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Donnerstag, 23. Februar 2017, 23:00 MEZ


Starkniederschläge

Südwest-USA/Kalifornien

2016/2017


Atmospheric River
20.02.2017
Quelle: NASA Earth Observatory


Nach einer sechsjährigen Rekorddürre, die als schlimmste der vergangenen 1200 Jahre gilt, erlebte der Südwesten der USA mehrere Atmospheric River-Ereignisse (AR), die die Wasserreservoire wieder füllten, Staudämme wie den Oroville Dam jedoch an ihre Kapazitätsgrenze brachten. Gebietsweise 1500 mm Regen oder bis zu 13 Meter Schnee kamen in den ersten sechs Wochen des Jahres 2017 vom Himmel. Die Folge waren zeitweise massive Überflutungen, Erdrutsche, Stromausfälle und Lawinenabgänge. Nach der Einteilung des US Drought Monitor entspannte sich die außergewöhnliche Dürresituation in weiten Landesteilen Kaliforniens so weit wie zuletzt im Jahr 2011. Weitere Auswirkungen hängen maßgeblich vom Witterungsverlauf der kommenden Monate ab.

Klima und Vorgeschichte

Im semiariden Klima der Südwest-USA hängt die Wasserversorgung maßgeblich von den Winterniederschlägen und der sommerlichen Schneeschmelze in den Gebirgen ab. In einer Saison, die häufig vom 1. Oktober bis zum 30. September definiert wird ("Water Year"), werden die Reservoire von Oktober bis April aufgefüllt. In diesen Monaten fällt rund 90 % des Jahresniederschlags, die Hälfte zwischen Dezember und Februar. Dafür sind Winterstürme, die vom Pazifik auf die Westküste der USA treffen, verantwortlich ("Pacific Storm Track"). Besonders niederschlagsreich fallen Ereignisse aus, bei denen sogenannte Atmospheric Rivers (AR) im Spiel sind und welche den größten Anteil der Winterniederschläge an wenigen Regentagen bei hoher Intensität mitbringen. ARs sind rund 400 Kilometer breite und tausenden Kilometer Förderbänder mit Feuchtigkeit gesättigter Luft aus tropischen Regionen. Sie werden an der Westküste der USA durch ihren Ursprung im Seegebiet von Hawaii auch als "Pineapple Express" (Ananasexpress) bezeichnet. In den letzten Jahren fielen die Winterniederschläge durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren sehr spärlich und zusätzlich das Sommerhalbjahr überdurchschnittlich warm aus, z.B. durch einen nördlich verschobenen Jetstream, der häufig sogar antizyklonal umgelenkt wurde (Höhenrücken über dem Ostpazifik) sowie wesentlich zu hohe Meeresoberflächentemperaturen. Die Folge waren noch höhere Verdunstungsraten und eine frühere Schneeschmelze. Im Jahr 2015 reduzierte sich die Schneedecke in der Sierra Nevada, wie aus einem Paper in der naturwissenschaftlichen Fachzeitschrift "Nature" zu entnehmen ist, auf den niedrigsten Stand der vergangenen mindestens 500 Jahre. Die folgende El-Niño-Saison 2015/2016 blieb deutlich hinter ihren Erwartungen zurück. Der pazifische Storm Track lenkt insbesondere in El-Niño-Jahren in kurzen Abständen starke Tiefdruckgebiete süd- und ostwärts in den Westen der USA. Die meist zonale Strömung dehnt sich weit nach Süden aus und bringt auch Südkalifornien - mit kurzen Pausen oder Ausnahmen - einen besonders nassen Winter. Die Jahre 1997/98 und 1982/83, in denen die am stärksten ausgeprägten El-Niño-Phänomene im Pazifik herrschten (2015/16 auf Platz 3), gehörten zu den nassesten seit Aufzeichnungsbeginn. Ein weiteres Jahr später sollte schließlich die zuvor erwartete nasse Witterungsperiode eintreffen, obwohl schwache La-Niña-Bedingungen im Pazifik zu verzeichnen waren.


