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Sonntag, 30. März 2008, 16:45 MESZ


Regen, Schnee, Sturm, Kälte

West-, Mitteleuropa/Mittelmeer
20.-25.03.2008


Satellitenbild: 21.03.2008, 11:05 UTC, TERRA VIS
Quelle: NASA Earth Laboratory


Wetterlage und Entwicklung

Kälterückfälle sind in mittleren Breiten im März und April an sich nichts Ungewöhnliches. Auch Schneefälle bis ins Flachland sind zum Ende des Winters immer mal wieder drin. Dass sich aber Ende März, schon im kalendarischen Frühling, der winterlichste Witterungsabschnitt der gesamten Wintersaison einstellt, kommt beileibe nicht jedes Jahr vor. Besondere Beachtung fand dies im Jahre 2008 vor dem Hintergrund des sehr frühen Osterfestes, das in Deutschland zumindest in Lagen oberhalb von 400 Metern verbreitet weiß ausfiel.

Den Auftakt zu dieser Episode machte bereits am 17. das Tiefdruckgebiet "Lara". Auf der Rückseite von "Lara" strömte hochreichend kalte Polarluft nach Mitteleuropa ein und brachte vom 18. bis zum 20. verbreitet Regen-, Graupel- und in zunehmendem Maße auch Schneeschauer. Über dem Atlantik baute sich ein mächtiger Hochdruckrücken auf, der den Gegenpart zu einem sich über großen Teilen Europas etablierenden Langwellentrog bildete. Dieser Rücken wurde am 19. und 20. von Tief "Melli" umrundet. Unterstützt von einem markanten Trog zog "Melli" am 20. und 21. vom isländisch-grönländischen Raum südostwärts und lag am Nachmittag des 21. mit seinem Zentrum über Norddeutschland. Das okkludierende Frontensystem griff am Abend des 20. von Nordwesten her auf Deutschland über. Es führte eine Schliere mildere Atlantikluft mit sich, sodass die Niederschläge vorübergehend bis in mittlere Höhenlagen in Regen übergingen. Auf der Rückseite des Frontensystems wurde jedoch rasch wieder kältere Luft herantransportiert. An der Süd- und Westseite des Tiefs entwickelte sich im Bereich großer Luftdruckgegensätze zudem ein Starkwindfeld, das mit Annäherung des Tiefs auch Deutschland erfasste. Der Langwellentrog indes wurde durch den im Zusammenhang mit "Melli" stehenden Trog nicht nur regeneriert, sondern sogar noch nach Westen und Süden ausgeweitet und intensiviert. Bemerkenswert dabei war das sehr niedrige Geopotential. Die Fläche, auf der ein Luftdruck von 500 hPa gemessen wird, liegt in mittleren Breiten für gewöhnlich in etwa 5500 Metern Höhe. Am 21. sank diese Fläche über Deutschland auf unter 5100 Meter. Hinter der Okklusion stieß die Kaltluft zuerst in höheren Schichten der Troposphäre wieder nach Süden vor, während sich die Luft z.B. im 850 hPa-Niveau weniger schnell abkühlte. Dies bewirkte eine Labilisierung der Schichtung, sodass am Nachmittag des 21. über der Mitte, dem Westen und dem Südwesten gebietsweise Gewitter auftraten. Am 22. verlagerte sich "Melli" zum Baltikum. Die um den Tiefkern herumgeschwungene Okklusion überquerte bis zum Morgen des Ostersonntags das Bundesgebiet von Nordwest nach Südost quasi noch einmal. Dahinter wurde der Weg endgültig frei für einen neuerlichen Vorstoß polarer Kaltluft. Im 850 hPa-Niveau sanken die Temperaturen über weiten Teilen Deutschlands unter -10 °C. Ostersonntag und Ostermontag sowie Dienstag, der 25. standen somit in fast ganz Europa im Zeichen des umfangreichen Langwellentroges, der in seiner südlichen Ausdehnung bis weit nach Nordafrika hinein reichte. Er wurde durch an seiner Westflanke einlaufende Kurzwellentröge immer wieder regeneriert. In Bodennähe setzte sich am 23. von Westen her kurz Zwischenhocheinfluss durch, bevor sich am 25. der Ausläufer