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Dienstag, 06. Oktober 2015, 18:50 MESZ


Starkregen / Hurrikan "Joaquin"
USA, Bahamas, Bermuda

30.09.-05.10.2015



7-tägiger Niederschlag bis 05.10., 12 UTC
Quelle: water.weather.gov


Rekordniederschläge zogen Anfang Oktober in Teilen des Südostens der USA, besonders in North- und South Carolina, schwere Überschwemmungen nach sich. Auslöser für die starken Niederschläge war ein sich kaum verlagerndes Höhentief über dem Südosten der USA sowie die Zufuhr sehr feuchter und warmer Luft vom tropischen Nordatlantik, auf die auch der Hurrikan "Joaquin" seinen Einfluss hatte. Hurrikan "Joaquin" sorgte mit mittleren Windgeschwindigkeiten bis maximal 250 km/h besonders auf den Bahamas für schwere Verüstungen. Während in dem Sturm auf den Bahamas bislang eine Person ihr Leben verlor, kamen durch die starken Regenfälle in den USA bereits 13 Menschen ums Leben. Zudem versank vor den Bahamas ein Frachter, der 33 Menschen an Bord hatte. [Stand: 06. Oktober 2015]



Wetterlage und Entwicklung

Zum Monatswechsel September/Oktober 2015 stellte sich über dem Osten der Vereinigten Staaten eine komplexe Wetterlage ein, die in Teilen der östlichen Bundesstaaten, besonders in den Carolinas extreme Regenfälle nach sich zog. Für die heftigen Regenfälle waren zum großen Teil außertropische Prozesse verantwortlich, zusätzliche Feuchte wurde jedoch auch durch den Hurrikan "Joaquin" bei den Bahamas bereitgestellt.

Am 29. September war die Geopotentialverteilung über Nordamerika bestimmt von einem Höhentrog über dem Osten Kanadas, dessen Amplitude sich zunehmend nach Süden ausweitete. Der Höhentrog tropfte ab dem 01. Oktober in seinem Südteil ab und zurück blieb ein eigenständiges Höhentief über dem Südosten der USA, das sich über mehrere Tage hinweg nur sehr langsam verlagerte. Am Boden etablierte sich unter dem Einfließen polarer Kaltluftmassen rückseitig des Troges über dem Osten Kanadas rasch ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet. Während die polare Kaltluft an der Ostflanke des Hochs über den mittleren Westen hinweg nach Süden an Raum gewann waren vor der Ostküste über dem Atlantik sehr feuchte und warme Luftmassen tropischen Ursprungs präsent. Die beiden unterschiedlichen Luftmassen trennte dabei ein langgestreckter Frontenzug, der sich am 30. September von den Südstaaten über Neuengland bis nach Neufundland erstreckte.

500-hPa-Geopotential mit Bodendruck, Bodenanalyse und Fronten, 850 hPa-pseudopotentielle Temperatur | Quelle: Wetter3, NOAA Weather Prediction Center
29.09.2015, 12 UTC 01.10.2015, 12 UTC 03.10.2015, 12 UTC 05.10.2015, 12 UTC

