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Samstag, 23. August 2008, 17:00 MESZ


Tornados, Starkregen

Mitteleuropa
15./16.08.2008


Satellitenbild: 15.08.2008, 15:29 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern

Eine kräftige Tiefdruckentwicklung brachte vor allem dem östlichen Mitteleuropa Mitte August 2008 teilweise ergiebigen Regen sowie unwetterartige Schauer und Gewitter. In Polen richteten gleich mehrere Tornados schwere Schäden an, zwei Menschen kamen dabei ums Leben.


Wetterlage und Entwicklung

Am 14.08. befand sich Mitteleuropa auf der Vorderseite eines umfangreichen Trogsystems, das den kompletten Nordatlantik und Teile Nordwesteuropas überdeckte. Dieses setzte sich aus mehreren kurzwelligeren Anteilen zusammen. Dabei hatte sich ausgehend von den Britischen Inseln ein markant ausgeprägter Trog formiert, dessen Achse sich am 15. um 00 UTC über die Mitte Frankreichs nach Spanien erstreckte. Insgesamt kam der Trog rasch nach Osten voran, der Südteil wurde über Norditalien allerdings einem Abschnürungsprozess unterworfen. Auf der äußerst aktiven Vorderseite des entstandenen Höhentiefs führte nicht zuletzt starke horizontale Divergenz zu großräumigen Hebungsprozessen. In der Konsequenz entwickelte sich an einer langgezogenen Luftmassengrenze, die von Nordwestrussland quer über Ost- und Mitteleuropa bis nach Nordafrika verlief, das Tiefdrucksystem "Friederike". Am 16. um 00 UTC wies "Friederike" eine dipolartige Struktur mit zwei Zentren über der nördlichen Adria und Nordostpolen auf. Letzteres ging aus einer Warmfrontwelle hervor, die sich im Bereich der stärksten Warmluftzufuhr bildete. Der in die Rinne tiefen Luftdrucks zwischen den beiden Tiefzentren eingebettete Frontenzug trennte heiße Luft, die von Nordostafrika über das zentrale Mittelmeer und Osteuropa nordwärts gelenkt wurde, von deutlich kühlerer Atlantikluft westlich davon. Die Temperaturunterschiede waren dabei enorm: Am 16. um 00 UTC standen im 850 hPa-Niveau (etwa 1500 Meter Höhe) +25 °C über Serbien und Montenegro weniger als +5 °C über dem Osten Deutschlands gegenüber. Am 16. und 17. zog das Höhentief unter Abschwächung über Österreich, Tschechien und Polen zur Ostsee. Während sich die Bodentiefdruckrinne zunächst etwas auffüllte, erfolgte mit Annäherung des Höhentiefs am 17. über Nordpolen am Boden erneut Luftdruckfall, sodass sich "Friederike" vorübergehend nochmals verstärken konnte.