von Tief "Olinde" über Dänemark bemerkbar machte, dem letztmalig ein Schwall hochreichender Kaltluft polaren Ursprungs mit verstärkter Schaueraktivität folgte. Vor einem kurzwelligen Anteil des Höhentroges, der um den Haupttrog herum lief, entstand ebenfalls am 23. bei den Balearen das Tief "Nanni", das sich bis zum 25. über Mittelitalien und die Adria ostwärts bewegte und viel Wind sowie kräftige Niederschläge im Gepäck hatte (z.B. Split/KRO 94 km/h am 24.). An der Grenze zu milderer Luft kam es auch in Südfrankreich und im Norden Spaniens am 24. und 25. zu ergiebigen Niederschlägen (z.B. San Sebastian 56 mm zwischen dem 23., 06 UTC und dem 25., 06 UTC). Zum 25. und 26. wurde der Hochdruckrücken über dem mittleren Atlantik rasch abgebaut und der Höhentrog schwächte sich ab. Mit einer westlichen Strömung konnte sich wieder mildere Atlantikluft durchsetzen, die winterliche Kaltluft wurde nach Nord- und Osteuropa zurückgedrängt.
"Melli" brachte in Deutschland regional ergiebige Niederschläge. Bis zum 21., 06 UTC fielen 24-stündig vor allem in der Westhälfte verbreitet mehr als 10, gebietsweise mehr als 20 mm Niederschlag (z.B. Freudenstadt 27 mm). In höheren Lagen schneite es, im Schwarzwald kamen über Nacht teilweise 30 bis 40 cm Neuschnee zusammen. Das 801 Meter hoch gelegene Freudenstadt meldete am Morgen des 21. eine Schneehöhe von 35 cm, auf dem Kahlen Asten (841 Meter) im Hochsauerland lagen 32 cm. Aber auch tiefer gelegene Orte verzeichneten zum Teil eine dünne Schneedecke, so z.B. Öhringen (2 cm) und Stuttgart/Flgh. (<1 cm). Selbst in Karlsruhe wurde am Vormittag Schneeregen beobachtet. Ein weiteres Thema war der Wind, der am Abend des 20. auflebte und seinen Höhepunkt in der Nacht zum 21. erreichte. Betroffen war in erster Linie die Südhälfte der Bundesrepublik, wo auch in tieferen Lagen Sturmböen gemessen werden konnten (z.B. Karlsruhe 79 km/h). In den darauffolgenden Tagen ließen weitere Schneefälle die Schneedecke im Bergland immer höher werden. Schön zu sehen ist dies am Beispiel Freudenstadt, wo am Morgen des 26. insgesamt 67 cm registriert wurden. In tiefen Lagen bildete sich meist nach nächtlichen Schneeschauern eine dünne Schneedecke, die tagsüber rasch abschmolz. Besonders ins Auge stechen dabei auch die 6 cm im sonst nicht gerade für Schnee berühmten Köln am Morgen des 25.; Schleswig an der Ostseeküste hatte zum selben Termin gar 13 cm zu bieten. Auch Karlsruhe bekam pünktlich zum Ostersonntag am 23. ‚seinen' Zentimeter. Exakt ein Jahr zuvor bedeutete am 23.03.2007 eine Schneedecke von 2 cm in Karlsruhe die späteste geschlossene Schneedecke seit 34 Jahren (siehe Artikel). Über Schnee gingen die Temperaturen nachts in den tieffrostigen Bereich zurück. In der kältesten Nacht, der Nacht zum 24., trat im Nordwesten verbreitet leichter Frost zwischen -1 und -4 °C, in der Mitte und im Süden dagegen örtlich strenger Frost unter -10 °C auf (z.B. Braunlage -11,0 °C). An vier Stationen (Meiningen, Neuhaus am Rennweg, Vielbrunn/Odenwald und Lahr) wurden sogar neue Rekorde für die letzte Märzdekade aufgestellt. An Letzterer stammte der alte Rekord aus dem Jahre 1958! Auch tagsüber kamen die Temperaturen am 23. und 24. bis auf wenige Ausnahmen nicht über die +5-Grad-Marke hinaus, hauptsächlich in der Mitte des Landes sowie generell in höheren Lagen herrschte Dauerfrost (z.B. Kassel -0,5 °C am 23.). Somit geht Ostern 2008 in vielen Regionen Deutschlands nicht nur als eines der frühesten, sondern auch als eines der kältesten Osterfeste in die Geschichte ein.

