Samstag, 17. Januar 2015, 15:30 MEZ Orkantief "Hermann" West-/Mitteleuropa 14.-15.01.2015 Satellitenbild (vis) 15.01.2015, 12:47 UTC Quelle: B.J. Burton |
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Mitte Januar 2015 herrschte in West- und Mitteleuropa meist stürmisches Wetter vor. Nach den Winterstürmen "Elon" und "Felix" am 09.- und 10.01.2015 entstand am 13.01. bereits Tief "Hermann", das am 14.- und 15.01. auf West- und Mitteleuropa übergriff. "Hermann" brachte auf den Britischen Inseln, sowie von Nordfrankreich über die Benelux-Länder bis in den Nordwesten Deutschlands verbreitet Sturmböen mit sich. An den Küsten der Britischen Inseln, der Bretagne sowie auf den Bergen wehte der Wind zum Teil in Orkanstärke. In Capel Curig (Wales) traten Spitzenböen bis 154 km/h auf.
Wetterlage und Entwicklung Nur wenige Tage nachdem die Winterstürme "Elon" und "Felix" am 09.- und 10.01. in West- und Mitteleuropa vielerorts für Orkanböen gesorgt hatten, begünstigte starke Baroklinität (hohe Temperaturgegensätze) im Bereich Neufundlands am 13.01. die Entstehung eines neuen Tiefdruckgebietes "Hermann". Die starken horizontalen Temperaturgegensätze generierten in der oberen Troposphäre im Bereich des Jetniveaus ein ausgeprägtes Starkwindband. Im 300 hPa-Niveau konnten Windgeschwindigkeiten über 300 km/h analysiert werden. Am linken Auszug dieses Starkwindbandes wurde durch starke Divergenz viel Luft aus einer gedachten vertikalen Luftsäule evakuiert, was am Boden Druckfall zur Folge hatte. Zudem befand sich "Hermann" auf der Vorderseite eines durchschwenkenden Kurzwellentroges, wo mit der Höhe zunehmende positive Vorticity sowie kräftige Warmluftadvektion einen Antrieb für Hebung bereitstellten und somit am Boden für weiteren Druckfall sorgten.
"Hermann" intensivierte sich demnach rasch zu einem ausgewachsenen Sturmtief und verlagerte sich bis zum 14.01. als Randtief des steuernden Zentraltiefs "Günter", das sich knapp südlich von Island befand ostwärts über den Atlantik. In der Nacht zum 15.01. erreichte "Hermann" mit einem Kerndruck von 944 hPa etwa zum 00 UTC-Termin vor der Küste Schottlands seinen Höhepunkt. Dabei übernahm "Hermann" die Rolle des steuernden Zentraltiefs und füllte sich auf seinem weiteren Weg Richtung Skandinavien bis zum 17.01. zunehmend auf.
Heftige Regenfälle, Schnee sowie Sturm- und Orkanböen Vorderseitig der Warmfront von Tief "Hermann" griffen im Bereich der stärksten Warmluftadvektion im Laufe des Vormittags kräftige Regenfälle auf Irland über, die sich bis zum Abend auch auf weite Teile Großbritanniens und die Bretagne ausweiteten. In Großbritannien fielen in der Spitze mehr als 40 mm in 12 Stunden. Bis zum 15.01., 07 UTC fiel an der Station Achnagart (Schottland) einne 12-stündige Niederschlagsmenge von 40,8 mm. Auf der Rückseite von Tief "Hermann" sickerte gegen Abend des 15.01. deutlich kältere Luft aus Norden ein, so dass die Niederschläge in Schottland und Nordirland innerhalb stärkerer Schauer zum Teil bis in tiefe Lagen als Schnee fielen. Aviemore (228 m) in Schottland verzeichnete am 16.01., 06 UTC eine Schneehöhe von 13 cm. Um das Tiefzentrum herum nahm der Druckgradient und somit auch der Wind mit der Intensivierung des Tiefs stark zu und erreichte in Böen auf den Britischen Inseln, sowie vom Norden Frankreichs und über die Benelux-Länder bis in den Nordwesten Deutschlands verbreitet Sturmstärke, zum Teil traten auch schwere Sturmböen auf. Auf den Britischen Inseln, sowie in der Bretagne wehte der Wind entlang der Küsten in Böen mancherorts in Orkanstärke. Auch auf den Bergen traten vielerorts Orkanböen auf. Die stärksten Böen wurden während der Kaltfrontpassage von Tief "Hermann" registriert, die am Abend des 14.01. zunächst über Irland hinweg zog und im Verlauf der Nacht zum 15.01. auch den Nordwesten Frankreichs und Großbritannien erfasste. Spitzenreiter war mit 154 km/h die Station Capel Curig (Wales). Ähnlich hohe Windgeschwindigkeiten wurden mit 149 km/h auch in Camaret-Sur-Mer in der Bretagne registriert. In Folge der starken Windböen stürzten zahlreiche Bäume um, wodurch eine Person ums Leben kam. In Nordirland waren 15.000 Bewohner vorübergehend ohne Strom (Quelle:The Weather Channel). Sowohl in Großbritannien, als auch in Irland blieben zahlreiche Schulen geschlossen. Am Flughafen Dublin mussten 38 Flüge gestrichen werden, weitere 20 wurden umgeleitet (Quelle:Irish Independent). Vor der Westküste Irlands türmte der Wind enorme Wellen auf. Die M3 Cork/Kerry Boje verzeichnete am 15.01. um etwa 10 UTC eine Wellenhöhe von 16,9 m. Dies entspricht dort dem zweithöchsten Wert seit Aufzeichnungsbeginn. Die höchste Welle wurde dort bislang mit 19,1 m am 27.01.2013 erfasst (Quelle:met.ie). Satellitenfilm Sturmtief "Hermann" (Quelle: MetOffice)
Text: MB, 17. Januar 2015 |