Angetrieben durch großräumige Hebung vorderseitig des Höhentroges setzten ab dem 29. September entlang des Frontenzuges intensive Regenfälle ein. Davon betroffen waren zunächst besonders die Staaten von North Carolina und Ohio bis in die Neuenglandstaaten. Die stärksten Niederschläge zogen am 01. Oktober Richtung Neufundland ab und der Frontenzug verlagerte sich vorübergehend etwas auf den Atlantik hinaus. Das Hoch über Ostkanada baute sich unterdessen weiter auf und der Luftdruck stieg ab dem 02. Oktober in seinem Zentrum auf über 1040 hPa. Von Florida ostwärts nistete sich dagegen zusammen mit Hurrikan "Joaquin" bei den Bahamas (siehe unten) tiefer Luftdruck ein, wodurch sich an der Ostküste am Boden eine stramme östliche Strömung einstellte, mit der sehr feuchte und warme Luftmassen aus dem tropischen Atlantik herantransportiert wurde. Zusätzliche Wärme und Feuchte stammte dabei aus dem Gebiet von Hurrikan "Joaquin". Tropische Wirbelstürme beziehen ihre Energie aus dem warmen Ozean, der im Beriech von Hurrikan "Joaquin" verbreitet Oberflächentemperaturen über 28 °C vorwies. Der Wärme- und Feuchteübertrag aus dem Ozean an die Atmosphäre war hier besonders groß. Das Höhentief über dem Südosten der USA stellte großräumigen Hebungsantrieb bereit, sodass sich die mit Feuchtigkeit gesättigte Warmluft in ergiebigen Regenfällen entlud. Vom Norden Georgias über South Carolina bis nach North Carolina zogen vom 02. Oktober bis zum 05. Oktober durchgehend intensive Niederschlagsbänder von der Küste landeinwärts, die häufig immer wieder die gleichen Regionen erfassten. Erst zum 06. Oktober verlagerte sich das Höhentief ostwärts auf dem Atlantik und füllte sich zunehmend auf. Das Hoch über Ostkanada baute sich ab, sodass die östliche Strömung und damit die Zufuhr feuchtwarmer Luft abbrach und die Niederschläge aufhörten.

Satellitenbilder und Radarbilder | Quellen: GOES Project Science, UCAR
30.09.2015, 11:45 UTC 02.10.2015, 11:45 UTC 03.10.2015, 11:45 UTC 04.10.2015, 11:45 UTC 05.10.2015, 11:45 UTC
30.06.2015, 12 UTC 02.06.2015, 12 UTC 03.06.2015, 12 UTC 04.06.2015, 12 UTC 05.06.2015, 12 UTC
03.10.2015, 00 UTC 03.10.2015, 12 UTC 04.10.2015, 00 UTC 04.10.2015, 12 UTC 05.10.2015, 06 UTC

Rekordniederschläge, Sturmböen, Hochwasser und Sturmflut

Bereits vom 29. September bis zum 01. Oktober führten intensive Niederschläge im Nordosten der USA zu Überflutungen. Besonders betroffen war der Bundesstaat Maine. Dort meldete die Station Searsport bis 01.10., 14 UTC 247,7 mm in nur 36 Stunden. Straßen mussten wegen Überflutungen gesperrt werden und zahlreiche Autos wurden beschädigt. 6000 Haushalte waren vorübergehend ohne Strom.
Noch intensiver und länger anhaltend fielen die Niederschläge vom 01. bis zum 05. Oktober in Teilen des Südostens aus. Besonders im Bundesstaat South Carolina summierten sich die Niederschlagsmengen zum Teil in den Rekordbereich. Lokal fielen vom 01. bis zum 05. Oktober über 600 mm Niederschlag. Seit Beginn der Aufzeichnungen 180 fiel in Charleston Downtown innerhalb von 3 Tagen noch nie so viel Regen wie mit 350,5 mm vom 01. bis 03. Oktober 2015, (EDT). Allein 235,0 mm kamen dort am 03. Oktober (EDT) vom Himmel. Auch die Station Columbia stellte mit 174,5 mm in 24 Stunden am 04. Oktober einen neuen Rekord auf (alter Rekord: 147,1 mm am 09. Juli 1959). In einigen Regionen von South Carolina überschritten die dreitägigen Niederschlagssummen die Ausmaße eines 1000-Jährigen Ereignisses. Die Rekordniederschläge hatten lokal auch ein Rekordhochwasser zur Folge. Die alte Rekordmarke übertraf bislang zum Beispiel der Pegel des Black River in Kingstree (SC). Am Congaree River an der Station Carolina Eastman wurde der alte Rekord eingestellt (siehe auch Diagramme unten).
Hohe Pegelstände traten auch an der Ostküste etwa von New Jersey bis nach South Carolina auf. Die anhaltende kräftige Ostströmung sorgte hier für eine Sturmflut. Spitzenböen bis 99 km/h verzeichnete etwa die Station Cape May in New Jersey. Von der Sturmflut betroffen war besonders die Stadt Charleston aber auch die Chesapeake Bay in Virginia.

