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Sonntag, 14. Januar 2007, 14:00 MEZ


Orkantiefs "Karla" und "Lotte"

Nordwest-, Mitteleuropa
31.12.2006/1.1.2007


Satellitenbild: 8.12.2006, 12:25 UTC, NOAA 18 VIS
Quelle: Geogr. Inst., Uni Bern


Wetterlage und Entwicklung
Die bisherige Wintersaison 2006/07 zeichnet sich in Mitteleuropa durch häufig länger anhaltende Südwest- und Westwetterlagen aus. Die Strömungen verlaufen meist zonal über den Atlantik und immer wieder entwickeln sich dabei zum Teil kräftige Tiefdruckgebiete, die bei ihrer Ostverlagerung auch West- und Zentraleuropa beeinflussen.
So auch am Silvesterwochenende. Am 29. lag ein Rücken über dem westlichen Europa und reichte bis nach Skandinavien. Unter seiner Vorderseite hatte sich über dem Alpenraum ein Bodenhoch gebildet. Dagegen wurde über dem nördlichen Atlantik ein umfangreicher Höhentrog mit einem darin eingebetteten Tiefdrucksystem südlich von Grönland analysiert. 24 Stunden später griff die Trogvorderseite auf den europäischen Kontinent über, Rücken und Bodenhoch hatten sich etwas nach Südosten verlagert. Westlich der Biskaya entstand mit Annäherung eines sowohl im 500- als auch im 300 hPa-Niveau erkennbaren Vorticity-Maximums an der Frontalzone eine Wellenstörung, die im Bereich großer Windgeschwindigkeiten in der Höhe (bis 140 kt in 300 hPa, etwa 260 km/h) nach Osten zog. Am Abend befand sich diese Störung bereits vor der Deutschen Bucht und hatte sich zum Randtief mit einem Kerndruck von unter 995 hPa weiterentwickelt. Es verlagerte sich rasch weiter nach Osten und erreichte am Silvesternachmittag das Baltikum.
Nach kurzer Wetterberuhigung machte sich am Abend und in der Silvesternacht bereits das nächste Tiefdruckgebiet mit wieder auffrischendem Wind bemerkbar. „Lotte“ ging ebenfalls als Randtief aus dem Tiefdrucksystem bei Grönland hervor, wählte allerdings eine nördlichere Zugbahn als ihre Vorgängerin. Diese verlief über Schottland und Südnorwegen zur Ostsee. Das Frontensystem des Tiefs überquerte Deutschland in der Nacht zum 01.01. von Nordwest nach Südost.
Bereits am Abend des 29. streiften erste Tiefausläufer den äußersten Nordwesten Deutschlands. Auf der Südostseite eines über Irland und Schottland nach Nordosten schwenkenden Randtiefs verschärften sich die Luftdruckgegensätze auch über der Nordhälfte des Landes. Der Brocken im Harz (1142 m) registrierte um 20 Uhr MEZ eine erste Sturmböe. Im Laufe des 30. gelangten auch die Mitte und der Süden des Bundesgebietes in den Bereich der sich intensivierenden südwestlichen Strömung. Um 10 Uhr MEZ meldeten bereits zahlreiche Bergstationen Sturmböen (z.B. Fichtelberg (1215 m) 86 km/h, Wasserkuppe (925 m) 83 km/h, Kahler Asten (841 m) 79 km/h). Zeitgleich wurde die erste schwere Sturmböe auf Helgoland/Düne mit 90 km/h gemessen. Mit Annäherung von „Karla“ nahm der Wind am späten Abend und in der Nacht zum 31. weiter zu. Bis 1 Uhr MEZ traten im Westen verbreitet schwere Sturmböen der Stärke 10, auf den Bergen teilweise Orkanböen auf (z.B. Brocken 148 km/h, Feldberg/Schw. (1493 m) 137 km/h, Wasserkuppe 126 km/h). Noch in der ersten Nachthälfte erreichte der Wind an der Nordseeküste in Böen Orkanstärke (z.B. Helgoland/Düne 137 km/h, Alte Weser Leuchtturm 126 km/h). Zum Morgen verlagerte sich das Sturmfeld nach Ostdeutschland. Auch an der Ostsee kam es nun zu Orkanböen (z.B. Kap Arkona 137 km/h), im Binnenland zum Teil zu schweren Sturmböen (z.B. Kyritz 94 km/h). Eine private Wetterfirma konnte auf der Insel Hiddensee sogar eine 176 km/h-Böe messen. Am späten Vormittag ließ der Wind allgemein nach.
Ab den Abendstunden frischte der Wind an der Südflanke von „Lotte“ erneut auf. Innerhalb der ersten Stunden des neuen Jahres reichte es auf den Bergen einmal mehr zu Böen in Orkanstärke (z.B. Wendelstein (1835 m) 155 km/h) Brocken 140 km/h, Feldberg/Schw. und Weinbiet (Pfälzer Wald, 557 m) je 122 km/h). Mit Durchzug der Kaltfront wurden auch im Flachland verbreitet wieder Sturm-, vereinzelt auch schwere Sturmböen (z.B. Osnabrück 101 km/h) beobachtet. Im Tagesverlauf, besonders am Nachmittag, bildeten sich zahlreiche und teilweise kräftige Schauer, die sogar von Graupel und Blitz und Donner begleitet waren. Bei diesen Schauern traten in der Mitte und im Süden Deutschlands bis ins Flachland schwere Sturmböen auf, die Windgeschwindigkeiten erreichten zumindest dort meist die höchsten Werte des gesamten Zeitraums: zB Bendorf 97 km/h, Frankfurt/M. 94 km/h, Nürnberg und Karlsruhe je 90 km/h
Vor allem Orkantief „Karla“ verursachte hohe Sachschäden. Vielerorts wurden Dächer abgedeckt und Bäume entwurzelt, hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen sowie in Norddeutschland. In Schleswig-Holstein mussten mehrere Bahnstrecken vorübergehend gesperrt werden, in Teilen Mönchengladbachs fiel zeitweise der Strom aus. In Oldenburg wurde ein Zirkuszelt beschädigt. Auf den Straßen ereigneten sich zahlreiche Unfälle. Rettungsdienste sowie Feuerwehr und Polizei waren nahezu ununterbrochen im Einsatz, allein in Schleswig-Holstein musste die Feuerwehr etwa 300 Mal ausrücken. Verletzt wurde aber niemand.
Auch andere Länder im Westen und Norden Europas waren von den Stürmen betroffen. In Großbritannien erreichten die Windgeschwindigkeiten am 30. in Verbindung mit „Karla“ verbreitet Stärke 10 (90 bis 100 km/h) und Spitzenwerte bis 141 km/h (Langdon Bay, Südostengland). Ebenfalls schwere Sturmböen wurden am 31. aus den Beneluxstaaten gemeldet. Die höchsten Windgeschwindigkeiten bei „Lotte“ verzeichneten Gebiete in Südnorwegen, Dänemark und Schweden. Auf der norwegischen Ölplattform Ekofisk in der Nordsee konnten 146 km/h gemessen werden.
Text: CE, BM

