deutschland überdeckte dieser Streifen ein Gebiet etwa von Rheinland-Pfalz über das südliche Nordrhein-Westfalen hinweg bis nach Hessen. Auch an der Ostsee entwickelten sich vereinzelt Gewitter. Der Kahle Asten verzeichnete eine Niederschlagsmenge von 26 mm.
Höhentrog und Bodentief verlagerten sich in der Folge weiter nach Osten, das Tief "Gerrit" war am 29.7.2005, 00 UTC, über Südengland anzutreffen. Auch die wärmste Luft wurde langsam nach Osten abgedrängt, sie ließ in Kümmersbruck in Nordbayern die Temperatur auf 34.7°C ansteigen, Kubschütz in Sachsen brachte es auf 34.1°C. Als fehlerhaft erwies sich die Prognose der Höchsttemperatur für den Freitag, 29.7.2005, insbesondere im Osten: Die Modelle berechneten für das Gebiet nördlich von Thüringer Wald und Erzgebirge Maxima zwischen 37 und 39°C und auch ein neuer deutscher Hitzerekord schien in Reichweite. Die prognostizierten Höchsttemperaturen wurden allerdings nicht annähernd erreicht. Zum einen behinderten Gewitterreste vom Vorabend und der vorangegangenen Nacht zeitweise die Einstrahlung und zum anderen bestand vermutlich eine kräftige Inversion, die nicht aufgelöst werden konnte und eine vertikale Durchmischung der Luft erschwerte. Auch könnte eine bodennahe Advektion kühlerer Luft den Anstieg der Temperaturen gebremst haben. Von alldem offenbar unbeeindruckt erreichte Pilsen in Tschechien eine Höchsttemperatur von 38.3°C, Prag immerhin noch 36.5°C. Der Tag in Deutschland begann noch meist recht freundlich, lediglich von Rheinland-Pfalz über das westliche Hessen bis nach Niedersachsen hielt sich ein Wolkenband, aus dem es leicht schauerte oder gewitterte. Am Nachmittag bildeten sich in der feuchtwarmen Luft dann zunächst im Nordwesten und in Thüringen einzelne aber zum Teil schon heftige Gewitter. Am frühen Abend zogen dann unwetterartige Gewitter von der Schweiz und Frankreich in den äußersten Südwesten Baden-Württembergs; sie brachten Hagel und Sturmböen und richteten zB im Breisgau und am Hochrhein erheblichen Schaden an. Diese Gewitter formierten sich zu einem großen Wolkenkomplex, der nordostwärts Richtung Hessen und Nordbayern zog, aber meist keine allzu heftigen Niederschläge mehr brachte. Eine andere Gewitterzone zog vom Alpenrand kommend über Bayern nordwärts. Die heftigste Gewitteraktivität entfaltete sich am späten Abend und in der Nacht zu Samstag über dem Nordosten Deutschlands. Hier entstanden laufend kräftige Gewitter, die sich dann mit den von Hessen und Nordbayern nachrückenden Komplexen zu einem einzigen riesigen Wolkenkomplex verbanden. Die Niederschlagsmengen erreichten Werte bis über 70 mm (Eilenburg in Sachsen 77 mm). Zur gleichen Zeit bildete sich an der von Westen heranziehenden Kaltfront des Tiefs "Gerrit" das Teiltief "Hansi", das am 30.8.2005, 00 UTC, über dem westlichen Niedersachsen lag. Es sorgte mit seinem Hebungsgebiet in Teilen der Niederlande und im nordwestlichen Nordrhein-Westfalen für ergiebigen Regen, der sich zB in Geldern bis zum Morgen auf 72 mm summierte.
Insgesamt kamen in Deutschland die größten Niederschlagsmengen in 3 Bereichen zustande: In Baden-Württemberg nördlich der Donau, der Nordhälfte Bayerns, in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg sowie Hiddensee und Rügen; ein weiterer Schwerpunkt erstreckte sich von der Eifel über das westliche Niedersachsen bis nach Hamburg, der dritte lag im nordwestlichen Nordrhein-Westfalen.
Besondere Erwähnung verdient der Wind: Mit den Gewittern traten Sturmböen auf, die häufig mehr als 100 km/h erreichten und auch Orkanböen waren keine Seltenheit (zB Straubing 122 km/h). Die weitaus heftigsten Böen verzeichneten Stationen im Erzgebirge: Zinnwald-Georgenfeld registrierte eine Bö von 191 km/h (!), der Fichtelberg oder Usti Nad Labem noch 152 km/h.

