Wettergefahren - Frühwarnung - Rückblick März 2008
Wettergefahren-Frühwarnung - Übersicht

Weitere Informationen: Wetterrekorde, Sturmstärken, Klimakarten usw.

Mittwoch, 2. April 2008, 19:45 MESZ


Rückblick März 2008


Satellitenbild: 21.03.2008, 11:48 UTC, NOAA VIS
Quelle: DLR


Wetterlage und Entwicklung

Zwei verschiedene Gesichter setzte der März 2008 beim Wetter in Deutschland auf. Den milden und bisweilen stürmischen ersten beiden Monatsdritteln stand eine winterliche letzte Dekade mit Schnee bis in die Niederungen und einigen neuen Dekadenrekorden bei den Tiefsttemperaturen gegenüber. Zum Monatsende unternahm dann der Frühling einen Anlauf. Summa summarum glichen sich die Temperaturunterschiede in der Monatsbilanz weitestgehend aus. So stehen landesweit nur geringe Abweichungen zu den Mittelwerten der Jahre 1961 bis 1990 zu Buche. Im Nordosten fielen sie mit etwas über 1 K noch vergleichsweise deutlich aus (z.B. Rostock +1,9 K), während sie sich im großen Rest zwischen 0,0 K (z.B. Aachen) und 0,9 K (z.B. Stuttgart) bewegten. Niederschlag fiel, verglichen mit den Durchschnittswerten, fast überall deutlich zu viel. Interessanterweise konnte der Feldberg im Schwarzwald nur 65 Prozent der üblichen Monatsmenge vorweisen, Weiden in der Oberpfalz brachte es mit einer Regensumme von 113,1 mm dafür auf 245 Prozent Abweichung gegenüber dem Mittelwert. Bei der Sonnenscheindauer ergab sich ein Nordost-Südwest-Gefälle. 140,2 Stunden lang schien die Sonne in Rostock (129 Prozent), dagegen nur 79,8 Stunden (67 Prozent) in Saarbrücken.

Die Werte aus Karlsruhe fügen sich gut ins Gesamtbild ein. Mit einer Monatsmitteltemperatur von +6,6 °C war es verglichen mit dem Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 um 0,6 K wärmer, bezogen auf das Mittel des Zeitraums 1971 bis 2000 aber 0,2 K kälter. Nach fünf zu trockenen Monaten in Serie tat der März 2008 dem Niederschlagshaushalt auch in Karlsruhe gut. 93,1 mm waren über den Monat hinweg gefallen, was 175 Prozent des Durchschnitts der Jahre 1961 bis 1990 entspricht. Mit 104,5 Stunden hing die Sonnenscheindauer etwas (86 Prozent) hinter dem Mittelwert zurück.

