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Freitag, 10. Januar 2014, 15:00 MEZ


Starkschneefall, extreme Kälte

USA
Zentraler Norden, Mittlerer Westen, Nordosten

03.-07.01.2014


Abweichung 2-m-Temperatur vom langjährigen Mittel
(1979-2000) am 07.01.2014
Quelle: The Climate Reanalyzer

Heftige Schneefälle, Sturmböen und extreme Kälte suchten weite Teile der USA Anfang Januar 2014 heim. Strenger Dauerfrost überdeckte Südkanada sowie den zentralen Norden, den Mittleren Westen und den Nordosten der Vereinigten Staaten. Tiefsttemperaturen um -40 °C und blizzard-ähnliche Bedingungen sorgten für starke Beeinträchtigungen und Flugausfälle. Durch die Kälte verloren mindestens 20 Menschen ihr Leben.



Blizzard und extreme Kälte mit neuen Tagesrekorden der Tiefsttemperatur

Einen Jahresbeginn der Wetterextreme erlebten Anfang Januar 2014 weite Teile der USA. Zuerst suchte ein Blizzard die nordöstlichen Bundesstaaten mit Sturmböen und Starkschneefall heim. Danach griff eisige Kälte aus dem kanadischen Raum auf den zentralen Norden, den Mittleren Westen und später auch den Nordosten der Vereinigten Staaten über. Am 03.01. kam es vorderseitig eines passabel gekrümmten Kurzwellentroges entlang der Ostküste zu einer markanten Zyklogenese. Das Tief mit Zentrum über der offenen See verlagerte sich küstenparallel Richtung Neufundland und Grönland. Auf seiner Vorderseite setzte großräumig massive Warmluftadvektion ein, rückseitig zapfte das Drucksystem kontinentale und frostige Polarluft an und führte diese mit nördlichen bis nordöstlichen Winden bis nach Neuengland. Unter Zunahme der Luftdruckgegensätze erreichte der Wind im Nordosten der USA vielerorts Sturmstärke. Im Bereich großräumiger und mesoskaliger Hebungsprozesse an den Frontensystemen entwickelten sich starke und ergiebige Schneefälle, die in Kombination mit dem stürmischen Wind mitunter für blizzard-ähnliche Bedingungen sorgten. Am kräftigsten schneite es an der teilweise rückläufigen Warmfront auf der kalten Rückseite des Tiefs. Von Delaware bis Massachusetts gab es verbreitet 20 bis 50 cm Neuschnee, den meisten Neuschnee im Zeitraum 01.-03.01. verzeichnete Boxford (MA) mit 60 cm. Tausende Flüge mussten gestrichen werden, im Straßen- und Bahnverkehr gab es starke Einschränkungen und Behinderungen. In Massachusetts blieben die Behörden geschlossen, die US-Bundesstaaten New York und New Jersey riefen den Notstand aus.

Auf der Rückseite des Sturmtiefs floss bereits sehr kalte Polarluft in den Mittleren Westen und den Nordosten der USA. Mit der Ankunft noch kälterer Kontinentalluft arktischen Ursprungs verschärfte sich vom zentralen Norden bis in den Nordosten ab dem 05.01. nochmals der strenge Frost. Der vorderseitig des Sturmtiefs massive und weit nordwärts reichende Warmluftvorstoß bis in den grönländischen Raum verursachte eine Verschiebung der gewöhnlichen Aufenthaltsgebiete der hiesigen winterlichen Kältereservoire im nordpolaren und nordkanadischen Raum. Der große Wärmeeintrag stützte über dem Nordatlantik und über Grönland einen mächtigen Höhenrücken. Als Pendant dazu stieß ein mit sehr kalter Luft gefüllter Langwellentrog über Nordamerika südwärts vor und überdeckte zum 06.01. nahezu den ganzen nordamerikanischen Kontinent. Inmitten des hiesigen Höhentroges machte sich bodennah die arktische Kälte aus den hohen Breiten mit einer zeitweise lebhaften nördlichen Strömung auf den Weg nach Süden. Am 05.01. erreichte im 850-hPa-Niveau die -30 °C-Isotherme die amerikanisch-kanadische Grenze, zum 07.01. streckte die Kältewelle ihre Fühler nur leicht abgeschwächt auch in den Nordosten der USA bis zur Atlantikküste aus. Aufgrund fehlender natürlicher Barrieren konnte die -10 °C-Isotherme sogar bis zur Golfküste vorstoßen. Solche markanten und in der Landessprache oft "arctic outbreak" oder "arctic blast" genannten Kälteeinbrüche kommen in den USA immer mal wieder vor; in ähnlicher Stärke zuletzt im Jahr 1994.

