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Sonntag, 20. Mai 2012, 19:00 MESZ


Frost / Später Schnee

Mittel-, Osteuropa
13.-18.05.2012


Foto: Schneemann mit Sommerschmuck
im Schweizer Kanton Schwyz.
Quelle: MeteoSchweiz / D. Gerstgrasser

Zwei kurz aufeinanderfolgende Kaltluftvorstöße sorgten Mitte Mai 2012 in Mittel- und Osteuropa zum einen für ein pünktliches Eintreffen der "Eisheiligen" und zum anderen zum Teil bis in mittlere Höhenlagen herab für späten Schnee. An einigen Stationen wurden neue Rekordtiefstwerte für die zweite Maidekade registriert.


Wetterlage und Entwicklung

Den ersten Vorstoß kalter Luft leitete zum 12. Mai 2012 die markant ausgeprägte Kaltfront eines Richtung Nordosteuropa ziehenden Tiefdruckgebietes ("Ute") ein. An den Tagen zuvor konnten sich die Temperaturgegensätze an einer mehreren hundert Kilometer langen, über die gesamte Nordwesthälfte Europas hinweg verlaufenden Luftmassengrenze verschärfen. Die Kaltfront beendete eine zweitägige Hitzephase mit einigen Schauern und Gewittern (siehe Artikel). In 850 hPa, etwa 1.500 Meter Höhe entsprechend, gingen die Temperaturen über dem Süden Deutschlands binnen 24 Stunden um mehr als 15 K zurück, über dem Norden lagen sie am 13. zwischenzeitlich bei unter -5 °C. Mit der massiven Kaltluftadvektion stieg der Luftdruck am Boden rasch an, Hoch "Manfred" dehnte seinen Einfluss weit nach Osten aus. Ein sich innerhalb der nordwestlichen Grundströmung nach Mitteleuropa verlagernder Hochdruckrücken induzierte auf seiner Vorderseite großräumiges Absinken und ließ zum 14. über der Mitte Deutschlands eine eigenständige Hochdruckzelle entstehen. Die eingeflossene Kaltluft konnte zur Ruhe kommen und sich tagsüber bei kräftiger Einstrahlung schrittweise erwärmen; in den Nächten zum 14. und 15. jedoch waren die Bedingungen durch die vielfach klaren und windschwachen Verhältnisse günstig für eine starke Abkühlung der Luft und entsprechend niedrige Tiefsttemperaturen.

Bodendruckanalysen vom 12. bis 15.05.2012 | Quelle: FU Berlin / DWD
12.05.2012, 00 UTC 13.05.2012, 00 UTC 14.05.2012, 00 UTC 15.05.2012, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 12. bis 15.05.2012 | Quelle: Wetterzentrale
12.05.2012, 00 UTC 13.05.2012, 00 UTC 14.05.2012, 00 UTC 15.05.2012, 00 UTC

Rückwärtstrajektorien Karlsruhe,
Zielzeitpunkt 17.05.12, 00 UTC
Quelle: wetter3.de
Noch während der erste Kaltluftvorstoß im Gange war, entwickelte sich im Bereich der Frontalzone bei Island ein neues, kräftiges Tief ("Vera"). Auf seinem Weg Richtung Nordmeer intensivierte es sich zu einem Sturmtief und wies am 14. in der Nähe der Färöer einen Kerndruck von unter 975 hPa auf. An seiner Südflanke wurde nach Abzug von Hoch "Manfred" mit einer schwachen südlichen Strömung zum 15. vorübergehend etwas wärmere Luft nach Mitteleuropa gelenkt. Unterdessen formierte sich an der lang gestreckten Okklusion über dem dänischen Raum ein Teiltief ("Wiebke"), das seine Entstehung in erster Linie großräumigen Hebungsantrieben auf der Vorderseite der südlichen Spitze des zu "Vera" korrespondierenden Höhentroges zu verdanken hatte. Auf der Rückseite von "Wiebke" drang deren Kaltfront am 15. rasch über Mitteleuropa hinweg nach Südosten vor, der Höhentrog weitete sich zu den Alpen hin aus. Später ging aus ihm ein abgeschlossenes Höhentief hervor, das Richtung Griechenland und Ägäis wanderte. Die Kaltluft war arktischen Ursprungs und gelangte auf direktem Wege über das Nordmeer und den Nordatlantik nach Mitteleuropa. Am 17. erreichte die -5-°C-Isotherme in 850 hPa erneut den norddeutschen Raum, in 500 hPa (etwa 5.500 Meter Höhe) gingen die Temperaturen sogar unter -30 °C zurück. Solche Werte sind sonst eher für kalte Witterungsabschnitte im frühen Frühjahr typisch.

Bodendruckanalysen vom 16. bis 19.05.2012 | Quelle: FU Berlin / DWD
16.05.2012, 00 UTC 17.05.2012, 00 UTC 18.05.2012, 00 UTC 19.05.2012, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 16. bis 19.05.2012 | Quelle: Wetterzentrale
16.05.2012, 00 UTC 17.05.2012, 00 UTC 18.05.2012, 00 UTC 19.05.2012, 00 UTC

Auf Tiefstwerte um den Gefrierpunkt sanken die Temperaturen in der Nacht zum 13. in der Mitte Deutschlands, und die erste kalte Nacht führte auch gleich zu einem Dekadenrekord am Düsseldorfer Flughafen. Dort hatte es seit Messbeginn im Jahre 1970 noch nie so spät im Jahr Frost gegeben, der Tiefstwert betrug -0,1 °C. In der verbreitet kältesten Nacht während der "Eisheiligen", die je nach Region drei bis fünf Tage dauern, wurde am Morgen des 14. vor allem in der Südosthälfte Deutschlands verbreitet leichter Frost registriert. Abgesehen von den Gipfeln der Mittelgebirge und Alpen verbuchte Merklingen auf der Schwäbischen Alb mit -2,9 °C den tiefsten Wert für sich. Für einen Rekord innerhalb der zweite Maidekade reichte es unter anderem im bayerischen Straubing, wo der alte Rekord aus dem Jahre 1953 um 0,3 K unterboten wurde. In der Nacht zum 15. trat Frost in den tiefen Lagen nur mehr vereinzelt auf (z. B. Reit im Winkl / BY -1,9 °C).

