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Sonntag, 25. März 2012, 15:30 MESZ


Außergewöhnliche Wärme
Nordosten der USA, Südkanada

Starkniederschläge/Schnee
USA - Pazifischer Nordwesten

Starkregen, heftige Gewitter
Southern Plains, Mississippigebiet

13.-22.03.2012


Rechts: 8-Tage-Temperaturabweichung
(8.-15.03.) über dem nordamerikanischen
Kontinent während der Wärmeperiode.
Quelle: NASA Earth Observatory


Eine für den Monat März beispiellose Wärmeperiode vollzog sich im Frühjahr 2012 in weiten Teilen des nordamerikanischen Kontinents. Während an der Amerikanischen Pazifikküste in den Bundesstaaten Oregon und Kalifornien rekordverdächtig späte und kräftige Schneefälle niedergingen, hatte ein für die Jahreszeit extrem warmer Witterungsabschnitt den Nordosten der USA und den Süden Kanadas fest im Griff. Mit der Intensivierung eines Tiefdruckgebietes entwickelten sich derweil über den Southern Plains und über dem Mississippigebiet heftige, schadenbringende Gewitter und Regenfälle.


Wetterlage über Nordamerika

Sehr ereignisreich und außergewöhnlich verlief das bisherige Frühjahr über den USA. Von späten Wintereinbrüchen mit Schneefällen bis gar hochsommerlich anmutenden Wärmeperioden mit kräftigen Gewittern und Starkregenfällen war im bisherigen März 2012 alles über dem flächenmäßig drittgrößten Staat der Erde vertreten. Zwar sind die Vereinigten Staaten bekannt für im Frühling und im Frühsommer regelmäßig auftretende große Temperaturgegensätze mit den daraus resultierenden Wettererscheinungen, aber die zurückliegenden Märzwochen dürfen und müssen sogar als extrem bezeichnet werden. Im Pazifischen Nordwesten der USA traten rekordverdächtig späte Schneefälle auf, gleichzeitig beschäftigte den Nordosten der USA und auch Südkanada eine beispiellose Wärmeperiode, die an zahlreichen Orten und Wetterstationen neue Monatsrekorde der Höchsttemperatur zur Folge hatte. Im weiteren Verlauf etablierte sich über den Südstaaten, den Southern Plains und über dem Mississippigebiet eine Luftmassengrenze, die für heftige Gewitter und ergiebige Regenfälle verantwortlich war; dies nur etwa zwei Wochen nach den verheerenden Gewittern mit zahlreichen Tornados über dem Mittleren Westen (siehe Artikel).

500-hPa-Geopotential und Bodendruck | Quelle: wetter3.de
12.03.2012, 00 UTC 14.03.2012, 00 UTC 16.03.2012, 00 UTC
18.03.2012, 00 UTC 20.03.2012, 00 UTC 22.03.2012, 00 UTC

Schon die Wintermonate fielen über dem Westen der USA im Mittel zu kalt aus, über dem Osten der Staaten wurden gegenüber dem klimatologischen Durchschnitt deutlich zu hohe Temperaturen registriert. Diese Temperatur- und Anomalieverteilung hielt auch im März weiter an und verschärfte sich sogar zunehmend. Grund hierfür war das großräumige Strömungsmuster in den mittleren Breiten über der Nordhemisphäre. Zur zweiten Märzdekade platzierte sich ein umfangreicher Höhentrog zwischen die Aleuten und weiter über Alaska und Westkanada bis zu den Rocky Mountains. In den folgenden Tagen stieß der Höhentrog entlang der Pazifikküste südwärts vor und vergrößerte seine Amplitude. Simultan wölbte sich über dem Osten des Kontinents ein mächtiger Höhenrücken auf, der weit in den Norden bis über das Kanadische Archipel reichte. Aufgrund der großen Wellenlänge im Strömungsmuster propagierten Rücken und Trog nur langsam ostwärts, so dass über mehrere Tage hinweg auf der Vorderseite des Höhentroges warme Luft subtropischen Ursprungs nach Norden geführt werden konnte. Beständige und kräftige Warmluftadvektion sowie Hochdruckeinfluss mit Sonnenschein ließen die Temperaturen über Nordostamerika und Südkanada stark ansteigen. Dagegen kam mit dem Höhentrog über Westamerika sehr kalte Luft südwärts bis nach Oregon und Kalifornien voran, wo ungewöhnlich tiefe Temperaturen und Schneefälle verzeichnet wurden.

