Wettergefahren-Frühwarnung | Rückblick Dezember 2010
Wettergefahren-Frühwarnung - Übersicht

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Montag, 24. Januar 2011, 18:00 MEZ


Rückblick Dezember 2010


Grafiken:
Interpolierte mittlere Temperatur (links) und
Abweichung vom Mittel der Jahre 1961 bis 1990
(rechts) im Dezember 2010 in Deutschland.
Quelle: Deutscher Wetterdienst (DWD)


Wetterlage und Entwicklung

Als außergewöhnlich kalt und schneereich wird der Dezember 2010 in Deutschland in Erinnerung bleiben. Vor allem in der Nordhälfte wurden örtlich Rekordschneehöhen gemessen, aber auch im Flachland des Westens und Südens lagen in der zweiten Monatshälfte zum Teil mehr als 20 cm Schnee. Eine über die gesamte Fläche Deutschlands gemittelte Temperatur von -3,7 °C ließ den Monat hier zum kältesten seiner Art seit 1969 werden, die negative Temperaturabweichung gegenüber dem Klimamittel der Jahre 1961 bis 1990 betrug 4,5 K. Dabei war es im Norden (z. B. Schleswig -4,1 °C/-5,8 K) generell kälter als im Süden (z. B. Kempten -2,6 °C/-1,4 K), wohin zwischendurch deutlich mildere Luft gelangte.
Dafür fiel im Süden wesentlich mehr Niederschlag als im Norden; Konstanz zum Beispiel verzeichnete 141,6 mm und damit mehr als das Doppelte der sonst im Dezember üblichen Menge (248/). Im Norden wurde das Soll verbreitet nicht erreicht (z. B. Hamburg/Flgh. 31,8 mm/44%).
Invers zur Niederschlags- zeigte sich die Verteilung der Sonnenstunden, die im Norden teilweise die durchschnittlich zu erwartenden Werte übertraf (z. B. Bremen 42,6 Stunden/119%). In der Mitte und im Süden schien die Sonne verglichen mit den langjährigen Mittelwerten verbreitet nur halb so lang (z. B. Kassel 14,5 Stunden/46%).

Dem gesamtdeutschen Mittel entsprechend war der Dezember 2010 auch in Rheinstetten bei Karlsruhe der kälteste seit 1969 - die mittlere Temperatur betrug -1,2 °C und die Abweichung zum Mittel der Jahre 1961 bis 1990 -3,1 K. Insgesamt fielen 133,9 mm Regen und Schnee, fast das Doppelte des langjährigen Mittels (184%). Die Sonne schien 23,6 Stunden lang (64%). Herausragendes Ereignis des Monats waren die kräftigen Schneefälle an Heiligabend und am ersten Weihnachtsfeiertag, die zum Morgen des 26. eine Schneehöhe von 23 cm bescherten. So viel Schnee hatte es in der Region Karlsruhe zuletzt im Januar 1985 gegeben. Eine ausführlichere Betrachtung mit sämtlichen Tageswerten der Station gibt es hier.


