Nach der Gewitterlage von 21.05. bis 23.05. gingen ab dem 27.05 erneut heftige Gewitter
nieder. Am 27. und 28.05. brachten einzelne heftige Gewitter bevorzugt in der Südhälfte
Deutschlands lokal bereits Starkregen und Hagelmassen mit sich. Am 29.05. formierte sich
aus mehreren Gewittern über dem Süden Bayerns ein Mesoskaliges Konvektives System, das
sich am Abend langsam nordwestwärts über Baden-Württemberg in Richtung Hessen und
Rheinland-Pfalz verlagerte. Extreme Regenfälle innerhalb kurzer Zeit sorgten vor
allem in der Region Schwäbisch Hall für Verwüstungen durch Überflutungen und
Erdrutsche.
Das verantwortliche Höhentief drehte tagelang seine Kreise über Mitteleuropa, auch Benelux
und Frankreich (z.B. im Raum Paris) hatten mit Gewittern, Überflutungen, Erdrutschen und zeitweise mit Sturmböen zu kämpfen.
Am 31.05. entstand Tief "Friederike" über Polen, ersetzte Tief "Elvira" als bodennahes Steuerzentrum
und hielt die schadensträchtige Wetterlage aufrecht.
Bis zum Morgen des 01.06. kamen in Teilen Niederbayerns, bis 02.06. in Teilen Nordrhein-Westfalens
mehr als 100 mm Regen vom Himmel.
In Simbach am Inn entstand sehr schnell ein in diesem Ausmaß nie zuvor gekanntes schweres Hochwasser,
das mehrere hundert Häuser zum Teil schwer verwüstete.
Weitere deutsche Orte waren von Hochwasser bedroht oder betroffen (Rekordhöchststand der Ahr, RP,
aufgeweichte Deiche in Hamminkeln, NW).
Am 03.06. wurden bei "Rock am Ring" 82 Menschen durch Blitzschlag zum Teil schwer verletzt, das Festival
wurde nach einer weiteren Unterbrechung am 05.06. abgebrochen.
Am 05.06. wurden lokal große Hagelkörner und zwei Tornados gleichzeitig in Schleswig-Holstein beobachtet.
Weitere heftige Regenfälle führten zu Katastrophenalarm in den Kreisen Weilheim-Schongau (BY) und Ahrweiler (RP).
Am 07.06. richteten Hagel und Überflutungen beispielsweise in Wuppertal sowie ein Tornado in Hamburg schwere Schäden an.
Allein in Niederbayern gehen die Schadenssummen während dieses außergewöhnlich lang anhaltenden Extremereignisses in die Milliarden.
11 Menschen kamen in diesen Tagen allein in Deutschland ums Leben.
Wetterlage und Entwicklung am 28. und 29.05.
Zwischen einem Höhentief östlich der Azoren und einem Höhenrücken über dem Mittelmeerraum gelangte Mitteleuropa
am 27.05. unter einer südwestlichen Höhenströmung. Am Boden herrschten dagegen südlich eines
Skandinavienhochs über Mitteleuropa nur schwache Luftdruckgegensätze, wobei sich von Frankreich
bis in den Süden Deutschlands eine flache Tiefdruckrinne etablierte. Im Bereich einer Warmfront
regnete es in der Nacht sowie am Vormittag des 27.05. in der Mitte Deutschlands gebietsweise
heftig, zum Teil waren auch Blitz und Donner mit von der Partie. Hinter der Warmfront machte
sich in der Südhälfte Deutschlands feuchtwarme und zunehmend labil geschichtete Luft breit.
500 hPa-Geopot. und SLP, 850 hPa-pseudopot. Temp. und SLP, Cape und Lifted Index, |
Quelle: Wetter3
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27.05.2016, 18 UTC |
28.05.2016, 18 UTC |
29.05.2016, 18 UTC |
30.05.2016, 18 UTC |
Tagsüber lockerte die Bewölkung am 27.05. über dem Süden und der Mitte Deutschlands zunächst
mehr und mehr auf, sodass die Sonne die Luft in der Südhälfte auf Höchstwerte um, vereinzelt
auch auf Werte knapp über 25 °C erwärmte. Im Laufe des Nachmittags entstanden dann im Süden
und der Mitte Deutschlands vermehrt Gewitter. Die südwestliche Höhenströmung zusammen mit
einer schwachen östlichen Strömung am Boden nördlich der Tiefdruckrinne sorgten für vertikale
Windscherung, sodass die Gewitter in Verbindung mit einem hohen Feuchtegehalt der Luft
(Taupunkttemperaturen um 15 °C) mit Starkregen und Hagel örtlich heftig ausfielen.
Am Nachmittag wurde bei einem Gewitter östlich von Stuttgart Hagel mit einem Durchmesser
bis zu 2 cm beobachtet. Weitere Gewitter mit Starkregen und Hagel entstanden am Nachmittag
unter anderem auch über der Eifel und dem Erzgebirge. Die Zellen über der Eifel verlagerten
sich bis zum Abend ostwärts Richtung Rhein-Main-Gebiet. In Wiesbaden waren am Abend ganze
Straßenzüge von einer Hagelschicht bedeckt und es kam zu Überflutungen. Im weiteren Verlauf
des Abends lag der Gewitterschwerpunkt dann von der schwäbischen Alb bis zum Bodensee,
sowie im Süden Bayerns.
Am Samstag, 28.05. verlagerte sich das Höhentief über dem östlichen Atlantik weiter nach
Osten und reichte am Ende des Tages mit seiner Trogachse von Nordspanien bis in den
zentralen Mittelmeerraum. Durch die östliche Verlagerung lagen weite Teile Mitteleuropas
an der Vorderseite des Troges. Eine divergierende Höhenströmung sorgte für einen
Hebungsantrieb in der mittleren Troposphäre und vor allem über Frankreich für einen Druckfall
am Boden. Die Tiefdruckrinne verstärkte sich über Frankreich am Samstag im Vergleich zum
Freitag und an seiner Vorderseite kam die feuchtwarme Luft über Deutschland etwas weiter nach
Norden voran. In der Nacht von Freitag auf Samstag bildeten sich in Baden-Württemberg und im
Erzgebirge in Sachsen noch einzelne kräftigere Gewitter.
