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Montag, 2. Juli 2012, 17:20 MESZ

Update:
Montag, 9. Juli 2012, 13:20 MESZ



Hitze, Waldbrände, Gewitter


USA (Ost, Mittlerer Westen, Colorado)
Ende Juni, Juli 2012


Satellitenbild: 30.06.2012, 00:00 UTC, GOES12 IR
Quelle: Eumetsat

Nach einem zu warmen und sehr ereignisreichen Frühjahr verläuft auch der Frühsommer in den Vereinigten Staaten turbulent. Während einer Hitzewelle Ende Juni wurden insbesondere im Mittleren Westen und Osten der USA Rekorde gebrochen. Als Folge anhaltender Trockenheit wüteten in Colorado massive Waldbrände, die als die größten in die Geschichte eingehen werden. Schwere Gewitter wüteten am 29. und 30. Juni im mittleren Westen und den mittleren Atlantikstaaten. 13 Menschen kamen dabei ums Leben, 4 Millionen blieben in einem Streifen zwischen Indiana und New Jersey zeitweise ohne Strom.

Update: Auch Anfang Juli dauerte im Mittleren Westen, den Mittleren Atlantikstaaten und im Norden der Südstaaten die Hitzewelle an. Erneut wurden viele Rekorde gebrochen. Die Staaten im Bereich der Rocky Mountains und im Südwesten leiden nach wie vor unter einer extremen Trockenheit.


Wetterlage und Entwicklung (Update, 09.07.2012)

Nachdem sich das Höhentief über Kanada, welches in Verbindung mit einem ausgeprägten Bodentief für schwere Gewitter im Mittleren Westen und den Atlantikstaaten gesorgt hatte (siehe unten), wieder in einen Trog über dem Osten der USA eingegliedert hatte und sich dieser langsam in Richtung Atlantik verabschiedete, konnte sich über dem Mittleren Westen ein neuer Rücken etablieren. Dieser wurde gestützt durch Warmluftzufuhr in einer südwestlichen Strömung, die sich vorderseitig eines Troges, welcher Anfang Juli den Nordwesten der Staaten erreichte, einstellen konnte. Dieser recht kurzwellige Trog, zeitweise auch als eigenständiges Höhentief analysiert, verlagerte sich rasch östwärts und erreichte am Sonntag, den 8. Juli, bereits Neufundland. Zusammen mit einem sich hinter den Rocky Mountains vertiefenden Bodentief wurde erneut extrem warme und feuchte Luft aus dem Süden herangeführt. In dieser energiereichen Luftmassen, aber auch entlang der Kaltfront, die den äußersten Norden der USA tangierte und von West nach Ost überquerte, konnten sich verbreitet kräftige Gewitter entwickeln.

500hPa-Geopotential und Bodendruck vom 05. bis 08.07.2012 | Quelle: wetter3.de
05.07.2012, 12 UTC 06.07.2012, 12 UTC 07.07.2012, 12 UTC 08.07.2012, 12 UTC
850hPa-pseudopotentielle Temperatur und Bodendruck | Quelle: wetter3.de
05.07.2012, 12 UTC 06.07.2012, 12 UTC 07.07.2012, 12 UTC 08.07.2012, 12 UTC

Nach Abzug dieses Tiefdruckgebildes stellte sich ein zonal ausgerichtetes Strömungsmuster ein. Allerdings sorgte ein umfangreiches Hochruckgebiet, welches den gesamten Mittleren Westen, Osten und die Südstaaten beeinflusste, für eine weit nach Norden verschobene Frontalzone. An einer Luftmassengrenze etwa auf einer Linie Wyoming - Maine kam es zeitweise zu Niederschlägen. Südlich dieser Linie sorgte großräumiges Absinken allerdings für meist störungsfreies, extrem heißes Sommerwetter, welches nur von lokal begrenzten Hitzegewittern unterbrochen wurde.