01.12., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
Die Ende November begonnene, hochwinterliche Witterungsepisode mit Schnee und Kälte dauerte in Mitteleuropa Anfang Dezember 2010 an. Dabei verlagerte sich am 1. ein umfangreiches Tiefdruckgebiet ("Katharina") mit seinem Zentrum vom westlichen Mittelmeer zur nördlichen Adria. Der Tiefdruckzone im Süden Europas - der ein weiterer, namenloser Kern über Frankreich zugehörte - stand ein zonal orientiertes Hochdruckgebiet ("Uwe") über dem nördlichen Europa gegenüber. In der Höhe zeichnete sich das Bild eines lang gestreckten Troges, der vom Norden Russlands über Nordost- und das nördliche Mitteleuropa bis zum Ostatlantik reichte und dessen Westteil sich zu einem eigenständigen Höhentief abschnürte. In Deutschland bestimmte die bereits an den Vortagen eingeflossene polare Kaltluft das Wettergeschehen, lediglich in den Süden gelangte auf der Vorderseite von "Katharina" vorübergehend etwas mildere und feuchtere Luft. Dort sowie später auch im Osten fiel verbreitet und länger anhaltend Schnee, bis zum Abend wurden häufig Neuschneemengen um 10 cm innerhalb von zwölf Stunden beobachtet (z. B. München/Flgh. (BY) von 12 auf 20 cm). Viel Sonnenschein gab es dagegen im Norden. Nach einer äußerst kalten Nacht - der Brocken im Harz und das benachbarte Braunlage verzeichneten neue Rekordtiefstwerte für die erste Dezemberdekade - kamen die Temperaturen auch tagsüber nirgendwo über den Gefrierpunkt hinaus.
Zum 2. ging aus "Katharina", mittlerweile zu einem Tiefdrucksystem mit mehreren kleinen Zentren mutiert, ein weiterer Kern hervor, der über Tschechien und Polen zur südlichen Ostsee zog. Dieser war an ein kleines Höhentief gekoppelt, das im Zusammenspiel mit dem relativ warmen Meerwasser für eine starke Labilisierung der vertikalen Schichtung sorgte. Fortan nahmen die Niederschläge im Nordosten schauerartigen Charakter an und fielen teilweise äußerst ergiebig aus. Vor allem an der schleswig-holsteinischen Küste schneite es örtlich intensiv (z. B. Kiel 20 cm Neuschnee in zwölf Stunden). Die Sonne zeigte sich an diesem Tag hauptsächlich im Osten und Süden (z. B. Freiburg/Flugplatz (BW) 7 Stunden). Es herrschte weiterhin Dauerfrost; in der Mitte und im Osten, wo die Tagestemperaturen vielerorts im zweistellig frostigen Bereich verweilten, sogar mit dem Attribut "streng" versehen. Dort waren in der Nacht zuvor einige neue Dekadenrekorde aufgestellt worden (z. B. Zinnwald/SN -17,5 °C).
Am 3. verlagerte sich das kleine, hochreichende Tief im Norden nordwärts, und auch der umfangreiche Höhentiefkomplex wurde allmählich nordostwärts gesteuert. In Bodennähe machte der Keil eines Hochs über Südwesteuropa auf sich aufmerksam, über dem Süden Deutschlands konnte zwischenzeitlich sogar eine eigenständige Hochdruckzelle ("Vernon") analysiert werden. Wenngleich in manchen Regionen noch starke Bewölkung dominierte, wurden die Schneefälle deutlich weniger. Nennenswerte Neuschneemengen kamen noch einmal im Nordosten zustande (z. B. Greifswald/MV 5 cm in zwölf Stunden). Ausführlichere Informationen zu den winterlichen Witterungsverhältnissen Ende November / Anfang Dezember finden sich in einem gesonderten Artikel.