Zum Morgen des 28.05. hin schwächten sich diese dann aber insgesamt ab, sodass in weiten
Teilen Deutschlands zunächst die Sonne scheinen konnte. In der unverändert sehr feuchten
und labil geschichteten Luft (CAPE Werte ca. 700 J/kg im Süden) sorgte die morgendliche
Sonneneinstrahlung recht schnell für die Entstehung von Quellwolken. Die ersten Gewitter
bildeten sich um die Mittagszeit. Südlich einer Linie Nordrhein-Westfalen, Thüringen bis
nach Sachsen bildeten sich lokale Gewitter mit Starkregen und Hagel. Im Laufe des
Nachmittags verstärkten sich die Unwetter weiter, einzelne Zellen schlossen sich zu
größeren Zellen zusammen. Am heftigsten waren die Gewitter in Rheinland-Pfalz. Bei
einem Fußballspiel wurden durch einen Blitzeinschlag 32 Menschen verletzt. Ein Zug
entgleiste in der Nähe von Trier aufgrund eines Erdrutsches. Verletzt wurde hier niemand.
Insgesamt kam es verbreitet zu überfluteten Straßen und vollgelaufenen Kellern. Auf den
Autobahnen wurde der Verkehr durch die Gewitter stark behindert, am Frankfurter Flughafen
kam es zu Unregelmäßigkeiten im Flugverkehr. Das 24 Stunden-Rennen am Nürburgring musste
aufgrund von Hagelmassen am Nachmittag vorübergehend unterbrochen werden. Am Abend zogen die Gewitter von Rheinland-Pfalz
weiter nach Osten in Richtung nördliches Baden-Württemberg und Hessen. Im südlichen
Baden-Württemberg bildeten sich dann in der ersten Nachthälfte zum Sonntag neue Gewitter.
Satelliten-, Radarbilder und Blitzkarten |
Quellen: Eumetsat, DWD, lightningmaps.org (Blitzdaten: blitzortung.org )
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Satellitenbild (vis), 27.05., 18:00 UTC |
Radarbild am 27.05., 18:45 MESZ |
24-Stunden Blitze bis 28.05., 06 UTC |
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Satellitenbild (vis), 28.05., 15:00 UTC |
Radarbild am 28.05., 18:20 MESZ |
24-Stunden Blitze bis 29.05., 06 UTC |
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Gewitteraufzug über dem Nürburgring am 27.05. © Sven Baumstark |
Hagel in Esslingen am 27.05. © Andreas Stefan Henrich |
Weitere Entwicklung am 29.05.2016
Am Sonntag, 29.05. verlagerte sich der Höhentrog weiter nach Nordosten und lag am Abend über
den Alpen. Mit der südlichen Höhenströmung wurden die Vorticitymaxima in den süddeutschen
Raum advehiert, was in diesem Bereich zu kräftiger Hebung in der mittleren Troposphäre
führte. Das Bodentief verlagerte sich folglich nach Baden-Württemberg und Bayern und
erreichte einen Bodendruck von unter 1004 hPa. Der Wind am Boden kam daher im Süden während
des 29.05. aus unterschiedlichen Richtungen und wehte meist nur schwach. In der Höhe war eine
kräftige Südströmung vorherrschend.
Die Atmosphäre war im Vergleich zu den Vortagen in Bayern zum Teil noch labiler gesichtet.
Die CAPE Werte erreichten um 1500 J/kg (siehe Radiosondenaufstieg Kümmersbruck).
Am Morgen waren zunächst noch die Reste der Gewitter der Nacht in Baden-Württemberg und
über der Mitte unterwegs. Bereits am Vormittag bildeten sich in Bayern bereits erste neue
Gewitter. Die Sonne kam vor allem im Osten des Landes bei Höchsttemperaturen von bis zu
28 ºC zum Vorschein. Ansonsten war es anders als an den Tagen zuvor
vielfach bewölkt. Zur Mittagszeit regnete es im nördlichen Niedersachsen kräftig, ein
erstes heftiges Gewitter bildete sich über dem Erzgebirge. Im Allgäu setzte ebenfalls
Niederschlag ein. Hier sorgte die erwähnte Vorticityadvektion für einen Hebungsantrieb.
Während das Niederschlagsgebiet in den nächsten Stunden in Richtung westliches
Baden-Württemberg weiterzog, setzten um ca. 13.00 UTC neue kräftige Gewitter am
Alpenrand und im Allgäu ein. In der Folge bildeten sich auch zwischen München und
Salzburg, und zwischen Nürnberg und Stuttgart einzelne heftige Gewitter. Die Gewitter
in der Osthälfte von Baden-Württemberg schlossen sich am Abend zu einem Mesoskaligen
Konvektiven System (MCS) zusammen. Dabei kam es zu extrem kräftigen Starkregen, der zu
teils katastrophalen Zuständen in kleineren Ortschaften im Kreis Schwäbisch Hall führte.
Mit der nördlichen Höhenströmung kamen die Gewitter im Laufe des Abends nur sehr langsam
in das nördliche Baden-Württemberg und Bayern voran.
Analysekarten am 30.05., 00 UTC und Radiosondenaufstieg Kümmersbruck am 29.05., 12 UTC
Quellen: Wetter3, University of Wyoming
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KO-Index und Vertikalbewegung |
300 hPa Vorticityadvektion |
Schichtdickenadvektion |
Radiosondenaufstieg Kümmersbruck, 29.05., 12 UTC |
Starkregen und Überflutungen durch ein MCS
Ein mesoskaliges konvektives System (MCS) ist ein Zusammenschluss aus Gewittern, der über
mehrere Stunden bestehen kann. Dabei hat das System eine Ausdehnung von mindestens
100 Kilometern in eine Richtung und kann kreisförmig oder linienhaft angeordnet sein.
Ist ein MCS kreisförmig angeordnet und besitzt bei einer Mindestlebensdauer von sechs Stunden
eine unter -32 °C kalte Wolkenoberkante auf einer Fläche von 100.000 Quadratkilometern sowie
unter -52 °C auf 50.000 Quadratkilometern, so handelt es sich nach der Definition von Maddox
(1980) um einen Mesoscale Convective Complex (MCC). Die kleine Horizontalachse des Systems
muss zur großen Horizontalachse mindestens ein Verhältnis von 0,7 aufweisen. Auf den ersten
Blick ist das gestrige System als MCC einzustufen. Ob die Temperaturen der Wolkenoberkanten
auf der geforderten Fläche die entsprechenden Temperaturen aufgewiesen haben, muss noch
überprüft werden.
Für die Entstehung war zunächst einmal die sehr feuchtwarme Luftmasse über Süddeutschland
entscheidend. Die Taupunkte lagen am Sonntagnachmittag über dem Westen Bayerns zwischen
15 ºC und 18 ºC. Dazu war die Luft sehr warm mit Temperaturen von 15 ºC in 850 hPa.