Messwerte und Auswirkungen - Hitze und Trockenheit (Update, 09.07.2012)

Nach einem Höhepunkt Ende Juni, gefolgt von schweren Gewittern mit Derecho am 29. Juni, verschärfte sich die Hitzewelle Anfang Juli und ließ erneut Rekorde der Höchsttemperaturen purzeln. Alleine am 7. Juli wurden 327 Tagesrekorde gebrochen. In den ersten 7 Tagen des Monats waren es 2 278. Darunter waren auch einige Allzeit-Rekorde. So stieg das Quecksilber in Lewisburg (Tennessee) am 2. Juli auf 44 Grad Celsius. Damit wurde der bisherige Rekord der Tageshöchsttemperatur von 43 Grad vom 29. Juli 1930 gebrochen. Am 7. Juli war es am Ronald Reagan Airport in Washington mit 41 Grad Celsius rekordheiß. Gleich um 3 Kelvin überboten wurde der Rekord an der Station Poplar Bluff. In der Kleinstadt im Süden Missouris wurde am 8. Juli ein Temperaturwert von über 43 Grad registriert.

Ort Neu 2012 Alt Jahr
Lewisburg (TN)
Poplar Bluff (MI)
Henderson (KY)
Carlyle Rsvr (IL)
Perryville (MO)
New Cumberland (MV)
Perrysville (IN)
Morgantown (MV)
44 °C
43 °C
42 °C
41 °C
41 °C
40 °C
40 °C
37 °C
43 °C
40 °C
41 °C
37 °C
38 °C
37 °C
37 °C
34 °C
1930
1965
1921
1962
1971
1921
1973
1995
Allzeit-Rekorde der Tageshöchsttemperatur
Quelle: wunderground.com
Rekorde, 08.-09.07.2012
Quelle: Hamweather
Temperaturen in Indianapolis (IN)
Quelle: NCEP

Die extreme Trockenheit im Westen und Südwesten der USA lässt die Waldbrände immer wieder aufleben. So brannte es Anfang Juli nach wie vor in Colorado. Dazu kamen nun auch Waldbrände in Wyoming. Das sogenannte "Fontenelle Fire" umfasst eine Fläche von knapp 10 000 Hektar.

Aerosolkonzentrationen, 04.07.2012 | Quelle: NASA Satellitenbild mit Waldbränden, 23.06.2012 | Quelle: NASA

Ausgehend von den Brandherden breiten sich Rauchschwaden westwärts aus. Satelliten erfassen vor allem über den Staaten des Mittleren Westens stark erhöhte Aerosolkonzentrationen. Doch auch im äußersten Osten der Vereinigten Staaten sind die Auswirkungen der Brände messbar. An der University of Maryland wurde eine Abnahme der Luftqualität gemeldet. Eine Entwicklung, die für sensible Menschen bereits gesundheitsschädlich sein könne.



Wetterlage und Entwicklung

Die Wetterlage Ende Juni war zunächst geprägt von einem meridional ausgerichteten Strömungsmuster. Zwischen einem langwelligen Höhentrog im Westen und einem weiteren im Nordosten des Nordamerikanischen Kontinents positionierte sich ein ausgeprägter Höhenrücken über den Vereinigten Staaten, der sich mit seiner Achse langsam über die Rocky Mountains nach Osten verlagerte. Auf der Vorderseite des Troges über den Weststaaten stellte sich eine südwestliche Strömung ein, die extrem warme Luft bis weit nach Norden transportierte. Die 25-Grad-Isotherme der Temperatur in 850-hPa-Hühe reichte dabei zeitweise bis nach Südkanada.