Niederschlag in Kalifornien | Quellen: wrcc.dri.edu, ncdc.noaa.gov
Prozent des Jahresniederschlags (bis 20.2.2017) zum Normalwert Prozent des Niederschlags seit 1.10.2016 zum Normalwert Ranking des Januarniederschlags 2017 Niederschläge Oktober bis Januar von 1895-2017

Entwicklung bis 2017

Mit den Daten des US Drought Monitor lassen sich mehrere Dürreperioden in Kalifornien seit 2000 ausmachen (D0-D3), von denen in der Saison 2011/12 bei weitem die schwerwiegendste begann. Von Januar 2014 bis Januar 2017 herrschte immer in gewissen Teilen des Bundesstaats die höchste Dürrestufe (D4). Die extremste Ausprägung wurde zwischen Juli und Oktober 2014 erreicht, als 58 % des Staates unter außergewöhnlicher Dürre litten. Selbst ein ganzes Jahr später waren es immer noch 46 %. Die lang ersehnten kräftigen Niederschläge, die in El-Niño-Wintern häufiger sind, fielen besonders im Süden Kaliforniens 2015/2016 spärlich aus. So reduzierte sich die Fläche, die mit D4 eingestuft wurde, nur auf 21 %. Zudem gehörten beispielsweise der Februar und April 2016 zu den heißesten Vertretern ihrer Art seit Aufzeichnungsbeginn. Von April 2013 bis Oktober 2016 befanden sich mindestens 90 % Kaliforniens in einer Dürre, von März 2014 bis März 2016 sogar 99 %. Ab Oktober 2016 begann eine zögerliche Verbesserung der Situation. Das kräftige, nordwärts verschobene Subtropenhoch zog sich weiter nach Westen und Süden zurück und schwächte sich zeitweise deutlich ab. Erste Tiefausläufer aus Nordwesten mit Niederschlägen streiften auch den Norden Kaliforniens. Ende November und Ende Dezember griffen die pazifischen Winterstürme noch weiter nach Süden aus und erreichten dann Südkalifornien. Im Januar 2017 lenkte ein kräftiger Jetstream immer wieder kräftige Tiefdruckgebiete an die US-Westküste. Dabei sorgten Höhentröge für Hebungsantrieb, die bodennahen Zentraltiefs zogen häufig zwischen British Columbia und Oregon ihre Kreise. Südlich davon konnte mehrfach in Form von ARs sehr feuchte Luft - zeitweise sogar mit Ursprung im tropischen Seegebiet der Philippinen - nach Kalifornien gelangen, mit zusätzlichen Stauniederschlägen in der Sierra Nevada als Folge. Einer der Stürme im Januar brachte in der Region Mount Rose/Mammoth Mountains mehr als drei Meter Neuschnee. Ein weiteres Starkregenereignis um den 10. Februar brachte den Oroville Dam und mindestens 200.000 Menschen in Gefahr, welche am 13. Februar vorübergehend ihr Wohngebiet verlassen mussten. Kurz nach Monatsmitte erlebte auch der Großraum Los Angeles heftige Regenfälle, als sich ein Trog besonders weit nach Süden ausdehnte (Baja California/Mexiko). Das Sturmtief war dort zudem für einen Stromausfall verantwortlich, von dem 100.000 Menschen betroffen waren. Rückschauend endete damit die außergewöhnliche Dürreperiode (D4) im Januar, im Februar 2017 erreichte das dürrefreie Gebiet einen Anteil von 40 %.


12-Monats-Niederschlag bis 20.02.2017 an ausgewählten Orten in Kalifornien | Quellen: NOAA CPC
Los Angeles Bishop Blue Canyon

Häufig das drei- bis vierfache der üblichen Regenmengen

In den Berglagen wie Asos, Blue Canyon summierten sich die Regenmengen auf eindrucksvolle Werte. Während im oben dargestellten Zeitraum durchschnittlich 1654,3 mm Niederschlag registriert werden, sind es in den zurückliegenden 12 Monaten bis 20.02.2017 ganze 2907,5 mm. Das sind 1253,2 mm mehr - oder etwa der doppelte Jahresniederschlag von Berlin zusätzlich in 12 Monaten. Venado registrierte 3126,5 mm (Abweichung +2177 mm, 329 %) seit dem 1. Oktober 2016, davon 1975,9 mm (+1515,1 mm, 429 %) seit dem 1. Januar 2017 - mit 1113,3 mm im gesamten Januar und 862,6 mm bisher im Februar.