Damit es zu einem MCS kommen kann ist allerdings in Mitteleuropa auch ein großräumiger
Hebungsantrieb eine der Voraussetzungen für die Entstehung eines MCS. Dies war durch die
Lage an der Vorderseite des Trogs über den Alpen ebenfalls gegeben. Vom Allgäu verlagerte
sich das System im östlichen Baden-Württemberg nach Norden. Über Bayern entstand am
Nachmittag aufgrund der kräftigen Hebung ein Bodentief. Dabei wurde feuchte Luft in der
bodennahen Strömung um das Tief herum geführt und stand dem MCS als zusätzliche Energiequelle
zur Verfügung. Aufgrund der relativ schwachen Winde verlagerte sich das System nur recht
langsam nach Norden. Es kam zu extremem Starkregen, Hagel und Sturmböen. Die meisten
Schäden entstanden durch die kräftigen Regenfälle, wodurch sich kleinere Bäche und
Flüsse in reißende Ströme verwandelten. In Kirchberg an der Jagst fielen innerhalb
von 6 Stunden 84,1 mm Regen. An der Umlach in Ummendorf und der Rottum in Laupheim
stieg der Pegel innerhalb kürzester Zeit um ca. 1.5 Meter an und erreichte neue
Allzeitrekorde. Zwei kleinere Zuflüsse des Kochers sorgten in Braunsbach im Kreis
Schwäbisch Hall für eine Sturzflut. Die Wassermassen rissen auf ihrem Weg in das Tal
alles mit was ihnen im Weg stand. Häuser und Autos wurden stark beschädigt, die
Wassermassen hinterließen ein Bild der Zerstörung. Nach Schätzungen des Landratsamtes Schwäbisch Hall belaufen sich die
Schäden hier auf über 100 Mio. Euro. Auch die Pegel der größeren
Flüsse der Region wie Jagst, Kocher, Riß und Rems stiegen zum Teil um mehrere
Meter an. Es kam verbreitet zu einem 2 jährigen Hochwasser, an manchen Stellen
wurden auch an den größeren Flüssen Pegelrekorde aufgestellt. In Stein am Kocher
wurde mit 5,31 m der bisherige Rekord um 25 Zentimeter übertroffen. Da die Flüsse
zumeist Nebenflüsse des Neckars sind, stieg auch hier der Pegel im Laufe des 30.05. an
und erreicht die 2 jährliche Hochwassermarke. Bei den Überschwemmungen starben
mindestens 4 Menschen.
Satelliten-, Radarbilder und Blitze am 29.05.2016 |
Quellen: Eumetsat, DWD, lightningmaps.org (Blitzdaten: blitzortung.org )
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29.05., 16 UTC |
29.05., 18 UTC |
29.05., 15:20 MESZ |
29.05., 17:20 MESZ |
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29.05., 19:20 MESZ |
29.05., 21:20 MESZ |
30.05., 03:20 MESZ |
24 h-Blitze bis 30.05., 06 UTC |
Niederschlagsmengen an einzelnen Stationen und Verteilungen |
Quellen: DWD, DWD, HVZ Baden-Württemberg
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24 h Niederschlag Baden-Württemberg bis 30.05., 06 UTC |
24 h Niederschlag bis 30.05., 06 UTC |
7 d Niederschlag bis 30.05., 06 UTC |
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Ellwangen-Rindelbach |
Kirchberg an der Jagst-Herboldshausen |
Biberach /Riß-Berghausen |
Eindrücke aus der Region Schwäbisch Hall |
Quelle: SCHWÄBISCH HALL LÄUFT
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Braunsbach |
Erdrutsch in der Langenburger Steige |
Kupferzell |
24-stündige Niederschlagsmengen bis 30.05., 06 UTC
Datenquellen: DWD JavaMap
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Station |
Niederschlagsmenge |
Gundelsheim
Wilhelmsfeld
Kirchberg/Jagst-Herboldshausen
Ellwangen-Rindelbach
Bullay (Kläranlage)
Eibenstock (Talsperre)
Mulfingen/Jagst
Birkenau
Hohenpeißenberg
Hohenthann
Langquaid
Öhringen
Gelchsheim
Obersulm-Willsbach
Landshut-Reithof
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122,1 mm
101,1 mm
94,0 mm
86,5 mm
84,5 mm
83,3 mm
82,5 mm
82,0 mm
81,6 mm
80,2 mm
79,6 mm
78,8 mm
76,8 mm
75,5 mm
75,1 mm
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Weitere Entwicklung am 30.05.2016
Während sich das Wetter in den am 29.05. getroffenen Gebieten Deutschlands wieder beruhigte,
standen kräftige Gewitter und ergiebige Regenfälle am 30.05. in Nord- und Westdeutschland, der Benelux und
in Nord- bis Zentralfrankreich auf der Tagesordnung.
Verantwortlich für die zum Teil erneut unwetterartigen Entwicklungen war ein Höhentief, das sich
von Südwest- und Westeuropa bis nach Mitteleuropa erstreckte. Sein tiefstes Geopotential wurde am Mittag
des 30.05. über Südwestdeutschland bis Nordostfrankreich analysiert.
Etwas nördlich davon befand sich der Kern des korrespondierenden Bodentiefs namens "Elvira".
Am Rand des Tiefdruckgebiets verschärfte sich der Druckgradient und der Wind legte deutlich zu.
An der Nordseeküste wurden am Abend des 30.05. und in der darauffolgenden Nacht Sturmböen und
schwere Sturmböen registriert (z.B. Zeebrugge/BE: 83 km/h, Dunkerque/FR: 83 km/h und
Cap Gris Nez/FR: 89 km/h).
Bodendruckanalyse mit Fronten, Pegel Neckar, 24-h-Niederschlagskarten, Blitzkarte |
Quellen: FU Berlin, HVZ BW, DWD, ligthningmaps.org/blitzortung
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30.05.2016, 00 UTC |
Gundelsheim/Neckar |
24-h-RR bis 31.05.2016, 06 UTC |
24-h-RR bis 31.05.2016, 06 UTC |
24-h-Blitze bis 31.05.2016, 06 UTC |
Das Tief mit einem Kerndruck um 1000 hPa schaufelte an seiner Westflanke kühlere Luftmassen
(5-7 °C in 850 hPa bzw. in rund 1500 m) von Norden gegen den Uhrzeigersinn über Frankreich
und Südwestdeutschland hinweg Richtung Tiefkern. An der Ostflanke wurden dagegen feucht-warme
(um 13 °C in 850 hPa) und energiereiche Luftmassen aus Süden/Südosten nach Norden spiralförmig
über Polen und Norddeutschland bis in die Benelux transportiert.
Besonders im Übergangsbereich der Luftmassen bildeten sich konvektiv verstärkte Niederschläge aus, die
ergiebig ausfielen und dem Norden Frankreichs gebietsweise über 50 mm Regen brachten. Überschwemmte
Straßen, gesperrte Autobahnen, vollgelaufene Keller und Behinderungen im Bahnverkehr waren unter anderem
die Folge der heftigen Niederschläge.