Bodendruckanalysen vom 30.12.2006 bis zum 2.1.2007 und 500 hPa-Geopotential, jeweils 00 UTC:
Quelle: FU Berlin / DWD / Wetterzentrale
30.12.2006, 00 UTC 31.12.2006, 00 UTC 1.1.2007, 00 UTC 2.1.2007, 00 UTC
30.12.2006, 00 UTC 31.12.2006, 00 UTC 1.1.2007, 00 UTC 2.1.2007, 00 UTC

Windspitzen

Nachstehend eine Auswahl gemessener Spitzenböen am 31.12.2006 und 1.1.2007 an einigen deutschen Stationen:

Ort Bö, 31.12.
Brocken
Kiel Leuchtturm
Helgoland
Feldberg/Schw.
Kap Arkona
Alte Weser Leuchtturm
Westermarkelsdorf
Wendelstein
Zugspitze
Weinbiet
Wasserkuppe
Fichtelberg
Greifswalder Oie
Feuerschiff Deutsche Bucht
Putbus
Jagel
Heide
St. Peter-Ording
Boltenhagen
Meierwik
List/Sylt
148 km/h
140 km/h
137 km/h
137 km/h
137 km/h
137 km/h
133 km/h
130 km/h
126 km/h
126 km/h
126 km/h
126 km/h
122 km/h
122 km/h
122 km/h
120 km/h
119 km/h
119 km/h
119 km/h
119 km/h
119 km/h
Ort Bö, 1.1.
Wendelstein
Zugspitze
Feldberg/Schw.
Brocken
Fichtelberg
Alte Weser Leuchtturm
Großer Arber
Weinbiet
Hohenpeißenberg
Schmücke
155 km/h
151 km/h
144 km/h
140 km/h
130 km/h
130 km/h
126 km/h
122 km/h
122 km/h
112 km/h

Niederschlag

Radarbilder vom 1.1.2007:
Quelle: DWD
1.1.2007, 00 UTC 1.1.2007, 03 UTC 1.1.2007, 06 UTC
1.1.2007, 09 UTC 1.1.2007, 12 UTC 1.1.2007, 15 UTC

Satellitenbilder

30.12.06, 12:00 UTC, MSG VIS
Quelle: Eumetsat
31.12.06, 12:00 UTC, MSG VIS
Quelle: Eumetsat
1.1.07, 12:00 UTC, MSG VIS
Quelle: Eumetsat
31.12.06, 13:30 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton
1.1.2007, 13:21 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton
31.12.06, 13:35 UTC, N18 IR
Quelle: B. J. Burton



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