Tiefsttemperaturen in Deutschland vom 13. bis 15.05.2012 | Quelle: IMK, KIT
13.05.2012 14.05.2012 15.05.2012

Der zweite, insgesamt betrachtet sogar noch etwas markantere Kaltluftvorstoß wurde am 15. mit schauerartigen Niederschlägen eingeleitet, die mancherorts von Gewittern begleitet wurden und in den höheren Lagen (z. B. Freudenstadt/BW) örtlich bereits als Graupel niedergingen. Diese hielten auch in der Nacht zum 16. noch an, wobei sie über dem Südwesten Deutschlands teilweise skaligen Charakter annahmen. Daran beteiligt war ein kleinräumiges Gebiet mit Warmluftadvektion, das auf der Rückseite des Troges von den Britischen Inseln her zu den Alpen zog (s. Grafiken).

Schichtdickenadvektion 500/1000 hPa vom 15./16.05.2012 | Quelle: wetter3.de
15.05.2012, 12 UTC 15.05.2012, 18 UTC 16.05.2012, 00 UTC

In der einfließenden Kaltluft gingen die Niederschläge zunächst in höheren, wahrscheinlich infolge zusätzlicher Abkühlungseffekte durch Schmelzen und Verdunsten aber zunehmend auch bis in mittlere Lagen um 500 Meter in Schnee über. Zwischen 20 Uhr MESZ am 15. und 8 Uhr MESZ am 16. fielen an der Station Baiersbronn-Ruhestein im Schwarzwald auf 916 Meter Höhe 38 mm Niederschlag, ein Großteil davon als Schnee. Am Morgen wurde dort eine Schneehöhe von 17 cm gemessen! In Freudenstadt auf 799 Meter Höhe lagen 3 cm; es war dort die späteste Schneedecke seit 1991, damals ebenfalls am 16. Mai (11 cm). An einem noch späteren Tag hatte es seit Messbeginn im Jahre 1949 noch nie zu einer geschlossenen Schneedecke gereicht.

Tiefsttemperaturen in Deutschland vom 16. bis 18.05.2012 | Quelle: IMK, KIT
16.05.2012 17.05.2012 18.05.2012

Sehr kalt mit verbreitetem Frost verlief die vielfach klare Nacht zum 17., allerdings gingen die Temperaturen nicht so weit zurück wie von den verschiedenen Wettervorhersagemodellen im Vorfeld erwartet. So war beispielsweise vom amerikanischen Global Forecast System (GFS) in einem Streifen vom Osten Englands über Benelux und Ostfrankreich bis nach Südwestdeutschland und zu den Alpen mäßiger Frost mit Tiefstwerten um -5 °C vorhergesagt worden, tatsächlich trat wiederum Merklingen auf der Schwäbischen Alb als kälteste Station im Messnetz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit einem Minimum von lediglich -2,7 °C in Erscheinung. Nicht weit von der deutschen Grenze entfernt jedoch meldete das belgische Elsenborn immerhin -4,4 °C.

Webcambilder aus dem Nordschwarzwald vom 16.05.2012
Vogelskopf, 10:45 Uhr MESZ Mummelsee, 11:00 Uhr MESZ Ruhestein, 11:00 Uhr MESZ Seibelseckle, 11:00 Uhr MESZ

Tiefe Temperaturen und Schnee wurden auch aus anderen europäischen Ländern gemeldet. In der Schweiz verzeichnete das 3.580 Meter hohe Jungfraujoch in der Nacht zum 16. einen Tiefstwert von -18,5 °C, ein neuer Rekord wurde aber nicht aufgestellt. In der Hauptstadt Bosnien-Herzegowinas, Sarajevo, lag am Morgen des 14. auf knapp 600 Meter Höhe eine etwa 10 cm mächtige Schneedecke. Es war dort die späteste Schneedecke seit 1962. In den umliegenden Bergen soll es sogar etwa einen halben Meter Neuschnee gegeben haben.



Wetterwerte

Nachstehend eine Übersicht über die Mitte Mai 2012 neu aufgestellten Dekadenrekorde der Tiefsttemperatur an deutschen Stationen. Datenquelle: DWD

Ort Tmin Datum alt Datum alt
Düsseldorf/Flgh. (NRW)
Rheinstetten (BW)
Oschatz (SN)
Vielbrunn/Odw. (HE)
Rheinstetten (BW)
Straubing (BY)
Großer Arber (BY)
München/Flgh. (BY)
Bendorf/Andernach (RP)
Rheinstetten (BW)
-0,1 °C
4,4 °C
0,2 °C
0,9 °C
2,1 °C
-1,1 °C
-4,5 °C
-0,8 °C
0,0 °C
0,9 °C
13.05.2012
13.05.2012
14.05.2012
14.05.2012
14.05.2012
14.05.2012
14.05.2012
14.05.2012
15.05.2012
15.05.2012
1,1 °C
5,6 °C
0,9 °C
1,0 °C
4,4 °C
-0,8 °C
-4,3 °C
-0,1 °C
0,9 °C
2,1 °C
19.05.1995
18.05.2011
19.05.1991
15.05.1995
13.05.2012
11.05.1953
15.05.1995
15.05.1995
12.05.1955
14.05.2012


Text: CE



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