04.12., 11:27 UTC, NOAA-19 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
Die großflächig vorhandene, frische Schneedecke, die ohnehin kalte Polarluft sowie eine sternenklare Nacht ermöglichten besonders in der Mitte Deutschlands eine eisig kalte Nacht. Am Morgen des 4. wurden in Sohland an der Spree in Sachsen -23,5 °C gemessen, in Deutschneudorf-Brüderwiese -19,3 °C. Allerdings war die großräumige Wetterlage im Umbau begriffen. Bei den Azoren entwickelte sich ein kräftiges, umfangreiches Tiefdruckgebiet, auf dessen Vorderseite eine südwestliche Strömung in Gang kam. Verstärkt wurde diese durch ein weiteres Tief ("Liane") über der Nordsee, sodass die winterliche Kaltluft - zumindest in höheren Schichten - vorübergehend weit nach Nordosten zurückgedrängt wurde. In Bodennähe konnte sich die mildere Luft dagegen nur sehr zaghaft durchsetzen, am Oberrhein immerhin wurden Höchstwerte über dem Gefrierpunkt erreicht (z. B. Ohlsbach/BW +1,5 °C).
Am 5. zog "Liane" von der Nordsee über Dänemark hinweg zur Ostsee, ihr bereits vollständig okkludiertes Frontensystem überquerte im Tagesverlauf weite Teile Deutschlands ostwärts. Es brachte der Nordhälfte Schnee, in tiefen Lagen zunehmend Regen. Zum Abend setzten dann auch im Süden, bedingt durch eine frontogenetisch wirkende Konstellation mit dem Tief vor Südwesteuropa, das auf seiner Vorderseite milde Luft nordostwärts transportierte, und Tief "Liane" über der Ostsee, das auf seiner Rückseite maritime Kaltluft nach Süden lenkte, länger anhaltende Niederschläge ein. In der milderen Luft fielen diese dort teils als Schnee, teils als Regen. Am Oberrhein wurden Höchstwerte bis +5 °C registriert (z. B. Rheinstetten), Dauerfrost hielt sich nur noch im Mittelgebirgsraum und in Bayern.
Das angesprochene, frontogenetisch wirksame Druckmuster führte zur Ausbildung einer markanten Luftmassengrenze quer über Europa hinweg, die milde Luft im Süden von deutlich kälterer Luft im Norden trennte. Letztere war mit Temperaturen um -5 °C im 850-hPa-Niveau weniger in der Höhe als vielmehr am Boden durch massive Auskühlung über der Schneedecke sehr kalt. Die Luftmassengrenze ging aus der Warmfront des südwesteuropäischen Tiefs, inzwischen "Monika" getauft, hervor. An ihr entlang liefen mehrere flache Wellen beziehungsweise kleine Teiltiefs nach Osten ab. So fiel am 6. in Baden-Württemberg und Bayern verbreitet Niederschlag, die zwölfstündigen Mengen bis 19 Uhr beliefen sich bis auf 30 mm in Laupheim. Zwischen Donau und den Alpen regnete es dabei bis in höchste Lagen, zwischen Main und Donau schneite es dagegen bis in die Niederungen. Nach Norden hin blieb es bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und hochnebelartiger Bewölkung ruhig.
Am 7. lag die Luftmassengrenze quasistationär über dem süddeutschen Raum, die Schnee- und Regenfälle in ihrem Umfeld ließen tagsüber jedoch vorübergehend nach. Erst in Verbindung mit einem in die südwestliche Höhenströmung eingelagerten Kurzwellentrog setzten zum Abend erneut teilweise kräftige Niederschläge ein, die immer mehr in Regen übergingen. Die Grenze zwischen Schnee und Regen verlief dann bereits nördlich des Mains, etwas südlich davon trat auch gefrierender Regen auf. Die Temperaturunterschiede nahmen weiter zu; in Bayern wurden zweistellig positive Werte gemessen (z. B. München/Stadt +13,3 °C), in der kompletten Nordhälfte herrschte Dauerfrost.

08.12., 12:31 UTC, NOAA-19 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Drei Tage lang dauerte die Grenzwetterlage an, so also auch am 8. noch. An diesem Tag allerdings bewegte sich das eigentliche Tief "Monika" rasch von der Biskaya über die Mitte Frankreichs und Süddeutschland nach Polen, auf seiner Rückseite stieß die polare Kaltluft zum Abend wieder bis zu den Alpen südwärts vor. Zuvor aber fiel im Zusammenhang mit der nordwärts vordringenden Warmfront des Tiefs nochmals verbreitet Schnee und Regen, wobei sich die feste Phase auf die Nordhälfte beschränkte (z. B. Köln/Bonn Flgh. (NRW) 6 cm Neuschnee in zwölf Stunden). Erst mit Rückkehr der Kaltluft gingen die Niederschläge am Abend auch im Süden wieder bis in die Niederungen in Schnee über, nachdem tagsüber etwa in München (Stadt) +15,4 °C erreicht worden waren. Insgesamt summierten sich an den drei Tagen im Süden Deutschlands Niederschlagsmengen von örtlich über 60 mm (z. B. Rheinstetten/BW), was einem Großteil des sonst üblichen Monatsniederschlages entspricht. In Kombination mit der abtauenden Schneedecke kam es gebietsweise zu Hochwasser auch an den großen Flüssen (Neckar, Donau). Weiterführende Informationen beinhaltet dieser Artikel.

