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Sonntag, 18. Juli 2010, 16:30 MESZ


Gewitter, Starkregen

Mitteleuropa
16.-18.07.2010


Satellitenbild: 16.07.2010, 18:00 UTC, MSG-2 RGB
Rot umrandet die Hagelzelle bei München.
Quelle: DWD

Heftige Gewitter sowie länger andauernde und kräftige Regenfälle gingen Mitte Juli 2010 über den östlichen Teilen Deutschlands und den angrenzenden Staaten nieder. In Oberbayern wurde extremer Hagel mit Korngrößen bis 9 cm im Durchmesser beobachtet; örtlich fielen über 100 mm Regen binnen 24 Stunden.


Wetterlage und Entwicklung

Die Kaltfront von Tiefdruckgebiet "Olivia" beendete zum 15.07.2010 eine rund einwöchige Hitzewelle mit Höchsttemperaturen von teilweise nahe +40 °C in Mitteleuropa (siehe Artikel). Vor allem in die Nordwesthälfte Deutschlands gelangte postfrontal deutlich kühlere Meeresluft, nach Südosten hin ging der Luftmassenwechsel dagegen langsamer vonstatten. Maßgeblichen Anteil an der Verzögerung hatte ein neues Tief ("Petra"), das bereits am 14. aus einer Frontalwelle über dem mittleren Nordatlantik entstanden war, sich bis zum 16. unter kräftiger Intensivierung zu den Britischen Inseln verlagerte und dort den Platz von "Olivia" einnahm. Zunächst wurde mit einer auf Südwest bis Süd rückdrehenden Strömung die sich dann als Luftmassengrenze abbildende Kaltfront von "Olivia" etwas nach Norden rückläufig, womit die feuchte und heiße Luft wieder die gesamte Südosthälfte Deutschlands erfassen konnte. Ein neuer Vorstoß sehr warmer, jedoch deutlich trockenerer Luft zielte auf der Vorderseite von "Petra" auf die Nordwesthälfte ab.

Bodendruckanalysen vom 15. bis 18.07.2010 | Quelle: FU Berlin / DWD
15.07.2010, 00 UTC 16.07.2010, 00 UTC 17.07.2010, 00 UTC 18.07.2010, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 15. bis 18.07.2010 | Quelle: Wetterzentrale
15.07.2010, 00 UTC 16.07.2010, 00 UTC 17.07.2010, 00 UTC 18.07.2010, 00 UTC

Während deren Kaltfront bereits auf den äußersten Westen des Landes übergriff, aktivierten die tagesgangbedingte Sonneneinstrahlung sowie ein kurzwelliger Troganteil, der aus dem zu "Olivia" und "Petra" korrespondierenden Langwellentrog herauslief, die alte Luftmassengrenze über dem Südosten. Gemessene Taupunkte um +20 °C (z. B. München/Flughafen), eine verfügbare konvektive Energie (CAPE) um 2.500 J/kg und eine zunehmende vertikale Windscherung (Änderung der Windgeschwindigkeit und -richtung mit der Höhe) schufen optimale Bedingungen für die Entwicklung schwerer Gewitter. Diese traten denn auch in den Abendstunden zunächst isoliert über Sachsen und Oberbayern, wenig später auch über dem Osten von Baden-Württemberg auf. Insbesondere die bayerische Zelle, die sich am Südufer des Starnberger Sees südwestlich von München formierte und sich später in einen nordwestlichen und einen südöstlichen Part teilte, hatte es in sich und brachte neben zahlreichen Blitzen und starken Regen örtlich extrem großen Hagel mit Korndurchmessern bis 9 cm hervor (siehe Bericht, Bilder und Video auf sturmwetter.de). In Meldungen war von zerbeulten Autos, zerstörten Gärten und zerschlagenen Fensterscheiben die Rede. Weitere heftige Gewitter breiteten sich im Laufe des Abends auf weite Teile Bayerns, Sachsens und Brandenburgs aus. Ein Camper wurde in seinem Zelt von einem umstürzenden Baum erschlagen.
Weniger intensive, aber dennoch teilweise kräftige Gewitter entluden sich bei Passage der zu "Petra" gehörenden Kaltfront im Nordwesten Deutschlands. Einige Keller, Garagen und Straßen standen unter Wasser.