500-hPa-Geopotential/Bodendruck und 850-hPa-Temperatur vom 03.01. bis 06.01.2014 | Quelle: wetter3.de
03.01.2014, 00 UTC 04.01.2014, 00 UTC 05.01.2014, 00 UTC 06.01.2014, 00 UTC

IR-Satellitenbilder USA 02./03.01.2014 mit der Entwicklung des Blizzard-Tiefs | Quelle: NASA NOAA GOES Project
02.01.2014, 00:15 UTC 03.01.2014, 00:15 UTC 03.01.2014, 21:15 UTC

VIS-Satellitenbilder USA | Quelle: NASA Earth Observatory
Verschneiter Nordosten der USA am 03.01.2014 Verschneiter Mittlerer Westen und Lake-Effekt am 06.01.2014

Während die Einwohner im Norden und in der Mitte Kanadas extreme Minustemperaturen um oder unter -30 °C gewohnt sind, verursachte der Vorstoß der eisigen Kaltluft im Süden Kanadas und in der USA vielerorts außergewöhnlich tiefe Temperaturen, allerdings keine neuen Monats- oder Allzeitrekorde. Frühere Kältewellen aus den Jahren 1994, 1989, 1983 oder der Winter 1976/1977 brachten mitunter schon deutlich tiefere Temperaturen mit sich. Dennoch überdeckte strenger Dauerfrost zwischen -15 und örtlich -40 °C Südkanada sowie den zentralen Norden, den Mittleren Westen und den Nordosten der USA. Teilweise wurden neue Tagesrekorde der Tiefsttemperatur aufgestellt, Nachtfröste gab es bis zur Golfküste und bis in den Norden Floridas und Mexikos. Verbunden mit dem starken Nordwind traten gefühlte Temperaturen (Windchill) bis zu -52,8 °C (-63 °F) in Comertown (MT) auf, in Rolla (ND) waren es bis zu -51,1 °C (-60 °F). Chicago (IL) maß an 10 aufeinanderfolgenden Tagen Dauerfrost. Rekordhalter ist dort allerdings der Winter 1976/1977, in dem an durchgehend 43 Tagen das Quecksilber nicht über 0 °C hinauskam. Am 06.01. stellte Chicago-Ohare mit -26,7 °C einen neuen Tagesminimumrekord auf. Die vorherige Bestmarke bei der Tiefsttemperatur stammt mit -25,6 °C vom Jahr 1884 und 1988. Weiter im Süden reichte es in Atlanta (GA) für einen Tag mit Dauerfrost. Im Januar 1982 registrierte die Stadt sogar 5 aufeinanderfolgende Dauerfrosttage. Mit der im Norden eintreffenden extrem kalten Luft und der gleichzeitig im Süden noch vorherrschenden Warmluft konnte am Morgen des 06.01. quer über die USA ein beeindruckender Temperaturgradient beobachtet werden. Während Minneapolis (MN) bereits -30 °C meldete, wartete Miami in Südflorida noch mit +19 °C auf.