500hPa-Geopotential und Bodendruck vom 27. bis 29.06.2012 | Quelle: wetter3.de
27.06.2012, 12 UTC 28.06.2012, 06 UTC 29.06.2012, 00 UTC 29.06.2012, 18 UTC
850hPa-Temperatur und Geopotential | Quelle: wetter3.de
27.06.2012, 12 UTC 28.06.2012, 06 UTC 29.06.2012, 00 UTC 29.06.2012, 18 UTC

Bewegung in das zunächst recht träge Strömungsmuster brachte eine kurze Welle, die sich an der Frontalzone im Bereich des Troges entwickelte und sich rasch über die Rocky-Mountains nach Nordosten verlagerte. Ein im Lee der Rocky Mountains gelegenes, flaches Bodentief erfuhr durch die dynamischen Hebungsantriebe des Kurzwellentroges eine Intensivierung. Auf der Vorderseite des Tiefs wurde das Heranführen feucht-warmer Luft weiter forciert. Das nun abgeschlossene Höhentief und das korrespondierende Bodentief erreichten am 28. Juni die Hudson Bay. Aufgrund der im Vergleich zu den trägeren, langwelligeren Strukturen sehr raschen Verlagerung, stellte sich ein zonales Strömungmuster über dem Nordamerikanischen Kontinent ein.

Pseudepotentielle Temperatur in 850hPa, CAPE und Lifted Index | Quelle: wetter3.de
29.06.2012, 18 UTC 29.06.2012, 18 UTC

Während die sehr warme Luft vorderseitig des Bodentiefs über der Hudson Bay noch weit nach Norden ausgreifen konnte, formierte sich über einem Streifen zwischen South Dakota und Michigan eine zonal ausgerichtete Luftmassengrenze. Feucht-heiße Luft zwischen Nebraska und Ohio, angezeigt durch extrem hohe Werte der pseudopotentiellen Temperatur über 80 Grad Celsius, stand trocken-kühler Luft im Norden gegenüber. Die gängigsten Indizes deuteten zudem auf ideale Bedingungen für die Bildung schwere Gewitter hin. So wurden in der warmen Luftmasse verbreitet CAPE-Werte von über 2000 J/kg analysiert. Der "lifted index", ein Maß für die Instabilität der Atmosphäre, unterschritt gebietsweise -12. Ab einem Wert von -7 treten schwere Gewitter auf. Als Trigger für die Konvektion fungierte ein weiterer, sehr kurzwelliger Trog, welcher sich im Laufe des Freitags von South Dakota ausgehend nach Osten verlagerte. Der Hebungsantrieb auf der Vorderseite dieses Troges löste schließlich die Konvektion aus.



Messwerte und Auswirkungen - Hitze und Trockenheit

Ende Juni wurden im mittleren Westen und den mittleren Atlantikstaaten etliche Temperaturrekorde gebrochen. Im Mittleren Westen stiegen die Temperaturen gebietsweise auf 40 Grad und mehr. So wurden zum Beispiel am 29. Juni in Smyrna /Tennessee 45 Grad erreicht. Selbst in Chicago stiegen die Werte der Temperatur auf 38 Grad. Allzeit-Rekorde wurden vor allem am 29. Juni südöstlich einer Linie Kansas City - Chicago aufgestellt. Folgende Tabelle zeigt exemplarisch einige neue Rekorde, die zwischen 29. und 30. Juni aufgestellt wurden.

Ort Neu 2012 Alt Jahr
Festus (MO)
Nashville (TN)
Cairo (IL)
Vincennes (IN)
Logan (WV)
Philpott Dam (VA)
Tipton (IN)
Lexington (KY)
44 °C
43 °C
43 °C
42 °C
41 °C
41 °C
39 °C
39 °C
43 °C
42 °C
41 °C
40 °C
40 °C
39 °C
37 °C
39 °C
1980
1952
1930
1988
1954
1983
2011
1999
Allzeit-Rekorde der Tageshöchsttemperatur
Quelle: wunderground.com
Trockenheitsindex, USA, Mai 2012
Quelle: NCDC
Mitteltemperatur Washington, März-Mai
Quelle: NCDC

