Banner
Der Internet Explorer bietet nur eine eingeschränkte Funktionalität. The browser you're using is only limited functionable.

Montag, 11. Dezember 2006, 14:00 MEZ


Orkantief "Vera"

Nordwesteuropa
8.12.2006


Satellitenbild: 8.12.2006, 12:25 UTC, NOAA 18 VIS
Quelle: Geogr. Inst., Uni Bern


Wetterlage und Entwicklung
Kräftige Windböen verursachte das Sturmtief "Vera" am 08.12.2006 in weiten Teilen Westeuropas. In einigen Regionen Frankreichs und Deutschlands traten verbreitet schwere Sturm- und nicht selten orkanartige Böen auf.

"Vera" tauchte am 6. um 00 UTC südöstlich von Neufundland als Wellenstörung an der Kaltfront des bereits voll entwickelten Tiefs "Ulrike" über dem mittleren Atlantik auf. Hinter "Ulrike" floss hochreichend arktische Kaltluft nach Süden, was die Ausbildung eines zunächst flachen Höhentroges in der kräftigen westlichen Strömung zur Folge hatte. Auf der Vorderseite dieses Troges befand sich das junge Wellentief in einer günstigen Entwicklungsposition; positive Vorticity-Advektion führte zu Hebungsprozessen und ließ den Luftdruck im Zentrum weiter fallen. Zwischen dem 7., 12 UTC, und dem 8., 06 UTC, vertiefte sich "Vera" um ca. 20 hPa, das Tief lag da mit einem Kerndruck von unter 980 hPa über der Bretagne. Es setzte seinen Nordostkurs fort und erreichte am 9. um 00 UTC die Grenze zu Dänemark, der Auffüllungsprozess hatte allerdings bereits begonnen; unter weiterer Abschwächung zog "Vera" nach Skandinavien und ging am 10. schließlich in dem Zentraltief "Ulrike" auf.
Eine erste Sturmböe meldete Deuselbach (westliches Rheinland-Pfalz) am 8. um 11 Uhr MEZ mit 83 km/h. Mit Annäherung und Durchzug der Kaltfront gewann der Wind im Tagesverlauf immer mehr an Stärke. Um 13 Uhr MEZ registrierten vor allem Bergstationen Sturmböen (z.B. Weinbiet/Pfälzer Wald (557 m) 83 km/h, Wasserkuppe (925 m) und Kahler Asten (841 m) je 79 km/h). Drei Stunden später erreichten die Böen in Trier/Petrisberg bereits 108 km/h, das sind orkanartige Böen (Windstärke 11)! In der gesamten Westhälfte des Landes kam es zu verbreitet zu Sturmböen oder schweren Sturmböen (z.B. Düsseldorf/Flughafen 90 km/h, Büchel 83 km/h, Hahn und Nürburg-Barweiler je 76 km/h).
Am Abend erfasste das Sturmfeld auch die Mitte Deutschlands (z.B. Wernigerode 90 km/h um 19 Uhr MEZ). Der Südweststurm erreichte seinen Höhepunkt am späten Abend. Der Windmast auf dem Brocken musste um 21 Uhr MEZ einer 191 km/h-Böe standhalten. Mit der Verlagerung des Tiefs legte zu Beginn der Nacht auch in den nördlichen Landesteilen der Wind kräftig zu. Kiel/Leuchtturm brachte es am 9. um 0 Uhr MEZ auf 86 km/h, das wenige Kilometer südlich gelegene Pelzerhaken auf 83 km/h. Im Westen flaute der Wind im Laufe der Nacht schließlich ab, dafür wurden an der Ostseeküste am Morgen des 9. noch Sturmböen verzeichnet (z.B. Boltenhagen 86 km/h, Laage 76 km/h).
Auch in Frankreich sorgte "Vera" zuvor schon für hohe Windgeschwindigkeiten bis 130 km/h (Le Talut, südliche Bretagne). Orkanartige Böen gab es zudem in La Rochelle, in Paris/Charles de Gaulle und in Troyes/Barberey (je 115 km/h) sowie in Tours/St. Symphorien (111 km/h), in Nantes/Chateau Boug, in Melun (je 109 km/h), in Bourges (107 km/h) und in Orleans (106 km/h).
Ebenfalls betroffen waren Belgien und die Niederlande, vereinzelt wurden schwere Sturmböen registriert (z.B. Spa 97 km/h).
Der Sturm richtete vor allem in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz Schäden an. Viele Bäume wurden entwurzelt, Äste brachen ab und Ziegel fielen von Dächern herab. In Ennepetal verletzte ein umstürzender Baum zwei Menschen. Im Kreis Viersen/NRW entgleiste auf der Strecke Düsseldorf - Kleve ein Zug, zu Schaden kam niemand. Im Regierungsbezirk Münster rückte die Autobahnpolizei innerhalb von zwei Stunden zu mehr als 20 Sturmeinsätzen aus, insgesamt wurden 7 Fahrzeuge auf Autobahnen beschädigt. Für mehrere Stunden musste die Bahnverbindung Trier - Koblenz unterbrochen werden. Ein Baum hatte die Oberleitung abgerissen, die Strecke konnte am späten Abend wieder freigegeben werden. In Wittlich schloss aus Sicherheitsgründen der Weihnachtsmarkt. In mehreren Orten war die Stromversorgung gestört, nachdem Bäume auf Stromleitungen gestürzt waren.