500 hPA-Geopotential vom 28., 29., 30.7.2005, jeweils 00 UTC
Quelle: Berliner Wetterkarte
28.7.2005, 00 UTC 29.7.2005, 12 UTC 30.7.2005, 00 UTC
Bodendruckanalysen vom 28., 29., 30.7.2005, jeweils 00 UTC
Quelle: Berliner Wetterkarte
28.7.2005, 00 UTC 29.7.2005, 12 UTC 30.7.2005, 00 UTC
Blitzeinschläge am 28., 29. und 30.7.2005, jeweils 00-23 UTC
Quelle: Wetterzentrale
28.7.2005, 00-23 UTC 29.7.2005, 00-23 UTC 30.7.2005, 00-23 UTC
Radarbilder vom 29.7.2005 15 UTC bis 30.7.2005, 01 UTC, in zweistündigem Abstand:
Quelle: DWD / wetter.com
29.7.2005, 15 UTC 29.7.2005, 17 UTC 29.7.2005, 19 UTC
29.7.2005, 21 UTC 29.7.2005, 23 UTC 30.7.2005, 01 UTC
Niederschlag in Schwäbisch-Hall-Wielandsweiler und in Wolfach in Baden-Württemberg
Quelle: HVZ
Schwäbisch-Hall-Wielandsweiler Wolfach

Temperatur
Nachstehend die Orte mit den jeweils höchsten in Deutschland gemessenen Temperaturen am 27., 28. und 29.7.2005:


Ort 27.
Rheinau
Karlsruhe
Waghäusel
Freiburg
Emmendingen
34.7°C
34.1°C
34.0°C
33.9°C
33.8°C
Ort 28.
Niederstetten
Karlsruhe
Mannheim
Stuttgart-Neckartal
Bad Dürkheim
36.7°C
36.3°C
36.2°C
36.0°C
36.0°C
Ort 29.
Kümmersbruck
Regensburg
Roth
Weiden
Kubschütz (Kr. Bautzen)
34.7°C
34.2°C
34.2°C
34.2°C
34.1°C

Niederschlag
Nachstehend die Orte mit den jeweils höchsten in Deutschland gemessenen 24 stündigen Niederschlagsmengen, jeweils von 06 bis 06 UTC, vom 27. bis zum 30.7.2005:


Ort 27./28.
Bad Lippspr. (NRW)
Wahlen (HES)
Lüdge (NRW)
Waldeck (NRW)
Holzdorf (S-ANH)
Bad Hersfeld (HES)
Braunlage (NS)
Karlsruhe
37 mm
35 mm
32 mm
29 mm
28 mm
27 mm
26 mm
0 mm
Ort 28./29.
Kahler Asten (NRW)
Boltenhagen (MVP)
Lissendorf (RP)
Lauperath (RP)
Rödermark (HES)
Kirchdorf (MVP)
Rheine (NRW)
Karlsruhe
26 mm
23 mm
22 mm
22 mm
20 mm
20 mm
19 mm
6 mm
Ort 29./30.
Eilenburg (SAC)
Hiddensee (MVP)
Geldern (NRW)
Borken (NRW)
Kalkar (NRW)
Langenlipsdorf (BRA)
Wolfach (BW)
Karlsruhe
77 mm
76 mm
72 mm
67 mm
62 mm
54 mm
53 mm
10 mm

Wind
Nachstehend die Orte mit Windspitzen von 100 km/h oder mehr in Deutschland und im benachbarten Ausland am 28.7.2005 und in der Nacht zum 30.7.2005:


Ort
Zinnwald
Fichtelberg
U. Nad Labem (CZ)
St. Dizier (F)
Milesovka (CZ)
Genf (CH)
Niederstetten
Straubing
191 km/h
152 km/h
152 km/h
144 km/h
144 km/h
130 km/h
126 km/h
122 km/h
Ort
Chasseral (CH)
Galzig (A)
Lichtenhain
Öhringen
Changins (CH)
Gütsch (CH)
B-Mulhouse (F)
Nürnberg
120 km/h
119 km/h
115 km/h
115 km/h
115 km/h
113 km/h
111 km/h
107 km/h
Ort
Büchel
Schleiz
Aue
Jungfraujoch (CH)
Zugspitze
Patscherkofel (A)
Dresden
Kocelovice (CZ)
104 km/h
104 km/h
104 km/h
104 km/h
100 km/h
100 km/h
100 km/h
100 km/h

28.7.05, 16:09 UTC, N12 VIS
Quelle: B. J. Burton
28.7.05, 17:27 UTC, N15 VIS
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
28.7.05, 20:16 UTC, N14 IR
Quelle: L. Hamilton
29.7.05, 13:15 UTC, N18 IR/VIS
Quelle: B. J. Burton
29.7.05, 15:43 UTC, N12 VIS
Quelle: B. J. Burton
29.7.05, 15:43 UTC, N12 VIS
Quelle: B. J. Burton
29.7.05, 15:50 UTC, N12 VIS
Quelle: B. J. Burton
29.7.05, 17:06 UTC, N15 VIS
Quelle: M. Wienzek
29.7.05, 21:11 UTC, NOAA IR
Quelle: CHMU Prag



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