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Montag, 19. Oktober 2009, 14:45 MESZ


Rekordkälte / Schnee

Mittel-, Osteuropa
13.-18.10.2009


Satellitenbild: 15.10.2009, 09:16 UTC, NOAA-17 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern

Ungewöhnlich früh ereignete sich im Herbst 2009 bereits Mitte Oktober ein erster frühwinterlicher Kälteeinbruch in Mitteleuropa. Teilweise wurden Rekorde der Tiefsttemperatur für den gesamten Monat gebrochen. Vor allem im Osten Deutschlands, im östlichen Mitteleuropa sowie im Alpenraum schneite es bis ins Tiefland, auf den Bergen fiel zum Teil über 1 Meter Neuschnee.


Wetterlage und Entwicklung

Ausgeprägte Warm- und Kaltluftvorstöße kommen in den Übergangsjahreszeiten Frühling und Herbst in den mittleren Breiten öfter vor und sind per se noch nichts Ungewöhnliches. Dass aber innerhalb von nur einer Woche nahezu die gesamte Bandbreite des Mitte Oktober möglichen Temperaturspektrums ausgereizt wird und ein quasi nahtloser Übergang vom Spätsommer zum Frühwinter stattfindet, kann in dieser Form auch nicht jedes Jahr beobachtet werden. Nur eine Woche nachdem am Oberrhein stellenweise mehr als +30 °C gemessen wurden (siehe Artikel) standen nun Frost und Schnee im Mittelpunkt der täglichen Wetterberichte.

Bodendruckanalysen vom 13. bis 17.10.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
13.10.2009, 00 UTC 14.10.2009, 00 UTC 15.10.2009, 00 UTC 16.10.2009, 00 UTC 17.10.2009, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 13. bis 17.10.2009, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
13.10.2009, 00 UTC 14.10.2009, 00 UTC 15.10.2009, 00 UTC 16.10.2009, 00 UTC 17.10.2009, 00 UTC

Eingeleitet wurde dieser frühwinterliche Witterungsabschnitt durch Tiefdruckgebiet "Vali" und dessen Kaltfront, das vom 10. Oktober an vom isländischen Raum über die Nordsee nach Mitteleuropa zog. Eine Teiltiefentwicklung am Okklusionspunkt über Benelux erschwerte in der Folge die Frontenanalyse; die eigentliche Kaltfront aber schwenkte am Abend des 11. und in der Nacht zum 12. zusammen mit einem scharfen Kurzwellentrog in der mittleren und oberen Troposphäre über Mitteleuropa südwärts. Der Frontdurchgang war mit schauerartigen Niederschlägen und kräftigen Böen bis Sturmstärke vor allem im Süden Deutschlands und in den Alpen verbunden; in Chieming (Oberbayern) wurden 108 km/h gemessen. Hinter einer zweiten Kaltfront - quasi der umgebogenen Okklusion von "Vali" -, die nur etwa zwölf Stunden später nachfolgte, flutete dann polare Kaltluft Mitteleuropa. Um 9 Uhr MESZ am 12. meldete der 1142 Meter hohe Brocken bereits Schneeregen.

Temperaturverlauf Feldberg/Schwarzwald
(1493 m), 12. bis 19.10.2009.
Der weit nach Süden bis ins zentrale Mittelmeer vorstoßende Höhentrog ließ an seiner Spitze über der nördlichen Adria Tief "Wimar" entstehen, das zusammen mit dem inzwischen zum Baltikum verlagerten Tief "Vali" ein langgestrecktes Tiefdrucksystem über Osteuropa bildete. Dem gegenüber stand eine Hochdruckzone über dem östlichen Nordatlantik mit Schwerpunkten über den Britischen Inseln ("Vanessa") und über dem Nordmeer ("Wiebke"). Dazwischen gelangte mit einer sich zum 14. noch intensivierenden nördlichen bis nordöstlichen Strömung immer kältere Luft nach Mitteleuropa, in 850 hPa wurden zeitweise unter -8 °C analysiert (siehe nebenstehende Grafik zum Temperaturverlauf Feldberg/Schwarzwald, der etwa dieses Höhenniveau repräsentiert). Insgesamt standen am 14. und 15. zwölf neue Rekorde der Tiefsttemperatur für die zweite Monatsdekade zu Buche; die Zugspitze verzeichnete mit -18,3 °C sogar einen neuen Rekord für den gesamten Oktober, und das bei einer 109 Jahre langen Messreihe. Die hauptsächlich in höheren Lagen aufgestellten Rekorde zeugen von einer außergewöhnlich kalten Luftmasse, nur an wenigen Stationen im Tiefland kamen Rekorde durch nächtliche Ausstrahlung zustande (z. B. Düsseldorf/Flgh.).