Temperatur
Bevor "Vera" mit seinem Sturmfeld auf Rheinland-Pfalz übergriff und über den Nordwesten Richtung Ostsee zog, gelangte erneut sehr milde Luft nach Deutschland. In den Alpen setzte Föhn ein, über den Patscherkofel bei Innsbruck fegte der Orkan mit 148 km/h. Die Temperaturen erreichten im Alpen-Rheintal teilweise mehr als 20°C (zB Dornbirn 20.6°C, Feldkirch 19.9°C), Bregenz brachte es auf 19.3°C, nur wenig kühler blieb es in Salzburg mit 19.2°C. In Deutschland verbuchte Sigmarszell-Zeisertsweiler mit 19.0°C den höchsten Wert für sich und in Kempten gab es gar einen neuen Temperaturrekord: Dort war es in der 1. Dezemberdekade mit 18.2°C seit Aufzeichnungsbeginn im Jahre 1952 noch nie so warm.

Bodendruckanalysen vom 7.12. bis zum 9.12.2006 und 500 hPa-Geopotential vom 7.12. bis zum 9.12.2006, jeweils 00 UTC:
Quelle: FU Berlin / DWD / Wetterzentrale
7.12.2006, 00 UTC 8.12.2006, 00 UTC 9.12.2006, 00 UTC
7.12.2006, 00 UTC 8.12.2006, 00 UTC 9.12.2006, 00 UTC

Windspitzen

Nachstehend eine Auswahl gemessener Spitzenböen am 8.12.2006 an einigen deutschen Stationen:

Ort
Brocken
Zugspitze
Wendelstein
Trier-Petrisberg
List/Sylt
Dortmund
Alte Weser Leuchtturm
Fichtelberg
Helgoland
Aachen
Büchel
Bendorf
Mendig
Kahler Asten
Idar-Oberstein
Bad Marienberg
Feldberg/Schwarzwald
Düsseldorf
Feuerschiff Deutsche Bucht
Weinbiet
Kiel-Leuchtturm
191 km/h
137 km/h
130 km/h
108 km/h
108 km/h
104 km/h
101 km/h
101 km/h
101 km/h
97 km/h
97 km/h
97 km/h
94 km/h
94 km/h
94 km/h
94 km/h
94 km/h
94 km/h
94 km/h
94 km/h
94 km/h

7.12.06, 14:14 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton
8.12.06, 12:29 UTC, N18 VIS
Quelle: B. J. Burton
8.12., 11:18 UTC, N17 VIS
Quelle: Geogr. Inst., Bern
7.12.06, 21:00 UTC, MSG IR
Quelle: B. J. Burton
8.12.06, 06:00 UTC, MSG IR
Quelle: B. J. Burton
8.12.06, 18:00 UTC, MSG IR
Quelle: B. J. Burton



Forschungszentrum

Visit us at
Facebook:

Information on warning levels and icons used
Information on meteoalarm.eu