Infolge von "Melli" kam es deutschlandweit zu Behinderungen. Vor allem Schnee und Eis machten vielen Autofahrern zu schaffen, es kam zu zahlreichen Unfällen und in Kombination mit dem Osterreiseverkehr zu kilometerlangen Staus. Auf manchen Autobahnen lag zeitweise eine geschlossene Schneedecke. Nahe Seewalchen (Österreich) verkeilten sich bei einer Massenkarambolage auf der Westautobahn mehr als 60 Fahrzeuge ineinander. Mehrere Verletzte konnten nur durch die Feuerwehr aus ihren Autos befreit werden. Auch in Tschechien ereignete sich eine Massenkarambolage: Bei winterlichen Straßenverhältnissen stießen auf der wichtigsten Autobahn des Landes zwischen Prag und Brno insgesamt 116 Fahrzeuge zusammen. Dutzende Menschen wurden verletzt, manche von ihnen schwer. Ein Mann aus dem Rems-Murr-Kreis starb im österreichischen Vorarlberg bei einem Lawinenunglück.
Dagegen freuten sich alle Liftbetreiber und Wintersportler über die späte "weiße Pracht". In vielen Mittelgebirgen hieß es zum Ende der Saison noch einmal "Ski und Rodel gut".

Text: CE

Bodendruckanalysen vom 20. bis 25.03.2008, jeweils 00 UTC
Quellen: FU Berlin / DWD
20.03.2008, 00 UTC 21.03.2008, 00 UTC 22.03.2008, 00 UTC
23.03.2008, 00 UTC 24.03.2008, 00 UTC 25.03.2008, 00 UTC
850 hPa-Geopotential und -Temperatur vom 20. bis 25.03.2008, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
20.03.2008, 00 UTC 21.03.2008, 00 UTC 22.03.2008, 00 UTC
23.03.2008, 00 UTC 24.03.2008, 00 UTC 25.03.2008, 00 UTC


Wetterwerte

Nachstehend verschiedene Wetterwerte (Quellen: DWD, WetterOnline):
1.) die höchsten gemessenen 24-stg. Niederschlagsmengen in Dtl. bis 21.03., 06 UTC (soweit vorliegend)
2.) die höchsten gemessenen Spitzenböen in Deutschland vom 21.03.
3.) ausgewählte Schneehöhen aus Deutschland vom 20. bis 26.03., gemessen jeweils 06 UTC
4.) ausgewählte Höchsttemperaturen aus Deutschland von Ostersonntag, 23.03.
5.) ausgewählte Tiefsttemperaturen aus Deutschland vom 24.03., 06 UTC
6.) ausgewählte 48-stg. Niederschlagsmengen aus Europa bis 25., 06 UTC
7.) ausgewählte Spitzenböen aus Europa vom 24.03.