Bodendruckanalysen | Quelle: FU Berlin / DWD
01.12.2010, 00 UTC 04.12.2010, 00 UTC 08.12.2010, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur | Quelle: Wetterzentrale
01.12.2010, 00 UTC 04.12.2010, 00 UTC 08.12.2010, 00 UTC

Am 9. schwenkte die Achse eines markanten nordeuropäischen Höhentroges über Deutschland hinweg ostwärts. In der einfließenden Höhenkaltluft - in 500 hPa wurden über dem Norden und der Mitte des Landes weniger als -40 °C analysiert - entwickelten sich im Tagesverlauf verbreitet zum Teil kräftige Schnee- und Graupelschauer und einzelne Wintergewitter. Die Höchsttemperaturen lagen um den Gefrierpunkt.
Etwas Schnee fiel am 10. zunächst noch am Alpennordrand, ehe ein Hoch ("Warren") bei den Britischen Inseln kurzzeitig beruhigenden Einfluss ausübte. Schon am Nachmittag griff jedoch die Warmfront eines Tiefs ("Orike") vor der westnorwegischen Küste von Nordwesten her mit neuen Schnee- und Regenfällen auf die Bundesrepublik über. Dort ließ die von der Nordsee advehierte Warmluft die Temperaturen verbreitet in den leichten Plusbereich klettern, Dauerfrost hielt sich in der Osthälfte.

12.12., 11:44 UTC, NOAA-19 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
Am dritten Adventswochenende (11./12.) taute es vorübergehend nahezu bundesweit. Zwischen der meridional ausgerichteten Hochdruckzone "Warren" über Westeuropa und dem über Südskandinavien nach Osteuropa ziehenden Tief "Orike" wurde mit einer ausgeprägten Nordwestströmung milde Nordseeluft nach Mitteleuropa geführt. In Niedersachsen konnte mit zum Beispiel +7,9 °C in Oldenburg der mildeste Tag seit November notiert werden, aber auch im übrigen Bundesgebiet lagen die Werte tagsüber meist zwischen 0 und +5 °C. Dauerfrost beschränkte sich auf wenige Höhenlagen. Dazu fiel vor allem in der Nordhälfte immer wieder teilweise schauerartiger Regen, sonnige Abschnitte gab es kaum. Stattdessen jedoch starke bis stürmische Böen, auf den Gipfeln der Mittelgebirge Sturm- und auf dem Brocken im Harz Orkanböen (122 km/h).
Auf der Rückseite von "Orike" kam am 13. die Kaltluft von Nordosten her nach Mitteleuropa zurück. Verbreitet herrschte wieder Dauerfrost, im Nordosten fiel dazu etwas Schnee. Sonst schien häufig die Sonne.
Zum 14. wurde die nördliche bis nordöstliche Strömung aufrechterhalten. Mit einem kleinen, über Benelux und Ostfrankreich südwärts wandernden Randtief sowie einem vom Baltikum westwärts nach Polen ziehenden Tief gelangte gleichsam in den Westen und in den Osten auch feuchtere Luft, die leichte bis mäßige Schneefälle ermöglichte. Nur einzelne Stationen meldeten wenige Zehntel Grad über Null (z. B. Borkum-Flugplatz/NDS +0,8 °C), sonst hatte der Dauerfrost Deutschland fest in seinem Griff.
Das namenlose Tief über Osteuropa schwächte sich im Laufe des 15. ab. Dennoch fiel, initiiert durch um den Tiefkern nach Westen und Südwesten geführte Warmluft, im Osten weiterer Schnee. Gera in Thüringen verzeichnete innerhalb von zwei Tagen 26 cm Neuschnee, insgesamt häufte sich dort bis zum Ende der Niederschläge mehr als ein halber Meter Schnee an. Ähnliche Schneehöhen hatten auch andere Orte in den neuen Bundesländern zu bieten (z. B. Chemnitz/SN 48 cm). Abseits davon konnten an diesem Tag im Württembergischen geringe Neuschneezuwächse beobachtet werden.