In der energieträchtigen Luft entwickelten sich mancherorts kräftige Gewitter, die örtlich mit
Starkregen von über 30 mm in kurzer Zeit einhergingen. In Belgien und den Niederlanden fielen lokal
über 60 mm Regen.
Satelliten- und Radarbilder |
Quellen: eumetsat.int, DWD, Infoclimat.fr
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30.05.2016, 14 UTC |
30.05.2016, 17 UTC |
30.05.2016, 20 UTC |
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30.05.2016, 15:50 UTC |
30.05.2016, 12:45 UTC |
30.05.2016, 20:00 UTC |
Ort DE |
RR24 |
Kall-Sistig
Dinslaken
Alpen (WV NRW)
Olsdorf
Xanten
Hamminkeln-Mühlenrott
Perl-Nennig
Bochum
Oberhausen-Buschh. (WV NRW)
Bentheim, Bad
|
63,5 mm
54,8 mm
53,0 mm
46,0 mm
44,3 mm
41,5 mm
36,0 mm
35,7 mm
35,4 mm
34,2 mm
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Ort FR |
RR24 |
Trappes
Villacoublay
Orléans
Paris - Montsouris
Creil
Pontoise - Cormeilles
Lille
Auxerre-Perrigny
Romorantin
Orly
|
66,0 mm
65,2 mm
63,4 mm
52,9 mm
48,7 mm
47,4 mm
45,4 mm
44,9 mm
42,5 mm
42,4 mm
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Ort BE/NL |
RR24 |
Wingene
Volkel
Deelen
Gilze-Rijen
Heuvelland
Westdorpe
Izegem
Kallo (Anvers)
Malines
Enghien
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69 mm
68,0 mm
66,6 mm
58,6 mm
58 mm
53,2 mm
53 mm
50 mm
41 mm
39 mm
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Entwicklung am 31.05.2016
Im Vergleich zum Vortag blieb das Höhentief über Mitteleuropa fast ortsfest.
Im Südosten Bayerns und in Österreich regnete es zu Beginn des Tages noch kräftig.
Positive Vorticityadvektion sorgte hier für größräumige Hebung. Die Niederschläge hielten sich in Niederbayern den ganzen Tag über
und nahmen in der Nacht zum 1. Juni noch an Intensität zu. Das Bodentief befand sich weiterhin über Belgien und füllte sich an jenem Tag
in der Absinkregion des Höhentiefs auf. Folglich sank auch der Druckgradient zum Hoch über der Nordsee und Sturmböen außerhalb von Gewittern,
wie noch am Tag zuvor, konnten nicht mehr beobachtet werden. Während die Luft über dem Süden Deutschlands verhältnismäßig trocken und kühler war,
befand sich sehr feuchte Luft (Taupunkt 16 ºC - 19 ºC) und warme Luft (bis 12 ºC in 850 hPa) über dem Norden und Osten. Zu Beginn des Tages zeigte sich
vielfach die Sonne, die Temperaturen erreichten im Nordosten bis zu 27 ºC. Hier bildeten sich am Nachmittag dann auch Gewitter, die mit Starkregen und Hagel
einhergingen. Zunächst entstanden die Gewitter in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen. Am frühen Abend erreichten sie dann auch Sachsen-Anhalt und
Niedersachsen. Auch im Süden des Landes bildeten sich südlich der Donau einzelne Gewitter. Im Raum Dresden mussten Reisende wegen Zugausfällen Geduld aufbringen.
In Mecklenburg-Vorpommern kam es in Lübz zu Schäden an mehreren Häusern durch umherfliegende Trümmer beim Durchzug eines Gewitters. Dabei soll eine Orkanböe von
133 km/h aufgezeichnet worden sein. Auf den Autobahnen kam es zu Unfällen aufgrund des Starkregens, dabei wurden einige Personen verletzt. Beim Durchzug der
Gewitter am Abend in Niedersachsen sorgten Starkregen und Sturmböen für vollgelaufene Keller und umgestürzte Bäume.
500 hPa-Geopot. und SLP, 850 hPa-pseudopot. Temp. und SLP, Cape und Lifted Index, |
Quelle: Wetter3
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01.06.2016, 18 UTC |
02.06.2016, 18 UTC |
03.06.2016, 18 UTC |
04.06.2016, 18 UTC |
Extreme Überschwemmungen in Niederbayern am 01.06.
In der Nacht zum 01.06. zogen die Gewitter von Niedersachsen ins nördliche Nordrhein-Westfalen und schwächten sich dabei ab.
Über Polen hatte sich zu Beginn der Nacht in der Tiefdruckrinne ein weiteres Bodentiefzentrum gebildet. Das Zentrum des Höhentiefs befand sich über Österreich.
Den Südosten Bayerns erreichte durch die Annäherung des Höhentiefs von Süden kältere Luft (5 ºC in 850 hPa), die Region lag genau im Übergangsbereich zwischen
den Luftmassen. Dazu war sowohl die bodennahe Strömung als auch die Höhenströmung nur sehr schwach ausgeprägt, sodass die Regengebiete nur sehr langsam vorankamen.
Die immer noch labil geschichtete Luftmasse erfuhr vom Abend des 31.05. bis zu den Mittagsstunden des 01.06. einen Hebungsantrieb durch positive Vorticityadvektion
an der Vorderseite des Höhentiefs. Die konvektiv verstärkten Niederschläge wurden über einen Zeitraum von mindestens 12 Stunden in der Region beobachtet
und hatten verheerende Folgen für kleinere Orte in Niederbayern. Auch Staueffekte an den Alpen hatten bei dieser nordöstlichen Strömung zu den katastrophalen
Zuständen beigetragen. Nach Überschwemmungen ganzer Ortschaften wurde in einigen Gemeinden im Kreis Rottal-Inn sowie in Passau der Katastrophenalarm ausgerufen.
Hubschrauber waren im Einsatz, um Personen aus den betroffenen Gebieten zu retten. Viele Haushalte waren über längere Zeit ohne Strom.
5 Menschen kamen in den Wassermassen ums Leben. Der Pegel der Rott war innerhalb von wenigen Stunden um 3 Meter angestiegen und erreichte den höchsten
Hochwassermeldestand. Der Simbach stieg sogar innerhalb von weniger als 12 Stunden von 20 cm auf über 5 Meter an. Bisher lag der Rekord bei 1,50 m.
Auch in Österreich kam es zu sehr heftigen Regenfällen mit Überschwemmungen und Erdrutschen. An der Station Ibm in Oberösterreich fielen innerhalb 24 Stunden
bis 17 Uhr 116,3 mm Niederschlag.