Der März 2008 begann mit dem stärksten Wintersturm der Saison 2007/08. Tief "Emma" brachte großen Teilen Mitteleuropas Böen in Orkanstärke und richtete schwere Schäden an. "Emma" verlagerte sich innerhalb einer kräftigen Höhenströmung binnen 48 Stunden über den Nordatlantik ostwärts und lag mit seinem Zentrum am 1. um 00 UTC vor der Südwestküste Norwegens. Weit vorauseilende Warmluftadvektion ließ am Nachmittag des 29.02. in Deutschland von Nordwesten her länger anhaltende Regenfälle einsetzen. Das okkludierende Frontensystem mit Kaltfrontcharakter griff schließlich in den Nachtstunden zum 01.03. zunächst auf die nordseenahen Gebiete über und kam anschließend sehr rasch nach Südosten voran. Um 06 UTC erstreckte sich die Front quer über die Mitte des Landes, nur sechs Stunden später hatte sie bereits die Alpen hinter sich gelassen. An die Front war eine schmale Linie mit schauerartigen Niederschlägen und Gewittern geknüpft. Mit Passage dieser Linie wurden dann auch die höchsten Böen registriert. Auf dem Feldberg im Schwarzwald waren dies 162 km/h, aber auch im Flachland traten verbreitet Orkanböen auf (z.B. Chemnitz 151 km/h). In der Umgebung der Front erfolgte ein regelrechter Temperatursturz von teilweise mehr als 10 K, nicht selten wurden Hagel und auf der Rückseite der Front auch Schneefall beobachtet. Eine ausführliche Betrachtung zu "Emma" und den Folgen gibt es hier.
In der gut ausgeprägten nordwestlichen Höhenströmung wurde am 2. "im Schlepptau" von "Emma" ein flaches Tief über die Nordhälfte Deutschlands nach Südosten geführt. Im Bereich dieser Nachfolgeentwicklung lebte der Wind nochmals kräftig auf und sorgte vielerorts wieder für schwere Sturmböen. Unterdessen baute sich über dem Nordatlantik ein Hochdruckrücken auf, an dessen Ostflanke im Gegenzug ein Höhentrog über Westeuropa nach Süden vorstieß. Hinter einer am 3. nach Süden schwenkenden Kaltfront konnte somit hochreichend kalte Luft polaren Ursprungs einfließen, die bis zum 7. das Wetter in Mitteleuropa bestimmte. Vom 4. bis zum 6. erreichten die Temperaturen tagsüber meist nur noch Werte zwischen +5 und +10 °C. Nachts herrschte verbreitet leichter bis mäßiger, in der Nacht zum 6. im Süden auch strenger Frost unter -10 °C (z.B. Altenstadt). Vor allem am 4. und 5. kam es wiederholt zu Niederschlägen, die auch in tieferen Lagen immer mehr in Schnee übergingen.
Zum 6. und 7. wurde der Rücken über dem Atlantik rasch abgebaut. Ein Ableger des korrespondierenden Bodenhochs "Herbert" nahm am 5. und 6. Einfluss auf Deutschland und bewirkte eine kurze Wetterberuhigung. Allerdings lieferten die Ausläufer von Tief "Gabi", das sich mit seinem Zentrum über die Mitte Norwegens nach Südfinnland verlagerte, schon am 6. der Nordhälfte Deutschlands neuen Regen. Der 7. verlief in der Nordhälfte stark bewölkt, aber meist trocken, südlich des Mains dagegen recht sonnig. Am Abend erreichte die Kaltfront von Tief "Helga" den Nordwesten Deutschlands und zog am 8. langsam nach Südosten. Dabei fielen häufig 1 bis 5 mm Regen innerhalb von 24 Stunden. Der nächste, ebenfalls nur wenig wetteraktive Tiefausläufer ließ nicht lange auf sich warten. Am 9. war es die Kaltfront von Tief "Inge" mit Zentrum bei den Färöern, in deren Bereich es besonders wieder im Nordwesten des Landes etwas regnete.
Am Mittag des 10. wurde Sturmtief "Johanna" mit einem Kerndruck von unter 960 hPa über dem Westen Englands analysiert. Es bewegte sich unter deutlicher Abschwächung am 11. zur Nordsee und wies dort zwei Tiefzentren auf. Das bereits vollständig okkludierte Frontensystem von "Johanna" überquerte Deutschland am 10. von West nach Ost. Neben häufig mäßigen Regenfällen legte der Wind hauptsächlich in der Westhälfte im Tagesverlauf deutlich zu, am Abend wurden zum Teil schwere Sturmböen gemessen (z.B. Karlsruhe 90 km/h). Derweil war über dem Atlantik schon das nächste Sturmtief mit Kurs Richtung Nordwesteuropa unterwegs - "Kirsten", so sein Name. Das zugehörige, okkludierende Frontensystem passierte Mitteleuropa am 11. und 12. mit einigem an Regen (z.B. Freudenstadt 34 mm innerhalb von 12 Stunden). Dazu lebte einmal mehr der Wind stark auf, in Böen wurden schon am 11. wieder Sturmböen verzeichnet. Im Umfeld eines am Nachmittag des 12. über Norddeutschland hinwegschwenkenden Bodentroges konnten sogar großflächig schwere Sturm- und teilweise orkanartige Böen verbucht werden (z.B. Karlsruhe 108 km/h). Am 13. war "Kirsten" über der Ostsee angekommen und bescherte dem Nordosten Deutschlands noch zum Teil schwere Sturmböen. In der rückseitig des Tiefs eingeströmten Meereskaltluft entwickelten sich zahlreiche Regen- und Graupelschauer, im Norden auch kurze Gewitter. Mehr zu "Johanna" und "Kirsten" gibt es in diesem Artikel.
Am 13. hatte sich nordöstlich der Azoren das Tief "Lara" eingefunden, dessen Warmfront sich über den Ostatlantik und den Südwesten Großbritanniens nach Frankreich erstreckte. An dieser Warmfront zog am 14. eine flache Welle über Frankreich und die Mitte Deutschlands ostwärts. Dabei fiel länger anhaltend Regen, der sich in Baden-Württemberg und Bayern verbreitet auf zweistellige Mengen summierte (z.B. Öhringen 23 mm in 12 Stunden). Parallel dazu wanderte auch über den äußersten Norden ein kleines Tief und sorgte dort für stellenweise kräftigen Regen.