16.12., 12:44 UTC, NOAA-19 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
Zum 16. machte sich ein kräftiger Tiefdruckkomplex ("Petra") vom Nordosten Grönlands auf den Weg in Richtung Nordwesteuropa. Zu der Zyklone am Boden korrespondierte dabei in der Höhe ein Gebiet außerordentlich tiefen Geopotentials, das 500-hPa-Niveau lag vor der Küste Südnorwegens zeitweilig in nur rund 5.000 Metern Höhe. Mit einer Temperatur von -45 °C war dort vorübergehend auch der Kältepol des gesamten atlantisch-europäischen Raumes zu finden. Das Frontensystem von "Petra" erreichte den Nordwesten Deutschlands am Vormittag und kam bis zum Abend in weitgehend okkludiertem Zustand etwa bis zur Landesmitte südwärts voran. Damit verbunden waren kräftige Schneefälle, im Nordwesten und Westen fiel durch Einbeziehung etwas milderer Nordseeluft vorübergehend auch gefrierender Regen und Regen. Örtlich gab es kurze Gewitter. Die Neuschneemengen betrugen auch im Flachland verbreitet um 10 cm und führten vielerorts zu großen Behinderungen im Straßen-, Schienen- und Flugverkehr. Keinen Schnee bekam dagegen der mittlere und südliche Oberrhein ab, hier taute die vorhandene Schneedecke über Nacht sogar ab (z. B. Freiburg). Auf den Gipfeln der Mittelgebirge traten Sturmböen auf (z. B. Wasserkuppe/HE 83 km/h).
Von wenigen Ausnahmen abgesehen lag ganz Deutschland am Morgen des 17. unter einer geschlossenen Schneedecke. Die Schneehöhe reichte von wenigen Zentimetern entlang des Rheins bis teilweise über 1 Meter in den östlichen Mittelgebirgen (z. B. Großer Arber/BY 120 cm). Kräftig schneite es mit dem abziehenden Frontensystem anfangs noch im südlichen Baden-Württemberg und Bayern, im Laufe des Nachmittags ließen die Schneefälle in diesen Regionen nach. Dafür fiel im Osten, später auch nochmals im Westen durch um das sich bei den Britischen Inseln positionierende Höhentiefzentrum schwenkende Randtröge teilweise schauerartig verstärkt Schnee (siehe Artikel).
Am 18. lag "Petra", zerfallen in mehrere einzelne Tiefkerne, über Nordwesteuropa. Weitere, um den Komplex laufende Randtröge gestalteten das Wetter leicht unbeständig mit regional schauerartigen Schneefällen, zwischendurch zeigte sich aber auch die Sonne. Die Temperaturen kamen nur im Südwesten (z. B. Müllheim/BW +0,2 °C) an oder etwas über die 0-°C-Marke heran respektive hinaus, sonst herrschte einmal mehr Dauerfrost.
Derweil stellte sich die Großwetterlage schleichend zu einer "südlichen Westlage" um, bei der Tiefdruckgebiete vom mittleren Nordatlantik auf recht südlicher Zugbahn ostwärts Richtung West- und Mitteleuropa oder zum Mittelmeerraum ziehen. Ein sich aus dem Tiefdruckkomplex "Petra" lösendes Teiltief, "Petra III", induzierte dabei nach Anfang Dezember eine erneute Grenzwetterlage, wobei im Norden Deutschlands kalte Polarluft bestimmend blieb und in den Süden zeitweilig deutlich mildere Luft einfließen konnte. Das Frontensystem des Tiefs passierte weite Teile der Bundesrepublik bereits in der Nacht zum 19. ostwärts mit kräftigem Schneefall vor allem im Südwesten. In Verbindung mit einem rasch nachfolgenden Tief, "Petra IV", kamen zum Abend von Südwesten her neue Niederschläge auf, die bei deutlich ansteigenden Temperaturen (z. B. Freiburg/BW +9,7 °C) in Baden-Württemberg sowie im südlichen Rheinland-Pfalz und im Saarland bereits fast durchweg als Regen fielen. Nach Norden hin schneite es abermals kräftig, innerhalb von zwölf Stunden vielfach zwischen 10 und 15 cm (z. B. Gießen/HE 21 cm Gesamtschneehöhe). Am Flughafen Köln/Bonn wurden am Abend 23 cm gemessen.