Bodendruckanalyse mit Fronten, Pegel Rott, 24-h-Niederschlagskarte, Blitzkarte |
Quellen: FU Berlin, HND, DWD, lightningmaps.org/blitzortung
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01.06.2016, 00 UTC |
Birnbach/Rott |
24-h-RR bis 01.06.2016, 06 UTC |
24-h-Blitze bis 01.06.2016, 06 UTC |
Bilder aus Simbach und Passau, Pegel Simbach |
Quellen: UWN, HND
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Sonstige Entwicklung am 01.06.
Das eben angesprochene neue Bodentief "Friederike" ersetzte das in den Tagen zuvor wirksame Tief "Elvira". Ähnlich wie "Elvira" zuvor, verlagerte sich
"Friederike" am 01.06. von Polen über die Mitte Deutschlands in Richtung Benelux. Die Luftmassengrenze befand sich wie schon an den Tagen zuvor über der Mitte
Deutschlands. An der Nordflanke des Tiefs konnte aus Osten feuchtwarme Luft erneut in den Westen Deutschlands vorstoßen. Ein Gebiet mit starker positiver
Vorticityadvektion brachte zunächst Regen in Brandenburg und Sachsen-Anhalt, später am Vormittag reichte das Gebiet dann bis nach Niedersachsen.
In Nordrhein-Westfalen waren am Anfang des Tages noch einzelne Gewitter unterwegs, ehe auch hier am zur Mittagszeit aus Nordosten stärkerer Regen hereinzog.
Mittlerweile hatten sich in der unverändert feuchtwarmen und labil geschichteten Luft auch Gewitter gebildet. Vor allem nördlich des Regengebiets entstanden
in Niedersachsen am Nachmittag kräftige Gewitter. Hier hatte zuvor die Sonneneinstrahlung für Temperaturen bis 27 ºC gesorgt.
Bei CAPE-Werten von bis zu 1000 J/kg war die Energie für kräftige Gewitter vorhanden. Am Abend kamen die Gewitter bis ins nördliche Nordrhein-Westfalen voran.
Auch hier lag das Hauptaugenmerk auf dem Starkregen, der örtlich für Mengen über 100 mm bis zum Morgen des folgenden Tages führte.
Weiter südlich über dem Norden von Rheinland-Pfalz sorgte ergiebiger Dauerregen ebenfalls für sehr große Niederschlagsmengen.
Satelliten- und Radarbilder |
Quellen: eumetsat.int, DWD
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31.05.2016, 10 UTC |
01.06.2016, 07 UTC |
02.06.2016, 10 UTC |
03.06.2016, 10 UTC |
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31.05.2016, 16:20 UTC |
01.06.2016, 08:20 UTC |
01.06.2016, 17:20 UTC |
02.06.2016, 11:20 UTC |
Überschwemmungen an der Ahr und am Niederrhein am 02.06.
Erdrutsche und Überschwemmungen traten am Niederrhein und im Norden von Rheinland-Pfalz infolge der Niederschläge des vergangenen Tages auf.
Die Ahr verzeichnete mit 3,70 m einen neuen Rekordpegelstand. Der alte Rekord aus dem Jahr 1993 wurde um 20 Zentimeter übertroffen.
Ebenfalls viel Wasser führte die Issel im Norden von Nordrhein-Westfalen, nachdem in der Region zum Teil 120 mm Regen in 24 Stunden gefallen war
(Hamminkeln-Mühlenrott bis 02.06., 06 UTC). In beiden Gebieten kam es durch das Hochwasser zu großen Schäden.
Aufgrund von Erdrutschen waren einige Straßen nicht passierbar.
24-stündige Niederschlagsmengen bis 01., 02., 03.06., 06 UTC (v.l.)
Datenquelle: DWD JavaMap
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Ort |
RR24 |
Simbach/Inn (BY)
Pocking (BY)
Laufen/Obb.-Lebenau (BY)
Burg Blumenthal (HB)
Elbe-Parey-Güsen (ST)
Rothalmünster (BY)
Traunreuth-Frühling (BY)
Zeilarn-Gumersdorf (BY)
Palling-Lampertsham (BY)
Fürstenzell (BY)
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74,6 mm
74,2 mm
67,9 mm
62,2 mm
58,2 mm
56,7 mm
54,7 mm
54,5 mm
54,1 mm
53,5 mm
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Ort |
RR24 |
Hamminkeln-Mühlenrott (NW)
Xanten (NW)
Wesel-Flüren (NW)
Einbeck-Greene (NI)
Geldern-Walbeck (NW)
Geldern (Klärwerk) (WV NRW)
Borken in Westfalen (NW)
Nettetal-Hülst (NW)
Enger (NW)
Viechtach-Bühling (BY)
|
120,3 mm
111,1 mm
97,5 mm
89,1 mm
88,7 mm
87,3 mm
77,4 mm
67,9 mm
61,2 mm
58,6 mm
|
|
Ort |
RR24 |
Wernigerode (ST)
Groß Berßen (NI)
Quedlinburg (ST)
Brocken (ST)
Hahausen (NI)
Meppen (NI)
Jork-Moorende (NI)
Naila-Lippertsgrün (BY)
Katzhütte (TH)
Ottenstein (NI)
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61,0 mm
49,5 mm
48,0 mm
47,4 mm
45,2 mm
42,3 mm
41,9 mm
40,6 mm
38,5 mm
35,8 mm
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Gewitter über der Mitte und dem Westen am 02.06.
An der Wetterlage änderte sich am 02.06. nur sehr wenig.
Deutschland lag im Einflussbereich eines Höhentiefs mit Zentrum über Österreich.
Am Boden hatte sich Tief "Frederike" nach Belgien verlagert und schwächte sich an jenem Tag langsam ab.
Die feuchte und warme Luftmasse über dem Westen und Norden des Landes bot erneut die Voraussetzungen für kräftige Gewitter mit Starkregen.
Ähnlich wie schon am Tag zuvor gab es in der mittleren Troposphäre einen Hebungsantrieb durch positive Vorticityadvektion.
Dieses Gebiet zog am 02.06. von Brandenburg in Richtung Nordrhein-Westfalen. Über Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen bildeten sich bereits
am Vormittag Gewitter, die dann in östlicher Richtung nach Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen weiterzogen. In Sachsen-Anhalt formierte
sich dann am Vormittag ein weiteres Gewittersystem, welches in Wernigerode 52 mm Regen in weniger als 3 Stunden brachte. Auch über Bayern bildeten sich Gewitter.
Hier kam es zu Überschwemmungen, weil die Gewitter sich fast gar nicht verlagerten und sich an manchen Orten für mehrere Stunden halten konnten.