Nach Abzug der Warmfrontwelle kam die Warmfront von "Lara" am 15. etwa bis zum Mittelgebirgsraum nordostwärts voran. Mit ihr gelangte in die Südhälfte der Bundesrepublik vorübergehend Warmluft subtropischen Ursprungs, in der die Temperaturen bei reichlich Sonnenschein bis auf +18,5 °C in Karlsruhe stiegen. Die Kaltfront rückte aber bald von Westen her nach, sodass die Warmluft in der Nacht zum 16. wieder nach Osten abgedrängt wurde. Der weitere Weg von "Lara" führte das Tief am 16. über die Mitte Deutschlands nach Osten. Nahe des Tiefkerns fiel im Norden für längere Zeit Regen. Im Süden blieb bodennah zunächst eine südwestliche Strömungskomponente erhalten, während sich der korrespondierende Höhentrog mit relativ kalter Luft über Mitteleuropa hinweg nach Osten bewegte. In der auf diese Weise labilisierten Luftmasse entstanden tagsüber Regenschauer.
Am 17. hatte "Lara" Polen erreicht, auf der Rückseite strömte Kaltluft polaren Ursprungs nach Mitteleuropa ein. Über dem Atlantik kräftigte sich ein Hochdruckrücken, über Europa etablierte sich als Gegenpart ein mächtiger Langwellentrog. Bis zum 20. dominierte somit kühles Schauerwetter, wobei die Schauer auch im Tiefland immer mehr in Graupel und Schnee übergingen. Etwas freundlicher mit längeren trockenen und sonnigen Abschnitten war es im Südwesten.
Am 20. stand der astronomische Frühlingsanfang auf dem Kalender. Der Tag bildete den Auftakt zum winterlichsten Witterungsabschnitt des gesamten und gerade zu Ende gegangenen Winters, was die Bezeichnung "Frühlingsanfang" mehr oder weniger ad absurdum führte. Verantwortlich dafür zeigte sich Tiefdruckgebiet "Melli", das - unterstützt durch einen markanten Randtrog - vom isländisch-grönländischen Raum bis zum 21. nach Norddeutschland zog. Es regenerierte nicht nur den ohnehin schon massiven Langwellentrog, sondern weitete ihn sogar noch nach Westen und Süden aus. Zwar verwandelten sich die Niederschläge im Zusammenhang mit dem okkludierenden Frontensystem in der Nacht zum 21. bis in mittlere Höhenlage in Regen, oberhalb davon schneite es aber besonders in west- und nordwestexponierten Lagen kräftig und ergiebig. An den Westhängen des Schwarzwaldes häufte sich der Schnee über Nacht 30 bis 40 cm hoch an (z.B. Freudenstadt 35 cm). Auch der Wind war wieder ein Thema, besonders im Süden wehte dieser in Böen mit Sturmstärke (z.B. Karlsruhe 79 km/h). Am 22. verlagerte sich "Melli" zum Baltikum, die um den Tiefkern herumgeschwungene und weit nach Westen zurückreichende Okklusion überquerte Deutschland im Tagesverlauf noch einmal von Nordwest nach Südost. Erst hinter dieser Luftmassengrenze konnte die polare Kaltluft mit Temperaturen von unter -10 °C im 850 hPa-Niveau wieder nach Süden ausfließen. Weitere, in die nördliche Strömung eingelagerte Randtröge sorgten zeit- und gebietsweise für Hebungsantriebe und weitere Niederschläge, die zwar bis in die tiefsten Lagen als Schnee fielen, dort tagsüber bei Plusgraden aber rasch abschmolzen. Dennoch präsentierte sich der Ostersonntag - in diesem Jahr außergewöhnlich früh am 23. März terminiert - zumindest in der Frühe vielerorts in winterlichem Weiß. Mit Höchsttemperaturen, die nur im äußersten Westen und, etwas überraschend, an der Donau die +5-Grad-Marke überstiegen, war dieser Ostersonntag zugleich bundesweit der kälteste Tag des Monats. In Teilen der Mitte und des Südens war sogar Dauerfrost angesagt. Entsprechend tief frostig verlief dann die Nacht zum 24., die an gleich vier Messstationen neue Dekadenrekorde für die tiefste Temperatur hervorbrachte. Mehr zu dem verspäteten Wintereinbruch verbirgt sich hinter diesem Link.
Erst zur Mitte der letzten Märzwoche kehrte allmählich wieder ein Stück Normalität ins mitteleuropäische Wettergeschehen ein. Schritt für Schritt wurde die polare Kaltluft nach Nord- und Osteuropa verbannt und durch mildere Atlantikluft ersetzt. Der einst so imposante Höhentrog schwächte sich ab und zog sich teilweise nach Nordosten zurück, der Südteil schnürte sich ab und verblieb als Höhentief über Südosteuropa. Auf der Rückseite des Troges ließ Warmluftadvektion die Niederschläge in gleichmäßige und in den Niederungen wieder flüssige Form übergehen.
Am 28. machte sich im Süden ein schnell nach Osten vorankommender Rücken mit freundlichem Wetter bemerkbar, ehe am Abend die Okklusion des Tiefdrucksystems "Quintessa" über dem Nordatlantik mit Regen und zunehmendem Wind auf Deutschland übergriff. Der zugehörige Höhentrog schwenkte am 29. zügig ostwärts und wirkte sich nur im Norden und in der Mitte mit Schauern aus. Im Süden überwogen dagegen die sonnigen Abschnitte.
Der März endete mit einem Ausrufezeichen des Frühlings. Vor einem langwelligen Trog über dem Ostatlantik drehte die Strömung über West- und Mitteleuropa am 30. auf Südwest. Mit dieser wurde Warmluft aus niederen Breiten nach Nordosten transportiert. Im 850 hPa-Niveau konnten Temperaturen zwischen +5 und +10 °C über Deutschland analysiert werden, was sich bei viel Sonnenschein am Boden in Höchsttemperaturen bis +23,7 °C in Mühlacker widerspiegelte. Eine private Wetterfirma maß dort sogar +24,5 °C. Mit einem Maximum von +21,6 °C knackte der Hohenpeißenberg im bayerischen Alpenvorland nach dem Februar- nun auch den Märzrekord der Höchsttemperatur. Der bisherige Rekord lag in diesem Fall über 63 Jahre zurück.
Der Trog verschob sich unter deutlicher Abschwächung am 31. nach Osten und beendete das fast schon sommerliche Intermezzo nach nur einem Tag wieder. Die Temperaturen gingen auf Werte um +15 °C zurück, nur im äußersten Osten wurden noch einmal knapp +20 °C gemessen. Bei starker Bewölkung regnete es aber nur wenig.