Niederschlagsradarbilder vom 16./17.07.2010 | Quelle: DWD
16.07.2010, 20:00 MESZ 17.07.2010, 00:00 MESZ 17.07.2010, 04:00 MESZ 17.07.2010, 08:00 MESZ
Blitzkarten vom 16./17.07.2010 | Quelle: BLIDS
16.07.2010, 18:00-20:00 MESZ 16./17.07., 22:00-00:00 MESZ 17.07.2010, 02:00-04:00 MESZ 17.07.2010, 06:00-08:00 MESZ

Niederschlagsradarbilder: Die Hagelzelle bei München im Fokus | Quelle: wetter.com
16.07.2010, 19:30 MESZ 16.07.2010, 20:00 MESZ 16.07.2010, 20:30 MESZ 16.07.2010, 21:00 MESZ

Am 17. und 18. wurde die zunehmend nur noch als flache Tiefdruckrinne in Erscheinung tretende Luftmassengrenze zum östlichen Mitteleuropa abgedrängt. Heftige Gewitter konzentrierten sich dann auf Österreich, Tschechien, die Slowakei und Polen (z. B. Churáňov/CZ 83 mm in 24 Stunden bis zum 18., 6 UTC). Die Kaltfront von Tief "Petra" nahm über dem Süden und Osten Deutschlands zunehmend anaförmigen Charakter an mit einem sich zur kalten Seite hin ausbildenden, skaligen Regengebiet. Grund hierfür war ein sich von Westen annähernder, markanter Kurzwellentrog, dessen Südteil einem Abtropfungsprozess unterworfen war; das resultierende kleine Höhentief zog über Bayern und Österreich zur nördlichen Adria. An dessen Ost- und Nordostflanke drehte die Strömung in großer Höhe auf Süd bis Südost, womit wärmere Luft auf die in den unteren Schichten der Troposphäre eingeflossene kühlere Luft aufgleiten konnte. Nur anfangs waren die Niederschläge noch von Gewittern durchsetzt, im äußersten Südosten entwickelten sich allerdings nochmals kräftige Gewitter. In Fürstenzell fielen dabei 81 mm innerhalb von einer Stunde, im 24-stündigen Zeitraum bis zum 18., 6 UTC sogar 101 mm. Eine noch größere Tagessumme hatte Halblech-Buching im Ostallgäu mit 103 mm zu bieten, jedoch ohne extreme einstündige Spitzen. Im baden-württembergischen Teil des Allgäus verzeichnete Altusried-Muthmannshofen 61 mm in weniger als zwölf Stunden.
Große Schäden in Millionenhöhe wurden vor allem aus Niederbayern gemeldet. Keller und Kanäle liefen voll Wasser, Bäume stürzten um. Besonders betroffen war der südliche Landkreis Passau.

Niederschlagsradarbilder vom 17./18.07.2010 | Quelle: DWD
17.07.2010, 16:00 MESZ 17.07.2010, 20:00 MESZ 18.07.2010, 00:00 MESZ 18.07.2010, 04:00 MESZ

Stündliche Niederschlagsmengen vom 17./18.07.2010 | Quellen: HVZ Baden-Württemberg, HND Bayern
Altusried-Muthmannshofen (BW) Halblech-Buching (BY) Fürstenzell (BY)

Nicht nur in Bayern, insbesondere auch Teile Österreichs hatten mit den Auswirkungen der Unwetter zu kämpfen. In der Steiermark wurde ein Mann vom Blitz erschlagen, in der Innsbrucker Altstadt stand das Wasser über einen halben Meter hoch. Im Bundesland Salzburg zertrümmerten tischtennisballgroße Hagelkörner Autoscheiben.





Satellitenbilder vom 16./17.07.2010 | Quelle: B. J. Burton
16.07.2010, 18 UTC, MSG-2 VIS/IR 17.07.2010, 00 UTC, MSG-2 IR 17.07.2010, 06 UTC, MSG-2 VIS/IR

Satellitenbilder vom 17./18.07.2010 | Quelle: B. J. Burton
17.07.2010, 18 UTC, MSG-2 VIS/IR 18.07.2010, 00 UTC, MSG-2 IR 18.07.2010, 06 UTC, MSG-2 VIS/IR



Wetterwerte

Nachstehend eine Auswahl der höchsten gemessenen 24-stündigen Niederschlagsmengen an Stationen des Deutschen Wetterdienstes (links) sowie im benachbarten Ausland (rechts) vom 17., 6 UTC bis zum 18.07.2010, 6 UTC. Quellen: HND Bayern, DWD

Ort 17./18.
Halblech-Buching (BY)
Fürstenzell (BY)
Oy-Mittelberg-Petersthal (BY)
Görlitz (SN)
Saldenburg-Entschenreuth (BY)
103 mm
101 mm
98 mm
77 mm
75 mm
Ort 17./18.
Churáňov (CZ)
Puchberg (A)
Linz (A)
Lunz am See (A)
Přibyslav (CZ)
83 mm
82 mm
79 mm
68 mm
67 mm


Text: CE



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