Satellitenbilder Nordamerika (GOES NH, IR) | Quelle: Unisys Weather
12.03.2012, 00 UTC 14.03.2012, 00 UTC 16.03.2012, 00 UTC
18.03.2012, 00 UTC 20.03.2012, 00 UTC 22.03.2012, 00:45 UTC



Außergewöhnliche Wärme

Ort Neu 2012 Alt Jahr
South Bend (IN)
Columbus (OH)
Cleveland (OH)
Mansfield (OH)
Milwaukee (WI)
Bangor (ME)
Buffalo (NY)
Lapeer (MI)
Sault Ste Marie (MI)
Detroit (MI)
Pellston (MI)
Ottawa (CDN)
St. John (CDN)
Kejimkujik Park (CDN)
30 °C
28 °C
28 °C
28 °C
29 °C
28 °C
28 °C
32 °C
28 °C
29 °C
29 °C
27 °C
27 °C
28 °C
29 °C
27 °C
27 °C
27 °C
27 °C
27 °C
27 °C
31 °C
24 °C
28 °C
12 °C
26 °C
18 °C
23 °C
1981
1998
1986
1986
1986
1998
1945
1910
1946
1986
2007
1946
1994
1986
Auswahl neuer Monatsrekorde der Temperaturmaxima für März
Quellen: NOAA/NCDC, wunderground.com, hamweather.com
Die mehr als eine Woche anhaltende Zufuhr warmer Luftmassen, verbunden mit oft ungestörtem und im März wieder kräftiger werdendem Sonnenschein, führte in Nordostamerika und in Südkanada zu außergewöhnlich hohen Temperaturen. An insgesamt 263 Wetterstationen wurden neue Monatsrekorde der Höchsttemperatur für März aufgestellt, an weiteren 161 Orten konnten die alten Rekordwerte erreicht, aber nicht überboten werden. Seit den Wetteraufzeichnungen wurden in den USA und in Kanada während des Frühlings noch nie so viele neue Temperaturrekorde aufgestellt.

Nicht nur die Anzahl neuer Rekorde war außergewöhnlich, vor allem die Andauer der Wärme und das lange Verweilen der Warmluft sorgte für weitere Besonderheiten. So verblieb auf dem 1.917 Meter hohen Mount Washington im Bundesstaat New Hampshire am 21.03. die Tiefsttemperatur (6.6 °C) sogar über dem alten Tagesrekord der Höchsttemperatur (6.1 °C). Ähnliches fand in Marquette (MI) oder in Rochester (MN) statt, wo die Temperatur auch während der Nacht um 2 °C über dem alten Tageshöchstwert stehen blieb. Eindrucksvoll waren die Höchsttemperaturen in der kanadischen Stadt St. John und im Kejimkujik Park (siehe auch Tabelle). Die dort erreichten Maxima brachen nicht nur die Rekorde für den Monat März, sondern überboten sogar die im April jemals gemessenen absoluten Höchstwerte. So wurden in St. John 27 °C gemessen, der alte Rekord für März lag bei gerade einmal 18 °C. Auch im April konnte man dort bei höherem Sonnenstand und fortgeschrittener Jahreszeit bisher nur einen Höchstwert von 23 °C beobachten. Im Kejimkujik Park stieg das Quecksilber bis auf 28 °C, etwa 5 °C über dem bisherigen Monatsrekord und auch 3 °C über dem absoluten Temperaturmaxima von 25 °C im April.