Die Gewitterlinie über der Mitte Deutschlands kam bis zum späten Nachmittag bis ins nördliche Nordrhein-Westfalen voran. Die Hochwassergebiete am
Niederrhein und an der Ahr bekamen erneut kräftigen Regen ab. Die größte Gefahr ging erneut von Starkregen aus. Dazu wurden an manchen Orten kleinere
Tornados gesichtet, die aber soweit bisher bekannt über unbewohntes Gebiet zogen. Am Abend ließen die Gewitter allmählich nach.
Niederschlagsverteilungen |
Quelle: DWD
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24 h Niederschlag bis 02.06., 06 UTC |
4 d Niederschlag bis 02.06., 06 UTC |
7 d Niederschlag bis 02.06., 06 UTC |
7 d Niederschlag bis 04.06., 06 UTC |
Verletzte durch Blitzschlag bei Rock am Ring am 03.06.
Das Höhentief über Österreich verlagerte sich zusammen mit einem Gebiet mit Hebungsantrieb nach Westen in Richtung Frankreich.
Über Sachsen setzte bereits während der zweiten Nachthälfte Regen ein, der in den folgenden Stunden bis
nach Bayern und Thüringen vorankam. Die feuchtwarmen
Luftmassen erreichten auch wieder den Südwesten des Landes. Über dem Süden Bayerns bildeten sich im Laufe des Vormittags Gewitter,
die sehr große Regenmengen durch Starkregen brachten. Der Radiosondenaufstieg von München zeigt die nur sehr schwache Horizontalströmung
über die gesamte Troposphäre. Die Gewitter blieben praktisch ortsfest. Am späten Nachmittag entwickelten sich über der Mitte und dem Westen kräftige Gewitter.
Von Hessen her kommend zogen diese in Richtung südliches Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Ein heftiges Gewitter erreichte gegen 22.00 MESZ Köln,
beim Musikfestival Rock am Ring sorgte ein Gewitter für die Unterbrechung des Programms. Bei einem Blitzeinschlag wurden hier 82 Menschen verletzt,
15 davon schwer.
Zu schweren heftigen Starkregenfällen im Zusammenhang mit Gewittern kam es auch in Frankreich. Die Seine in Paris verfehlte
ihren Höchststand von 6.15 m am 14.01.1982 nur knapp. Zahlreiche Metrostationen wurden Überflutet, Sehenswürdigkeiten wie der
Louvre mussten geschlossen werden. Dort wurden mehrere Kunstschätze vor den Fluten in Sicherheit gebracht.
Satelliten- und Radarbilder |
Quellen: Sat24, DWD Java Map
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03.06.2016, 12 UTC |
03.06.2016, 15 UTC |
03.06.2016, 18.30 UTC |
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03.06.2016, 12 UTC |
03.06.2016, 15 UTC |
03.06.2016, 18.30 UTC |
Bodendruckanalyse mit Fronten, 24 h - Niederschlagskarte und Blitzkarte am 03.06. |
Quellen: FU Berlin, DWD, lightningmaps.org
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03.06.2016, 00 UTC |
24-h-RR bis 04.06.2016, 06 UTC |
24-h-Blitze bis 04.06.2016, 06 UTC |
04.06.: Katastrophenalarm im Kreis Bad-Neuenahr/Ahrweiler, sowie nachfolgend im Kreis Weilheim-Schongau
Am 04.06. änderte sich an der Wettersituation über Mitteleuropa nur wenig. Weite Teile Mitteleuropas verblieben weiterhin
im Bereich der feuchtwarmen und labil geschichteten Luftmasse. Das nur schwach ausgeprägte Höhentief, das sich nun über
dem Nordosten Frankreichs befand sorgte vor allem über dem Süden Deutschlands für einen gewissen Hebungsantrieb. Bereits
in der Früh fiel im Südwesten Deutschlands örtlich heftiger Regen. Mit Unterstützung der Sonne entwickelten sich dann vor
allem von Bayern und Sachsen bis nach Belgien erneut zum Teil heftige Gewitter. Einzelne Gewitter gingen auch in einem
Streifen vom Großraum Berlin bis in die Niederlande nieder. Die größte Gefahr ging aufgrund der nur sehr langsamen
Zuggeschwindigkeiten von schweren Starkregenfällen aus. Ein Gewitter sorgte am Nachmittag im Kreis Bad-Neuenahr/Ahrweiler
für den Ausnahmezustand. Besonders betroffen waren die Gemeinden Nierendorf und Gimmingen. Hier bahnte sich eine Flutwelle
durch die Ortschaften, da Rückhaltebecken durch die Wassermassen oberhalb Nierendorfs zum Überlaufen gebracht wurden. Das
Festival Rock am Ring musste erneut unterbrochen werden und wurde am 05.06. durch die Gemeinde Mendig abgebrochen.
Auch Schwäbisch Gmünd war erneut von Starkregen betroffen und nach einem Hangrutsch mussten mehrere Menschen
vorübergehend evakuiert werden.
In der Nacht zum 05.06. kam es besonders in Oberbayern noch zu Starkregenfällen. In Eberfing (BY) fielen bis 05.06., 06 UTC
43,5 mm in 6 Stunden. Rund um die Gemeinde Polling im Kreis
Weilheim Schongau wurde am Morgen des 05.06. nach Überschwemmungen und Murenabgängen der Katastrophenalarm ausgerufen.
Satelliten- und Radarbild |
Quellen: J. B. Burton, DWD/Javamap
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Satellitenbild, 04.06., 15 UTC |
Radarbild, 04.06, 15 UTC |
Bodendruckanalyse mit Fronten, 24 h - Niederschlagskarte und Blitzkarte am 04.06. |
Quellen: FU Berlin, DWD, lightningmaps.org
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04.06.2016, 00 UTC |
24-h-RR bis 05.06.2016, 06 UTC |
24-h-Blitze bis 05.06.2016, 06 UTC |
Doppeltornado in Schleswig-Holstein sowie weitere Schäden durch Überflutungen und Hagel am 05.06.