Lake-Effect, 07.01., 6 UTC
© UCAR
Nach Norden hin kam die trockene Arktikluft mit Ausnahme rund um die Großen Seen weitgehend ohne Niederschläge daher. Anders sah die Situation weiter südlicher und östlicher aus, wo sich von Missouri bis Maine eine Luftmassengrenze mit kräftigen Schneefällen ausbildete. Bis zu 46 cm schneite es vom 04. bis 07.01. in La Fontaine (IN). Markant fiel im Bereich der Großen Seen der so genannte Lake-Effekt aus. Streicht extrem kalte Luft über die wärmere und noch offene oder nur teilweise vereiste Seefläche, so können sich durch Konvektion Wolkenstraßen und heftige Schneeschauer mit ergiebigen Neuschneemengen entwickeln. Maximiert ist dieser Effekt, wenn der Wind parallel zur langen Achse des Gewässers weht. Durch Sekundärzirkulationen zwischen dem kalten Umland und der warmen Wasseroberfläche bildet sich über dem See eine linienartige Konvergenzzone aus, entlang derer Schneeschauer entstehen, die nachfolgend an den Küsten stromab des Gewässers punktuell viel Neuschnee bringen. Am besten funktionierte dieser Mechanismus am 06. und 07.01. über dem Ontariosee und Eriesee. Buffalo (NY) an der Ostküste des Eriesees meldete schwere Sturmböen bis zu 96 km/h und heftige Schneeschauer. Binnen eines Tages gab es dort einen knappen Meter Neuschnee. Heftig geschneit hat es auch in Rodman (Jefferson Country), wo durch den Lake-Effect 1,5 Meter Neuschnee zusammenkam. An mehreren Orten rund um die Großen Seen sah es wie an der Georgian Bay in Ontario aus (siehe Bild unten). Nur wenige Tage nach dem Blizzard im Nordosten gab es durch die extreme Kälte erneut starke Beeinträchtigungen im Straßen-, Bahn- und Flugverkehr. Viele Schulen blieben geschlossen, mindestens 20 Menschen kamen ums Leben.

Schneehöhenanalysen (oben) und Niederschläge als Schnee (unten) | Quelle: NOHRSC
01.01.2014, 06 UTC 03.01.2014, 06 UTC 06.01.2014, 06 UTC
24-h-Schnee bis 03.01.2014, 06 UTC (links) und bis 06.01.2014, 06 UTC (rechts)

Temperaturverläufe an ausgewählten Orten | Quelle: CPC
International Falls (MN) Minneapolis (MN) Chicago (IL) New York (NY)

Bilder und Eindrücke von Schnee und Eis aus den USA und Südkanada | Quellen: twitter, privat
Georgian Bay, Ontario
© twitter, Don McNevin
New York Manhatten
© Bernhard Mühr
New York Queens
© Bernhard Mühr
Boston (MA)
© Bernhard Mühr


Größte Neuschneehöhen (links) 01.-03.01. und 04.-07.01. sowie Auswahl neuer Tagesrekorde der Tiefsttemperatur am 06./07.01.
Datenquellen: NOAA HPC, NOAA/NCDC, The Weather Network
Ort Neuschnee
Benton (MI)
Boxford (MA)
Topsfield (MA)
Greece (NY)
La Fontaine (IN)
Boston (MA)
Thompson (OH)
Libertyville (IL)
Burnham-Hegewisch (IL)
Yarmouth (ME)
69 cm
60 cm
60 cm
56 cm
46 cm
45 cm
45 cm
42 cm
40 cm
33 cm
USA 06./07.01. Tmin alt (Jahr)
Monroe (LA)
Waco (TX)
Charlotte (NC)
Atlanta (GA)
Dover (DE)
N.Y. Central Park (NY)
Baltimore (MD)
Springfield (CO)
DuBois (PA)
Chicago (IL)
-7,2 °C
-8,9 °C
-13,9 °C
-14,4 °C
-14,4 °C
-15,6 °C
-16,1 °C
-21,1 °C
-25,0 °C
-26,7 °C
-6,7 °C (1959)
-6,7 °C (1910)
-11,1 °C (1884)
-12,2 °C (1970)
-12,2 °C (1988)
-14,4 °C (1896)
-13,3 °C (1988)
-17,2 °C (2005)
-20,6 °C (1988)
-25,6 °C (1884)
Kanada 07.01. Tmin alt (Jahr)
Mount Forest
Markham
Hamilton
London
Windsor
-25,2 °C
-23,5 °C
-24,0 °C
-26,1 °C
-25,2 °C
-22,3 °C (1996)
-21,2 °C (1994)
-20,0 °C (1968)
-21,7 °C (1942)
-20,6 °C (1942)

Text: DK
10. Januar 2014


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