20.12., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
Zwölf Stunden später, am Morgen des 20., wurden von dort gar 24 cm gemeldet - nur 1 cm weniger als der bisherige Rekordwert für diese Station vom Januar 1985. Beeindruckend an diesem Morgen waren aber nicht nur die teilweise ungewohnten Schneehöhen, sondern auch die enormen Temperaturgegensätze quer durch das Land. Blieb die Nacht am Oberrhein frostfrei, verzeichnete Ueckermünde in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Tiefstwert von -19,1 °C einen neuen Rekord für die zweite Dezemberdekade. Und das Wetter sorgte weiter für große Abwechslung: Im Gefolge von "Petra IV" wanderte ein weiteres, namenloses Randtief auf deutlich südlicherer Bahn über den Süden Deutschlands hinweg. Rückseitig von "Petra IV" war die auch bodennah frostig-kalte Luft wieder nach Süden geströmt, sodass die Niederschläge auch im nördlichen Baden-Württemberg und Bayern wieder als Schnee fielen. In Mannheim (Baden-Württemberg) kamen zwischen 7 Uhr und 19 Uhr MEZ 9 cm Neuschnee zusammen. Südlich der recht scharf ausgeprägten Grenze regnete es dagegen bis in die Hochlagen.

Bodendruckanalysen | Quelle: FU Berlin / DWD
12.12.2010, 00 UTC 16.12.2010, 00 UTC 20.12.2010, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur | Quelle: Wetterzentrale
12.12.2010, 00 UTC 16.12.2010, 00 UTC 20.12.2010, 00 UTC