Bereits am Abend des 14. kamen in Bayern erste kräftige Schauer und Gewitter, weiter nach Westen Dauerregen auf. Bis zum 15., 06 UTC fielen 12-stündig beispielsweise in Garmisch-Partenkirchen 39 mm, in Kempten 26 mm. Im tschechischen Svratouch brachte ein Gewitter 32 mm. Am 15. tagsüber zog der Dauerregen Richtung Nordostdeutschland und Westpolen, Chemnitz meldete 22 mm in 12 Stunden bis 18 UTC. Beachtlich waren am Nachmittag die großen Temperaturunterschiede auf vergleichsweise engem Raum: Im Regen schafften es einige Stationen in Thüringen und Sachsen gerade so knapp über die +10-Grad-Marke (z.B. Dresden +11,7 °C um 15 UTC), während im Südosten Polens örtlich über +30 °C gemessen werden konnten (z.B. Lublin +30,9 °C). Noch heißer wurde es auf dem Balkan; Ungarns Hauptstadt Budapest verzeichnete eine Höchsttemperatur von +36,1 °C. Innerhalb dieser sehr warmen und feuchten Luft bildeten sich ab Mittag in einem breiten Streifen vom Norden Italiens über die Mitte Österreichs, den Osten Tschechiens und den Westen der Slowakei bis hinauf nach Ostpolen verbreitet heftige Schauer und Gewitter. Dabei traten mindestens sieben Tornados auf. Im Süden Polens nahe der Stadt Oppeln richtete ein Tornado der Kategorie F3/F4 verheerende Schäden an. Die Bilder glichen denen aus dem französischen Hautmont, wo nur knapp zwei Wochen zuvor ebenfalls ein Tornado ähnliche Verwüstungen hinterlassen hat (siehe Artikel). Der Tornado zog unter anderem über die Autobahn zwischen Breslau und Krakau hinweg, wo er einen LKW und zwei Kleinlaster erfasste. Zwei Menschen starben, mehrere wurden verletzt. Bei Mykanów in der Region Schlesien warf ein Tornado einen Reisebus um, dabei gab es zehn Verletzte. Weitere Tornadomeldungen liegen aus den Regionen Schlesien, Lotsch, und Masowien vor. In den genannten Regionen kam es zudem zu schwerem Hagelschlag, die Schlossen erreichten eine Größe bis 8 cm Durchmesser.
In der Nacht zum 16. gingen weitere Schauer und Gewitter nieder, die höchsten 12-stündigen Mengen bis 06 UTC konnte Österreich verbuchen. Die Station Lunz/See in Niederösterreich registrierte 56 mm, Windischgarsten in Oberösterreich 52 mm. Auch im Südosten Bayerns summierten sich teilweise Mengen über 50 mm in 24 Stunden, an der Kampenwand in den bayerischen Alpen sogar bis 110 mm.
Am 16. und 17. verlagerten sich die Gewitter nach Osten. Vor allem in Polen, anfangs auch noch im Nordosten Österreichs und in Tschechien regnete es aber noch länger anhaltend und ergiebig. In Leszno im Westen Polens fielen bis zum 17., 06 UTC 24-stg. 46 mm, in Koszalin an der Ostseeküste 48 mm.

Insgesamt starben bei den Unwettern in Norditalien, Österreich, der Slowakei und Polen sieben Menschen. Vielerorts wurden durch Sturmböen Bäume entwurzelt und Dächer abgedeckt. Zudem richtete Hagel schwere Schäden an.

Text: CE

Bodendruckanalysen vom 14. bis 17.08.2008, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
14.08.2008, 00 UTC 15.08.2008, 00 UTC 16.08.2008, 00 UTC 17.08.2008, 00 UTC
500 hPa-Geopotential und Bodendruck vom 14. bis 17.08.2008, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
14.08.2008, 00 UTC 15.08.2008, 00 UTC 16.08.2008, 00 UTC 17.08.2008, 00 UTC


Wetterwerte

Nachstehend die höchsten gemessenen 48-stg. Niederschlagsmengen in Polen vom 15.08., 06 UTC bis 17.08., 06 UTC sowie die höchsten Niederschlagsmengen in Deutschland an DWD-Stationen im 24-stg. Zeitraum bis 16.08., 06 UTC. Darunter ausgewählte 24-stg. Niederschlagsmengen in Europa und 12-stg. Niederschlagsmengen in Österreich jeweils bis 16.08., 06 UTC. Quellen: DWD, WetterOnline.

Ort 15.-17.
Łódź
Kattowitz-Pyrzowice
Częstochowa
Zielona Góra
Koszalin
72 mm
69 mm
67 mm
63 mm
60 mm
Ort 15./16.
Obere Firstalm (BY)
Wendelstein (BY)
Aschau-Stein (BY)
Marktschellenberg (BY)
Jachenau-Tannern (BY)
89 mm
85 mm
75 mm
61 mm
57 mm

Ort 15./16.
Krederica (SLO)
Vogel (SLO)
Engelberg (CH)
Novo Mesto (SLO)
Rateče (SLO)
106 mm
94 mm
85 mm
76 mm
67 mm
Ort 15./16.
Lunz/See (NÖ)
Windischgarsten (OÖ)
Kleinzicken (B)
56 mm
52 mm
47 mm


Niederschlag

24-stündige interpolierte Niederschlagssumme in Südostbayern vom 15.08., 13 Uhr MESZ bis 16.08., 13 Uhr MESZ; Quelle: HND Bayern.



Satellitenbilder und Wettermeldungen

15.08., 13:00 UTC, MSG VIS
Quelle: DWD
15.08., 15:00 UTC, MSG VIS
Quelle: DWD
15.08., 17:00 UTC, MSG VIS
Quelle: DWD
16.08., 13:00 UTC, MSG VIS
Quelle: DWD
16.08., 15:00 UTC, MSG VIS
Quelle: DWD
16.08., 17:00 UTC, MSG VIS
Quelle: DWD



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