Niederschlagskarten (oben) sowie Pegelstände (unten) | Quellen: water.weather.gov, NOAA SRH
24-h bis 30.09.2015, 12 UTC 24-h bis 01.10.2015, 12 UTC 24-h bis 03.10.2015, 12 UTC 24-h bis 04.10.2015, 12 UTC 24-h bis 05.10.2015, 12 UTC
Black River nahe Kingstree N. Fork Edisto River nahe Orangeburg Congaree River nahe Carolina Eastman Charleston Harbor Tide Gage James River nahe Jamestown

Durch die Fluten wurden Straßen überflutet oder beschädigt. Ortschaften, oder ganze Stadtviertel wie etwa in Charleston standen unter Wasser. Präsident Obama rief für South Carolina den Notstand aus. Die Schulen blieben in South Carolina am 05. Oktober geschlossen, 36 000 Menschen waren ohne Strom. Für tausende Bewohner Columbias war zudem die Trinkwasserversorgung unterbrochen. Allein in South Carolina kamen in Folge der schweren Regenfälle und Überschwemmungen bislang elf Menschen ums Leben. Zwei weitere Todesopfer hatte North Carolina zu beklagen.

Niederschlagsmengen vom 29.09., 14 UTC bis 01.10., 02 UTC (links)
Niederschlagsmengen vom 01.10., 12 UTC bis 05.10., 14 UTC in South Carolina(mittig)
Niederschlagsmengen vom 10.10., 12 UTC bis 05.10., 14 UTC in North Carolina(rechts)
Datenquelle: NOAA WPC
Ort RR
Searsport (ME)
Woolwine (VA)
Belmont Corner (ME)
Sangerville (ME)
Camden (ME)
Big Meadows (VA)
Princeton (ME)
Sourth Windham (ME)
Crozet (VA)
Center Sandwich (NH)
247,7 mm
205,2 mm
194,3 mm
184,9 mm
183,9 mm
176,3 mm
174,5 mm
173,7 mm
169,9 mm
167,6 mm
Ort in South Carolina RR
Ccinhoy
Boone Hall Plantation
Mount Pleasant
Charleston
Shadowmoss
Kingstree
Folly Beach
North Myrtle Beach
Longs
Huger
682,8 mm
615,4 mm
615,4 mm
599,7 mm
597,2 mm
593,1 mm
544,8 mm
537,7 mm
537,0 mm
534,4 mm
Ort in North Carolina RR
Calabash
Sunset Beach
Michael J. Smith Airport
Leland
Longwood
Billy Mitchell Airport
Newport WFO
Greenville
Wilmington Airport
Lake Waccanaw
549,4 mm
477,3 mm
455,2 mm
377,2 mm
346,2 mm
334,0 mm
311,2 mm
283,5 mm
223,3 mm
219,2 mm


Entwicklung und Auswirkungen von Hurrikan "Joaquin"