Solche Regenmengen ebneten den extremen Übergang zwischen Rekorddürre und den Überflutungen bislang in diesem Jahr. Weitere Stürme im Februar brachten die Wasserspeicher an die Kapazitätsgrenze und sehr nasse Tage in Südkalifornien. Am 11. Februar erreichte der Oroville-Staudamm eine Kapazität von 101 % und 151 % im Vergleich zum langjährigen Mittel. Wasser begann über die Notfall-Entlastungsanlage zu fließen, welche durch Sandsäcken und Gestein stabilisiert wurde. Schon am 7. Februar wies die Haupt-Entlastungsanlage Beschädigungen auf.
Überflutungen in San Jose werden als schlimmste seit 100 Jahren bezeichnet (Quelle: The Watchers) Der Coyote Creek bei San Jose erreichte am 21. Februar einen Rekordpegel von 4,14 m (alter Rekord: 1922 mit 3,90 m).


Prozentualer Anteil des Wasseräquivalents der Schneedecke und Füllstand der Wasserreservoire Kaliforniens
Quellen: cdec.water.ca.gov
Stand 23.2.2017 Stand 22.2.2017

Rekorde in Südkalifornien und Nevada

Das Niederschlagsereignis vom 17. bis 20. Februar brach einige weitere Rekorde (Quelle: Wunderground / NASA Earth Observatory):

10,9 mm Las Vegas Valley (18.02.)
16,5 mm Death Valley (18.02.)
47,5 mm San Jose (20.02.) - Tagesrekord verdoppelt
54,9 mm San Francisco (20.02.) - Tagesrekord verdoppelt
105,7 mm Santa Barbara (18.02.) - Februarrekord, alt: 100,8 mm (08.02.1985)

Ein starker Jetstream war zudem für extreme Orkanböen auf dem Gipfel des Ward Mountain in Squaw Valley (CA) verantwortlich. Die topographische Situation ermöglicht häufiger Böen über 200 km/h. Am 20. Februar wurden dort sogar 320 km/h registriert, der USA-Rekord des Mount Washington liegt bei 372 km/h.

Höchste Niederschlagsmengen 01.01.-21.02.2017 (Quelle: WRCC):
2062,0 mm Venado
1872,5 mm Strawberry Valley
1786,4 mm Pit River
1631,4 mm Honeydew
1454,7 mm Brush Creek

Infografik Oroville Dam, Entwicklung der Dürre und jährliche Regensummen in der nördlichen Sierra Nevada | Quellen: Wikipedia, Droughtmonitor cdec.water.ca.gov
Dürrestufen 2011-2017 Oktober 2016 - Februar 2017

Zum aktuellen Zeitpunkt liegt die Saison 2016-2017 auf Rekordkurs, regional wurde das nasseste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn 1982-83 schon übertroffen (z.B. in den Einzugsgebieten des Sacramento River und San Joaquin River). In einem Mittel aus 8 Stationen der nördlichen Sierra Nevada liegt die aktuelle Niederschlagssumme seit dem 1. Oktober 2016 bei 1935,5 mm (229 %) und damit mehr als 500 mm über dem Durchschnittswert zu diesem Zeitpunkt im Jahr. Das langjährige Mittel des gesamten Jahres liegt bei 1270 mm. Um 1982-83 zu übertreffen, sind weitere 312,5 mm Regen in den nächsten Wochen nötig. Der Katastrophenwinter 1861-62 (wissenschaftlich mit der Bezeichnung "ARkStorm" analysiert), brachte beispielsweise in San Francisco im Januar und Februar 810 mm Regen, etwa das Doppelte wie in diesem Jahr. Entsprechend dürften sich die Niederschläge in der Sierra Nevada verhalten haben. Das California Department of Water Resources weist darauf hin, dass nach den vier trockensten aufeinanderfolgenden Jahren 2012-2015 und dem Anstieg der Schneebedeckung der Sierra von rekordniedrigen 5 % auf 150-200 % trotz der aktuellen Nässe jederzeit die Dürre zurückkommen könnte und 2017 nur ein Ausreißer innerhalb einer ausgedehnten Trockenphase sein könnte. Klimamodelle berechnen seit langem eine deutliche Zunahme von Dürreperioden und Hitzewellen in großen Teilen der Welt in den nächsten Jahrzehnten als Reaktion auf den Ausstoß der Treibhausgase sowie eine Verstärkung der Niederschläge im Fall von AR-Ereignissen. Wie häufig AR-Ereignisse in Zukunft vorkommen, ist nicht geklärt, vor allem ist der Zeitpunkt ihres Eintreffens mehrere Monate im Voraus nicht vorhersagbar.


Text: FB
20.-23. Februar 2017


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