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Dienstag, 9. Oktober 2012, 15:30 MESZ

Stürmische Witterung

Mitteleuropa, Baltikum

04.-06.10.2012


Satellitenbild VIS Europa
04.10.2012, 11:11 UTC
Quelle: Geogr. Institut Universität Bern


Zwei kleinräumige, aber markante Tiefdruckgebiete läuteten Anfang Oktober 2012 mit stürmischem und nassem Wetter den Vollherbst in Mitteleuropa und im Baltikum ein. Schwere Sturm- und orkanartige Böen verursachten größere Sachschäden und Stromausfälle.



Tiefdruckaktivität über Mitteleuropa

Ungemütliches, sehr windiges und nasses Herbstwetter hielt Anfang Oktober 2012 in Mitteleuropa und im Baltikum Einzug. Grund hierfür war ein umfangreicher Langwellentrog über dem Nordostatlantik, an dessen Südseite mehrere eingelagerte Kurzwellentröge rasch ostwärts über West- und Mitteleuropa bis zum Baltikum durchschwenkten. Der erste markante Kurzwellentrog erreichte zum 04.10. den europäischen Kontinent. Bei einem kräftigen Jetstream in der Höhe kommt es auf Vorderseiten scharf gekrümmter Höhentröge zu starker Divergenz in der Höhe, d.h. in einer gedachten Luftsäule vom Erdboden bis zur Tropopause wird Masse evakuiert, folglich setzt am Boden Druckfall ein. Dies geschah auch am 04.10., als sich klassischerweise auf der Vorderseite des Höhentroges durch Druckfall ein Bodentrog mit Verschärfung der Luftdruckgegensätze ausbildete. Damit zog ein kleinräumiges Sturmfeld von Nordostfrankreich über den Süden und die Mitte Deutschlands hinweg bis nach Polen. Auf den Gipfeln der Mittelgebirge gab es Orkanböen, im Flachland reichte es örtlich für schwere Sturmböen um oder über 100 km/h. Ausgehend von dem steuernden Tief "Marianne" brachten langgestreckte, wellende und somit kaum sich verlagernde Frontenzüge nach Nordwesten hin anhaltende Regenfälle, die in den west- und norddeutschen Mittelgebirgen wie Eifel, Rothaargebirge und Harz orographisch verstärkt wurden. Auch in Teilen Mittel- und Ostdeutschlands sowie im Sauer- und Siegerland regnete es ergiebig, z.B. in Meinerzhagen-Redlendorf (NRW) vom 03.10., 20 MESZ bis 04.10., 20 MESZ mit einer 24-stündigen Regenmenge von 58 mm.

Modellanalysen 500-hPa-Geopotential mit Bodendruck sowie Satellitenbilder IR | Quelle: wetter3.de, B.J. Burton
03.10.2012, 12 UTC 04.10.2012, 12 UTC 05.10.2012, 12 UTC 06.10.2012, 12 UTC

Kaum war das erste Wellentief abgezogen, näherte sich am 05.10. nun etwas nördlicher der nächste Kurzwellentrog mit dem korrespondierenden Bodentief "Nurcan". Unter Intensivierung zog "Nurcan" vom Ärmelkanal über die Nordsee, Dänemark und die Ostsee bis zum Baltikum. Den tiefsten Kerndruck erreichte das System mit unter 984 hPa über Lettland. An der Südflanke führte das kräftige Herbsttief ein weiteres kleinräumiges Sturmfeld mit sich, das vor allem Benelux, Norddeutschland, das südliche Ostseeumfeld sowie Nordpolen, Weißrussland und das Baltikum erfasste. Zunächst befand sich der Sturm im Warmsektor des Tiefdruckgebietes zwischen Warm- und Kaltfront. Die stabile Schichtung verhinderte das Durchgreifen und Herabmischen der starken Höhenwinde bis ins Flachland, die größten Windgeschwindigkeiten bis Orkanstärke waren zunächst den Hochlagen der Mittelgebirge vorbehalten. Dies änderte sich im Tagesverlauf und mit Durchzug der Kaltfront, als bei rückseitig eingeflossener und labiler Kaltluft die stärksten Windböen mehr und mehr bis zum Erdboden und in die Niederungen durchgriffen. Sturmböen und zum Teil schwere Sturmböen traten im Flachland von Mecklenburg-Vorpommern über Nordpolen bis nach Weißrussland und zum Baltikum auf. An der Ostseeküste bließ der Wind in Böen orkanartig, auf den Gipfeln der Mittelgebirge herrschte Sturm mit Orkanböen, z.B. auf dem Brocken im Harz mit einer Spitzenböe von 144 km/h. "Nurcans" wellende und nur zögerlich südwärts voranschreitende Kaltfront erhielt vor allem über Süddeutschland in der Nacht und am Vormittag des 07.10. durch Zunahme der Temperaturgegensätze neuen Antrieb. Eine nahezu strömungsparallele Ausrichtung ließ die Front lange über Baden-Württemberg und Bayern verweilen. Staueffekte am Bayrischen Wald und am Schwarzwald sorgten für große Regenmengen, so z.B. am Ruhestein im Nordschwarzwald mit 38 mm in 24 Stunden und einer Gesamtregenmenge von 57 mm in 36 Stunden.