Zum 21. schließlich wurde die Luftmassengrenze wieder nach Norden rückläufig, in diesem Fall als Warmfront von "Petra II" mit Zentrum über dem Ärmelkanal. Wiederum breiteten sich Schnee, etwa bis zum Main später zunehmend Regen, von Südwesten her nordostwärts aus. Dies bedeutete speziell für die Mitte Deutschlands Neuschnee in Größenordnungen von 5 bis 10 cm binnen zwölf Stunden, in Südbaden wurden dagegen bis +10 °C gemessen (z. B. Emmendingen-Mundingen +9,5 °C). Auch zu den Wetterereignissen in Zusammenhang mit der erneuten Grenzwetterlage steht ein separater Artikel zum Abruf bereit.
Damit der winterlichen Kapriolen nicht genug; diese setzten sich auch im letzten Monatsdrittel fort. Ab dem 22. nahm das nächste Tief, dessen Name in diesem Monat in Erinnerung bleiben wird, erstmals unmittelbar Einfluss auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa: "Scarlett". Noch über Südwesteuropa gelegen, schob sich seine weit nach Nordosten weisende Warmfront und nachfolgend zunächst deutlich mildere Luft von Süden her nach Deutschland vor. In weiten Teilen Baden-Württembergs und Bayerns stiegen die Temperaturen mehr oder weniger deutlich über die +5-°C-Marke (z. B. Kempten/BY +9,4 °C), während es etwa nördliche einer Linie Münster - Cottbus frostig blieb. Dort fiel im Bereich der alten Luftmassengrenze noch etwas Schnee, sonst dominierte trübes Wetter mit etwas Regen und Sprühregen.
Am 23. verlagerte sich "Scarlett" mit ihrem Zentrum zum Golf von Genua, auf der Vorderseite stellte sich in den Alpen vorübergehend Südföhn ein. Auf dem 986 Meter hohen Hohenpeißenberg in den bayerischen Voralpen wurde an diesem Tag die höchste Temperatur von ganz Deutschland gemessen: +14,1 °C. An der Warmfront, die immer mehr als "neue" Luftmassengrenze in Erscheinung trat, kam es quer über dem Norden Deutschlands zu Schnee und gefrierendem Regen. Die Neuschneemengen beliefen sich auf 5 bis 10 cm in zwölf Stunden, am Abend notierte man in Hohn (Schleswig-Holstein) eine Gesamtschneehöhe von 40 cm.

24.12., 10:23 UTC, METOP-A VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
"Scarlett" spaltete sich am 24. in zwei Teile auf; einem über das östliche Europa nordwärts ziehenden und einem über Norditalien verweilenden Part. Auf der Nord- und Nordwestseite des Tiefs konnte die alte Kaltluft rasch wieder nach Süden vordringen beziehungsweise frische skandinavische Kaltluft angezapft werden. Im Übergangsbereich zwischen der milden und der kalten Luft fiel am Morgen in der Südosthälfte Deutschlands vorübergehend Regen, gefrierender Regen und Eiskörner, ehe die Niederschläge von Nordwesten her bald in Schnee übergingen. Am ergiebigsten schneite es dieses Mal im Südwesten Deutschlands, insbesondere in einem Streifen vom nördlichen Baden-Württemberg bis nach Nordbayern. Die rund 36 Stunden andauernden Schneefälle hinterließen selbst an sonst wenig schneeverwöhnten Orten nicht alltägliche Mengen an Weiß; Karlsruhe respektive Rheinstetten (Baden-Württemberg) beispielsweise wartete am 25. mit 20, unter Berücksichtigung des Wertes am Mittag sogar mit 24 cm Schnee auf - so viel wie seit 25 Jahren nicht mehr. Die Schneefälle im Süden Deutschlands ließen an diesem Tag allmählich nach und zogen sich in die Gebiete südlich der Donau zurück. So erlebte ganz Deutschland weiße Weihnachten; ob Hamburg mit 20, Düsseldorf mit 26, Berlin mit 32 oder Nürnberg mit 22 - nie zuvor lagen weite Teile der Bundesrepublik an den Feiertagen unter einer solch mächtigen Schneedecke. Lediglich der Süden musste mit weniger Schnee auskommen, München konnte gerade einmal 5 cm vorweisen.
Eisig kalt verlief über dem frisch gefallenen Schnee die vor allem im Süden vielfach klare Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag. Am Morgen des 26. wurden in Mannheim (-18,3 °C) und Lahr (-17,9 °C) neue Rekordtiefstwerte für den gesamten Monat Dezember registriert, in Pforzheim-Ispringen sank das Quecksilber gar auf -22,1 °C. Die kälteste Station im Messnetz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) stellte Bad Kohlgrub im Süden Bayerns mit -24,0 °C. Unter dem Einfluss eines Hochs ("Yannick") mit Schwerpunkt über Westeuropa schien vor allem im Süden häufig die Sonne; an seiner Nordostflanke lief von der Nordsee her ein kleines Tief ("Thilda") über die Nordsee und Norddeutschland südostwärts ab und brachte dort dichte Wolken und etwas Schnee. Da sich der Neuschnee der vorangegangenen Tage setzte, trug dieser jedoch kaum zu einem Wachstum der Schneedecke bei. Mehr zu Tief "Scarlett" und ihren Auswirkungen auf das Weihnachtswetter: Siehe Artikel.
Am 27. bewegte sich "Yannick" über die Alpen ostwärts, "Thilda" konnte mit ihrem Zentrum über dem Nordwesten Polens identifiziert werden. In den Regionen nordöstlich der Elbe fiel auch weiterhin etwas Schnee, sonst dominierte ruhiges und frostiges Winterwetter.