Nachfolgende Grafiken zeigen zur Linken die im März überbotenen oder eingestellten Monatsrekorde der Höchsttemperatur. Rechts zu sehen sind Temperaturverläufe in Chicago und in Rockford, beide im Bundesstaat Illinois gelegen. Deutlich erkennbar sind die hohen positiven Abweichungen der Temperaturverläufe gegenüber dem langjährigen Mittel und auch gegenüber früheren extremen Märztemperaturen. Im Verlauf der Wärmeperiode lagen in Chicago selbst die Tiefstwerte weitaus höher als die für März übliche Mitteltemperatur. Der absolute Höchstwert für März wurde in der Stadt am Michigansee um nur 1 °C verfehlt. Insgesamt traten über dem Nordosten der USA und über Südkanada großflächig extreme positive Temperaturanomalien weit über 10 Kelvin, örtlich auch bis zu 20 Kelvin auf. Es ist davon auszugehen, dass der März 2012 verbreitet als bisher wärmster in die Geschichte eingehen wird.

Temperaturrekorde über Nordamerika, Abweichung in Chicago und in Rockford | Quellen: NOAA, NCDC
Temperaturmonatsrekorde USA Temperaturverlauf in Rockford Temperaturverlauf in Chicago

Flächendeckend ging die Wärmeperiode mit einem erheblichen Niederschlagsdefizit und folgender Trockenheit einher. Auch der vorangegangene milde Winter fiel über weiten Teilen Nord- und Nordostamerikas schon deutlich zu trocken aus. Aufgrund dürrer Vegetation und dehydrierter Böden, sowie durch die überdurchschnittlich warme und zeitweise auch recht windige Witterung, brachen vielerorts Gras- und Buschbrände aus. Allein im Bundesstaat Wisconsin wurden rund 170 Brände gezählt. Auch North Dakota und Montana waren von der Trockenheit mit kleineren Wald- und Buschbränden betroffen.



Starkniederschläge und Schnee

Anders sah die Situation im Nordwesten der USA aus, wo einfließende Kaltluft für ungewöhnlich tiefe Temperaturen und für außerordentlich späte Schneefälle sowie in tieferen Lagen für kräftige Regenfälle sorgte. In den Bundesstaaten Washington, Oregon und Kalifornien kamen in den Rocky Mountains und in der Sierra Nevada beträchtliche Neuschneemengen über 1 Meter zusammen, in den Oregon Cascades wurde ein Schneezuwachs von über 60 cm beobachtet. Neue Schneerekorde für März gab es in Florence (OR), wo am 13.03. eine 12 cm mächtige Schneedecke lag. Auch im Bundesstaat Nevada schneite es für März rekordverdächtig viel und sehr spät. So kam Ruth am 18.03. auf 33 cm Schnee, annähernd so viel gab es im März mit 21 cm zuletzt nur im Jahr 1974, dies jedoch schon am 03.03. zu Monatsbeginn. Auch in Eugene (OR) lagen am 21.03. knapp 20 cm Schnee, ein neuer Rekord für die zweite Märzhälfte und gleichzeitig dort die spätesten kräftige Schneefälle seit Aufzeichnungsbeginn.

Schneehöhen und Schneebilder | Quellen: NOAA/NOHRSC, wunderground.com
Schnee Oregon, 14.03. Schnee Kalifornien, 14.03. Springfield (OR), 21.03. Prescott (AZ), 19.03.

Die kräftigen Niederschläge im Pazifischen Nordwesten der USA, welche binnen zwei Wochen regional über 200 mm und an den Westhängen der Gebirge sogar bis über 400 mm Nass brachten, ließen die Flusspegel vor allem in Oregon kräftig ansteigen. Hochwasser und Überflutungen wurden entlang des Coquille Rivers, des Pudding Rivers, des Chehalis Rivers und des Skokomish Rivers gemeldet. Auch in den kommenden Wochen und Monaten besteht in diesen Regionen erhöhtes Hochwasserpotential, wenn in den Gebirgsregionen bei steigenden Temperaturen die Schneeschmelze einsetzt.



