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Sonntag, 4. Oktober 2015, 20:00 MESZ


heftige Gewitter, Starkregen

zentraler Mittelmeerraum

30.09. - 03.10.2015










Überschwemmungen nach Starkregen in Olbia (Sardinien)
Quelle: youreporter.it

Rege Tiefdruckaktivität sorgte zum Monatswechsel September/Oktober 2015 und an den ersten Oktobertagen für heftige Wettererscheinungen im westlichen und zentralen Mittelmeerraum. Zunächst waren die Balearen betroffen, anschließend vor allem die Inseln Sardinien und Korsika. Orkanböen bis 157 km/h und ergiebige Starkregenfälle von zum Teil über 200 mm richteten einige Schäden an.


Wetterlage und Entwicklung

Am 28.09. erstreckte sich ein Höhentrog von Finnland über Ost- und Mitteleuropa und den Mittelmeerraum bis nach Nordafrika. Im Gegenzug wölbte sich ein Höhenrücken über dem Nordatlantik über Nordwesteuropa bis nach Norwegen auf. Am Boden bestimmte das Hochdruckgebiet "Netti" mit Kerndrücken über 1040 hPa das Wettergeschehen in Teilen Europas. In Deutschland herrschte beispielsweise über einige Tage vielerorts ruhiges Herbstwetter mit bis zu 11 Sonnenstunden.
Am 29.09. bildete sich südlich der Alpen ein eigenständiges Höhentief heraus, das bis zum 30.09. über die Biskaya zog. Über dem westlichen Mittelmeerraum entwickelte sich über dem westlichen Mittelmeerraum ein Bodentief, mit dem die Unwetter auf den Balearen in Verbindung zu bringen sind. Etwa zeitgeleich kam es über Osteuropa zu einem Cut-Off-Vorgang. Das abgetropfte Höhentief zog am 1.10. von den Alpen über Frankreich Richtung Biskaya.

500-hPa-Geopotential mit Bodendruck und Satellitenbilder | Quellen: Wetter3, Sat24
28.09., 00 UTC 29.09., 00 UTC 30.09., 00 UTC 01.10., 00 UTC 02.10., 00 UTC
30.09., 10 UTC 01.10., 08 UTC 01.10., 15 UTC 02.10., 08 UTC 02.10., 15 UTC

Ein Randtrog erstreckte sich von Südfrankreich bis nach Süditalien und stellte großräumige Hebungsantriebe bereit. An dessen Spitze zog das Bodentief seine Kreise. Durch das vom Balearen-Meer bis zum Tyrhennischen Meer noch 22-24 °C warme Wasser (rund 1,5 K wärmer als üblich um diese Jahreszeit) stand viel Feuchtigkeit zur Verfügung. Durch die Druckkonstellation sickerte einerseits kühle Luft (im Bereich des Höhentiefs nur etwa 2 °C in 850 hPa) ein, was zu einer Labilisierung der Luftmassen führte. Andererseits verschärften sich die Temperaturgegensätze.
Zum Teil heftige Schauer und Gewitter mit ergiebigen Regensummen waren die Folge. Hohe Luftdruckgegensätze und Gewitterböen verursachten Sturm, der in Böen mitunter in voller Orkanstärke wehte.

Bodendruckanalyse mit Fronten und Blitzkarten | Quellen: Wetter3/DWD, Lightningmaps.org/Blitzortung
30.09., 12 UTC 01.10., 12 UTC 02.10., 12 UTC
30.09.2015 01.10.2015 02.10.2015

Starkregen auf den Balearen

Den Beginn der turbulenten Herbsttage im westlichen und zentralen Mittelmeerraum machte der Osten Spaniens und die Balearen. Heftige Schauer und Gewitter bewegten sich am 30.09. nur langsam von der Stelle und brachten 50-100 mm Regen in wenigen Stunden.
Im Tagesverlauf verlagerte sich die Schauer- und Gewitteraktivität allmählich ostwärts. Auf seinem Weg Richtung zentralem Mittelmeerraum intensivierte sich das verantwortliche kleine Tief deutlich. Auch der Druckgradient verschärfte sich und der resultierende Wind legte spürbar zu. Erheblichen Anteil an der weiteren Entwicklung des Tiefs hatte das abgetropfte Höhentief über der Biskaya, das mit seinem Randtrog die großskaligen Mechanismen (Hebung) bereitstellte und eine weitere Verstärkung der Tiefdruckaktivität begünstigte.