Text: CE

Bodendruckanalysen, jeweils 00 UTC
Quelle: FU Berlin / DWD
01.03.2008, 00 UTC 04.03.2008, 00 UTC 08.03.2008, 00 UTC
12.03.2008, 00 UTC 16.03.2008, 00 UTC 20.03.2008, 00 UTC
24.03.2008, 00 UTC 28.03.2008, 00 UTC 31.03.2008, 00 UTC
850 hPa-Geopotential und -Temperatur, jeweils 00 UTC
Quelle: Wetterzentrale
01.03.2008, 00 UTC 04.03.2008, 00 UTC 08.03.2008, 00 UTC
12.03.2008, 00 UTC 16.03.2008, 00 UTC 20.03.2008, 00 UTC
24.03.2008, 00 UTC 28.03.2008, 00 UTC 31.03.2008, 00 UTC


Fotos

Auf der Hornisgrinde (1164 m) bei Durchzug des Frontensystems
von Tief "Melli" am 21.03.2008; Fotos: Christian Ehmann
Tief verschneiter Nordschwarzwald am Abend des 25.03.2008
Fotos: Christian Ehmann


Monatswerte

Nachstehend Monatswerte vom März 2008 für ausgewählte Stationen in Deutschland. "Temp." steht dabei für die Monatsmitteltemperatur, "Nds." für die Niederschlagssumme und "Sonne" für die Sonnenscheindauer. "Vgl." gibt für die jeweilige Größe den Vergleich mit dem Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990 des Ortes an (Quelle: DWD):

Ort Temp. Vgl. Nds. Vgl. Sonne Vgl.
Rostock
Saarbrücken
Karlsruhe
+5,0 °C
+4,7 °C
+6,6 °C
+1,9 K
+/-0,0 K
+0,6 K
61,6 mm
120,4 mm
93,1 mm
150%
182%
175%
140,2 h
79,8 h
104,5 h
129%
67%
86%


Satellitenbilder

01.03., 10:11 UTC, NOAA VIS
Quelle: DLR
04.03., 10:56 UTC, NOAA-17 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
08.03., 12:30 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
12.03., 11:54 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
16.03., 12:55 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
20.03., 12:11 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
24.03., 09:53 UTC, NOAA-17 VIS/IR
Quelle: Geog. Inst., Uni Bern
28.03., 12:28 UTC, NOAA-18 VIS/IR
Quelle: B. J. Burton
31.03., 12:00 UTC, Meteosat-9 VIS/IR
Quelle: F. Valk



Forschungszentrum
In Zusammenarbeit mit:
Lacunosa Wetterberatung