Unter Trockenheit und ungewöhnlicher Wärme stöhnen weite Teile der Vereinigten Staaten schon seit Monaten. Das Frühjahr 2012 war vielerorts das wärmste seit Aufzeichnungsbeginn. So lag das Temperaturmittel der Monate März bis May rund 3 Grad über dem langjährigen Mittel. Dies begünstigte die Entstehung verheerender Waldbrände, wie sie Ende Juni auch in Colorado wüteten. Zehntausende Menschen mussten auf unbestimmte Zeit evakuiert werden. Rund 1200 Einsatzkräfte versuchten das Feuer zumindest teilweise unter Kontrolle zu bekommen. Bereits nach wenigen Tagen waren 65 Quadratkilometer Fläche betroffen, hunderte Häuser wurden zerstört. Mindestens zwei Menschen kamen dabei ums Leben.


Messwerte und Auswirkungen - Gewitter

Ein multizellulares Gewittersystem trat am Freitag-Vormittag (29. Juni) in Illinois und Iowa auf. Neben Starkregen und Hagel, produzierten die Gewitter bereits im frühen Stadium schadensträchtige Windgeschwindigkeiten. Auf dem Dupage-Airport im Westen von Chicago wurde zum Beispiel eine Sturmböe mit 85 km/h erfasst.

Radarbilder 29.06.2012, 15-18 UTC | Quelle: UCAR
29.06.2012, 15 UTC 29.06.2012, 16 UTC 29.06.2012, 17 UTC 29.06.2012, 18 UTC

Über Indiana entwickelten sich an der Südflanke des Gewittersystems weitere Gewitterzellen, die nach und nach miteinander verschmolzen. Dieser Gewitterkomplex war auf dem Niederschlagsradar als bogenförmiges Echo erkennbar. Diese langlebige und großflächige Variante eines sogenannten "bow echos" bezeichnet man auch als "Derecho". "Derechos" treten relativ selten auf und sind bekannt für ihre schnell ziehenden, linienhaft angeordneten Gewitterzellen, die bodennah verheerende Windgeschwindigkeiten produzieren. Das System zog im Laufe des Nachmittags über Ohio, West Virginia und des Süden Pennsylvanias weiter in Richtung Ost-Südost und erreichte in den Abendstunden Maryland und Virginia. In der Nacht auf den 30. Juni waren schließlich Delaware und New Jersey von dem sich nun abschwächenden Gewitterkomplex betroffen.

Radarbilder 29.06, 20 UTC - 30.06, 04 UTC | Quelle: UCAR
29.06.2012, 20 UTC 29.06.2012, 21 UTC 29.06.2012, 22 UTC 29.06.2012, 23 UTC
30.06.2012, 01 UTC 30.06.2012, 02 UTC 30.06.2012, 03 UTC 30.06.2012, 04 UTC


Ort Böe
Fort Wayne/Airport (IN)
Dayton/Airport (OH)
Columbus (OH)
Roanoke/Airport (VA)
Charleston/Airport (WV)
Darke County/Airport
146 km/h
131 km/h
131 km/h
130 km/h
124 km/h
119 km/h
Spitzenböen am 29.06.2012, USA
Quelle: wetteronline.de

Besonders in Ohio, Indiana und West Virginia traten bei Durchzug der Gewitterfront schwere Sturm und Orkanböen auf. An der Ohio State University in Columbus wurde eine Böe mit 131 km/h erfasst, auf dem Baer Field Airport in Fort Wayne/Indiana gar eine Böe mit 146 km/h. Umgestürzte Strommasten sorgten in insgesamt neun Staaten für Stromausfälle. Über 4 Millionen Haushalte waren betroffen. Drei Menschen wurden von umstürzenden Bäumen erschlagen. Nach Durchzug der Gewitter setzte sich am 30. Juni das heiße Sommerwetter fort.


Storm Reports, 29.06.2012
Quelle: SPC
Aerosolkonzentration, 26.06.2012
Quelle: NASA
Böenfront/Derecho Belvidere (IL)
Quelle: Emily Virgin/Twitter-Account


Text: AL
02. Juli 2012
| Update: 09. Juli 2012



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