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Sonntag, 30. Oktober 2011, 01:15 MESZ


Starkregen

Westeuropa /
Südfrankreich, Norditalien, Slowenien, Kroatien
24.-27.10.2011


Satellitenbild: 25.10.2011, 15:25 UTC, NOAA-15 VIS/IR
Im Bereich der besonders schlimm betroffenen Region
um Brugnato in Ligurien (rot umrandet) lassen sich in die
ausgedehnten Wolkenfelder eingelagerte Gewitterwolken erkennen.
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern

Intensive Regenfälle gingen Mitte/Ende Oktober 2011 in Teilen West- und Südeuropas nieder. Zunächst waren vor allem Portugal und Irland, später ein breiter Streifen von Südfrankreich über Norditalien bis nach Slowenien und Kroatien betroffen. Am schlimmsten war die Lage im östlichen Ligurien, wo örtlich über 500 mm Regen innerhalb weniger Stunden fielen und durch Überflutungen mindestens neun Menschen ums Leben kamen.


Wetterlage und Entwicklung

Die unwetterartigen Ereignisse spielten sich an ein und demselben Frontenzug ab - dieser gehörte zur Tiefdruckgebiet "Meeno", das bereits am 20. über Neufundland analysiert werden konnte und sich innerhalb einer kräftigen Frontalzone rasch über den mittleren Nordatlantik gen Osten verlagerte. Zunächst ohne relevante Intensitätsänderungen unterwegs, geriet es zum 22. auf die Vorderseite eines von Westen heranschwenkenden kurzwelligen Höhentroges. Großräumige Hebungsvorgänge ließen den Kerndruck des Tiefs innerhalb von 18 Stunden um 15 hPa auf weniger als 980 hPa südwestlich von Irland sinken. In der Zwischenzeit hatte sich über dem Nordatlantik ein ausgeprägter Langwellentrog etabliert, an dessen Ostflanke "Meeno" nach Norden direkt über Irland hinweggeführt wurde. Mit Ausbildung eines weiteren Tiefkerns über Südwesteuropa formierte sich schließlich ein flächenmäßig großes Tiefdrucksystem, das am 24. den gesamten Westen Europas überdeckte. Ausgehend von "Meeno" erstreckte sich eine Luftmassengrenze von Norden nach Süden, die Warmluft subtropischen Ursprungs auf ihrer Ost- von nachstoßender Meereskaltluft auf der Westseite trennte. Eingelagert in eine rinnenartige Struktur konnten dabei über dem westlichen Mittelmeer weitere lokale Druckminima analysiert werden.

Bodendruckanalysen vom 24. bis 27.10.2011 | Quelle: FU Berlin / DWD
24.10.2011, 00 UTC 25.10.2011, 00 UTC 26.10.2011, 00 UTC 27.10.2011, 00 UTC
500-hPa-Geopotential und Bodendruck vom 24. bis 27.10.2011 | Quelle: Wetterzentrale
24.10.2011, 00 UTC 25.10.2011, 00 UTC 26.10.2011, 00 UTC 27.10.2011, 00 UTC

Mit Passage der Luftmassengrenze respektive des erwähnten ersten Randtiefs waren am Abend des 23. und in der Nacht zum 24. zunächst weite Teile Portugals von kräftigen Regenfällen betroffen. Die größte zwölfstündige Niederschlagsmenge bis 6 UTC am 24. wurde in Viana do Castelo im Norden des Landes mit 95 mm registriert; 75 mm davon fielen binnen sechs Stunden bis 0 UTC. 66 mm konnten in Castelo Branco, 60 mm in den Penhas Douradas verzeichnet werden. Intensiv regnete es auch in Galicien im Nordwesten Spaniens (z. B. Vigo/Peinador 114 mm in 24 Stunden).

850-hPa-Geopotential und -Temperatur vom 24. bis 27.10.2011 | Quelle: Wetterzentrale
24.10.2011, 00 UTC 25.10.2011, 00 UTC 26.10.2011, 00 UTC 27.10.2011, 00 UTC

Das ursprüngliche Tief "Meeno" selbst sorgte im Laufe des 24. auf den Britischen Inseln für Starkregen und Sturm. Am Flughafen in Dublin fielen innerhalb von zwölf Stunden bis 18 UTC 55 mm Regen, das entspricht 81% der sonst im gesamten Monat Oktober üblichen Niederschlagsmenge. Am nur etwa 20 Kilometer südwestlich gelegenen Casement Aerodrome konnten im selben Zeitraum sogar 78 mm gemessen werden. Medienberichten zur Folge handelte es sich um die heftigsten Regenfälle in der irischen Hauptstadt seit 40 Jahren.