In die nördliche Strömung eingelagerte Randtröge sorgten immer wieder für Hebungsantriebe und besonders in der Osthälfte Deutschlands sowie in Polen und Tschechien für wiederholt auftretende Niederschläge, die zunehmend bis in tiefe Lagen als Schnee fielen. An der Station Zinnwald-Georgenfeld (882 m) im Osterzgebirge lagen am Morgen des 15. sage und schreibe 42 cm Schnee, was für Oktober neuen Rekord bedeutete. Ähnliche Schneehöhen summierten sich durch Staueffekte auch in den Nordalpen. Nach Angaben der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien lag vom Arlberggebiet bis zum Pinzgau soviel Schnee wie im Oktober seit 25 Jahren nicht mehr. In Seefeld (Innsbrucker Land, Tirol) wurden am 14. auf 1200 Meter Höhe 30 cm gemessen; mehr Schnee hatte es im Oktober dort zuletzt 1972 gegeben. Im Alpinzentrum Rudolfshütte im Salzburger Land fielen bis zum 18. 1,15 Meter Neuschnee.
Im östlichen Mitteleuropa und übergreifend auch im Osten Deutschlands kamen am 15. länger anhaltende Aufgleitschneefälle auf, die weit um das Zentrum von Tief "Wimar" geführter warmer und feuchter Luft geschuldet waren. "Wimar" hatte inzwischen beeindruckende Ausmaße angenommen und bildete sich in höheren Schichten durch ein große Teile Ost-, Mittel- und Südeuropas überdeckendes Tief ab. Die Warmluftadvektion machte sich vor allem in mittleren Höhen bemerkbar, während in den bodennahen Schichten eine stramme nördliche Strömung erhalten blieb. Im Tagesverlauf meldeten sodann auch zahlreiche Stationen im Flachland eine dünne Schneedecke, unter anderem Dresden mit 3 cm. So früh im Herbst hatte es dort seit mindestens 1967 keine geschlossene Schneedecke gegeben. In Nürnberg wurde seit Beginn der Schneehöhenmessung im Jahre 1955 keine frühere Schneedecke beobachtet. Das Hochdruck-Duo "Vanessa" und "Wiebke" löste sich am 15. auf, an seine Stelle trat ein neues kräftiges Hoch, "Xenia". Im Übergangsbereich und unmittelbar vor dem sich neu formierenden Hochdruckrücken löste sich aus der weit im Norden verlaufenden Frontalzone ein markanter Kurzwellentrog ab und schwenkte am 16. rasch über Mitteleuropa hinweg südwärts. Zu dem Trog korrespondierte am Boden Tief "Xavier", dessen okkludiertes Frontensystem am Abend die Alpen erreichte. Damit wurde vorübergehend deutlich wärmere, aber auch reichlich feuchte Luft mit erneuten Niederschlägen herangeführt. Den höheren Lagen brachte das Frontensystem beachtlichen Neuschneezuwachs (z. B. Großer Arber 21 cm in 24 Stunden). Auf der Rückseite des Tief wurde erneut ein Schwall polarer, aber nicht mehr ganz so kalter Luft wie zuvor angezapft. Dennoch verlief zum Beispiel die Nacht zum 19. bei klarem Himmel im Südwesten nochmals sehr kalt mit verbreitetem Frost und einem neuen Dekadenrekord in Lahr (-3,6 °C).