Ort 21.,
06 UTC
Freudenstadt
Kalkar
Braunlage
Brocken
Neuhaus am Rennw.
Schmücke
Kahler Asten
Sonneberg-Neufang
Lüdenscheid
Ahaus
27 mm
23 mm
22 mm
22 mm
22 mm
21 mm
20 mm
19 mm
19 mm
17 mm
Ort Böe,
21.03.
Zugspitze
Feldberg/Schw.
Brocken
Wendelstein
Hohenpeißenberg
Fichtelberg
Weinbiet/Pf. Wald
Düsseldorf/Flgh.
Schmücke
Wasserkuppe
162 km/h
144 km/h
122 km/h
119 km/h
104 km/h
104 km/h
101 km/h
97 km/h
94 km/h
86 km/h
Ort 20.03. 21.03. 22.03. 23.03. 24.03. 25.03. 26.03.
Schleswig (1 m)
Brocken (1142 m)
Lüdenscheid (392 m)
Köln/Bonn Flgh. (100 m)
Bad Marienberg (555 m)
Fichtelberg (1215 m)
Mich.-Vielbr./Odenw. (455 m)
Großer Arber (1446 m)
Karlsruhe (112 m)
Freudenstadt (801 m)
Messstetten (920 m)
Feldberg/Schw. (1493 m)
Wendelstein (1835 m)
1 cm
60 cm
2 cm
-
1 cm
62 cm
<1 cm
119 cm
-
4 cm
7 cm
26 cm
52 cm
-
76 cm
4 cm
-
22 cm
68 cm
12 cm
130 cm
-
35 cm
15 cm
28 cm
56 cm
-
85 cm
7 cm
2 cm
23 cm
73 cm
17 cm
181 cm
-
45 cm
26 cm
35 cm
67 cm
-
100 cm
7 cm
Reste
18 cm
70 cm
17 cm
181 cm
1 cm
48 cm
19 cm
36 cm
68 cm
9 cm
97 cm
5 cm
-
17 cm
76 cm
17 cm
179 cm
-
46 cm
21 cm
37 cm
75 cm
13 cm
97 cm
10 cm
6 cm
23 cm
76 cm
17 cm
178 cm
<1 cm
57 cm
24 cm
45 cm
81 cm
12 cm
102 cm
11 cm
2 cm
32 cm
89 cm
19 cm
184 cm
Reste
67 cm
22 cm
49 cm
103 cm
Ort Tmax
23.03.
Neuhaus am Rennw.
Feldberg/Schw.
Brocken
Braunlage
Freudenstadt
Chemnitz
Niederstetten
Erfurt
Kassel
Stuttgart/Schnarrenb.
-4,8 °C
-4,8 °C
-4,6 °C
-3,9 °C
-2,6 °C
-1,8 °C
-1,1 °C
-1,0 °C
-0,5 °C
0,2 °C
Ort Tmin
24.03.
Zugspitze
Harzgerode
Freudenstadt
Klippeneck
Coburg
Bad Hersfeld
Frankfurt/Flgh.
Mühlacker
Stuttgart/Flgh.
Karlsruhe
-20,0 °C
-11,5 °C
-10,2 °C
-9,6 °C
-9,2 °C
-8,3 °C
-7,6 °C
-7,6 °C
-6,9 °C
-6,2 °C

Ort 25.,
06 UTC
San Sebastian (E)
Vitoria (E)
Pamplona (E)
Tarbes/Ossun (F)
St. Girons (F)
Monte Scuro (I)
Palermo (I)
Rom (I)
Senj (KRO)
Zavizan (KRO)
Nikšić (MTN)
Podgorica (MTN)
56 mm
44 mm
33 mm
32 mm
14 mm
79 mm
67 mm
27 mm
76 mm
60 mm
93 mm
45 mm
Ort Böe,
24.03.
Ajaccio (F/Kors.)
Figari (F/Kors.)
Decimomannu (I/Sard.)
Debrecen (H)
Split (KRO)
Plovdiv (BUL)
Kardjali (BUL)
Larissa Airport (GR)
76 km/h
76 km/h
76 km/h
93 km/h
94 km/h
97 km/h
101 km/h
91 km/h


Fotos

Abzug des Frontensystems von Tief "Melli"
auf der Hornisgrinde (1164 m) im
Nordschwarzwald; Foto: Christian Ehmann
Hornisgrinde im Abendlicht von der
Schwarzwaldhochstraße aus gesehen am
25.03.2008; Foto: Christian Ehmann
Verschneiter Nordschwarzwald bei
Sonnenuntergang am 25.03.2008
Foto: Christian Ehmann


Niederschlag

24-stg. interpolierter Niederschlag in BaWü
bis 21.03., 13 Uhr MEZ; Quelle: HVZ
Niederschlag in Baiersbronn-Ruhestein vom
18. bis 21.03.2008; Quelle: HVZ
Niederschlag in Bad Herrenalb vom
18. bis 21.03.2008; Quelle: HVZ


Satellitenbilder

20.03., 12:00 UTC, Meteosat-9 VIS/IR
Quelle: F. Valk
21.03., 12:00 UTC, Meteosat-9 VIS/IR
Quelle: F. Valk
22.03., 12:00 UTC, Meteosat-9 VIS/IR
Quelle: F. Valk
23.03., 12:00 UTC, Meteosat-9 VIS/IR
Quelle: F. Valk
24.03., 12:00 UTC, Meteosat-9 VIS/IR
Quelle: F. Valk
25.03., 12:00 UTC, Meteosat-9 VIS/IR
Quelle: F. Valk



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