Spanien: 24-h-Niederschlagsmengen am 30.09. (links) und Spitzenböen, 30.09.-1.10.2015 (rechts)
Datenquellen: AEMET
Ort RR
Les Planes d'Hostoles
Escorca, Son Torrella
Nerja
Miramar
Sierra de Alfabia, Bunyola
Oliva
Escorca, Lluc
Es Mercadal
Muro, S'Albufera
Sant Hilari
103,8 mm
103,6 mm
94,2 mm
87,2 mm
83,2 mm
82,3 mm
76,0 mm
75,2 mm
70,6 mm
70,0 mm
Ort Böe
Es Mercadal 118 km/h
Menorca Aeropuerto 115 km/h
Capdepera 104 km/h
118 km/h
115 km/h
104 km/h

Orkanböen und ergiebige Regenfälle auf Sardinien und Korsika

Am 01.10. hatte das Tief namens "Quirin" die zentralen Mittelmeerregionen im Griff. Auch wenn es letztlich nicht zur Ausbildung eines Auges kam und das mit warmem Kern ausgestattete Tief nicht als sogenannter "Medicane" (engl.: Mediterranean + Hurricane) bezeichnet werden kann, führte es dennoch zu teilweise heftigen Wettererscheinungen.
Auf Sardinien und Korsika sowie im Bereich des Tyrrhenischen und Ligurischen Meeres und seiner angrenzenden Gebiete traten zum Teil heftige Starkregenfälle auf. Hinzu gesellte sich stürmischer Wind, der in Böen schwere Sturmstärke (Beaufort 10) erreichte. Auf Korsika und Sardinien fielen gebietsweise über 100 mm Regen.
Am 02.10. verzeichnete das wetterwirksame Tief seinen Höhepunkt. Die Spitzenwindböen betrugen am Cap Corse bis 157 km/h (bereits ab 117 km/h spricht man von Orkanböen, Beaufort 12!). Lokal summierten sich die 3-Tages-Niederschläge auf über 250 mm (z.B. Siniscola auf Sardinien). In Olbia fiel allein am 1.10. so viel Niederschlag wie in fast drei durchschnittlichen Oktobermonaten.
Hunderte Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden, etliche Straßen und Felder wurden überflutet, Flüsse traten über die Ufer. Einige Dörfer um die Hafenstadt Olbia im Nordosten Sardiniens waren vorübergehend von der Außenwelt abgeschnitten.

24-h-Niederschlagsmengen auf Sardinien am 1.10. (links) und auf Korsika bis 2.10.2015, 06 UTC (rechts)
Datenquellen: ARPA Sardegna, DWD JavaMap, Meteociel
Ort RR
Olbia/Costa Smeralda
Arzachena
Orosei
Siniscola
161,6 mm (bis 2.10., 6 UTC)
136,4 mm
124,4 mm
119,6 mm
Ort RR
Cap Pertusato
Alistro
Solenzara
Bastia
Ajaccio
134,2 mm
112,9 mm
103,3 mm
80,5 mm
79,1 mm

Niederschlagsmengen (2-3-tägig) auf Sardinien und Spitzenböen Frankreich (Korsika und Département Var), 1.-2.10.2015
Datenquellen: ARPA Sardegna, DWD JavaMap, Meteociel
Ort RR
Siniscola
Orosei
Dorgali
Olbia
264,8 mm (29.9. - 1.10.)
252,4 mm (29.9. - 1.10.)
211,2 mm (30.9. - 1.10.)
202,0 mm (30.09., 6 UTC - 2.10., 6 UTC)
Ort Böe
Cap Corse
Porto-Vecchio
Cap Sagro
Alistro
Cap Pertusato
La Parata
Porquerolles (Var)
Cap Camarat (Var)
Ile du Levant (Var)
Bastia
157 km/h
121 km/h
114 km/h
102 km/h
102 km/h
99 km/h
98 km/h
94 km/h
94 km/h
94 km/h


Unwetter und Tote an der Côte d'Azur

Am Abend des 03.10. und in der darauffolgenden Nacht suchte "Quirin" Teile Italiens und Südfrankreichs heim. Mit Abstand am heftigsten erwischte es die Côte d'Azur. In Cannes (Département Alpes-Maritimes) fielen binnen zwei Stunden 179 mm Niederschlag, was fast dem 1,5-Fachen des dortigen Durchschnittsniederschlags des ganzen Monats Oktober entspricht. Dazu wehte in Böen zum Teil ein orkanartiger Wind (Beaufort 11).
Viele Keller liefen voll, Autos wurden weggespült, Straßen überschwemmt. In den Fluten kamen mindestens 16 Menschen ums Leben. Weitere Menschen werden noch vermisst (Stand: 4.10., 20 MESZ), die Zahl der Todesopfer könnte demnach weiter steigen. Die Unwetter im Südosten Frankreichs riefen Erinnerungen an die Wetterkapriolen im Juni 2010 im Département Var hervor, die 25 Todesopfer erforderten.

24-h-Niederschlagsmengen Frankreich [Département Alpes-Maritimes (6), Vaucluse (84), Ardèche (7)] und Spitzenböen Frankreich [Bouches-du-Rhône (13), Var (83)] vom 3.10.2015
Datenquellen: DWD JavaMap, Meteociel
Ort RR
Cannes (06)
Antibes (06)
Nice (06)
Carpentras (84)
Avignon (84)
Aubenas (07)
195,5 mm, davon 179 mm in 2 h
128,0 mm
111,7 mm
103,6 mm
96,4 mm
74,8 mm
Ort Böe
La Ciotat/Bec de l'Aigle (13)
Martigues-Cap Couronne (13)
Cap Camarat (83)
107 km/h
102 km/h
100 km/h


Text: SB
3./4. Oktober 2015


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