28.12., 12:00 UTC, Meteosat-8 VIS/IR
Quelle: F. Valk
31.12., 12:50 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
Mit einer südwestlichen Strömung setzte sich zum 28. und 29. in der Höhe im Südwesten Deutschlands mildere Luft durch, auch in den Niederungen war eine Frostabschwächung zu verzeichnen. Vor allem am Rhein stiegen die Temperaturen tagsüber etwas über den Gefrierpunkt, während im Osten teilweise strenger Dauerfrost mit Höchstwerten unter -10 °C vorherrschte. Die mildere Luft war zudem recht feucht, sodass sich ein vielfach grauer und trüber Wettercharakter einstellte. Der Ausläufer eines Tiefs mit Zentrum bei den Britischen Inseln, der sich diagonal von Nordwest nach Südost über Deutschland erstreckte, fungierte dabei als Grenze zwischen mild und kalt. In seinem Umfeld kam es gelegentlich zu etwas Sprühregen, der auf den gefrorenen Böden teilweise gefährliches Glatteis ausbildete. Im Nordosten schneite es hin und wieder geringfügig.
An dieser groben Verteilung änderte sich am 30. wenig, zum Ende des Jahres begann sich die Wetterlage jedoch allmählich umzustellen. Dabei griff das Frontensystem eines Tiefs ("Vesna") mit Zentrum über dem Eismeer von Norden her auf Deutschland über und führte deutlich mildere Luftmassen heran. So setzte bei leichtem Regen und Sprühregen, Temperaturen zwischen 0 und +5 °C sowie einem böig auffrischenden Nordwestwind am 31. im Norden und Nordosten verbreitet Tauwetter ein. Dagegen konnte sich das Winterwetter mit Schnee und Frost unter Hochdruckeinfluss ("Zölestin") in der Südhälfte noch behaupten.

Bodendruckanalysen | Quelle: FU Berlin / DWD
24.12.2010, 00 UTC 28.12.2010, 00 UTC 31.12.2010, 00 UTC
850-hPa-Geopotential und -Temperatur | Quelle: Wetterzentrale
24.12.2010, 00 UTC 28.12.2010, 00 UTC 31.12.2010, 00 UTC


Monatswerte

Nachstehend Monatswerte vom Dezember 2010 für ausgewählte Stationen in Deutschland. "Temp." steht dabei für die Monatsmitteltemperatur, "Nds." für die Niederschlagssumme und "Sonne" für die Sonnenscheindauer. "Vgl." gibt für die jeweilige Größe den Vergleich mit dem Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990 des Ortes an (Quelle: DWD):

Ort Temp. Vgl. Nds. Vgl. Sonne Vgl.
Schleswig
Kempten
Rheinstetten
-4,1 °C
-2,6 °C
-1,2 °C
-5,8 K
-1,4 K
-3,1 K
40,7 mm
114,2 mm
133,9 mm
46%
127%
184%
54,0 h
46,3 h
23,6 h
135%
64%
64%


Text und Gestaltung: CE


In Zusammenarbeit mit:
Lacunosa Wetterberatung