Satellitenbild "Joaquin"
02.10., 11.30 UTC UTC
© Nasa Earth Observatory
Am 28. September formierte sich zwischen Bermuda und den Bahamas in einem Gebiet hochreichender Gewittercluster die elfte tropische Depression über dem Atlantik in diesem Jahr. Sie befand sich dabei über fast 30 °C warmem Wasser, die höchste Wassertemperatur, die in diesem Gebiet seit Beginn der Aufzeichnungen beobachtet wurde. Vorhandene vertikale Windscherung verhinderte jedoch zunächst eine rasche Intensivierung. Das System erreichte erst zum 30. September den Status eines Hurrikans und erhielt den Namen "Joaquin". "Joaquin" verlagerte sich langsam südwestwärts und steuerte auf die Bahamas zu. Mit zurückgehender Windscherung erfuhr der Sturm am Abend des 30. September eine rasche Intensivierung zu einem Wirbelsturm der Kategorie 3. Seinen ersten Höhepunkt erreichte "Joaquin" als Wirbelsturm der Kategorie 4 mit einem Kerndruck von 935 hPa und mittleren Windgeschwindigkeiten von 115 kt (213 km/h). Mit seinem Zentrum lag er zu diesem Zeitpunkt genau im Bereich der östlichen Bahamas, etwa zwischen Long Island und Crocked Island. Mit fast unveränderlicher Stärke bewegte sich Hurrikan "Joaquin" über den Bahamas zunächst kaum und schlug erst am 03. Oktober langsam eine nordöstliche Zugbahn ein, die ihn von den Bahamas wegführte. Gleichzeitig erreichte der Sturm um 18 UTC mit Windgeschwindigkeiten von 135 kt (250 km/h) und einem Kerndruck von 933 hPa seinen zweiten Höhenpunkt. Damit war er bislang der stärkste Hurrikan über dem Atlantik in diesem Jahr. Abgeschwächt als Wirbelsturm der Kategorie 2 zog "Joaquin" am Abend des 03. Oktober knapp westlich an Bermuda vorbei und schlug dann eine Zugbahn ein, die in nordostwärts auf den Atlantik heraus verfrachtete.

Sturmböen, hohe Brandung sowie extreme Niederschläge sorgten für Verwüstungen auf den Bahamas. Häuser wurden zerstört oder von der Außenwelt abgeschlossen, Telefon, Strom und Wasserleitungen waren zum Teil abgeschnitten. Ein Mann starb, als sein Dach einstürzte. Vor den Bahamas sank ein Frachter während des Sturms, der insgesamt 33 Menschen an Bord hatte. Von Schäden durch den Sturm wurde auch aus Bermuda berichtet, wo der Hurriken ebenfallst Stromausfälle zur Folge hatte. Der Flugverkehr sowie der Fährverkehr auf die Insel wurde vorübergehend eingestellt.

Analysekarten zu Hurrikan "Joaquin" | Quellen: Tropical Storm Risk, NOAA SSD
Zugbahn Druckverlauf und Mittelwind Windfeld, 03.10., 12 UTC Satellitenbild, 03.10., 12 UTC

Große Unsicherheiten bei der Vorhersage von Hurrikan "Joaquin"

Große Schwierigkeiten hatten die Modelle im Vorfeld sowohl mit der Zugbahn, als auch mit der Intensität von Hurrikan "Joaquin". Unten abgebildet sind Ensemble-Vorhersagen vom 30. September, 00 UTC. Zahlreiche Modellläufe, darunter auch die meisten Ensemblemitglieder des amerikanischen GFS Modells (siehe Graphik) berechneten noch zu diesem Zeitpunkt großteils eine Zugbahn, die "Joaquin" an der US-Ostküste hätte an Land gehen sollen. Die Mehrheit der Ensemblemitglieder des EZMWF-Modells prognostizierte dagegen bereits die Zugbahn auf den Atlantik hinaus. Für die Großen Unsicherheiten war unter anderem das Höhentief über dem Südosten der USA verantwortlich, dessen Einfluss von vielen Modellen überschätzt wurde. Hätte "Joaquin" stärker mit dem Höhentief interagiert, wäre er an seiner Ostflanke anstatt auf eine nordöstliche auf eine nördliche bis nordwestliche Zugbahn geraten und hätte somit die US-Ostküste getroffen.

Ensemblevorhersagen von Hurrikan "Joaquin" am 30.09.2015 | Quellen: Tropical Tidbits
Global + Hurricane Models GFS Ensembles CMC Ensembles Intensity Guidance


Text: MB
06. Oktober 2015


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