Ein weiterer Tag mit Unwettern stand Mitteleuropa auch am 05.06. ins Haus. Am Südrand eines Skandinavienhochs lag
Mitteleuropa weiterhin im Bereich nur sehr schwach ausgeprägter Druckgegensätze. Die Luft war weiterhin sehr feucht
und erwärmte sich im Vergleich zu den Vortagen durch diabatische Prozesse (Starke Sonneneinstrahlung im Juni) noch
etwas. So lagen die Temperaturen im 850 hPa-Niveau verbreitet bei Werten um 12 °C. Im Allgäu und in Oberbayern regnete
es nach den Starkregenfällen und Gewittern der Nacht am Vormittag noch weiter. 50,1 mm gingen innerhalb von 6 Stunden bis
12 UTC in Buchloe nieder. Heftige Gewitter mit Starkregen und Hagel bildeten sich im Tagesverlauf vornehmlich wieder in
der Mitte und im Süden Deutschlands. Einzelne Gewitter gingen aber auch in Schleswig-Holstein nieder. Hier wurde bei
Jübeck im Kreis Schleswig-Flensburg gleich zwei Tronados auf einmal gesichtet. Diese zogen jedoch über unbewohntes
Gebiet und richteten keine größeren Schäden an. In Ostheim bei Butzbach in Hessen deckte ein schwacher Tornado der
Stärke F0 - F1 auf der Fujita-Skala mehrere Dächer ab. Großer Hagel mit einem Durchmesser bis zu 4 cm sorgte unter
anderem im Raum Koblenz sowie in Aschaffenburg für Schäden. Durch die langsame Zuggeschwindigkeit der Zellen sorgten
Starkregenfälle mancherorts erneut für Überflutungen. Besonders in Teilen Hessens waren Straßen überflutet oder
mit Schlamm bedeckt. So wurden etwa in Sauerthal bei Lorsch mehrere Häuser von Schlamm und Wassermassen überflutet.
Satelliten- und Radarbild |
Quellen: J. B. Burton, DWD/Javamap
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Satellitenbild, 05.06., 15 UTC |
Radarbild, 05.06., 15 UTC |
Bodendruckanalyse mit Fronten, 24 h - Niederschlagskarte und Blitzkarte am 05.06. |
Quellen: FU Berlin, DWD, lightningmaps.org
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05.06.2016, 00 UTC |
24-h-RR bis 06.06.2016, 06 UTC |
24-h-Blitze bis 06.06.2016, 06 UTC |
24-stündige Niederschlagsmengen bis 04., 05., 06.06., 06 UTC (v.l.)
Datenquelle: DWD JavaMap
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Ort |
RR24 |
Hohenpeißenberg (BY)
Altenstadt (BY)
Baiersbronn-Ruhestein (BW)
Schwetzingen (BW)
Bad Bayersoien (BY)
Kronach (BY)
Krailling (BY)
Osterzell (BY)
Wolfach (BW)
Wesel-Flüren (NW)
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61,3 mm
47,6 mm
42,9 mm
39,5 mm
34,9 mm
33,5 mm
30,9 mm
30,8 mm
29,7 mm
29,7 mm
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Ort |
RR24 |
Lenggries (Sylvenstein) (BY)
Hohenthann (BY)
Eberfing (BY)
Geretsried (BY)
Amerang-Pfaffing (BY)
Wüstenrot-Oberheimbach (BW)
Isen-Westach (BY)
Attenkam (BY)
Bad Bayersoien (BY)
Oberdachstetten (BY)
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94,3 mm
49,7 mm
49,7 mm
43,9 mm
37,4 mm
33,3 mm
31,1 mm
29,3 mm
28,0 mm
27,8 mm
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Ort |
RR24 |
Karsdorf (SN)
Herßdorf-Weißenseifen (RP)
Geisingen (BW)
Aschaffenburg (BY)
Allmersbach im Tal (BW)
Dießen (BY)
Bad Wörishofen (BY)
Heinrichstal (BY)
Kalchreuth (BY)
Osterzell (BY)
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65,7 mm
54,2 mm
51,7 mm
45,8 mm
45,5 mm
38,4 mm
37,2 mm
35,5 mm
35,0 mm
34,8 mm
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Weitere Entwicklung ab 06.08.
Auch ab 06.06. änderte sich an der Wettersituation über Mitteleuropa zunächst nur wenig.
Deutschland lag am Südrand von Hoch "Tobias" über Skandinavien und dem Nordmeer weiterhin
im Beriech nur sehr schwach ausgeprägter Druckgegensätze. Dabei war die Luftmasse über
Mitteleuropa weiterhin sehr feucht, warm und labil geschichtet, sodass sich besonders in
den Nachmittagsstunden weitere zum Teil heftige Gewitter bilden konnten. Zum 08.06 baute
sich durch kräftigen Warmlufttransport über dem Atlantik in Richtung Norden ein neuer
Rücken in Richtung Grönland auf und Mitteleuropa gelangte zunehmend an dessen Vorderseite.
Über Skandinavien stieß dagegen ein Höhentrog nach Süden vor und zwischen einem Hoch, das
sich von Großbritannien bis ins Nordmeer erstreckte und tiefem Luftdruck über Skandinavien
setzte sich am 08.06. zunächst im Norden, am 09.06. zunehmend auch im Süden Deutschlands
etwas kühlere und stabilere Luft durch.
500 hPa-Geopot. und SLP, 850 hPa-pseudopot. Temp. und SLP, Cape und Lifted Index |
Quelle: Wetter3
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05.06.2016, 18 UTC |
06.06.2016, 18 UTC |
07.06.2016, 18 UTC |
08.06.2016, 18 UTC |
Unwetter am 06.06. vor allem über der Mitte Deutschlands sowie auch in Belgien
Nach einem in der feuchten Luft örtlich nebligen Tagesbeginn entstanden mit Unterstützung der Sonne bereits am
Mittag erste Gewitter. Schwerpunkt war an diesem Tag die Mitte Deutschlands. Vor allem in
Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Nordosten Bayerns gab es
lokal erneut kräftigen Starkregen? verbunden mit den Gewittern. Beispielsweise waren in
Mechernich im Kreis Euskirchen mehrere Straßenzüge komplett überflutet. In
Burgbernheim (BY) wurden Hagelkörner mit einem Durchmesser von 3 cm beobachtet.
Von den Gewittern betroffen war an diesem Tag auch der Norden Frankreichs und Belgien.
Nach Starkregenfällen standen in Belgien etwa die Ortschaften Welkenraedt und Verviers
unter Wasser. In Welkenraedt wurde eine Frau von den Fluten mitgerissen.
Bodendruckanalyse mit Fronten, Satelliten-, Radarbild, 24-h-Niederschlagskarte und Blitzkarte am 06.06. |
Quellen: FU Berlin, EUMETSAT, DWD, lightningmaps.org
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06.06.2016, 00 UTC |
06.06.2016, 16 UTC |
06.06.2016, 13:40 UTC |
24-h-RR bis 07.06.2016, 06 UTC |
24-h-Blitze bis 07.06.2016, 06 UTC |
Heftige Gewitter mit Starkregen von Großbritannien bis nach Westdeutschland am 07.06.
Am 07.06. gelangte Mitteleuropa an der Ostflanke des sich langsam aufbauenden Höhenrückens
in eine, wenn auch nur schwache, nordwestliche Höhenströmung. Ein in die Strömung
eingelagerter Kurzwellentrog sorgte von Großbritannien über Frankreich und Benelux bis
in den Westen Deutschlands für Hebungsantriebe, sodass sich in diesem Bereich verbreitet
Gewitter bildeten. Bei starken Gewittern kam es an diesem Tag auch in Großbritannien zu
Überflutungen. Beispielsweise standen die Londoner Stadtteile Mitcham, Croydon und
Wallington unter Wasser. Am Luton Airport fiel vorübergehend der Strom aus. Durch den
Stromausfall kam es auch zu einem Zusammenbruch der Computersysteme der Grenzsicherung.