Wetterwerte Temperaturen

Nachstehend eine Übersicht über die vom 14. bis zum 19.10.2009 eingestellten und neu aufgetretenen Dekadenrekorde der Tiefsttemperatur an deutschen Stationen sowie die bisherigen Rekordwerte mit Datum. Datenquelle: DWD

Ort neu Datum alt Datum
Zugspitze
Düsseldorf/Flgh.
Brocken
Köln/Bonn Flgh.
Bad Marienberg
Deuselbach
Kl. Feldberg/Taunus
Weinbiet/Pf. Wald
Großer Arber
Freiburg
Klippeneck
Feldberg/Schwarzwald
Wendelstein

Lahr
-18,3 °C
-3,6 °C
-5,8 °C
-5,6 °C
-3,4 °C
-3,6 °C
-4,1 °C
-2,3 °C
-6,9 °C
-5,9 °C
-5,3 °C
-8,5 °C
-9,9 °C
-3,6 °C
14.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
15.10.2009
19.10.2009
-16,9 °C
-3,0 °C
-5,8 °C
-5,1 °C
-2,4 °C
-3,5 °C
-3,8 °C
-2,1 °C
-6,9 °C
-1,8 °C
-3,8 °C
-6,6 °C
-9,3 °C
-3,2 °C
20.10.2007
15.10.1971
18.10.1993
19.10.1972
18.10.1992
20.10.1972
18.10.1994
17.10.1971
19.10.1999
20.10.2007
19.10.1999
18.10.1992
16.10.1971
20.10.1972


Wetterwerte Schneehöhen

Nachstehend ausgewählte Schneehöhen in Deutschland (höhere Lagen und Tiefland) vom 13. bis zum 18.10.2009 (höhere Lagen jeweils 06 UTC) sowie in Tschechien vom 16.10.2009, 06 UTC. Datenquelle: DWD

Ort 13. 14. 15. 16. 17. 18.
Brocken (SA, 1142 m)
Fichtelberg (SN, 1215 m)
Zinnwald-Georgenfeld (SN, 882 m)
Großer Arber (BY, 1446 m)
Feldberg/Schw. (BW, 1493 m)
Wendelstein (BY, 1835 m)
Zugspitze (BY, 2962 m)
4 cm
3 cm
Flecken
1 cm
Flecken
12 cm
70 cm
5 cm
14 cm
2 cm
3 cm
Flecken
15 cm
100 cm
5 cm
15 cm
14 cm
4 cm
Flecken
20 cm
108 cm
7 cm
26 cm
42 cm
9 cm
Flecken
31 cm
112 cm
25 cm
48 cm
33 cm
30 cm
5 cm
43 cm
145 cm
40 cm
58 cm
34 cm
32 cm
19 cm
60 cm
155 cm

Ort Schnee Datum
Lichtenhain-Mittelndorf (SN, 352 m)
Chemnitz (SN, 420 m)
Dresden/Flgh. (SN, 232 m)
Nürnberg/Flgh. (BY, 318 m)
Roth (BY, 386 m)
Weißenburg (BY, 424 m)
Kümmersbruck (BY, 418 m)
Lechfeld (BY, 554 m)
Augsburg (BY, 477 m)
München/Stadt (BY, 535 m)
1 cm
1 cm
3 cm
2 cm
2 cm
2 cm
2 cm
2 cm
Flecken
Flecken
15., 06 UTC
15., 18 UTC
15., 18 UTC
15., 18 UTC
15., 18 UTC
15., 18 UTC
15., 18 UTC
15., 18 UTC
16., 06 UTC
16., 06 UTC
Ort Schnee
Svratouch (763 m)
Přibyslav (475 m)
Liberec (374 m)
Kramolín (528 m)
28 cm
28 cm
24 cm
19 cm


Schneehöhen

72-stg. Differenz der Gesamtschneehöhe in
alpinen Lagen Tirols, 15.-18.10.2009,
18:00 Uhr MESZ. Quelle: LWD-Tirol
Schneehöhenverlauf an der Station
Seegrube (1938 m), 12. bis 18.10.2009.
Quelle: LWD-Tirol


Satellitenbilder

13.10., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
14.10., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
15.10., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
16.10., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
17.10., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
18.10., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk


Text: CE


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