Heftige Gewitter und Starkregen

Mit der langsamen Ostwärtsverlagerung des Höhentroges, setzte ab dem 19.03. auf der Leeseite (strömungsabgewandte Seite) der Rocky Mountains Druckfall ein. Es entwickelte sich ein ausgedehntes Leetief, welches in den darauffolgenden Tagen als Tiefdruckrinne langsam ostwärts zog. Auf der Vorderseite des Druckminimums wurden feuchtwarme Luftmassen mit Ursprung über dem Golf von Mexiko weit nordwärts advehiert, rückseitig setzte Kaltluftadvektion aus Nordwesten ein. Verbunden mit großräumigen Hebungsprozessen entstanden im Übergangsbereich beider Luftmassen günstige Bedingungen für heftige Gewitter und ergiebige Regenfälle. Dies war vor allem in einem Korridor zwischen den Southern Plains und dem Mississippigebiet der Fall.

Bodendruck und Analyse USA | Quelle: Unisys Weather
19.03.2012, 00:15 UTC 20.03.2012, 00:15 UTC 21.03.2012, 00:15 UTC 22.03.2012, 00:15 UTC
Radarbilder national und Regionalausschnitte aus den Südstaaten | Quelle: UCAR
20.03.2012, 03 UTC 21.03.2012, 03 UTC 20.03.2012, 03 UTC 21.03.2012, 03 UTC

Mit kräftiger Geschwindigkeits- und Richtungsscherung des Windes entwickelten sich an der Kaltfront heftige und häufig superzelluläre Gewitter, die mit Starkregen, Hagel und einigen Tornados einhergingen. Binnen 4 Tage wurden über 30 Tornados beobachtet, die größten Schäden entstanden aber durch häufigen Hagelschlag in der Landwirtschaft. Am 21.03. schnürte sich der Höhentrog ab, das tiefe Geopotential verblieb als abgeschlossenes Cut-Off-Tief über den Südstaaten. Damit verlangsamte sich die Verlagerungsgeschwindigkeit der Luftmassengrenze, so dass die weiterhin kräftigen und ergiebigen Niederschläge vermehrt zu Überschwemmungen und Sturzfluten führten.

14-Tage-Niederschlagsanalyse USA sowie Satellitenbilder der Gewitterwolken | Quellen: NOAA/AHPS, NOAA/NNVL
14-Tage-Niederschlagssumme bis 23.03., 12 UTC 14-Tage-Niederschlagsabweichung bis 23.03., 12 UTC
GOES-13, 19.03.2012 GOES-13, 21.03.2012

In Orange (TX) kam eine 72-stündige Niederschlagssumme von 246 mm zusammen, auch in Oklahoma regnete es ergiebig mit einer 3-Tages-Summe von 182 mm in Langley oder 141 mm in Norman. Erheblich betroffen von den Starkregenfällen war darüber hinaus der Bundesstaat Louisiana, wo beispielsweise in Fort Polk 156 mm im gleichen Zeitraum registriert wurden. Wie auf obiger Grafik zu erkennen, lagen die Niederschläge in den Südstaaten deutlich über dem zu erwartenden Durchschnitt. Auch die kräftigen Niederschläge im Pazifischen Nordwesten sowie die Trockenheit über dem Nordosten und Norden der USA spiegeln sich hier wieder.

Mit dem Cut-Off-Tief über den Südstaaten schwächte sich allmählich die extreme Wärmeperiode über dem Nordosten des Kontinents ab. Die veränderten großräumigen Strömungsverhältnisse stoppten die Zufuhr sehr warmer Luftmassen, dennoch blieb es vielerorts weiterhin für die Jahreszeit deutlich zu warm.

Überflutungen und Schäden durch Starkregen und Tornados | Quelle: wunderground.com
Natalia (TX), 20.03. Dora (MO), 23.03. Manchac (LA), 21.03. Leesville (LA), 20.03.


Text: DK
25. März 2012


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