12-stündige Niederschlagsmengen in verschiedenen Teilen Europas | Quelle: DWD JavaMAP
Iberische Halbinsel / Portugal
bis 24.10.2011, 6 UTC
Großbritannien/Irland
bis 24.10.2011, 18 UTC
Südfrankreich
bis 25.10.2011, 6 UTC
Norditalien
bis 25.10.2011, 18 UTC

Interpolierter 6-stg. Niederschlag
bis 25.10., 20:30 UTC in Ligurien.
Quelle: meteoliguria.it
Stdl. Niederschlagsmengen
in Brugnato am 25.10.2011.
Quelle: meteoliguria.it
Am 25. und 26. verlagerten sich die Starkregenfälle nach Südfrankreich und Norditalien. Auf dem Mont Aigoual im Süden der Cevennen in 1.564 Metern Höhe fielen in 24 Stunden bis zum 25., 6 UTC 144 mm, in Cannes im darauffolgenden 24-Stunden-Zeitraum 83 mm. Doch diese recht großen Niederschlagsmengen erscheinen geradezu noch gering im Vergleich zu den Wassermassen, die an der ligurischen Küste in Nordwestitalien fielen. In Brugnato, einer kleinen Ortschaft in der Provinz La Spezia, kamen innerhalb von rund zwölf Stunden etwa 500 mm, im Gesamten in 30 Stunden 542 (!) mm Regen zusammen. Der Hauptniederschlag ging dabei zwischen Mittag und frühem Abend nieder und war während dieser Zeit stets von Gewittern durchsetzt. Niederschlagsmengen dieser Größenordnung kommen normalerweise nur in tropischen Regionen vor, wurden bei ähnlichen Wetterlagen aber auch schon früher in dortigen Regionen gemessen. Sucht man nach großräumigen Hebungsantrieben, findet sich am 25. zwischen 0 und 18 UTC ein Gebiet mit kräftiger Warmluftadvektion insbesondere in der unteren Troposphäre über dem Golf von Genua. Die herangeführte Luft legte aufgrund einer Anströmung aus Süd bis Südwest einen langen Weg über das rund +20 °C warme Mittelmeerwasser zurück und konnte sich mit reichlich Feuchtigkeit anreichern. Dies erklärt auch den konvektiven Charakter der Niederschläge. Die Quasistationarität der Lage über etwa einen Tag hinweg sowie nicht zuletzt orografische Unterstützung durch die nördlichen Ausläufer des Apennin schufen weitere Voraussetzungen für ein solch extremes Niederschlagsereignis.

Blitzkarten vom 25.10.2011; eingerahmt die Region Brugnato | Quelle: DWD
25.10.2011, 11-12 MESZ 25.10.2011, 13-14 MESZ 25.10.2011, 15-16 MESZ 25.10.2011, 17-18 MESZ

850-hPa-Geopotential und -Temperaturadvektion vom 25.10.2011 | Quelle: wetter3.de
25.10.2011, 00 UTC 25.10.2011, 06 UTC 25.10.2011, 12 UTC 25.10.2011, 18 UTC

Mit Voranschreiten des Frontenzuges nach Osten regnete es am 26. und 27. abschließend in Slowenien und an der kroatischen Adriaküste kräftig. Auch dort waren die Niederschläge konvektiver Natur, anders sind die teilweise recht großen Unterschiede in den Niederschlagsmengen auf engem Raum nicht zu erklären (z. B. Split/Resnik Flgh. 126 mm, Split/Marjan 39 mm jeweils in 24 Stunden bis zum 27., 6 UTC). In Mali Lošinj summierten sich 113 mm, im Westen Sloweniens kamen verbreitet zwischen 50 und 80 mm zusammen.

Videostandbilder | Quelle: YouTube
Überflutungen und Schäden in und um Brugnato in der italienischen Provinz La Spezia in Ligurien.

In Dublin setzte der Regen Straßen, Häuser und Irlands größtes Einkaufszentrum unter Wasser. Der öffentliche Nahverkehr war stark behindert, Rettungskräfte mussten Bewohner besonders schwer betroffener Häuser in Sicherheit bringen. Zwei Menschen fanden den Tod.
Im südportugiesischen Faro stürzte das Terminaldach des internationalen Flughafens ein, fünf Menschen wurden verletzt. Neben kräftigem Regen blies dort der Wind in Sturmstärke (86 km/h in Böen).
Katastrophale Auswirkungen hatten die Regenfälle im Nordwesten Italiens. Mindestens neun Menschen kamen ums Leben, mehrere Personen galten zunächst noch als vermisst. Alleine in Borghetto Vara in der Provinz La Spezia starben drei Menschen beim Einsturz eines Hauses. Über die Ufer tretende Bäche und Flüsse entwickelten sich in dem gebirgigen Gelände zu reißenden Strömen und zerstörten Häuser, Brücken und Straßen. Schutt, Schlamm und Wasser überschwemmten ganze Ortschaften, der Gesamtschaden ging in die Millionen. Die Regierung rief für die betroffenen Regionen den Notstand aus.

Satellitenbilder (Meteosat-9 VIS/IR) | Quelle: F. Valk
24.10.2011, 12:00 UTC 25.10.2011, 12:00 UTC 26.10.2011, 12:00 UTC 27.10.2011, 12:00 UTC


Text: CE



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