DWD-Bodendruckanalysen | Quelle: DWD / FU Berlin
03.10.2012, 00 UTC 04.10.2012, 00 UTC 05.10.2012, 00 UTC 06.10.2012, 00 UTC



Schwere Sturmböen im Flachland, orkanartige Böen an den Küsten, Orkanböen in den Mittelgebirgen

Der stürmische Witterungsabschnitt hinterließ vor allem im Norden und Nordosten Deutschlands größere Schäden. Betroffen war besonders der Berliner, Potsdamer und Rostocker Raum, Frankfurt an der Oder, Brandenburg an der Havel sowie der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte und der Landkreis Cloppenburg. Die meisten Meldungen gingen über umgestürzte Bäume sowie beschädigte Gebäude und Dächer ein. In Berlin und Hamburg, aber auch andernorts störte der kräftige Wind empfindlich den Bahnverkehr, sowohl im regionalen S-Bahn-Netz als auch im Fernverkehr. Über das nordrhein-westfälische Marl und über Voerde-Spellen fegten kräftige Sturmböen hinweg, die erhebliche Schäden verursachten. Bei Essen gerieten auf dem Baldeneysee 5 Segelbote in Seenot. In Mecklenburg-Vorpommern fiel in einigen Dörfern zeitweise der Strom aus. Weitaus mehr mit Stromausfällen zu kämpfen hatten viele Einwohner im Baltikum, allein in Litauen waren über 140.000 Einwohner ohne Elektrizität.

Windspitzen BRD Bergland, 04.-06.10.
Quelle: DWD
Ort Böe
Brocken (ST)
Feldberg/Schw. (BW)
Fichtelberg (SN)
Wasserkuppe (HE)
Großer Arber (BY)
Weinbiet (RP)
Kahler Asten (NRW)
144 km/h
122 km/h
119 km/h
104 km/h
104 km/h
101 km/h
80 km/h
Windspitzen BRD Flachland, 04.-06.10.
Quelle: DWD
Ort Böe
Greifswalder Oie (MV)
Potsdam (BB)
Berlin-Dahlem
Chemnitz (SN)
Schwerin (MV)
Rheinstetten (BW)
104 km/h
101 km/h
101 km/h
97 km/h
94 km/h
68 km/h
Windspitzen Osteuropa, 04.-06.10.
Quelle: DWD
Ort Böe
Leba (PL)
Laukuva (LT)
Utena (LT)
Pakri (EST)
Daugavpils (LV)
Breslau (PL)
Kalipeda (LT)
112 km/h
108 km/h
94 km/h
90 km/h
86 km/h
83 km/h
83 km/h



Niederschläge

Ergiebige Regenfälle führten in Nordrhein-Westfalen vor allem im Sauer- und Siegerland zu kleineren Überflutungen. Im nördlichen Brandenburg mussten im Landkreis Oberhavel und Barnim Keller ausgepumpt werden, zahlreiche Straßen waren überspült. Auch in der Bundeshauptstadt Berlin sorgten Überflutungen für Behinderungen auf den Straßen und im öffentlichen Personennahverkehr.

Niederschlagssumme 24-stündig Deutschland bzw. Südwestdeutschland (rechts)
Quelle: DWD JavaMAP
BRD, bis 05.10., 6 UTC BRD, bis 06.10., 6 UTC BRD, bis 07.10., 6 UTC SW-Dtl., bis 08.10., 6 UTC

VERA-Analysen der 6-stündigen Niederschlagsmenge (grün) bis zum jeweiligen Termin
Quelle: Universität Wien
bis 05.10., 6 UTC bis 06.10., 6 UTC bis 07.10., 6 UTC


Text: DK
9. Oktober 2012


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