In Deutschland beschränkten sich die Gewitter zum einen auf den Südwesten Deutschlands,
zum anderen kam es in einem Streifen von Belgien bis zur Ostsee entlang einer
Konvergenzlinie zu heftigen Gewittern. Zu Überschwemmungen kam es beispielsweise
bei Neunkirchen im Saarland oder auch in Königsbach im Enzkreis. Im
niedersächsischen Damme standen nach Starkreigen drei Viertel der Stadt
völlig unter Wasser. Auch in Münster liefen zahlreiche Keller voll und
Straßen standen unter Wasser.
Tornado über Hamburg
In Hamburg fegte dagegen ein Tornado über Teile des nordöstlichen Stadtgebiets. Im Gegensatz
zu den vergangenen Tagen sorgte die schwache Höhenströmung besonders im Norden Deutschlands
für vertikale Windscherung, sowohl in Richtung, als auch in Geschwindigkeit. Besonders
erstere ist notwendig um den Aufwindbereich einer Gewitterzelle in Rotation zu versetzen.
Man spricht dann auch von einer Superzelle. Wird die Rotierende Luftsäule gestreckt, sodass
sich die vorhandene Vorticity (Rotation) auf einen engen Raum konzentriert, kann daraus ein
Tornado entstehen. In Folge der Drehimpulserhaltung können innerhalb des Tornados dann
extreme Windgeschwindigkeiten erreicht werden. Besonders im Stadtteil Farmsen deckte der
Tornado Dächer ab und knickte zahlreiche Bäume um.
Bodendruckanalyse mit Fronten, Satelliten-, Radarbild, 24-h-Niederschlagskarte und Blitzkarte am 07.06. |
Quellen: FU Berlin, EUMETSAT, DWD, lightningmaps.org
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07.06.2016, 00 UTC |
07.06.2016, 16 UTC |
07.06.2016, 15:25 UTC |
24-h-RR bis 08.06.2016, 06 UTC |
24-h-Blitze bis 08.06.2016, 06 UTC |
24-stündige Niederschlagsmengen bis 07.06., 06 UTC (l.), 08.06., 06 UTC (m.) und 08.06., 09 UTC (r.)
Datenquellen: DWD JavaMap, HVZ BW
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Ort |
RR24 |
Frankenbl.-Mengersger.-Hä. (TH)
Vechta (NI)
Lindau (Bodensee) (BY)
Schmallenberg-Sellingh. (NW)
Neuhaus-Steinheid (TH)
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44,5 mm
36,0 mm
35,1 mm
33,8 mm
31,7 mm
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Ort |
RR24 |
Baiersbronn-Schönegründ (BW)
Wolfach (BW)
Zell am Harmersb.-Unterh. (BW)
Oy-Mittelberg-Petersthal (BY)
Kehl-Odelshofen (BW)
Durbach-Ebersweier (BW)
Dreis-Brück (RP)
Gelsenkirchen-Buer (NW)
Eußerthal (RP)
Henschtal (RP)
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57,4 mm
53,7 mm
51,2 mm
49,3 mm
48,6 mm
45,1 mm
45,1 mm
43,6 mm
43,5 mm
40,7 mm
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Ort |
RR24 |
Titisee Neustadt-Waldau (LUBW)
Tuttlingen (MeteoGroup)
Tennenbronn (LUBW)
Freudenst.-Langenw. (MeteoGr.)
Lindau-Bad Schachen (MeteoGr.)
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57,0 mm
49,1 mm
44,0 mm
43,7 mm
42,6 mm
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Überflutungen, vollgelaufene Keller und Hangrutsche am 08.06. besonders in Bayern und Baden-Württemberg
Am 08.06. floss im Norden bereits etwas kühlere und trockenere Luft ein und Gewitter mit
Starkregenfällen konzentrierten sich vornehmlich auf die Südhälfte Deutschlands. Besonders
in Bayern und Baden-Württemberg kam es lokal erneut zu Überflutungen und vollgelaufenen
Kellern. So standen etwa große Teile des Wertinger Ortsteil Roggden unter Wasser.
Betroffen war zudem erneut die Region um Simmbach am Inn. Dort wurden wegen eines
drohenden Murenabgangs Häuser evakuiert. Auch in Nürtingen, Kreis Esslingen wurden
Häuser aufgrund eines drohenden Hangrutsches evakuiert.
Bodendruckanalyse mit Fronten, Satelliten-, Radarbild, 24-h-Niederschlagskarte und Blitzkarte am 08.06. |
Quellen: FU Berlin, EUMETSAT, DWD, lightningmaps.org
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08.06.2016, 00 UTC |
08.06.2016, 17 UTC |
08.06.2016, 14:40 UTC |
24-h-RR bis 09.06.2016, 06 UTC |
24-h-Blitze bis 09.06.2016, 06 UTC |
24-stündige Niederschlagsmengen bis 09.06., 06 UTC (l.) und bis 09.06., 09 UTC (r.)
Datenquellen: DWD JavaMap, HVZ BW
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Ort |
RR24 |
Fellbach (BW)
Kaisersbach-Cronhütte (BW)
Feldberg/Schwarzwald (BW)
Großerlach-Mannenweiler (BW)
Abtsgmünd-Neubronn (BW)
Gaggenau-Bad Rotenfels (BW)
Lindau (Bodensee) (BY)
Weil am Rhein-Haltingen
Brannenburg-Degerndorf (BY)
Mamming-Schneiderberg (BY)
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67,8 mm
58,3 mm
58,3 mm
53,9 mm
53,6 mm
53,0 mm
51,7 mm
48,9 mm
47,1 mm
47,0 mm
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Ort |
RR24 |
Gaildorf-Hägenau (LUBW)
Neckartailfingen (LUBW)
Welzheim (LUBW)
Weil am Rhein (MeteoGroup)
Stuttgart-Wilhelma (MeteoGroup)
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58,7 mm
58,4 mm
55,5 mm
47,4 mm
46,4 mm
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Niederschlagskarte bis 09.06., 06 UTC sowie Pegelstände |
Quellen: DWD, HVZ BW
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7-tägig akkumuliert |
30-tägig akkumuliert |
Haubersbronn/Wieslauf |
Oppenweiler/Murr |
Text: JW/MB/SB/FB 30. Mai - 12. Juni 2016
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Information on warning levels and icons used
Information on meteoalarm.eu
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